captcha hat geschrieben:
K019028029L hat geschrieben:
Dein Beispiel für einen Konflikt (Toskanaurlaub) sehe ich übrigens eher auch als bloßes Grenzen abstecken und nicht als tatsächlichen Konflikt.
hab mir noch gedacht beim Hinschreiben, dass das genaugenommen erst die Anflutung eines Konflikts ist, genau aus dem von dir genannten Grund. Aber es ging mir darum, dass ein Mann dem Konflikt nicht ausweicht. Wenn er also weiß, dass wenn er das sagt, dass es Brösln geben wird, ums liebevoll in unserer Landessprache zu formulieren
Also ich persönlich mag Brösln eigentlich nicht wirklich. Ich würde mir eher eine zivilisiertere Art der Klärung von Differenzen als das gegenseitige Anschreien, Beleidigen, Gegenstände Nachwerfen oder was auch immer wünschen. Ich würde keine Freundschaft oder Beziehung mit jemandem anfangen, wenn ich bei der Person mit so etwas rechnen muss.
captcha hat geschrieben:
K019028029L hat geschrieben:
Ein Konflikt wird aus dem "Er will nicht in die Toskana" erst, wenn du sagst: "Ich will da aber trotzdem hin! Mit ihm!". Ein Konflikt besteht meiner Meinung nach dann, wenn zwei Parteien unterschiedliche Ziele verfolgen, deren Verwicklichung sich gegenseitig so ausschließt, dass ein Kompromiss nicht möglich ist.
seh ich anders. (sehr interessantes Thema, btw)
Für mich ist ein Konflikt schon dann einer, wenn Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen aufeinandertreffen, und die Bedürfnisse nicht gleich auf den ersten Blick vereinbar sind. Ich glaub sogar, der Hauptanteil an Konflikten ist so. Impliziert für mich, dass es häufig eine Lösung für den Konflikt gäbe, wenn man sie nur gefunden hätte.
Da haben wir unterschiedliche Definitionen von "Konflikt". Bei mir ist bei einem Konflikt der Kompromiss ausgeschlossen, da diese Option entweder aufgrund der Art der Interessen nicht möglich ist (siehe das, was du etwas weiter unten geschrieben hast: er will Kinder, sie nicht => Trennung) oder bereits alle Möglichkeiten, einen Kompromiss zu finden, ausgelotet wurden und der Interessenskonflikt trotzdem weiter besteht. Dann kommt es entweder in einer Beziehung zur Trennung oder zu einem Machtkampf.
Das, was du einen Konflikt nennst, würde ich eher als "Differenzen" beschreiben, da eine Kompromissfindung noch möglich ist. Aber wie auch immer! Ich möchte kein "Klugscheissduell" mit dir! Dann sehen wir das halt anders, ist auch okay. Es weiss ja jeder, was gemeint ist.
Unabhängig von unserem unterschiedlichen Verständnis dessen, was ein Konflikt ist und was noch nicht, stimme ich dir absolut zu, dass ganz viele Probleme im zwischenmenshclichen Bereich daraus resultieren, dass die betroffenen Menschen nicht richtig miteinander kommunizieren. Das habe ich so oft beobachtet! Zum Beispiel etwas, dass ich ganz oft beobachtet habe: A setzt voraus, dass B weiss, was A möchte und sagt B nichts von seinen Interessen. B weiss es natürlich nicht und macht ganz was anderes, woraufhin A ganz furchtbar entäuscht ist. Das ganze funktioniert natürlich auch nicht nur mit Bedürfnissen sondern auch mit Abneigungen.
Oder mit anderen Worten: wenn ich jemanden mag und die Person glücklich machen möchte, dann muss ich wissen, was sie braucht, um glücklich zu sein. Und wenn sie mir das nicht sagt, kann ich bloß im Dunklen stochern und hoffen, einen Glückstreffer zu landen.
Ich finde es deswegen sehr wichtig, dass man in einer Freundschaft oder Beziehung offen mit seinen Wünschen, Bedürfnissen und Abneigungen umgeht. Alles andere führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Problemen.
captcha hat geschrieben:
K019028029L hat geschrieben: Dann gibt es nur die Möglichkeiten: Kampf, also den Partner zu dominieren versuchen, und Kaptiulation, also sich selbst dominieren zu lassen.
Ich bin erstaunt, dass du das so siehst, ich wäre darauf nie gekommen.
Ich seh da immer nur vor mir, dass man in einer Beziehung versucht, eine Lösung zu finden.
Aber den anderen zu dominieren? Oder zu unterwerfen? Ich liebe den ja, warum sollte ich das tun wollen?
