Unbewußte Manipulation

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MariJane
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:11

candle. hat geschrieben:
MariJane hat geschrieben: Was meinst du? Das manipuliert werden oder das manipulieren?
Beides wäre ja seltsam. Also das Manipulieren. Die Frage ist dann was jemanden leicht manipulierbar macht.

candle
Ich finde gar nicht, dass das seltsam ist. Ich glaube, das gehört zu Menschen dazu... im Leben allgemein. Und Therapie empfinde ich persönlich nicht als manipulativ, weil ich weiß, worum es dabei geht.

Ein Beispiel von mir, wo ich unbewusst manipuliert habe. Exfreund kam immer mit Blumen an; ein halbes Jahr lang. Ich war damit nicht glücklich: Was wenn das aufhört? Dann stell ich mir ja die Frage, warum? Und fang an, an der Beziehung/ seiner Zuneigung zu zweifeln. Ich war also unsicher. Dementsprechend wollte ich, dass er aufhört mir Blumen mitzubringen. Statt ihm meine- merkwürdigen- Beweggründe mitzuteilen, hab ich gesagt: Spar dir doch lieber das Geld. Freund: Hocherfreut, er hat ne fürsorgliche Freundin und da er- stellte sich später raus- nen Geizhalz war, hab ich echt da angedockt, wo man bei ihm leicht andocken konnte.

Was ich damit sagen möchte: Jeder hat eben seine Schwächen oder wie auch immer man das bezeichnen mag und wenn du manipulierst, dockst du wohl da an. Manipulieren hat meiner Meinung was mit persönlicher Scham, Schwäche oder dem Bedürfnis gut dazustehen, zu tun. Statt einfach zu sagen: Ich will keine Blumen, weil ich unsicher bin, hab ich das halt anders verpackt. Der Sideeffekt war mir nicht bewusst und auch ziemlich egal, aber er ließ sich sozusagen um den Finger wickeln, weil ich zufällig seinen Schwachpunkt-Geiz- angespielt habe. Die Zuneigung wuchs noch mehr...

Da kann sich jeder selber mal an die Nase fassen, wann er nicht deutlich kommuniziert hat, worum es eigentlich geht und auch, ob er schon mal unbewusst, oder bewusst, jemandem ne Sache so verkauft hat, dass er gut dasteht und bekommt, was er will, ohne seine Motive offen zu legen. Und nur um das einzuordnen, mein Therapeut meint, ich bin sehr unmanipulativ. Ich kann das (leider) ganz schlecht- zum Beispiel Flirten. Schon Flirten ist eine Art Manipulation, weil du versuchst jemanden davon zu überzeugen, dich gut zu finden.

Deshalb: Ich glaub, das gehört zu Menschen dazu und ist gar nicht seltsam. Und jeder ist mehr oder weniger gut geeignet, um zu manipulieren und manipuliert zu werden. Gerade beim Flirten wird das doch mehr als deutlich, dass Menschen gerne erstmal glauben wollen, was man ihnen erzählt, wenn da eine grundsätzliche Sympathie (ne Schwäche für jemanden...?) ist. Und ich glaube nicht, dass Menschen beim Flirten absichtlich manipulieren, es bewusst tun, sondern eben unbewusst versuchen sich in ein gutes Licht zu rücken.

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candle.
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:17

MariJane, ich habe anhand deiner Beispiele jetzt Probleme darin Manipulationen zu erkennen.

candle
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MariJane
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:20

candle. hat geschrieben:MariJane, ich habe anhand deiner Beispiele jetzt Probleme darin Manipulationen zu erkennen.

candle
Naja, es ist halt die Frage, ob du mit Manipulation immer gleich was negatives für den Manipulierten annimmst. Ich halt nicht, wenn ich davon ausgehe, dass alle Menschen mehr oder weniger stark manipulieren.

