Mein Sohn will nicht mehr im Heim leben

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.

Candan
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Beitrag Sa., 13.02.2016, 20:48

Es geht doch gar nicht um die Depression, sondern darum, dass die Mutter ihren Sohn als faul bezeichnet, während bei anderen psychischen Krankheiten dieses wertende Attribut nicht verwendet wird. Einem Depressiven würde man nicht sagen, er sei faul, wenn er nichts leistet.

Wenn du meinst, es interessiert keine Sau, was ich sage, möchte ich dir entgegnen: Doch, mich interessiert es. Ich halte das für relevant. Weil die Frage, ob man jemanden liebt, sehr entscheidend ist, wenn es um den Umgang mit diesem Menschen geht. Wenn eine Mutter nur (!) Negatives über ihr Kind schreibt, sehe ich da keine Liebe. Und wo keine Liebe ist, kann eine Beziehung nicht funktionieren. Das halte ich für wichtiger als die Frage, wo der Sohn am Ende unterkommt. Das ist eine praktische Frage, deren Antwort relativ einfach ist: Es gibt in der Wohnung keinen Raum für ihn, er selbst kann nicht alleine wohnen, also muss er im Heim bleiben. Was es ansonsten noch für Möglichkeiten gibt, wird die Mutter am besten mit den Pflegern und Betreuern klären können.

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mondlicht
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Beitrag Sa., 13.02.2016, 21:15

Candan hat geschrieben:Wenn eine Mutter nur (!) Negatives über ihr Kind schreibt, sehe ich da keine Liebe.
Und ich finde die Rechnung, die Du da aufmachst, etwas übereilt. Nach den paar Sätzen.
Candan hat geschrieben:Und wo keine Liebe ist, kann eine Beziehung nicht funktionieren.
Finde ich eine sehr schwammige Aussage, pastoral. Müsste man sich gründlich über den ethischen Begriff der Liebe unterhalten. Ist aber hier nicht der Ort. Wichtig ist mir vor allem, dass niemand von uns beurteilen kann, wie Condyke fühlt. Und dass dieses Urteil mal wieder zur Folge hatte, dass eine Schreiberin in diesem Forum sich angegriffen und unverstanden fühlt und sich zurückzieht. Was soll das bringen? Wenn es wirklich so wäre, wie Du vermutest, dass "da gar keine Liebe ist", dann wird sich das nicht ändern durch Deinen Beitrag. Du hast halt etwas abgeladen von Dir. Durch den Tritt in die Magengrube einer Person, die hier Rat sucht.


Candan
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Beitrag Sa., 13.02.2016, 21:19

Ich habe ihr nicht in die Magengrube getreten. Ich habe ihr geschrieben, wie ihre Worte auf mich wirken.

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mondlicht
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Beitrag Sa., 13.02.2016, 22:09

Candan hat geschrieben:Ich habe ihr nicht in die Magengrube getreten. Ich habe ihr geschrieben, wie ihre Worte auf mich wirken.
Du hast geschriebend, ihre Worte seien "beschämend". Das ist ein moralisches Urteil, keine Ich-Aussage. Ein großer Unterschied.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Sa., 13.02.2016, 22:37

mondlicht hat geschrieben:Da benutzt man eben in der deutschen Umgangssprache solche Formulierungen wie "der nur eins sehr gut kann (...)".
Wie würde man das denn in der Standart- oder Fachsprache formulieren?

Mir war neu, dass diese Formulierung umgangssprachlich ist. Das muss nichts heißen, aber ich denke, die Wortwahl kann auch eine Menge darüber aussagen, was man von jemandem hält.

