Würde in der Psychotherapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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stern
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Beitrag Di., 20.10.2015, 09:50

Schneerose hat geschrieben:Auch, oder gerade in einer Psychotherapie SOLLTE ES EIN GRUNDWERT SEIN, sollte...ist es aber nicht, sonst würde es nicht soviele Menschen geben, die nach Jahren noch an sich zweifeln...
Hier würde ich aber tatsächlich differenzieren, ob im eigenen Inneren etwas beschädigt wurde (durch Entwürdigung), so dass man unter den Folgen immer noch kämpft. Dann wäre Wiedererlangen der eigenen Würde evtl. ein wichtiges Therapieziel.

Im Therapiesetting (im äußeren also) sehe ich einen würdevollen Umgang jedoch als essentiell an. Nur sehe ich es keineswegs als Regelfall an, dass ein würdevoller Umgang in Therapien verloren gegangen ist... in manchen sicherlich... und dem liegen dann (so nehme ich an) oft schwerwiegende Behandlungsfehler zugrunde (aufgrund fachlicher oder persönlicher Mängel z.B.), wenn ein Patient "entwürdigend" behandelt wird. Und das ist dann der Ansatzpunkt...
Liebe Grüße
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Schneerose
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Beitrag Di., 20.10.2015, 09:51

Jenny Doe hat geschrieben:@ Stern
Was versteht ihr unter Würde?
Ich verlinke mal das Buch von Luise Reddemann "Würde - Annäherung an einen vergessenen Wert in der Psychotherapie".
Offensichtlich ist das mit der Würde in der Psychotherapie nicht so selbstverständlich wie im Grundgesetz. Wäre Würde eine Selbstverständlichkeit, dann hätte keine Veranlassung bestanden, ein 144 seitiges Buch über Würde in der PT zu verfassen:
Die Würde des Patienten ist antastbar

Als Psychotherapeutin, die mit traumatisierten Menschen arbeitet, sieht Luise Reddemann im psychotherapeutischen Umfeld häufige Verletzungen der Würde von PatientInnen. In ihrem Essay arbeitet sie fünf konkrete Bereiche heraus, in denen ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen große Sensibilität walten lassen sollten.

Der medizinische und psychotherapeutische Alltag ist voll von größeren und kleineren Würdeverletzungen. Am häufigsten sind Unachtsamkeit, Mangel an Empathie und das Bedürfnis nach Selbstschutz. Diese Beobachtungen führen die Autorin, die viele Jahre lang als Klinikleiterin tätig war, zu einem grundsätzlichen Nachdenken darüber, welchen Stellenwert »Würde« heute noch hat:
- Die Autonomie des Anderen verdient grundsätzlichen Respekt.
- Es gilt, die Würde der Verletzlichkeit und des möglichen Scheiterns anzuerkennen.
- Gerade PsychotherapeutInnen sollten das Recht des Patienten auf ein »Nein« des Mitteilens anerkennen.

Unter allen Angehörigen der helfenden Berufe wird dieses Buch einen überfälligen Diskurs anstoßen und große Aufmerksamkeit auslösen.
http://www.klett-cotta.de/buch/Trauma/W ... rapie/5704
Danke Jenny für diesen tollen Beitrag!
liebe Grüße
Schneerose
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Schneerose
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Beitrag Di., 20.10.2015, 09:52

stern hat geschrieben:
Schneerose hat geschrieben:Auch, oder gerade in einer Psychotherapie SOLLTE ES EIN GRUNDWERT SEIN, sollte...ist es aber nicht, sonst würde es nicht soviele Menschen geben, die nach Jahren noch an sich zweifeln...
Hier würde ich aber tatsächlich differenzieren, ob im eigenen Inneren etwas beschädigt wurde (durch Entwürdigung), so dass man unter den Folgen immer noch kämpft. Dann wäre Wiedererlangen der eigenen Würde evtl. ein wichtiges Therapieziel.

Im Therapiesetting (im äußeren also) sehe ich einen würdevollen Umgang jedoch als essentiell an. Nur sehe ich es keineswegs als Regelfall an, dass ein würdevoller Umgang in Therapien verloren gegangen ist... in manchen sicherlich... und dem liegen dann (so nehme ich an) oft schwerwiegende Behandlungsfehler zugrunde (aufgrund fachlicher oder persönlicher Mängel z.B.), wenn ein Patient "entwürdigend" behandelt wird. Und das ist dann der Ansatzpunkt...
absolut, sehe ich genau so...
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Schneerose
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Beitrag Di., 20.10.2015, 09:54

Harmonia hat geschrieben:Hallo Schneerose,

es freut mich, dass du den passenden Therapierahmen gefunden hast. Würde ist sicherlich ganz wichtig in der Therapie, denn wir haben vermutlich alle etwas erlebt im Kontakt zu anderen Menschen, was unwürdig war. Ich denke, es zählt zu jeder guten Beziehung die Würde des Gegenübers zu bewahren, damit bewahrt man sich gleichzeitig auch seine eigene. Und wenn dies alle so praktizieren würden, bräuchte es vermutlich keine Psychotherapeuten. Es gibt Psychotherapeuten, die ausschließlich ihr Fachwissen anwenden und wundern sich dann, warum ihre Therapie keinen Erfolg bringt. Ich wünsche dir weiterhin alles Gute für die Therapie!
Vielen Dank Harmonia!
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Anne1997
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Beitrag Di., 20.10.2015, 14:55

Hallo, ihr lieben Mitschreiber, und vor allem, liebe Schneerose,

"schneie" flink mal rein und dann auch schon wieder leise raus ...