Hmm. Also für mich ist das das Erste, woran ich denke. Das liegt wohl daran, dass ich das eigentlich nicht anders kenne. Mehr dazu habe ich eh weiter unten schon geschrieben.
captcha hat geschrieben:
Und nur wenn man überhaupt keine Möglichkeit findet, beider Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen, dann steht die Trennung an. Also ein Beispiel, wo das passieren könnte, er möchte Kinder, sie absolut nicht. Weil das sind einfach zwei komplett andere Lebensentwürfe.
Womit wir bei dem schwierigeren Beispiel wären.
captcha hat geschrieben:
Aber das Toskana-Beispiel ist vielleicht zu leicht. Hast du irgendein Beispiel, wo es wirklich schwer ist, eine Lösung zu finden? Aber vielleicht finden wir noch ein schwierigeres Beispiel!
Er möchte Kinder, du nicht. Auf einmal bleibt die Periode aus. Was jetzt?
Oder das gleiche Szenario anders rum: Du bist ungeplant schwanger und möchtest Kinder, er nicht.
Das ungeplante und einseitig unerwünschte Kind ist in jedem Fall ein interessantes und schwieriges Beispiel, da es für beide Seiten weitreichende Konsequenzen mit sich bringt, moralische und ethische Überlegungen eine Rolle spielen und man sich auch mit einer Trennung nicht vollständig aus der Affäre ziehen kann, da man ja (unabhängig von der moralischen Verantwortung) bestimmte rechtliche Pflichten erfüllen muss. Auch interessant sind die aus biologischen und rechtlichen Gegebenheiten resultierenden unterschiedlichen Machtverhältnisse.
captcha hat geschrieben:
K019028029L hat geschrieben:
Die Schuldgefühle:
"Ich werde immer so depressiv, wenn ich nicht in die Toskana fahren kann! Also ist es deine Schuld, wenn es mir schlecht geht, denn du willst ja nicht mit mir in die Toskana fahren!"
Der Liebesentzug:
"Wenn wir nicht in die Toskana fahren, war' s das mit uns! Und deine Kinder siehst du auch nie wieder, verstanden?"
Die Kontrolle von Resourcen:
"Ich bezahle, also entscheide ich, wo es hingeht!"
Arg. Also... da befinden wir uns in für mich ganz fremden Terrain.
Ich würde so nicht reagieren und hätte auch niemanden, der mich so behandeln würde.
Ich würde als erstes fragen: "Warum willst du nicht hin?" Einfach, weil ich es verstehen will.
Dann würde ich versuchen, einen Ort zu finden, wo wir beide hinfahren möchten. Hat ja Null Sinn, ihn zu irgendwas zu überreden, wenn er nicht wirklich will. Er wäre nur schlecht gelaunt und es wäre keine gute Zeit.
Also ich kenne das eigentlich nicht anders. Ich habe das zu Hause als Kind/Jugendlicher immer beobachten und auch selbst erleben dürfen, zwar nicht wortwörtlich mit den oben gebrachten Beispielen, aber vom Prinzip her. Mein Therapeut meint, dass das der Grund ist, warum ich mir mit Beziehungen so schwer tue und anderen Menschen kaum Vertrauen entgegen bringen kann. Ich habe immer Angst davor, dass mein Gegenüber meine Gefühle gegen mich verwendet, um so seine oder ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Deswegen vermeide ich den engen Kontakt zu anderen Menschen (worunter ich aber wieder sehr leide, siehe meinen Thread im "Selbsicherheit, Soziale Ängste, etc" Unterforum).
Persönlich gäbe es glaube ich kaum etwas, was mich am Charakter einer Frau mehr abstossen würde, als so ein Verhalten, wie ich es oben beschrieben habe.
captcha hat geschrieben:
Ich würde als erstes fragen: "Warum willst du nicht hin?" Einfach, weil ich es verstehen will.
Dann würde ich versuchen, einen Ort zu finden, wo wir beide hinfahren möchten. Hat ja Null Sinn, ihn zu irgendwas zu überreden, wenn er nicht wirklich will. Er wäre nur schlecht gelaunt und es wäre keine gute Zeit.
Ja, die Vernunftlösung! An die werden wohl die meisten Leute denken, wenn sie die Zeit dafür haben. Aber würdest du dich wirklich so verhalten, wenn du in einem Gespräch intuitiv und in einem Sekundenbruchteil entscheiden müsstest, was du sagst?
