Außenwirkung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Candykills
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:02

Ja, das stimmt schon, Nico. Aber ich dachte dabei an spezielle Personen, die auffälligerweise auch bei anderen Dinge immer wieder falsch oder überinterpretieren. Also mir fällt zumindest auf, dass das oft nicht nur auf mich bezogen so ist, sondern auf alle anderen auch zutrifft diese Fehleinschätzung.

Allgemein gesehen macht es aber sicherlich immer Sinn sich selbst auch zu reflektieren und abzuchecken, ob das nur bei einem selbst auftritt und woran es dann eventuell liegen könnte.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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saffiatou
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:08

Aber liegt diese "Fehleinschätzung" nicht auch daran, daß wir uns "verstellen"?

In bestimmten Situationen verhalten wir uns anders, als wir normalerweise sind. Ich habe mich im Job immer anders verhalten und meine Kollegen sind nie auf die Idee gekommen, daß ich unsicher bin oder keine Entscheidungen treffen mag. Ich habe da immer eine lächelnde und kometente Maske aufgesetzt. So verhalte ich mich auch wenn ich mit Bekannten zu tun habe etc... Nur selten zeige ich wie ich wirklich bin.


Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan


mio
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:12

Dann weisst Du aber ja, was für einen Eindruck Du erweckst (Du "spielst" ja bewusst eine Rolle), Saffia.

Ich denke mal Lockenkopf geht es eher darum, dass sie sich nicht im Klaren darüber ist, wie der Andere zu seiner Wahrnehmung kommt.

Wenn ich mich "cooler" gebe, als ich bin, dann spekuliere ich ja darauf so wahrgenommen zu werden und wundere mich nicht darüber, wenn mich jemand dann so wahrnimmt.


isabe
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:18

Miesel hat geschrieben: Sie können weder hellsehen, noch in dich hinein schauen, sie können nur auf das reagieren, was du ihnen anbietest.

Dass sie das dann anhand ihrer Vorerfahrungen interpretieren, ist klar.
Aber andere Menschen sind immer auch ein Spiegel. Sie reagieren auf dich und das was du ihnen zeigst.
Jein.
Wenn du z.B. von Anderen als kompetent eingeschätzt wirst, obwohl du selbst weißt, dass du so kompetent nicht bist, dann funktioniert das Bild mit dem "sie reagieren auf das, was ich anbiete" nicht. Es funktioniert auch bei anderen Beispielen nicht, aber hier wird es vielleicht deutlicher. Es hat auch nichts damit zu tun, dass ich "an mir arbeiten" müsste, um weniger kompetent zu erscheinen. Wie man auf jemanden wirkt, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Es gibt aber Menschen, die häufiger als andere die Erfahrung machen, dass man sie falsch einschätzt.

Der Satz "wenn das so häufig vorkommt, muss es ja an dir liegen" ist insofern nicht stimmig, als die Eigenschaften, um die es geht, immer unterschiedlich sind und es sich keinesfalls um schlechte Eigenschaften handeln muss, wo es ja naheliegen würde, dass man das so an sich nicht wahrhaben will und deswegen annimmt, der Andere würde sich irren.

Das Phänomen, an das ich hier denke, hat nichts mit "keiner mag mich, dabei bin ich doch viel besser" zu tun, obwohl das AUCH mal eine Rolle spielt. Viele Menschen werden unterschätzt, viele Menschen werden überschätzt. Zum Beispiel werden große Kinder oft falsch eingeschätzt: Zunächst hält man sie für älter, man erwartet also mehr von ihnen. Erfüllen sie diese Erwartungen nicht (weil sie halt noch zu jung sind), unterstellt man ihnen, tollpatschig und ungeschickt zu sein. Das ist eine falsche Einschätzung. Und obwohl sie häufig vorkommt, bleibt sie dennoch falsch.

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mio
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:25

isabe hat geschrieben:Es hat auch nichts damit zu tun, dass ich "an mir arbeiten" müsste, um weniger kompetent zu erscheinen.
Wenn Du möchtest, dass der andere Dich "korrekt" wahrnimmt in Bezug auf Deine Kompetenz, dann wäre das schon sinnvoll. Wenn Du das nicht möchtest natürlich nicht.

Wenn ich also zB. nicht schwer tragen kann, aber so aussehe, als könnte ich es, dann muss ich eben sagen, dass ich es nicht kann. Und auch entsprechend begründen (zB. Bandscheibenvorfall, Schwäche etc.), wenn ich nicht vom Gegenüber überfordert/fehlerhaft eingeschätzt werden möchte.

