Warum will keiner Kontakt zu mir haben?

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.

Eremit
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 20:38

Kaonashi hat geschrieben:Das kann ich nicht bestätigen. Alle Kollegen reden über ihr Privatleben. Sie erzählen vom Partner, von den Kindern, von Hobbies, von Wochenendaktivitäten, vom Urlaub....
Stimmt, die meisten Menschen reden in der Arbeit über private Dinge, und das nicht wenig.

Meine Beobachtung ist eben die: Je mehr jemand in der Arbeit über private Dinge redet, desto inkompetenter ist diese Person, was vielleicht daran liegt, dass Kompetenz u.a. die Folge von Auslastung ist. Wer in der Arbeit ausgelastet ist, hat gar keine Zeit oder Energie, um über private Dinge zu reden.

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mio
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 20:52

Der Rückschluss dürfte so nicht hinkommen. Allerdings kann die "Häufigkeit" in der im Job privates zum Thema gemacht wird durchaus auf "mangelnde Ernsthaftigkeit" in Bezug darauf betrachtet werden finde ich. Falls Du sowas meinst. Kompetent kann jemand allerdings trotzdem sein, nur vielleicht nicht gerade dauernd "leistungsbereit". Was aber auch nicht grundsätzlich schlecht sein muss...wie ich mittlerweile "gelernt" habe.

Ich kenne zB. eine Person, die zwar dauernd so "tut" als wäre sie beruflich total engagiert und kompetent (und jetzt auch nicht übermässig privat ist dabei), aber im Grunde echt NIX macht. Außer darüber reden. So ein "Extremfall" ist mir echt selten begegnet in meiner beruflichen Laufbahn und es ist mir auch selten begegnet, dass jemand durchgängig als so "inkompetent" und "sozial deshalb komplett inkompatibel" angesehen wurde. Aber eben nicht weil er (in dem Falle sie) nur "plaudert", sondern weil sie so tut, als würde sie ja was tun...und alle anderen nicht. In der Realität sieht es aber exakt umgekehrt aus.

Da finde ich es zB. sehr erstaunlich, dass die Frau trotzdem recht lange recht gut "durchkam" damit. Ohne irgendeine nennenswerte Leistung zu erbringen, worüber sich auch alle einig sind, die direkt mit ihr arbeiten. Nur "verkauft" sie sich eben als beruflich "total engagiert", was sie nur leider nicht ist.

Dann lieber bisweilen mal einen privaten Plausch und dann wieder 100% und kompetent zurück zum Job, als so einen Mist...

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Möbius
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Beitrag Di., 07.02.2017, 07:45

Ich vermag der Auffassung, man könnte "Arbeit" und "privat" sauber voneinander trennen, nicht beizutreten. Diese Separation ist eine künstliche - es gibt schließlich nur ein Leben. Ausserdem ist es - von extremen Stressituationen abgesehen - völlig unmöglich, sich mehrere Stunden lang auf einen Gegenstand zu konzentrieren. Nach 45 min lässt die Konzentration nach, spätestens nach 90 min ist sie bei Null. Deswegen halten sich Gottesdienst, akademischer Vortrag und Liebesakt auch im Allgemeinen an diese Zeitbegrenzungen. Wer 2 h "durcharbeitet" funktioniert allenfalls noch automatenhaft. Das ist bei Maloche unterster Kathegorie "an der Stanze" vielleicht angängig - aber bei jeder ernsten Form von Arbeit "mit intellektuellem touch" absolut tötlich. Ausnahme: wenn man es schafft, in den "flow" zu kommen (dazu mal bei wiki gucken!)

Auch mios Erfahrung habe ich öfters gemacht, als mir lieb ist: je intensiver die verbale Beteuerung von Pflichtentreue, Ernsthaftigkeit und "Verantwortung" - am Ende sogar: in Fachveröffentlichungen - um so schlimmer ist es um die Realität bestellt. Diese verbalen Höchstleister sind sozusagen die Gutmenschen des Arbeitslebens. In meinem früheren Berufsleben: der Justiz und der Wirtschaftsberatung war meine Wahrnehmung vielmehr diese, daß die größten verbalen Zyniker regelmässig weitaus engagierter, verantwortungsbewußter und ernster bei der Sache waren, als all jene Arbeitsmoralprediger.

