Sinn von Erstgesprächen

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Solage
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 00:12

Mein Therapeut hält es nach Sandor Ferenczi: Ohne Sympathie keine Heilung.

In einem persönlichen Erstgespräch zeigt sich für beide Seiten was.

Wenn es sehr gut passt, kann ich mich auch vorstellen zu warten.

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isabe
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 00:17

Sagen wir mal so: Ein Therapeut sollte vom Menschenbild her fähig sein, für viele und vieles Verständnis und Sympathie aufzubringen; ansonsten könnten ja immer nur die guten Menschen einen Therapieplatz bekommen...

So etwas wie eine persönliche Beziehung kann ja noch nicht in den ersten Stunden entstehen. Da geht es eher darum, herauszufinden (neben den praktischen Fragen, ob man eine bestimmte Störung behandeln kann), ob man genügend Ansatzpunkte findet, um eine Begegnung und einen Austausch zu ermöglichen, also: "Versteht der Patient meine Art zu reden; verstehe ich seine? Kann er mir eine Geschichte erzählen, mit der ich etwas anfangen kann? Kann er mit meinen Antworten etwas anfangen?"

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Solage
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 00:26

isabe hat geschrieben:Sagen wir mal so: Ein Therapeut sollte vom Menschenbild her fähig sein, für viele und vieles Verständnis und Sympathie aufzubringen; ansonsten könnten ja immer nur die guten Menschen einen Therapieplatz bekommen...

So etwas wie eine persönliche Beziehung kann ja noch nicht in den ersten Stunden entstehen. Da geht es eher darum, herauszufinden (neben den praktischen Fragen, ob man eine bestimmte Störung behandeln kann), ob man genügend Ansatzpunkte findet, um eine Begegnung und einen Austausch zu ermöglichen, also: "Versteht der Patient meine Art zu reden; verstehe ich seine? Kann er mir eine Geschichte erzählen, mit der ich etwas anfangen kann? Kann er mit meinen Antworten etwas anfangen?"
Das finde ich jetzt sehr nett ausgedrückt isabe. Den ersten Absatz. SOLLTE!

Zum zweiten Absatz: Ja!
Ein Gespür ist da schon da. Deswegen in der Analyse 8 probatorische Sitzungen, die ich angemessen finde.
Vor allem für den Patienten. Die Analytiker entscheiden sich wohl eher.

Ich habe auch öfter von anderer Seite gehört: Wartezeit am Telefon 6-12 Monate. Dann Erstgespräch und plötzlich ist gleich was frei.

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StatueOfFreedom
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 13:48

Danke für eure Antworten. Hoffentlich geht es jetzt zügig irgendwo weiter, im Moment ist die Situation ohne Therapie kaum zu ertragen.

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saffiatou
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 14:13

Ich bin da ganz bei Solage, der Thera sucht sich schon die Patienten aus, mit denen er langfriatig arbeiten kann und mag, da spielt Sympathie auch eine große Rolle. Klar will er helfen, aber was wenn er in den ersten Stunden bereits erkennt, daß er diesen Patienten - aus welchen Gründen auch immer - nicht mag, nicht mit ihm klarkommen wird, dann wird er schon mitteilen, daß da kein Platz frei ist - um den Patienten nicht zu verletzen. Sonst würde es doch nur Streß machen, für beide Seiten und zu schlimmen Konflikten kommen, dann ist es doch besser, wenn das rechtzeitig geklärt wird. Ein Patient der vom Thera innerlich abgelehnt wird, spürt das, da bin ich sicher.

Ich weiß auch, daß mein Thera nicht jeden Patienten annimmt, auch wenn Termine frei sind und ich finde es auch sogar besser so.

Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan


isabe
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 15:09

Nein, ich denke nicht, dass gesagt wird, dass kein Platz frei ist, wenn der Grund für die Absage ein anderer ist. Die Formulierung, er würde sich die Patienten "aussuchen", geht meiner Ansicht nach in eine falsche Richtung, weil es impliziert, es sei eine Art "Auszeichnung", wenn man einen Platz bekommt. Umgekehrt weiß ich vom Lesen hier, wie sehr es schmerzt, wenn jemand eine Absage vom Th. bekommt, aber das ist die Kehrseite derselben Medaille. Ich würde wegkommen von der Frage der Sympathie und hinkommen zum Begriff der "Passung", weil Sympathie in dieser Hinsicht immer auch was von "ich muss ihm gefallen, um angenommen zu sein" mitschwingt. Damit schadet man sich jedoch.

Es ist meiner Ansicht nach besser, die Frage der Zusage oder Ablehnung losgelöst zu betrachten von solchen Fragen. Man schaut einfach beiderseits, ob es passt; das merkt man ja im allgemeinen, ob man einen Draht zueinander findet oder nicht. Und das ist wirklich nicht unbedingt immer dasselbe wie Sympathie. Antipathie ist natürlich ungünstig, aber ich halte das für ein vernachlässigbares Problem, weil es nicht so häufig vorkommen dürfte.

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Beitrag Fr., 25.11.2016, 15:17

Das ist wahr. Durch die Diskussion fühlte ich mich auch irgendwie unter Druck, in dem Gespräch möglichst sympathisch rüberzukommen und meine Probleme vielleicht sogar etwas zu überdramatisieren, damit es schneller geht. Dennoch denke ich auch, dass das Erstgespräch über eine schnellere Aufnahme an der Warteliste vorbei ermöglichen KANN. Rückblickend war es bei meinem Therapeuten auch so, allerdings war ich damals auch ganz objektiv in einer Krise und hätte ziemlich viel in meinem Leben verbaut, wenn ich nicht so schnell aufgenommen worden wäre. Das ist jetzt etwas anders, denn die "Ursache" für den Zusammenbruch ist nicht mehr da, allerdings spüre ich jetzt viele andere Gefühle, die ich jahrelang "irgendwie" im Griff hatte.


isabe
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 15:28

Mach dir keinen Stress! Ich war bei zwei Therapeuten, und bei beiden hab ich sofort gemerkt, dass es um die Kommunikation miteinander geht und nicht um die Frage, ob ich als Patient sympathisch genug bin. Es geht nicht mal, denke ich, so sehr um die Schwere des Problems, sondern um das, was im Gespräch entsteht. Du kennst das sicher auch von anderen Kontexten: Mit einigen Leuten kann man gut reden und bei anderen gibt es ständig Missverständnisse. Humor ist so ein "Test": Wenn beide über dasselbe lachen können, ist viel gewonnen, auch für später. Auch die Frage, wie viel beide Gesprächspartner im Dialog dem Anderen an Raum geben: Es nützt nichts, wenn beide schweigsam sind und man nicht über ein "hm, ja, gut" hinauskommt, und ebenso wenig nützt es, wenn beide sich gerne stundenlang reden hören. Es ist wirklich wie beim Tanzen: Es funktioniert nur, wenn beide sich miteinander bewegen können. Und wenn A nicht mit B kann, kann er dafür mit C umso besser.

Das alles nur auf die Sympathie zu beschränken, greift m.E. viel zu kurz. Wir gehen doch sowieso davon aus, dass ein potenzieller Patient nicht besoffen und mit fettigen Haaren zum Erstgespräch kommt und den Therapeuten dann anrülpst. DAS wäre ein Grund zu sagen: "Nö, tu ich mir nicht an". Ansonsten kannst du nichts falsch machen; ist ja kein Bewerbungsgespräch, und er soll dich nicht heiraten.