Für Interessenten zwei evtl. weiterführende oder hilfreiche Aufsätze von Luise Reddemann zum Thema
"Trauma und Würde"
und dem quasi benannten Thema
"Würde als Gegenstand psychotherapeutischer Interventionen".
Ein wichtiges Thema, ohne dass ich (u.a./trotz allem) nicht "hier" oder "so" wäre.

Lieben Gruß an euch alle,
Anne
(begeistert vom neuen "Editorfeld" hier)

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Schneerose
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Beitrag Di., 20.10.2015, 16:57

Danke liebe Anne für den interessanten Beitrag. Da lese ich mich heute Abend noch mal genau rein.
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Jenny Doe
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Beitrag Mo., 30.11.2015, 12:50

Hallo Schneerose,

vielleicht guckst Du ja doch noch mal ins Forum. Wenn ja, dann habe ich etwas für Dich:
Vortrag: Eine Art zu sein – Berücksichtigung von Würde in der Psychotherapie
02.12.2015 (19:00)
Vortrag von Dr. Luise Reddemann (Fachärztin für psychotherapeutische Medizin und Psychoanalytikerin)
Katharineum (Aula), Königstrasse 27-31, Lübeck (Nebeneingang Hundestraße)
Die Verletzung der persönlichen Integrität durch sexuelle Belästigung, Missbrauch und Gewalt geht immer auch einher mit der Verletzung der Würde der betroffenen Menschen. Der medizinische und auch der psychotherapeutische Alltag ist voll von größeren und kleineren Würdeverletzungen, denen Patientinnen und Patienten ausgesetzt sind. Doch die Würde des Menschen sollte insbesondere in der Psychotherapie ein fester Bestandteil sein.
Dr. Luise Reddemann greift einen ethischen Gesichtspunkt der Psychotherapie auf und stellt in den Raum, ob „Würde“ heutzutage ein vergessener Begriff sowohl in der Psychotherapie als auch in unserer Gesellschaft ist und schlägt konkrete Maßnahmen für einen würdevolleren Umgang mit Menschen vor.
(...)
https://www.frauen-gegen-gewalt.de/term ... rapie.html
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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cora28
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Do., 14.01.2016, 11:40

Zum Thema Würde möchte ich gerne einmal auf diese schockierende Meldung verweisen. Ich war fassunglos als ich das gelesen habe. Es werden scheinbar immer noch Menschen gegen ihren Willen in Psychiatrien festgehalten. Was denkt ihr darüber?

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Ephraim
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Beitrag Do., 14.01.2016, 16:02

Interessante Meldung, ich wollte etwas mehr darüber wissen, beim OLG Karlsruhe konnte ich aber weder das Urteil noch die Pressemeldung finden. Auch eine Suche mit dem Aktz. brachte nichts. Keine Ahnung, vielleicht bin ich auch zu doof.

Edit: ich bin zu doof
"Sometimes we battle to protect someone, sometimes we battle to protect someones honor" Ichigo Kurosaki; Ich stelle keine rhetorischen Fragen

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Broken Wing
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Beitrag Do., 14.01.2016, 18:42

Gute Richtung. Aber 25000 Euro? Das ist noch verbesserungswürdig. Hinten eine Null anhängen und vorne den 25er durch einen 10er austauschen, dann ist das SG knapp angemessen.

Der Schwachsinn muss aufhören, dass Leute zwangsweise mit wirkungslosen bis schädlichen Medikamenten behandelt werden und psychotherapiert, deren Wirkung genauso wenig erwiesen ist. Freiwillig soll jeder machen, was er will.
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Tannenbaum
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Beitrag Do., 14.01.2016, 20:10

Die Wirkung von Psychotherapie ist nicht erwiesen. Ja, klar.

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Broken Wing
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Beitrag Do., 14.01.2016, 21:02

@ Tannenbaum, Freut mich, dass für dich das so klar ist. Vielen nicht. Die glauben wirklich, eine Therapiesitzung wäre mehr als ein gutes Essen oder ein angenehmes Bad.

Ich bin auch in psychotherapeutischer Behandlung, weil ich um die Wirkung des Plazebos weiß und mir auch klar ist, dass es mir helfen kann. Es ist ein tolles Medikament, man kann sich dagegen nicht wappnen. Natürlich weiß ich, dass das Gelaber meiner Therapeutin weniger wirkt als das tolle Gefühl der Seelenmassage. Unter dem Aspekt der Wahrheit betrachte ich ihre Aussagen ohnehin nicht, da mir bekannt ist, wie viel Ansehen die Psychoanalyse in der Wissenschaft genießt.
Es tut gut und deshalb gehe ich hin. Nach der Stunde ist ende der Märchenstunde und übergang zum Ernst des Lebens.
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blade
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Beitrag Do., 14.01.2016, 21:09

Und man kann auch niemals wirklich Fahrrad-fahren lernen.
Denn es ist wissenschaftlich erwiesen, daß sich niemals eine Masse von sagen wir mindestens 70 kg kontrolliert auf 2 mal 2 Quadratzentimetern auf Oberflächen unterschiedlichster und unvorhersehbarer Beschaffenheit
wird fortbewegen können.
Niemals!
Lächerlich.

Placebo? Pahh! Ist doch nur Einbildung.
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Broken Wing
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Beitrag Do., 14.01.2016, 21:15

Natürlich ist es nur eine Einbildung. Ich habe doch die Kraft der Einbildung hervorgehoben.
Wissenschaftlich ist auch erwiesen, dass nichts aufsteigen kann, das nicht leichter als Luft ist. Bei solchen Anekdoten gibt es nur einen Fehler.
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blade
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Beitrag Do., 14.01.2016, 21:37

Die Wertung in das "Gewöhnliche"?
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