Beruflich und emotional leer und ausgebrannt

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Beitrag Fr., 30.05.2008, 14:37

Hallo MattHL,

ich kann mich noch an einen alten Kollegen erinnern, der mir vor über 20 Jahren mal sagte:

„Für Dein Engagement wirst Du eines Tages noch einen Tritt kriegen.“

Die meiste Zeit meiner fast 30- jährigen Tätigkeit habe ich mir wirklich den A**** aufgerissen.

Um 5.30 Uhr aus dem Haus, um der Rushhour zu entgehen, nicht selten erst um 20 oder 21 Uhr wieder zuhause.

In den letzten Jahren meiner Arbeit war das Chaos groß – ein Traditionsunternehmen wurde
in den Keller gewirtschaftet, Vorstände/ Direktoren oder Geschäftsführer haben verantwortlich einen Trümmerhaufen hinterlassen und sind teilweise mit astronomischen Abfindungen gegangen (worden).
Die Anweisungen, wenn überhaupt noch welche kamen, waren widersprüchlich, die Mitarbeiter wurden gegeneinander ausgespielt, Zulagen gestrichen und und und ...

Was für mich vielleicht noch das Schlimmste ist, es geht eine ganze Menge Vertrauen verloren – für mich überhaupt die Grundlage für ein gutes Miteinander.

Viele gehen anders mit dieser Situation um – drehen sich um 180 Grad, wenn es erforderlich ist,
fressen alles in sich hinein oder üben Speichellecken.

Das ist nicht meine Mentalität – ich möchte morgens noch in den Spiegel sehen.

Man kann es Außenstehenden nicht verständlich machen – es heißt dann, es ist für alle kein
Zuckerschlecken; und, wenn Du dort aufhörst, wirst Du von Hartz4 bedroht – die Angst wird verbreitet.

Hast Du Familie? Ich glücklicherweise nicht – so ziehe ich in meiner jetzigen Lage nicht
noch andere mit hinunter.

Es hat mich auch in den letzten Jahren gesundheitlich getroffen – von ursprünglich 105 Kg auf zur Zeit 73 Kg bei 189 cm Größe, Tinnitus, Rückenschmerzen, Asthma.
Private Probleme haben ihr Übriges getan.
Die letzten 3 Beschwerden sind zur Zeit nicht mehr so ausgeprägt vorhanden – dass ich aber Lust hätte, wieder in so einem Büro zu arbeiten, ist nach zwischenzeitlich über 3 Jahren Arbeitslosigkeit und gescheiterter Selbständigkeit noch in weiter Ferne - abgesehen von 100 Bewerbungen in dieser Zeit, sind die Aussichten eher trübe.
"Sie könnten also sofort bei uns anfangen? Wir melden uns dann in der nächsten Woche bei Ihnen - wir erwarten, dass Sie belastbar sind - mit Ihrem Gehalt sind alle Überstunden abgegolten - bla bla bla"

Ich habe jetzt gut 1 Dutzend Bücher durch – zum Thema „Was will ich wirklich“, „Der Beruf, der Dich glücklich macht“, Barbara Sher usw.
Wenn Du und andere Lust haben, kann man ja mal per PM Ideen und Gedanken austauschen – wird so ziemlich
in allen Büchern empfohlen, z. B. Arbeitskreise zu gründen, um Alternativen zum bestehenden Beruf zu finden.
Alleine verzettelt man sich leicht, kann kaum noch Prioritäten setzen - dann wäre es gut, wenn ein anderer einen
wieder auf die Schienen stellt.


Gruß


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MattHL
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Beitrag Fr., 30.05.2008, 15:01

Hey Martin,

heisse übrigens auch Martin.

wenn ich so rückwirkend schaue habe ich mich in der jetzigen Firma NIE totgemacht.. vielleicht anfangs als alles neu war, war ich etwas besser "ausgelastet".

das unternehmen, in dem ich arbeite, ist auch verkauft, daher werde ich arbeitslos .. es ist schon heftig wie ein großkonzern.. den namen nenne ich hier mal besser nicht, mit seinen neu hinzu gewonnenen mitarbeitern und kunden umgeht.

und ich bin da wohl wie du .. einfach nur ehrlich .. hasse diese rumschleimerei. das war wohl auch mein problem beim vorstellungsgespräch.

aber ich bin der meinung entweder man mag mich oder eben halt nicht. ich kann mich da einfach nicht verstellen und rumschleimen bis zum geht nicht mehr..

Ich bin durch meinen Partner abgesichert.. wir teilen uns alle kosten, das läßt mich auch erstmal nicht so voller angst in die zukunft schaun.

mich hat die arbeit auch krank gemacht.. litt an zwängen und depressionen. beides wurden mit sicherheit davon auch noch begünstigt. aus dem tief bin ich jedoch gottseidank lange raus.

nun ob es das hier über das netz bringt.. weiss ich ehrlich gesagt nicht. ich versuche mit abstand erstmal in mich hineinzuhören .. klar leider ist es ja auch tatsache, das irgendwann ein neuer job notwendig ist.