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Broken Wing
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 17:05

Sollten es wirklich 8-12 Monate sein, ist das jenseits von Gut und Böse. Liegt eine deutliche Beeinträchtigung des Alltags vor, sollte das Erstgespräch in den nächsten Tagen stattfinden und für den Therapiebeginn wäre alles über 1 Monat nicht ernstzunehmen. Wer ein halbes Jahr warten kann ohne ernsthaft beeinträchtigt zu werden, bei dem stellt sich meiner Meinung nach die Frage, warum der nicht auch 2, 3 Jahre warten könnte oder überhaupt sein Leben lang. Beziehungsweise müsste man sich fragen, warum ihm überhaupt eine Therapie finanziert werden müsste. Irgendwie unwohl fühlen sich nun einmal die meisten und Beziehungsprobleme gibt es auch bei jedem. Und bei denen, bei denen alles tiptop ist, die bekommen irgendwann die Langeweile zu spüren, was auch ein ernstes Problem sein kann.

Also ich würde zum Erstgespräch gehen. Wenn er dein Problem als schwerwiegend genug empfindet und noch immer meint, du könntest 8 Monate warten, vergiss es. Oder frag ihn wenigstens, warum nicht länger.

Wegen der Sympathie mach dir mal keine Sorgen. Ich würde mich nicht gerade als sympathieeinflößend betrachten. Aber Therapeuten wollen natürlich wissen, ob Therapiebedarf besteht, sie die richtige Ansprechperson sind und ob der Patient bereit ist, mit ihnen zu arbeiten. Bei denen, die dich von Anfang an ablehnen, sei froh. Das kommt ohnehin selten vor.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


Landkärtchen
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 17:56

Ich sehe das mit der Warteliste zwiespältig.

Ein Therapeut / eine Therapeutin teilt mir am Telefon oder per Mail mit, er/ sie hätte eine Warteliste mit einer Wartezeit von so und so vielen Monaten. Wir verabreden aber trotzdem zeitnah ein Termin zu einem Vorgespräch. Anschließend teilt mir der Therapeut/die Therapeutin mit, ich könnte ab kommenden Monat zu ihm/ihr in die Behandlung kommen.
Wie glaubwürdig ist ein/e solche/r Therapeut/in? Auf einmal hat er/sie doch einen Platz frei? Da mir Ehrlichkeit sehr wichtig ist, und sie sich auch in solchen "kleinen" Dingen zeigt, könnte ich zu so jemanden nicht gehen. Da wäre ich von Beginn an noch misstrauischer als ich es eh schon bin und meine Irritation darüber würde ich zu so einem frühen Zeitpunkt eher nicht ansprechen.

Als ich in diesem Jahr eine neue Therapeutin suchte erwähnte niemand am Telefon eine Warteliste (ich hätte mich auch auf keine draufsetzen lassen). Es wurde aber immer gefragt um wieviel Uhr ich Zeit hätte.
Neben dem Aspekt ob "die Chemie stimmt", war bei mir die Dringlichkeit / der Leidensdruck mit dafür ausschlaggebend, dass ich rasch einen Platz bei dieser Therapeutin bekam.
Zuletzt geändert von Landkärtchen am Fr., 25.11.2016, 18:12, insgesamt 1-mal geändert.
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh


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Beitrag Fr., 25.11.2016, 18:11

Ich sehe das mit der Warteliste so, dass einerseits schon "gesammelt" (sorry, für den Ausdruck, hab keinen anderen gefunden) werden könnte durch Erstgespräche ohne einen Platz in nächster Zeit in Aussicht zu stellen. Wer sagt denn dem Therapeuten, dass andere Patienten nicht von der Warteliste springen könnten oder vielleicht ein Patient die Therapie abbrechen könnte? So gesehen "bedient" er sich an nachfolgende Patient und mit Glück könnt man früher dran kommen als man denkt. Zumindest wäre das ne Option. Andere hingegen bieten ja nicht mal eine an.
Zudem wäre der Sinn noch zusätzlich für mich, dass zunächst erstmal ICH abchecken könnte, ob der Therapeut MIR überhaupt liegt. Ich persönlich hab mir eher nie einen Kopf gemacht, ob der Therapeut mit mir kann. Meine Erfahrung ist, dass die meisten Therapeuten mit den meisten Patienten können, Ausnahmen mag es immer geben, aber das halte ich eben nicht für gängig. Ein Therapeut, der aussortiert, den würde ich eher in Frage stellen, als einer, der "Störungen von A bis Z" annimmt.