Und ich finde es schrecklich, wie sie über einen kranken Menschen schreibt - muss aber auch zugeben, dass ich persönlich nur mit der Pflege körperlich kranker Menschen Erfahrung habe, also nicht einschätzen kann, was im Umgang mit psychisch oder geistig kranken Menschen als Privatperson verständlich ist und was nicht.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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mondlicht
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Beitrag Sa., 13.02.2016, 23:16

ExtraordinaryGirl hat geschrieben:War mir neu, dass diese Formulierung umgangssprachlich ist. Das muss nichts heißen, aber ich denke, die Wortwahl kann auch eine Menge darüber aussagen, was man von jemandem hält.
Zum einen hast Du dann jetzt etwas dazu gelernt. Denn natürlich ist es NICHT wörtlich zu verstehen, wenn man sagt: der kann nur eines, nämlich .... Eine solche Formulierung würdest Du in einem Fachartikel aus guten Gründen nicht finden.

Zweitens geht es mir darum, dass hier keine druckreifen Texte reingestellt werden. Ein Forum ist ein anderes Medium als eine Zeitschrift.
Aber kübelt Euch nur weiter aus. Clondyke hat sich ja eh verabschiedet, Ihr seid unter Euch ...

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Sa., 13.02.2016, 23:25

Offensichtlich.

Ich hatte nämlich bisher den Eindruck, dass es Menschen gibt, die solche Dinge sagen/schreiben und ernst meinen. Aber das lag dann wohl an mir. Schön, dass du das so gut einschätzen kannst.

Im Übrigen habe ich nicht das Gefühl, mit Candan eine Allianz zu bilden - das Wort "ihr" ist also überflüssig. Aber manche brauchen sowas ja - Verallgemeinerungen, "Wir" und "Die" ...
Zuletzt geändert von ExtraordinaryGirl am Sa., 13.02.2016, 23:30, insgesamt 1-mal geändert.
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Sa., 13.02.2016, 23:28

Inwiefern hier der Anspruch an druckreife Texte gestellt wurde, erschließt sich mir ebenfalls nicht. Aber du scheinst ja sehr gut beurteilen zu können, wie sie die Dinge meint, die sie schreibt - und, dass manche Aussagen niemals ernst gemeint sind. Jetzt bin ich echt froh.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

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MannImMond
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Beitrag Mo., 15.02.2016, 22:23

Hallo Clondyke

Ich kann deinen Sohn schon verstehen, mit 36 würde ich auch nicht in in einem Doppelzimmer wohnen wollen und mir vorschreiben lassen wann und was ich zu essen habe. Das würde ich ja jetzt nichtmal mitmachen und ich bin noch deutlich jünger. Allerdings ist das schon was anderes wenn dein Sohn so schwer krank ist dass er mit 36 nicht in der Lage ist alleine zu wohnen. Gibt es denn nicht etwas dazwischen? Zum Beispiel ein Heim wo es nicht ganz so streng ist und wo er sein eigenes Zimmer hat. Oder betreutes Einzelwohnen, aber das hatte er ja schon und es hat nicht geklappt weil er nicht zur Werkstatt gegangen ist. Ist es denn in jedem betreuten Wohnen die Vorraussetzung dass er zur Werkstatt geht? Natürlich ist es nicht toll den ganzen Tag faul vor der Glotze zu hängen aber dein Sohn ist schon lange volljährig und wenn er nicht zur Werkstatt will kann man ihn ja leider auch nicht dazu zwingen.

Dass du deinen Sohn nicht bei dir einziehen lassen willst kann ich gut verstehen, er ist erwachsen und kann auch nicht ewig bei seiner Mutter leben. Und so wie du es beschreibst gibt es mit ihm nur Streit und das ist natürlich auch nicht schön. Seine Idee ihn tagsüber bei dir auf der Coutsch faulenzen zu lassen halte ich auch nicht für sinnvoll.

Ich würde mich an deiner Stelle über andere Wohnmöglichkeiten als bei dir oder im Heim informieren. Vielleicht könntet ihr das ja auch mit den Betreuern aus dem Heim besprechen. Vielleicht gibt es ja auch was wo er nicht zur Werkstatt muss oder eine andere Werkstatt die ihm besser gefällt.