In der Therapie wirst du ja im Prinzip schon manipuliert, auch wenn ich das selber jetzt nicht so sehen will, weil mir einfach bewusst ist, worauf ich mich da eingelassen habe. Aber wenn da manipuliert wird und alles mit rechten Dingen zugeht, dann geschieht das doch auch zu deinem Vorteil. Ist aber streng genommene in manipulativer Prozess.


isabe
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:31

MariJane:
Ich glaube nicht, dass du deinen Freund manipuliert hast, sondern dich selbst. Du wolltest ja, dass er mit dem Schenken aufhört, damit du dich besser fühlst. Du hast es ihm zwar nicht so direkt gesagt, aber an deinem Wunsch hat das ja nichts geändert. Manipulation wäre, wenn du hättest erreichen wollen, dass er dir weiterhin Blumen schenkt, du aber so tust, als seiest du der Mega-Altruist. Für ihn selbst ist das Ergebnis (= ich schenke ihr keine Blumen mehr) ja dasselbe.

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MariJane
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:34

isabe hat geschrieben:MariJane:
Ich glaube nicht, dass du deinen Freund manipuliert hast, sondern dich selbst. Du wolltest ja, dass er mit dem Schenken aufhört, damit du dich besser fühlst. Du hast es ihm zwar nicht so direkt gesagt, aber an deinem Wunsch hat das ja nichts geändert. Manipulation wäre, wenn du hättest erreichen wollen, dass er dir weiterhin Blumen schenkt, du aber so tust, als seiest du der Mega-Altruist. Für ihn selbst ist das Ergebnis (= ich schenke ihr keine Blumen mehr) ja dasselbe.
Ok, wenn du das so betrachtest, macht das Sinn. Ich find halt schon, dass offene Kommunikation noch was anderes ist, und dass das schon in die Richtung läuft, aber vielleicht sind meine Beispiele murks. Ich hab ja den Stempel, dass ich sauschlecht darin bin.

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candle.
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:36

MariJane hat geschrieben: In der Therapie wirst du ja im Prinzip schon manipuliert, auch wenn ich das selber jetzt nicht so sehen will, weil mir einfach bewusst ist, worauf ich mich da eingelassen habe. Aber wenn da manipuliert wird und alles mit rechten Dingen zugeht, dann geschieht das doch auch zu deinem Vorteil. Ist aber streng genommene in manipulativer Prozess.
Also das glaube ich auch nicht. Das hieße ja, dass das ein ganz bewußtes Handwerkszeug der Psychotherapie ist, was ich jetzt nicht annehme.

Was dagegen spräche ist, dass selten nur eine Therapie gebraucht wird, ergo wären die alle schlecht in Manipulation. Oder man wäre bald geheilt.

LG candle
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MariJane
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:47

candle. hat geschrieben: Also das glaube ich auch nicht. Das hieße ja, dass das ein ganz bewußtes Handwerkszeug der Psychotherapie ist, was ich jetzt nicht annehme.

Was dagegen spräche ist, dass selten nur eine Therapie gebraucht wird, ergo wären die alle schlecht in Manipulation. Oder man wäre bald geheilt.

LG candle
Mhm, ich hab mich mit meinem Therapeuten mal über NLP unterhalten und er meinte, dass das z.B. schon sehr auf Manipulation ausgerichtet ist. Das fand er nicht bedenklich, erzählte aber von nem Träger, wo der Chef überzeugter NLPler war und die Patienten, auch wenn sie nicht in der "richtigen Therapie" waren mit solchen Methoden konfrontiert waren, ohne das ihnen bewusst war, sie werden gerade therapiert/ letztlich manipuliert. Also hab ich das so verstanden, dass er seinen Job als Verhaltenstherapeut schon auch manipulativ findet, aber das ethisch nicht bedenklich, während ungefragtes therapieren mit solchen Methoden auch ethisch für ihn nicht vertretbar ist. Wie das in anderen Therapierichtungen ist, kann ich nicht einschätzen. Ich glaub aber, in der Verhaltenstherapie ist das Manipulieren schon ein Thema.

Ich find das halt alles nicht so manipulativ, weil ich ja weiß, ich soll mich ändern, damit ich zufrieden werde.

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candle.
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:50

Ich weiß jetzt gar nicht was NLP ist.

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mio
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:51

Manipulation funktioniert nur, wenn es zwischen den beiden beteiligten Personen dahingehend "passt". Auch in der Therapie ist das so.