isabe
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 18:22

Ich denke auch, dass das mit der Dringlichkeit entscheidend ist, nicht mal in Bezug auf die Schwere der Störung, sondern in Bezug auf den aktuellen Zustand: Jemandem, der gerade in einer Krise ist, wird man nicht sagen wollen: "Kommen Sie in einem Jahr wieder". Das wäre ja unmenschlich. Dann also lieber gleich absagen, bevor man ihn einlädt zu einem Erstgespräch für ein Jahr später. Als ich damals meinen zweiten Th. gesucht habe, MUSSTE es sofort sein. Als ich das erste Mal überhaupt einen Th. gesucht habe, hätte ich problemlos noch ein Jahr warten können.

Ich hab mal eine Umfrage gelesen, und da gaben die meisten Th. an, dass entscheidend ist, dass man ein möglichst "buntes Gemisch" an verschiedenen Patienten hat und dass es eine Herausforderung sein sollte, mit diesem Pat. zu arbeiten. Also: keine Routine. Und dass man eher niemanden nimmt, der gerade frisch von einem anderen Therapeuten kommt. Dass ansonsten die Chemie stimmen muss sowie Sympathie vorhanden sein muss, wobei ich noch mal betonen möchte, dass ich diesen Begriff von "Sympathie" eher weiter fassen würde, im Sinne von: "Alles, was nicht unsympathisch ist". Keinesfalls dürfte damit gemeint sein: "DEN Patienten will ich unbedingt therapieren, weil ich ihn so sympathisch finde".


Landkärtchen
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 18:37

Tränenreich, doch warum braucht es denn überhaupt Wartelisten wenn es eh genug Patientinnen/Patienten gibt? Sobald jemand kurzfristig die Therapie beendet kann der Platz doch rasch mit jemanden Neues belegt werden. Eine Freundin von mir die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin ist sagte mir mal, dass jede Woche mindestens 15 Menschen anrufen und nach einem Platz fragen.
Naja vielleicht für diejenigen die ausschließlich zu einer Therapeutin mit einem ganz speziellen Behandlungsschwerpunkt wollen.

Ich habe übrigens bei meiner Suche mehrere Absagen von Therapeutinnen nach einem Erstgespräch erhalten. Grund war jedesmal, dass sie sich für nicht ausreichend kompetent in dem Themengebiet fühlten weswegen ich meine Therapie fortsetzen wollte.
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh


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Beitrag Fr., 25.11.2016, 18:55

Na vielleicht, weil die Patientennachfrage den vorhandenen Plätzen übersteigt?
Und die Kapazitäten legt doch sicherlich jeder Therapeut für sich selbst fest, denke ich mal.
Landkärtchen hat geschrieben:Grund war jedesmal, dass sie sich für nicht ausreichend kompetent in dem Themengebiet fühlten weswegen ich meine Therapie fortsetzen wollte.
Ich weiß ja nicht, wie jeder da so sucht. Mag vielleicht auch ein Aspekt sein? Ich habe spezieller gesucht und abgefragt, welche Verfahren er anbietet, weil es im Internet oder sonstwo nirgends zu lesen war. Die meisten Absagen, die ich bekam, waren nur reinweg wegen Platzmangel, aber nicht wegen Inkompetenz. Ein Analytiker, der mir sagt, ich fühl mich für Thema XY nicht kompetent genug ist für MICH kein wirklicher Analytiker, um das nur mal so grob zu beschreiben.
Wie gesagt: es mag auch Ausnahmen geben, die nach Erstgesprächen absagen.


Landkärtchen
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Beitrag Fr., 25.11.2016, 18:57

isabe, im Sommer hätte ich auch nicht mehr lange warten können. Ich bin froh, dass die Therapeutin das bereits im ersten Gespräch spürte und mit ihrerseits gleich eine Zusage gab.
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh

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