Hallo Ingwer,
obwohl dein letztes Post relativ kurz ist, bilde ich mir dennoch ein, ein bisschen zwischen die Zeilen blicken zu können.
Mit den Sinnfragen ist das so eine Sache. Vermutlich gibt es darauf generell KEINE Antworten. Der springende Punkt, das, was einen Depressiven von einem sog. "Gesunden" unterscheidet, ist nicht ob man eine Antwort auf solche Fragen weiß, sondern sie sich gar nicht erst zu stellen. Und dazu hilft, ganz profan: Ablenkung. Nicht zuletzt in Form von einem 40h - 50h Job. Einfach raus aus den Grübelspiralen kommen.
Ich sehe hier oft, ... und kenne es aus eigener Erfahrung... wenn man NICHTS zu tun hat, zweifelt man, wie man es jemals gebacken kriegen sollte, weil man ja im Alltag so gelähmt und unfähig sei. Aber das ist so eine Huhn-Ei-Sache. Was war zuerst? Huhn oder Ei? Denn wenn man erst mal wieder eine sinnvolle Beschäftigung hat, dann ändert sich die Sichtweise von ganz alleine. Alleine schon, weil man keine Zeit mehr hat, sich in solche Gedanken hineinzusteigern. Aber um das am eigenem Leib zu erfahren, muss man erst mal aus dieser (Grübel-)Spirale rauskommen.
Natürlich macht es danach nicht mehr oder weniger Sinn ein Fenster zu putzen, um in deinem Beispiel zu bleiben. Aber dadurch, dass man nicht den ganzen Tag über so was nachdenkt und andere Aufgaben hat, RELATIVIERT es sich. Diese Fragen werden weniger wichtiger.
Hast du schon mal darüber nachgedacht, wie DEKADENT es ist, sich über so einen Nonsens wie dreckige Fenster den Kopf zu zerbrechen? Sobald man sich wichtigeren Lebensfragen zuwendet, verschwindet es von ganz alleine. So was passiert nur, wenn man zu viel Zeit mit sich selbst und den eigenen Zweifeln verbringt... ansonsten, hätte man ein "normales" Leben mit Job, Familie, Freunde etcpp, hätte man gar keine Zeit/Bedürfnis über solche SINN-Fragen nachzudenken...
Ich glaube, es ist ganz wichtig, diesen Unterscheid zu begreifen. Es geht NICHT darum, eine ultimative Antwort auf all diese WOZU-DENN-Fragen zu finden. Die gibt es nicht. Aber indem man sich auf andere, konstruktivere und schönere Dinge konzentriert, RELATIVIERT es sich.
Im seltenen Idealfall steht unter dem Strich dann nur noch: "... weil ich es will und es mir besser gefällt, ich mich damit wohler fühle. Punkt." , und zwar ohne Wenn und Aber. Doch wie gesagt, dies ist nur der Idealfall. Wichtig ist, dass man sich die WOZU-Fragen aus dem Kopf schlägt, denn darauf gibt es streng genommen NIE eine Antwort...
Oder anders gesagt: Der Sinn des Lebens besteht darin, sich möglichst elegant von der Sinnlosigkeit abzulenken. )))
Tagesstruktur...ich verblöde vollends
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Ich putze meine Fenster einmal im Jahr.ingwer75 hat geschrieben:So sehe ich mir z.B. ein von Fliegenschiß bedrecktes Fenster stunden - tagelang an und frage mich, was es denn für einen Sinn hat, wenn ich es endlich schaffen würde es zu putzen? Nur deshalb, weil es dann sauber wäre, reicht mir nicht, denn ich frage mich weiter, was es denn bringt, dass es denn dann sauber wäre............. und so geht es einfach ausgedrückt den ganzen Tag, die ganzen Tage, über all die Wochen, Monate und Jahre hinweg.
Den Unterschied sehe ich.
Ich kann - für ein paar Augenblicke - unbefleckt in die Welt gucken. Und ich kann - für ein paar Augenblicke - mich wohler fühlen als zuvor.
Es ist nicht die Scheibe.
ICH bin es, die den Unterschied MACHT.
Solange Du, ingwer75, Dich sowenig spürst wie diese Fensterscheiben, wird alles so bleiben.
(Wir haben hier ja ein Gesundheitssystem, das das ermöglicht, wie Du gerade selbst wieder erleben durftest.)
Was ist mir Dir? Möchtest Du
nochmal eine andere werden?
Einen freundlichen Gruß von
Widow
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"ICH bin es, die den Unterschied MACHT." Zitat Widow
Dafür möchte ich Dich ganz einfach umarmen, das hast Du gut rübergebracht.