Wäre er denn mit einem anderen Heim oder betreutem Einzelwohnen einverstanden oder will er unbdeingt alleine wohnen? Wenn er keine Gefahr für sich selbst oder andere ist kann ihn keiner zwingen in irgendeinem Heim zu wohnen, auch wenn er dann alleine keine Wohnung findet oder die Wohnung verwahlost, schließlich ist er erwachsen. Da kann dann leider keiner was machen wenn er wirklich keine Hilfe annehmen sollte.

Mal eine Frage: Du hast geschrieben dass er am liebsten den ganzen Tag faul vor der Glotze sitzen will aber woanders schreibst du er will eine richtige Arbeit haben? Hat er das beides so gesagt oder will er eigentlich arbeiten aber du weißt dass er dann doch nur faulenzen wird?


Grüße vom MannImMond
Knarm!

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Kaffeetante
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Beitrag Fr., 04.03.2016, 01:07

Wer will denn auch mit 36 noch gern im Heim leben? Ich kann gut verstehen dass er da rauswill, vorallem wenn er nichtmal ein eigenes Zimmer hat. Und da er volljährig ist kann man ihn doch auch nicht dazu zwingen. Wenn er ausziehen will kann ihm das keiner verbieten. Und zum arbeiten in der Werkstatt kann man doch auch keinen zwingen. Es sei denn das ist alles ne Bewährungsauflage oder so aber das ist es soweit ich gelesen habe doch nicht.
Angel of Death hat geschrieben:
Seine Idee ihn tagsüber bei dir auf der Coutsch faulenzen zu lassen halte ich auch nicht für sinnvoll.
Ja, aber an sich hat er das Recht dazu, denn das haben Arbeitslose auch. Ich muss es wissen. Warum also muss der behinderte Mensch arbeiten gehen? Damit die Betreuer weniger Arbeit haben? Ich wittere Missbrauch. Das könnt ihr nicht machen, Leute!
Ja, das hat er schon, allerdings nur auf seiner eigenern Coutsch. So wie ich es verstanden habe geht es ja um die Coutsch bei seiner Mutter. Und dazu hat er nicht automatisch das Recht, er ist volljährig und seine Mutter darf ihn aus ihrer Wohnung rausschmeißen.

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Ysp.
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Beitrag Di., 27.06.2017, 03:54

Eine relativ späte Antwort auf diesen, inzwischen inaktiven Thread - er tauchte in den "Vorschlägen", eines anderen auf, auf den ich antwortete.
Nichtsdestotrotz finde ich es wirklich erschütternd, wie abwertend hier Clondykes Anfrage behandelt wird. Alles im allem kann ich nur leuchtturm und mondlicht zu ihren mitfühlenden und hilfreichen Aussagen gratulieren, bzw. diese unterstützen.

Ich habe das Gefühl, dass alle anderen Diskussionsteilnehmer noch niemals in solch einer Situation waren - da ist es natürlich einfach, auf die Bedürfnisse und Rechte der "pflegebedürftigen" Person zu pochen... Aber anscheinend hat niemand dieser Diskussionsteilnehmer jemals die Situation durchmachen müssen, was es heißt, einen Angehörigen, der "geistig nicht/nicht mehr auf der Höhe ist" zu pflegen/betreuen. Und Clondyk geht durch diese Situation schon seit der Geburt ihres Sohns. Natürlich empfindet sie Liebe (deswegen hat sie sich ja überhaupt an uns gewendet), aber sie wurde in all den Jahren auch immer wieder von der bitteren Realität eingeholt - welche natürlich immer besonders hart zu ertragen ist, wenn man die Person liebt, die "enttäuscht".
Es ist überhaupt nichts Falsches an ihren Aussagen (auch "das der Sohn nur auf der Couch chillen will") und es hat auch nichts mit Kälte oder Vernachlässigung zu tun! Es ist nur nach über 30 Jahren Muttersein und Beistand die Einsicht, dass es so nicht weitergeht und das diese Option nicht drin ist!
Es ist eigentlich bewundernswert, dass Clondyk nicht schon längst aufgegeben hat und Ihren Sohn abgeschoben hat (was Ihr ihr ja teilweise durch Unterstellungen vorwerft). Jeder der mit solch einem "speziell eingeschränkten" Angehörigen zu tun hat/hatte, weiß, wieviel Willenskraft, Aufopferung, Verständnis & Opferbereitschaft solch eine Beziehung/Pflege einem abverlangt.
Von daher finde ich all diese Aussagen á la: "gefühlskalt, keine richtige Mutter, bedenkenswert" mehr als abwertend. Bei mir persönlich stoßen sie alle auf komplettes Unverständnis! Es ist zwar immer lobenswert, auch die Bedürfnisse/den Willen/die Wünsche einer psychisch beeinträchtigten Person zu berücksichtigen - und es sollte auch im Rahmen der Inklusion mehr als das sein... Aber trotzdem muß man manchmal einsehen, dass „solche“ Personen zwar einen starken Willen haben können und diesen auch überzeugend äußeren können, aber im Endeffekt niemals ein, zwar selbstbestimmtes, aber in keinster Weise eigenständiges, unabhängiges, "gesundes" Leben auf die Reihe kriegen würden.