Dh. der Therapeut muss den "passenden Schlüssel" finden und der Patient ein "Schlüsselloch" anbieten...siehe link.

http://link.springer.com/chapter/10.100 ... -54823-9_6


MariJane
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Beitrag Do., 09.02.2017, 16:55

candle. hat geschrieben:Ich weiß jetzt gar nicht was NLP ist.

candle

Oh, entschuldige: Neurolinguistisches Programmieren. Die behaupten von sich besserere und nachhaltigere ERfolge zu erzielen als die herkömmlichen Therapeuten. Haben sich verschiedenste Methoden aus allen möglichen Therapierichtungen zusammengeklaubt. (Ist nicht abwertend gemeint. Ich glaub, das kann was für sich haben... trotzdem gilt es als hoch-manipulativ.)

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Möbius
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Beitrag Do., 09.02.2017, 18:25

Also "für mich" ist Manipulation echt voll total ein Fortschritt: je mehr man nämlich die Leute manipulieren kann, um so weniger braucht man davon totzuschlagen !



mio
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Beitrag Do., 09.02.2017, 18:34

Und wenn es nicht klappt, dann greift der "Versager" erst recht zur Keule...

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Möbius
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Beitrag Do., 09.02.2017, 18:58

Auch bei der Gewaltanwendung spielt Manipulation eine enorme Rolle. Soweit ich weiß, beruht etwa "Karate" nicht darauf, mit der bloßen Hand Bretter, Steine oder Knochen zu zerschlagen, sondern vielmehr auf der geschickten und überraschenden Wendung der Kraft eines gegnerischen Schlages gegen denselben. Auch die bedeutensten Siege der Kriegsgeschichte sind auf diese Weise zustande gekommen - und nicht etwa durch "brachiale" Gewalt. Selbst Herrschaft - nach Max Weber eine verfestigte Form der Machtausübung, die von den Bemächtigten schließlich gutgeheißen wird - ist nur manipulativ möglich, denn "auf den Spitzen der Bajonette sitzt es sich auf Dauer recht unbequem." (Talleyrand)


mio
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Beitrag Do., 09.02.2017, 19:11

Zu dem Bezug auf Max Weber kann ich nichts sagen. Zum Kampfsport schon.

Und da lautet die Devise in der Tat, dass es eben nicht um "brachiale Gewalt" (also etwas starres, Angespanntes) geht, sondern um etwas "flexibles" und "fliesendes". Der Kämpfer nimmt die Kraft aus der Geschmeidigkeit, nicht aus der muskulären Anspannung.

Wenn Du Manipulation also als flexiblen Reaktionsprozess verstehst, dann stimme ich Dir dahingehend zu. Nur was, wenn die "Manipulation" scheitert? Kommt dann erst recht der "Wutzwerg" zu Tage? Oder bin ich so "weit" dass ich sehe: Ok, Strategie gescheitert, also neue Strategie....

Häufig ist es in der Realität ja so, dass manipulativ agierende Menschen nicht gelernt haben ihre Bedürfnisse auch auf andere Art und Weise zu befriedigen. Und na ja, dann kommt eben der Wutzwerg zu Tage, so die Manipulation nicht funktioniert. Weil keine andere "Strategie" da ist. Was anderes ist es, wenn jemand die Manipulation "bewusst" und "zielorientiert" einsetzt, wie zB. in der Therapie. Und flexible genug ist umzuschwenken, so sie nicht wie gewünscht funktioniert. Ohne dann gleich "ausrasten" zu müssen. Hat wohl was mit Frustrationstoleranz zu tun, ob das gelingt oder nicht. Oder so.

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Fundevogel
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Beitrag Do., 09.02.2017, 19:49

Also einem Verständnis von Therapie als Manipulation kann ich mich gar nicht anschließen.
Das wäre de facto dann tatsächlich so wie beim Seelenklempner - ich gehe dort hin und lasse mal an mir machen.
Sogar mit meinem Einverständnis, dass der Therapeut in meinem Unbewußten herumrührt, weil bewußt will ich es ja gar nicht wissen - wüßte ich, was er tut, wäre es schon keine Manipulation mehr.
Und was wäre das für eine therapeutische Beziehung, was für ein Arbeitsübereinkommen, das sich qua Manipulation definiert?
Fundevogel

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