Ich bin es, alles geht und muss von mir ausgehen, wenn ich etwas ändern möchte, mich ändern möchte. Das ist super, klingt so banal und einfach, ist aber brutal und schwer, es nützt nichts - anfangen, machen tun, sonst ändert sich nix.
LG
blackpower
Dafür möchte ich Dich ganz einfach umarmen, das hast Du gut rübergebracht.
Ich bin es, alles geht und muss von mir ausgehen, wenn ich etwas ändern möchte, mich ändern möchte. Das ist super, klingt so banal und einfach, ist aber brutal und schwer, es nützt nichts - anfangen, machen tun, sonst ändert sich nix.
LG
blackpower
"Aufgeben bedeutet nicht immer, daß man schwach ist. Oft bedeutet es einfach daß man stark genug ist, etwas loszulassen, was man nicht ändern kann."
Keine Ahnung, ob mein Tipp in dieser Situation für dich hilfreich ist:
Leg dir ein kleines Heft, einen Block oder am besten einen Terminplan-Kalender zu, wo du für jeden Tag eine eigene Seite hast und ein bisschen Platz zum Schreiben.
Und für jeden einzelnen Tag notierst du dir am Abend vor dem Schlafengehen alle Dinge, die du an diesem Tag gut fandest und für die du dankbar bist.
Auch an den schlechten Tagen versuchst du mindestens 5 Dinge zu finden, die dennoch irgendwie gut/schön/angenehm waren.
zum Beispiel:
31.03.2016:
- richtig leckere Marmelade zum Frühstück
- die Sonne hat gut getan während ich an der Bushaltestelle stand
- die Katze hat so süß geschnurrt als sie bei mir auf dem Sofa lag
- mein Mann hat mir Kaffee zubereitet, genau so wie ich ihn mag
- ich bekam unerwarteterweise einen Sitzplatz in der U-Bahn
- in der Tagesstruktur hab' ich was tolles gebastelt
- Frau Müller war heute freundlich zu mir
- ein kleines Kind hat mich im Supermarkt angelächelt
- ich habe den Zug noch erreicht, obwohl ich so spät dran war
- ich hab' es endlich geschafft, das Fahrrad zur Reparatur zu bringen
- die Nachbarin hat mir Blumen vom Markt mitgebracht
- es gab einen tollen Film im Fernsehen
- im Radio haben sie dieses Lied gespielt, das mich an den Urlaub in Italien erinnert hat
usw.
Ich kann jedem raten, das mal für 10 Tage zu versuchen und zuzusehen, was passiert.
Chancen
Leg dir ein kleines Heft, einen Block oder am besten einen Terminplan-Kalender zu, wo du für jeden Tag eine eigene Seite hast und ein bisschen Platz zum Schreiben.
Und für jeden einzelnen Tag notierst du dir am Abend vor dem Schlafengehen alle Dinge, die du an diesem Tag gut fandest und für die du dankbar bist.
Auch an den schlechten Tagen versuchst du mindestens 5 Dinge zu finden, die dennoch irgendwie gut/schön/angenehm waren.
zum Beispiel:
31.03.2016:
- richtig leckere Marmelade zum Frühstück
- die Sonne hat gut getan während ich an der Bushaltestelle stand
- die Katze hat so süß geschnurrt als sie bei mir auf dem Sofa lag
- mein Mann hat mir Kaffee zubereitet, genau so wie ich ihn mag
- ich bekam unerwarteterweise einen Sitzplatz in der U-Bahn
- in der Tagesstruktur hab' ich was tolles gebastelt
- Frau Müller war heute freundlich zu mir
- ein kleines Kind hat mich im Supermarkt angelächelt
- ich habe den Zug noch erreicht, obwohl ich so spät dran war
- ich hab' es endlich geschafft, das Fahrrad zur Reparatur zu bringen
- die Nachbarin hat mir Blumen vom Markt mitgebracht
- es gab einen tollen Film im Fernsehen
- im Radio haben sie dieses Lied gespielt, das mich an den Urlaub in Italien erinnert hat
usw.
Ich kann jedem raten, das mal für 10 Tage zu versuchen und zuzusehen, was passiert.
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Die Welt hat sich verändert
Plötzlich waren da unzählige schöne Dinge und Momente, jeden Tag. Immer mehr schöne Dinge sind passiert oder sind mir zumindest in den Blick und meine Wahrnehmung gerutscht.