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Miesel
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:37

isabe hat geschrieben: Wenn du z.B. von Anderen als kompetent eingeschätzt wirst, obwohl du selbst weißt, dass du so kompetent nicht bist, dann funktioniert das Bild mit dem "sie reagieren auf das, was ich anbiete" nicht.
Doch. Gerade da funktioniert es perfekt.
Du gibst dich kompetent, du verhältst dich so, dass Andere zu dieser Überzeugung kommen.

Würdest du denen nämlich ZEIGEN dass du eben nicht kompetent bist, dann gäbe es keinen Anlass, dich dennoch dafür zu halten.

Du verhältst dich so, dass andere zu diesem Schluss kommen entgegen deiner inneren Überzeugung.

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freeway
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:43

Miesel hat geschrieben:Den Ball musst du schon bei dir behalten. Es liegt an dir, daran zu arbeiten, was andere Menschen in dir sehen.
demnach müssten die "eintreter" ja dann auch einen ball bei sich behalten und daran arbeiten, was z.b. Lockenkopf in ihnen sieht... vorausgesetzt sie haben kein explizites interesse daran als "eintreter" gesehen zu werden... könnte ja sogar bereits ein ergebnis des arbeitens an sich sein, endlich so gesehen zu werden... klar liegt das dann nicht mehr in des betroffenen handlungsspielraum, also... ob der andere an sich arbeitet/arbeiten will oder nicht... übrig bleibt so oder so der handlungsspielraum ausschließlich im eigenen verhalten... aber

wie bei mio... verhalten (laut aussage) allen gegenüber gleich... über-/fehlinterpretation findet bei einem einzigen menschen "plötzlich" statt...

wäre dann das spiegeldings nicht lediglich ein aspekt von vielen in dieser frage? und wäre dann die "aufgabe" nicht eigentlich, herauszufinden OB gespiegelt wird? und ist nicht gerade das, ungleich schwieriger?

"alles spiegel" als klare sache wäre natürlich praktischer... aber "nimmt" man dem gegenüber nicht eigentlich auch etwas weg, wenn man ihn ausschließlich zum spiegel erklärt? nimmt man sich selbst nicht gleichzeitig etwas weg, wenn man sich ausschließlich als gespiegelt wahrnimmt?

passiert einem ein verhalten anderer öfter, liegt der gedanke des gespiegelt werdens vllt näher... aber kann es wirklich die quantität sein, die ausschlaggebend ist? oder könnte uns da die prägung "masse statt klasse" einen streich spielen?

was, wenn die häufigkeit uns ebenso dabei behilflich sein könnte, uns treu zu bleiben? sich genau für eben dieses verhalten bewusst zu entscheiden... und sich nicht von vermeintlichen spieglern zu etwas anderem drängen zu lassen? könnte nicht genau das, das augenmerk auf vllt quantitativ seltener auftretende dinge, aber qualitativ einem selbst viel mehr entsprechende umstände lenken?

und könnte das in bestimmten situationen nicht automatisch gerade erst recht zur eigenen entlastung/gelassenheit beitragen, wenn man sich dann denken kann "nein, du spiegelst mich gerade nicht"!

nur so btw...
"Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein." Jiddu Krishnamurti


isabe
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:46

Miesel:
Mir erscheint das zu einfach, auch wenn ich nicht unbedingt falsch finde, was du sagst. Ich glaube nicht, dass "zeigen" und "wahrnehmen" immer übereinstimmen. Und dann gibt es neben "zeigen" und "wahrnehmen", also neben der Position dessen, der zeigt und der Position dessen, der wahrnimmt, noch das, was man evtl. als "objektive Wahrheit" bezeichnen könnte (die es SO nicht gibt, die aber ein Ideal sein könnte), also in etwa die Position eines Gutachters bzw. "Richters", der versucht, die subjektiven Darstellungen des "Zeigenden" und des "Wahrnehmenden" objektiver zu betrachten.

Grundsätzlich aber denke ich, dass das Problem "die Anderen schätzen mich falsch ein" in erster Linie darin begründet ist, dass man seiner eigenen Selbstwahrnehmung nicht so gut trauen kann. Das Problem ist also nicht die unterstellte Eigenschaft xy, die es zu überwinden gilt, sondern das Problem ist, dass der Betroffene es nicht lernen durfte, seine eigene Haltung bzw. Wahrnehmung als stimmig zu betrachten. Daraus resultiert ein mangelndes Selbstwertgefühl, das den Betroffenen immer mehr abhängig macht vom Urteil des Anderen. Ein Teufelskreislauf.


mio
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 11:53

Dieses "Spiegelungsverständnis" geht ja davon aus, dass "korrekt" wahrgenommen wird.