Und genau diese Einsicht, verlangt einer Mutter (Eltern) alles ab, denn jeder möchte, dass sein Kind irgendwann unabhängig wird und "auf eigenen Füßen steht". Deswegen ist die Anfrage von Clondyk, auch bemerkenswert, denn andere Eltern brechen nach mehrfach gescheiterten Versuchen und keiner Aussicht auf Besserung einfach den Kontakt ab und überlassen Ihre Kinder vollkommen den Institutionen.

De facto: Ich kann überhaupt kein Verständnis für die massive Kritik aufbringen. Gleichzeitig kann ich aber auch leider nicht mit einem Rat beiseite stehen.
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There's a hole in our soul that we fill with dope. And we're feelin' fine.
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Nico
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Beitrag Di., 27.06.2017, 05:09

Ysp. hat geschrieben: Di., 27.06.2017, 03:54 De facto: Ich kann überhaupt kein Verständnis für die massive Kritik aufbringen. Gleichzeitig kann ich aber auch leider nicht mit einem Rat beiseite stehen.
A H A :roll:
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Nico
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Beitrag Di., 27.06.2017, 05:12

Ysp. hat geschrieben: Di., 27.06.2017, 03:54 Ich habe das Gefühl, dass alle anderen Diskussionsteilnehmer noch niemals in solch einer Situation waren - da ist es natürlich einfach, auf die Bedürfnisse und Rechte der "pflegebedürftigen" Person zu pochen... Aber anscheinend hat niemand dieser Diskussionsteilnehmer jemals die Situation durchmachen müssen, was es heißt, einen Angehörigen, der "geistig nicht/nicht mehr auf der Höhe ist" zu pflegen/betreuen.
Erzähle uns doch einmal von deinen umfangreichen Erfahrungen
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Ysp.
Helferlein
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Beitrag Fr., 30.06.2017, 22:26

Nabend Nico,

ich bin mir nicht sicher, ob ich einen ironischen Unterton aus Deinen beiden Kommentaren heraushöre... Ich sehe hier auch nicht die Notwendigkeit meine Aussage komplett zu rechtfertigen und mit jahrelanger, täglicher (höchstwahrscheinlich, langjähriger beruflicher) Erfahrung zu rechtfertigen und vollends zu erklären (auch wenn ich folgend einen kurzen Abriss gebe).

Insgesamt, kann ich aber Clondykes Ausführungen einfach nachfühlen und nachvollziehen. Nicht jeder ist so perfekt, wie es einem das Fernsehen weismachen möchte: 24h aufopfernde Pflege, kompletter Selbstverzicht, total positive Lebenseinstellung. In Wirklichkeit besteht das Leben eben aus vielen Grauzonen... und eben dies habe ich hier gelesen und nachvollziehen können. Niemand ist verpflichtet, sein eigenes Leben komplett seinen Kindern (oder sonstigen Personen) zu opfern. Und wenn man tiefe Liebe für eine "pflegebedürftige" Person empfindet, aber auch genau weiß, dass manche Sachen (nach mehreren gutgläubigen/gutmütigen) Versuchen nicht gehen, steckt man natürlich in einem moralischen Zwiespalt... und genau in dieser Situation befindet sich meiner Meinung nach Clondyke.