Wo bei mir früher oft Unzufriedenheit geherrscht hatte, hat sich schleichend Dankbarkeit und Wertschätzung für die allerkleinsten Dinge eingeschlichen und meinen Blick auf die Welt und das Leben im allgemeinen verändert.
Früher wenn ich Kopfschmerzen hatte, dann hab' ich nur die Kopfschmerzen gesehen und mein Unglück diesbezüglich. Heute nehme ich viel mehr wahr. Nämlich auch das wunderbare Gefühl, wenn die Kopfschmerzen nachlassen und wieder weg sind. Ich bemerke heute nicht bloß mehr, dass ich nicht ganz fit bin, wegen einer Erkältung, sondern dass die Erkältung schon viel weniger schlimm ist, als am Tag davor, und dass sich das gut anfühlt.
Das ganze passiert also nicht nur im Kopf, sondern tief im Bauchgefühl.
Ich habe bemerkt, dass wenn ich schriftlich festhalte, was gut ist, dass sich das wahrgenommene Gute in meinem Leben potenziert und ich mir Dinge gönne, eben weil sie sich gut anfühlen, wo ich früher gesagt hätte: "Ach, ist doch nicht nötig, ist doch egal."
Ist es aber nicht.
Früher konnte ich nie genug kriegen. (genug Zuneigung, Aufmerksamkeit, Liebe, Anerkennung, Gesundheit, positive Ereignisse usw.)
Heute reichen mir die Dinge, die passieren, für ein schönes Leben.
Früher wollte ich alle negativen Gefühle von mir fernhalten. Heute sehe ich das Schöne auch in diesen Gefühlen, weil ich sehe, was sich daraus ergibt.
Früher habe ich Krisen und Schicksalsschläge im Großen und Ganzen rein negativ bewertet. Heute sehe ich das Gute, das daraus immer auch entspringen kann. Eben weil ich mich darum bemühe, es mir jeden Abend anzusehen und niederzuschreiben.
Früher hatte ich vor "Nein" und Ablehnung immer bloß Angst. Heute sehe ich schwarz auf weiß in meinen Aufzeichnungen, dass ein jedes "Nein" auch ein "Ja" zu etwas anderem bedeutet.
Früher hab' ich mich zerbrechlich gefühlt. Heute fühl' ich mich relativ stark.
Immer wieder mal wache ich morgens auf und spüre Glücksgefühle im Bauch. Das war mir davor nie passiert.
Damit will ich aber nicht sagen, dass ich jetzt rundum nur mehr glücklich bin. Ich heule auch oft und hab' meine Krisen und Schwierigkeiten. Aber der Unterschied ist: da ist immer auch so viel Schönes, gleichzeitig.
Chancen
Plötzlich waren da unzählige schöne Dinge und Momente, jeden Tag. Immer mehr schöne Dinge sind passiert oder sind mir zumindest in den Blick und meine Wahrnehmung gerutscht.
Wo bei mir früher oft Unzufriedenheit geherrscht hatte, hat sich schleichend Dankbarkeit und Wertschätzung für die allerkleinsten Dinge eingeschlichen und meinen Blick auf die Welt und das Leben im allgemeinen verändert.
Früher wenn ich Kopfschmerzen hatte, dann hab' ich nur die Kopfschmerzen gesehen und mein Unglück diesbezüglich. Heute nehme ich viel mehr wahr. Nämlich auch das wunderbare Gefühl, wenn die Kopfschmerzen nachlassen und wieder weg sind. Ich bemerke heute nicht bloß mehr, dass ich nicht ganz fit bin, wegen einer Erkältung, sondern dass die Erkältung schon viel weniger schlimm ist, als am Tag davor, und dass sich das gut anfühlt.
Das ganze passiert also nicht nur im Kopf, sondern tief im Bauchgefühl.
Ich habe bemerkt, dass wenn ich schriftlich festhalte, was gut ist, dass sich das wahrgenommene Gute in meinem Leben potenziert und ich mir Dinge gönne, eben weil sie sich gut anfühlen, wo ich früher gesagt hätte: "Ach, ist doch nicht nötig, ist doch egal."
Ist es aber nicht.
Früher konnte ich nie genug kriegen. (genug Zuneigung, Aufmerksamkeit, Liebe, Anerkennung, Gesundheit, positive Ereignisse usw.)
Heute reichen mir die Dinge, die passieren, für ein schönes Leben.
Früher wollte ich alle negativen Gefühle von mir fernhalten. Heute sehe ich das Schöne auch in diesen Gefühlen, weil ich sehe, was sich daraus ergibt.