Also wenn ich jemanden zB. anbrülle, dann kann erst mal davon ausgegangen werden, dass ich wütend auf diese Person bin. Hat diese Person mir allerdings keinen nachvollziehbaren Grund dafür gegeben, dann tut sie gut daran mir zu spiegeln, dass es keinen Grund für meine Wut (auf die Person) gibt und dieser deshalb wo anders liegen muss. "Spiegeln" heisst ja nicht immer "Ursache-Wirkung" sondern meint "zurückmelden was ich wahrnehme".

Ich habs zum Beispiel schon erlebt, dass ich angebrüllt wurde und mir dann auch noch gesagt wurde, ich solle nicht schreien als ich in völlig normaler Lautstärke geantwortet habe, allerdings ablehnend. Da bleibt mir dann nichts, als klarzustellen, dass ich nicht schreie sondern mein Gegenüber. Nur muss ich mich dazu eben selbst wahrnehmen und korrekt beurteilen können.

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Miesel
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 12:03

@freewy
Hast du eine konkrete, klare Frage an mich, oder willst du mir etwas bestimmtes sagen?

hätte...könnte....wäre....wenn... ist mir schriftlich zu mühsam.

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freeway
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 12:08

keinerlei fragen an dich im speziellen Miesel, wenn, dann allenfalls viele an mich
"Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein." Jiddu Krishnamurti

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Miesel
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 12:20

Danke. Ich war mir nicht sicher.

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stern
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 12:25

Ich bezweifele bereits, dass es sowas wie eine einheitliche bzw. "richtige" Einschätzung geben kann. Sondern man selbst kann sich ja in unterschiedlichen Situationen oder bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich verhalten. Und dementsprechend anders kann dann auch die Außenwirkungen ausfallen. So kann doch auch eine grds. eher selbstsicherer Mensch in manchen Momenten unsicher sein.

Wenn man sich gar nicht unsicher fühlt, dass über die Körpersprache ausdrückt, stellt sich eher die Frage warum das nicht synchron verläuft. Und wenn man tatsächlich unsicher war, passt die Wirkung auf andere ja dazu.

Bei Ärzten können Fehleinschätzungen bereits durch Kurzkontakte zustande kommen. Weil sie ja nur das verwerten können, was sie sehen... und das ergibt evtl. keine repräsentatives Bild, wenn man sich z.B. nur 1x im Quartal sieht.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)

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freeway
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 12:25

dann dank ich dir fürs nachfragen lag wohl am zitat mit deinem namen... verständlich... hab aber wirklich nur den satz relativ willkürlich rausgeschnappt...
"Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein." Jiddu Krishnamurti

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Miss_Understood
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Beitrag Fr., 22.07.2016, 12:59

candle, ich meinte vor allem dein "Sehr unspezifisch dein Beitrag." Ich empfinde diesen Satz hier so in aller Knappheit als sehr unempathisch. Deine Antwort oben dann dazu ist mir zu nebelkerzig. Und beweist mir, dass wir eigentlich in 99% der Fälle, wo wir hier miteinander versucht haben zu schreiben, sehr stark aneinander vorbeischreiben. Aber belassen wir es dabei. Sollte die Themenerstellerin damit etwas anfangen können, ists ja gut. Ich will nicht für etwas prophylaktisch in die Bresche springen, was womöglich nur MIR wie ein nasser Waschlappen ins Gesicht geschleudert vorkommt.

Zum Thema:
In einer Interaktion ist ja jeder immer Sender und Empfänger. Ich kann mich noch so sehr zeigen 'wie ich bin'. DAS erst mal in jeder Situation klar zu haben ist ja noch so eine Kunst ... - das Gegenüber wirft sofort seine ureigene Interpretationsmaschine an. Die man schlecht beeinflussen kann. Schreibt ja miesel auch.

Was es in durchschnittlichen gesellschaftlichen Interaktionen je nach Tiefe herausfordernd macht ist ja, dass es eben nicht immer angebracht ist, das alles was DA INNEN DA ist zu zeigen, nicht? Tja - und dann - stehen wir da mit dem Thema "Zeig dich wie du bist!" oder die hochgehaltene Flagge der Authentizität.

Das ist eine innere Frage, an der ich auch öfter mal rumkaue. Ich KANN in den ersten Schritten gut und selbstbewusst und freundlich wirken - BIN ich auch oft so in den ersten Kontakten - wenns dann näher, tiefer und so weiter wird - DANN komme ich ins Schleudern. WIE sehr MACHE ich mich dann verletzlich? Und DAS, das ist glaub ich die Kernfrage.

Ich habe vor nicht allzulangem die Vorträge von Brene Brown schätzen gelernt, ich glaub das passt hier auch ganz gut:
... anguage=de
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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