Insgesamt habe ich in meiner gesamten Jugend/frühem Erwachsenenalter immer wieder Kontakt zu geistig behinderten Personen (oder „mental herausgeforderten“ Personen, oder wie auch immer man es politisch korrekt auch heutzutage nennt) gehabt - unter anderem Post-OP Betreuung. In dieser Zeit musste ich lernen, dass "diese Menschen" (hört sich irgendwie "Kacke" an) durchaus sehr überzeugend und auch manipulativ sein können, aber ihr eigenes Wohlergehen/körperliche Heilung nicht wirklich im Auge haben und Dinge machen möchten, die eben diesem total abträglich sind. Ich musste auf die harte Tour lernen, kompletter Verweigerung/Heulkrämpfen/Wutanfällen/irrationalem Verhalten mit Gelassenheit und Konsequenz zu begegnen. Letztendlich wurde mir dies niemals von der betroffenen Person übel genommen und tat ihrer Heilung gut. Auch im späteren Leben hatte ich immer wieder mit "herausgeforderten" Menschen zu tun, und ich habe immer wieder festgestellt, dass sie sich definitiv ihres "Anderssein" auf die ein oder andere Art immer bewusst sind, aber auch genau diese, damit einhergehende, Hilflosigkeit dazu nutzen, um "etwas mehr zu bekommen" (in meinen Fällen, meist mehr Hilfe/Unterstützung, wo überhaupt keine Hilfe notwendig wäre). Dies erstmal zu realisieren und dann die geforderte Hilfe zu "verweigern" (in Kombination mit dem oftmals herzzerreißenden Blick) ist natürlich ein hartes Stück Arbeit/Selbstbeherrschung - aber dann zu sehen, dass es trotzdem klappt und der Person (die komplett, über das selbst erreichte, über das ganze Gesicht strahlt) hinterher zu gratulieren ist ebenso eine außergewöhnliche Erfahrung.

Auch musste ich 10 Jahre lang mit ansehen wie mein Onkel an Alzheimer (inkl. 2 Schlaganfällen) zu Grunde ging und seine Frau bis zum Ende glaubte, dass so etwas wieder heilen würde, wie ein Beinbruch (sie hat beide Diagnosen - höchstwahrscheinlich aus emotionaler Verweigerung - auch niemals komplett diagnostizieren/verifizieren lassen).
Es fällt, ehrlich gesagt, nicht leicht damit klarzukommen, dass ein 70+ jähriger Mann auf einmal den Intellekt eines 5-jährigen Kindes hat (wobei er zuvor sehr sachlich & gebildet war). Und akzeptieren zu müssen, dass (anfangs) nicht alle Forderungen mehr auf rationalen Bedürfnissen beruhen, sondern diese der/des Krankheit/Schlaganfalls geschuldet sind. Später verschlechterte sich sein Zustand leider so dermaßen, dass die letzten 5 Jahre in meinen Augen nur noch ein sprachloses Dahinsiechen (bettlägerig, Magensonde, Sprachverlust, inkontinent) und kein wirkliches Leben mehr waren.
Zudem gab es noch eine kurze Phase eines anderen, sehr nahe stehenden Familienmitglieds, welche ich hier aber nicht erläutern möchte.

Ich hab keine Ahnung, ob Dir dies als "Erfahrung" genügt. Letztendlich kann ich aber auch mit einem „negativen Bescheid“ deinerseits leben.
Es kann halt nicht jeder, ein in allen Dingen glänzender, 24/7 aufopferungsvoller, Pflegeverantwortlicher sein. Und wenn sich solch eine nicht perfekte Person mit ihren Nöten an dieses Forum wendet, finde ich es bedenklich, dass sie nur "niedergemacht" wird.

Grüße,
Ysp.
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