Früher habe ich Krisen und Schicksalsschläge im Großen und Ganzen rein negativ bewertet. Heute sehe ich das Gute, das daraus immer auch entspringen kann. Eben weil ich mich darum bemühe, es mir jeden Abend anzusehen und niederzuschreiben.
Früher hatte ich vor "Nein" und Ablehnung immer bloß Angst. Heute sehe ich schwarz auf weiß in meinen Aufzeichnungen, dass ein jedes "Nein" auch ein "Ja" zu etwas anderem bedeutet.
Früher hab' ich mich zerbrechlich gefühlt. Heute fühl' ich mich relativ stark.
Immer wieder mal wache ich morgens auf und spüre Glücksgefühle im Bauch. Das war mir davor nie passiert.
Damit will ich aber nicht sagen, dass ich jetzt rundum nur mehr glücklich bin. Ich heule auch oft und hab' meine Krisen und Schwierigkeiten. Aber der Unterschied ist: da ist immer auch so viel Schönes, gleichzeitig.
Chancen
Hi, grüß euch alle!
Danke für die lieben Worte und Tips.
Ich würde mal meinen, obwohl man es so vielleicht nicht ganz glauben kann, dass ich im Grunde ein sehr positiv eingestellter Mensch bin, den nicht mehr so viel aus der Bahn werfen kann.
Auch sehe und erkenne ich Kleinigkeiten, alltägliche Situationen, für die ich dankbar bin.
Vielmehr ist es dieses Gefühl der Aussichtslosigkeit, wenn sich dieser Schalter im Gehirn umlegt und nichts mehr geht.
Im Grunde denke ich sogar in solchen Momenten daran, was ich schon alles gelesen, gehört und gesehen habe, um soch depressive Phasen zu durchbrechen, aber es hilft nichts, der Schranken ist zu.
Dieses mir-selbst-ausgeliefert-sein nervt, beunruhigt mich.
Es ist mir einfach unerklärlich, dass es diesen ON/OFF-Schalter in mir gibt, den ich nicht selbst betätigen kann, so sehr und so oft ich es auch versuche. Ich bin mir selbst mein größter Feind.
Gestern habe ich mich überwunden, ne lange Autofahrt auf mich genommen und meine Beste besucht und auch sie sagt, dass meine Sinnfragen mein größtes Problem sind und ich mich ablenken muss. Aber, wenn der Schranken runterfährt - wie beschrieben - kann ich eigentlich nur abwarten. Und dies ist ein so grausliches, erdrückendes Ausgeliefertsein.
Heute bin ich bis jetzt aber zufrieden. Ich konnte eine Freundin gut ablenken und etwas motivieren. Es freut mich sehr, wenn ich anderen helfen kann, wenn es bei mir selbst in diesen Phasen schon nicht klappt.
Ich hoffe ihr habt oder hattet einen angenehmen Sonntag!
Danke für die lieben Worte und Tips.
Ich würde mal meinen, obwohl man es so vielleicht nicht ganz glauben kann, dass ich im Grunde ein sehr positiv eingestellter Mensch bin, den nicht mehr so viel aus der Bahn werfen kann.
Auch sehe und erkenne ich Kleinigkeiten, alltägliche Situationen, für die ich dankbar bin.
Vielmehr ist es dieses Gefühl der Aussichtslosigkeit, wenn sich dieser Schalter im Gehirn umlegt und nichts mehr geht.
Im Grunde denke ich sogar in solchen Momenten daran, was ich schon alles gelesen, gehört und gesehen habe, um soch depressive Phasen zu durchbrechen, aber es hilft nichts, der Schranken ist zu.
Dieses mir-selbst-ausgeliefert-sein nervt, beunruhigt mich.
Es ist mir einfach unerklärlich, dass es diesen ON/OFF-Schalter in mir gibt, den ich nicht selbst betätigen kann, so sehr und so oft ich es auch versuche. Ich bin mir selbst mein größter Feind.
Gestern habe ich mich überwunden, ne lange Autofahrt auf mich genommen und meine Beste besucht und auch sie sagt, dass meine Sinnfragen mein größtes Problem sind und ich mich ablenken muss. Aber, wenn der Schranken runterfährt - wie beschrieben - kann ich eigentlich nur abwarten. Und dies ist ein so grausliches, erdrückendes Ausgeliefertsein.
Heute bin ich bis jetzt aber zufrieden. Ich konnte eine Freundin gut ablenken und etwas motivieren. Es freut mich sehr, wenn ich anderen helfen kann, wenn es bei mir selbst in diesen Phasen schon nicht klappt.
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