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Möbius
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Beitrag Di., 07.02.2017, 08:04

Das Phönomen des Nulleistenden Hohepriesters der Arbeitsmoral erinnert mich wieder an das Schema für Anomie, das Robert K. Merson aufgestellt hat: er kathegorisiert Normenverhalten danach, ob die Individuuen gesellschaftlich akzeptierte oder verurteilte Ziele mit gesellschaftlich akzeptierten oder verurteilten Mittel verfolgen und ob sie ihre Ziele erreichen, oder nicht. Wer gesellschaftlich akzeptierte Ziele mit gesellschaftlich akzeptierten Mitteln verfolgt, aber damit nichts erreicht, neigt sehr zur Hypostasierung der Mittel: "Nur mit ehrlicher Arbeit kommt man zu was!" Psychoanalytisch gesprochen: Die Anerkennung für Normkonformität ist eine auf projektivem Wege erzielte narzistische Zufuhr, die eine notwendige Kompensation für die narzistische Kränkung des Versagens ist. Wenn man auch nichts erreicht hat: man hat es wenigstens "richtig gemacht". Es muß also nicht unbedingt immer sinister-manipulatives Verhalten sein, wenn hinter verbalen Hoheliedern tatsächliche Nulleistungen stehen. Wer dagegen mit gesellschaftlich akzeptierten Mitteln die gesellschaftlich akzeptierten Ziele erreicht - der stellt die Normen zwar nicht infrage, aber tendiert zur großzügigen Toleranz des "narzistisch Saturierten": er hat erreicht, was er will und keiner kann ihm was - was andere tun oder reden, ficht ihn wenig an.

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dumbhead
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Beitrag Di., 07.02.2017, 08:40

Job und Privat müssen sich nicht ausschliessen, ich arbeite selbst in einem Betrieb in dem wir uns alle seit 15-30 Jahren kennen. Da wird auch mal zusammen am Abend was unternommen, einige fliegen miteinander auf Kurzurlaub usw...

Ich war bis vor kurzem in deiner Situation, nur dass mein Verhalten deutlich problematischer war. Ich wollte da aber auch gar nicht dazugehören. Oder doch, so genau kann man das nicht sagen
Und trotzdem reagierte man auf meinen Zusammenbruch überraschend feinfühlig.
Von daher kann ich dir durchaus empfehlen, ganz offen über die Gründe für dein Kasperltheater zu sprechen, eventuell wirst auch du von der Reaktion der Kollegen angenehm überrascht sein.
Die werden nicht gleich ne Party für dich schmeissen, aber ihr Verhalten dir gegenüber ändert sich sicher.

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wind of change
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Beitrag Mi., 15.02.2017, 00:24

Hallo ,
ich hab das Gefühl, Du bist ein sehr verletzlicher ( und auch verletzter ? musst darauf nicht antworten ) Mensch.
Zeigst Du, wenn Du verletzt bist? Oder ' übertünchst ' Du es, lachst vielleichst sogar noch mit? Machst Dich selber über dich lustig, obwohl es dir innerlich ganz anders geht? Du musst ja nicht gleich jedem " das volle Paket " geben. Sondern vielleicht nur " ausgewählten " Leuten in gewisser " Dosis ". Überspielst Du z.B. Deine Betroffenheit, Traurigkeit, Verunsicherung oder Enttäuschung, wenn Du z.B. wieder was erfährst, von dem alle wussten, nur du nicht? Du könntest ja mal versuchen, einfach ehrlich zu sein und z.B. zu sagen " ich bin verunsichert und auch verletzt, weil ... ". Könnte mir vorstellen, dass das die Leute berühren würde und man dich dann auch ernster nimmt. Du musst auch nicht immer den Clown spielen und reden. Vielleicht gibt es bei euch ja noch andere, die im Innern gar nicht so sind wie sie scheinen? Hast du mal darauf geachtet? Wir sind gar nicht so allein mit unseren Problemen. Da draussen gibts noch so viele mit " Masken ", auch von denen " man " das gar nicht unbedingt erwartet. Beobachte mal, ohne viel zu sagen, die Leute kommen dann vielleicht auch eher auf dich zu und erzählen. Und so könnte sich auch ECHTE Kommunikation ergeben.
LG
wind of change
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Eremit
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Beitrag Mi., 15.02.2017, 21:19

Möbius hat geschrieben:(…) Diese Separation ist eine künstliche - es gibt schließlich nur ein Leben. (…)
Wir alle leben mehrere "Leben", tragen mehrere "Masken", je nach Gegenüber und sozialer Sphäre gilt ein anderer Verhaltenskodex. Ist unabdingbar, um miteinander überhaupt auszukommen, noch dazu unter Zwang, noch dazu auf engem Raum.

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wind of change
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Beitrag Mi., 15.02.2017, 22:34

Es kommt wohl auch auf das Maß an. So gaaar nichts von sich erzählen ist auch komisch. Ich habe auch einen Kollegen, der NICHTS von seinem Privatleben erzählt also auch nicht " Fakten " wie z.B. Familienstand o.ä. und gerade deshalb wird er von einigen als " Sonderling " angesehen, ich finde das auch etwas merkwürdig, obwohl ich ihn sonst mag.
Sein Privatleben aufschlagen wie ein Buch, in dem alle lesen können, fände ich wiederum zu viel. Kommt aber auch auf den Betrieb oder die Arbeitsstelle an, denke ich, je nachdem wie die Menschen an sich dort drauf sind.
Aber vielleicht schweift das auch zu sehr vom ursprünglichen Thema ab? Der Threadersteller hat sich ja auch nicht mehr gemeldet.

Toby74, liest Du noch mit?
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