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Beitrag Fr., 30.05.2008, 15:31

Hallo Martin,

Ethik und Moral gibt es in meinem und Deinem (vermutlich auch) börsennotiertem Unternehmen eben nicht.

Tradition hin oder her, verkauft, Reibach gemacht, Mitarbeiter ala Monopoly auf die Straße gesetzt - shareholder value.

Willkommen im 21. Jahrhundert.

Der Vorname Martin ist ja eine Ableitung von Mars - "der Mars- Geweihte" oder "Der Kriegerische" - letzteres kann ich bei mir aber nicht mehr entdecken.

Ich muss sagen, dass dieses Forum mir bisher schon etwas gebracht hat - wenn Du so in der dumpfen Stube sitzt, siehst
Du nicht, dass es anderen auch so geht.

Und, das Arbeitsamt möchte ich lieber heute als morgen hinter mich bringen.

Wie geschrieben, das Angebot, sich über die Neuorientierung per PM auszutauschen, besteht.

Gruß

Martin

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MattHL
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Beitrag Di., 28.10.2008, 14:13

Nun sind ein paar Monate vergangen.

Ich bin mittlerweile arbeitslos und zudem habe ich vor kurzem auch die Beziehung zu meinem Freund im gegenseitigen Einvernehmen gelöst.

Beruflich gesehen stehe ich vor sooo vielen Fragen.

Habe versucht über die Rentenversicherung eine Reha zu bekommen, um mich beruflich neu orientieren zu können. Ich leide/ litt ja an Ängsten und Zwängen. Depressionen habe ich derzeit..

Leider haben die das mit der Begründung abgelehnt, dass man als Kaufmann zwar direkt mit diesen Symptomen konfrontiert ist, aber nicht soo schlimm wie bspw. im sozialen Bereich.
Wäre ich da tätig, wäre es genehmigt worden.

Nun versuche ich Step by step voranzukommen. Über die Agentur für Arbeit Fortbildungen zu bekommen etc.

Meine bisherigen Vorstellungsgespräche verliefen ohne Erfolg. Ich merke immer wieder das ich mich nicht anbiedern kann .. nicht rumschleimen .. mich nicht verkaufen .. das will ich nicht. Ich will "einfach nur" als Mensch warhrgenommen werden, aber das zählt ja scheinbar nicht. Immer nur dieser Scheiss ERFOLG.

Mir ist Zufriedenheit im Beruf und im Leben wichtiger, als das berufliche Nach oben Klettern und ewiges anbiedern. Dieser scheiss Erfolgsdruck hat doch nur ein Ziel die Menschen auszubeuten und leerzusaugen. Ich weiss momentan nicht, wo in dieser Gesellschaft mein Platz ist. Aber wo soll ich denn hin??

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Beitrag Do., 30.10.2008, 13:48

Hallo MattHL,

das kommt mir fast Wort für Wort bekannt vor - bei mir hat sich auch noch nix verändert - beruflich trete ich
auch immer noch auf der Stelle - außer Leiharbeit keine Perspektiven.

Was die Reha betrifft, habe ich in den nächsten Tagen einen Termin beim Gutachter - dann weiß ich nach
Deinen Erfahrungen nun auch bereits, dass ich dort keine Aussichten habe.

"Das ist unser Land ... und das ist fest in anderer Hand" (Hans Hartz).

Drück Dir die Daumen, dass sich bei Dir was bessert.

Gruß


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Beitrag So., 14.06.2009, 17:26

Hallo zusammen,

nach langer Zeit melde ich mich auch wieder zu Wort.

In der Zwischenzeit ist eine Menge geschehen und eigentlich überhaupt nichts.

Ich war 6 Wochen lang in einer psychosomatischen Klinik und insgesamt 5 Monate krankgeschrieben.
Während der Reha hatte ich nach langer Zeit mal wieder das Gefühl, aufzuleben.
Aber dann wird man wieder in die Realität entlassen - und im Grunde genommen bin ich immer noch desorientiert, besonders
immer noch ohne berufliche Perspektive.

Mir fehlt einfach das Ziel, auf das ich hinarbeiten kann - und zeitweise habe ich vor mir selbst fast schon Angst,
weil ich diese Situation bisher nicht kenne.
Wenn es früher mal einen kleinen Durchhänger gab, war bei mir die Mentalität "Augen zu und durch" - zur Zeit warte ich eher auf die Dinge die da kommen - hoffe schon fast darauf, dass es an der Tür klingelt und die gute Fee mit einer Lösung da steht.

Weiß jetzt nicht, ob ich das so richtig wiedergebe, dass es verstanden werden kann.

Der Arzt hat mir empfohlen, zusätzlich in eine Tagesklinik zu gehen - aber, ich habe doch schon genug Zeit verloren.

Ich muss langsam mal wieder Boden unter den Füßen bekommen - und möchte am liebsten auch in den nächsten 5 Jahren keine Arztpraxis betreten.

Aber, wie das gehen soll, ist mir zur Zeit ein Rätsel.

Gruß

Martin

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