Ich meine, ich stimme dir durchaus zu und finde deine Idee gut, aber denk nochmal nach: würdest du den absolut überhaupt nicht veruschen, deinen Partner so zu manipulieren, dass er deinen Wünschen nachgibt?
captcha hat geschrieben:Hallo K! (oder andere Mitleser)
Mir ist lustigerweise aufgefallen, wo meine "Schwachstellen" sind, haha.
Angenommen, mein Partner schlägt mir begeistert als Urlaubsziel Somalia vor.
Ich möchte nicht in Länder, wo die hygienischen Verhältnisse nicht gut sind.
Dann hätte ich Angst, dass er sagt: "Du bist so kompliziert", jetzt sei nicht so ängstlich".
Na fein, wenn du was über dich gelernt hast.
Aber zu sagen: "Du bist so kompliziert", jetzt sei nicht so ängstlich", ist ja im Prinzip genau die psychische Gewalt, von der ich vorhin gesprochen habe. Du steckst deine Grenzen ab und als Reaktion darauf werden deine Grenzen nicht respektiert sondern abgwertet (ganz im Allgemeinen und nicht bloß auf die hygienischen Verhältnisse in Somalia bezogen). Dein Partner kommuniziert dir mit der Aussage 2 Dinge:
1) "Ich halte deine Grenzen nicht für wertvoll genug, um sie nicht zu überschreiten, da sie meiner Ansicht nach irrational sind." - bezogen auf "Du bist so kompliziert"
2) "Deine Grenzen sind mir eigentlich egal." - bezogen auf ", jetzt sei nicht so ängstlich". Dass deine Grenzen egal sind, wird meiner Meinung nach durch die Befehlsform der Satzes besonders deutlich hervorgehoben.
Ich persönlich wurde so eine Aussage wie "Du bist so kompliziert, jetzt sei nicht so ängstlich" wenn überhaupt höchstens als Witz sagen aber nicht als ernst gemeinte Reaktion bei einem wichtigen Thema. So würde ich meine Worte normalerweise nicht wählen.
Ganz interessant übrigens in Bezug auf Kommunikation und Konflikte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltfreie_Kommunikation
Ich weiss, ich weiss, das Bild von Rosenberg mit den beiden Handpuppen sieht etwas kindisch aus, aber er hat gute Ideen, finde ich. Das Prinzip der Gewaltfreien Kommunikation ist kurz gesagt folgendes: Wenn man seinen Gesprächspartner nicht (unabsichtlich) durch bestimmt rethorische Figuren und Satzkontruktionen dauernd vor den Kopf stößt, ist es viel leichter, ihn von Dingen zu überzeugen, da man so keine unterbewusste Defensivreaktion bei ihm auslöst.
Hier eine PDF dazu:
http://www.ayahuasca-wasi.com/english/articles/NVC.pdf
Diese spezifische PDF habe ich zwar selbst nicht gelesen und nur schnell ergooglet, aber wenn es dich interessiert, kannst du ja mal reinschauen.
captcha hat geschrieben:
Welche Art der ablehnenden Reaktion fändest du von mir als Frau noch am attraktivsten?
A. "Ja, ich weiß, ich bin kompliziert, aber ich will da halt nicht hin" Herumdrucksen, schlechtes Gewissen, weil ich mich ja selbst für meine Ängstlichkeit schäme.
B. "Somalia kommt für mich absolut nicht in Frage. Ich biete dir Canada, USA und Australien als Alternativen."
C. "Ja, Schatz, tut mir echt leid, ich weiß, dass du gern hinfahren möchtest, aber das geht für mich nun mal nicht. Welche Länder würden dir denn noch gefallen?"
D. "Hm, das klingt für mich nicht so gut, aber ich überlegs mir mal und informier mich über das Land" - und nach 2 Wochen ehrlichen sich übers Land informierens ihm sagen, dass ich zum Schluss gekommen bin, dass ich nicht hinfahren möchte.
In order of appearance:
D wäre am attraktivsten für mich, aber nur, wenn du dich auch tatsächlich über das Land informierst und die Entscheidung dann auch tatsächlich von der Information abhängt, sprich du zwar Bedenken über einen Urlaub in Somalia hast, aber trotzdem auch prinzipiell offen für diese Kategorie Urlaubsziel wärst, sofern deine Bedenken berücksichtigt werden. Bei D müsstest du auch in Kauf nehmen, dass ich höchstwahrscheinlich ein bisschen "Werbung" für mein Urlaubsziel machen würde ("Hey, schau mal in den Reiseführer hier! Ein Tour durch "Die große Einöde von Al-Waha-laki!"! Hört sich das nicht interessant an?" oder "Was hälst du von einem Abenteuer-Road-Trip durch die von der radikal-islamischen Al-Shabaab Miliz besetzten Gebiete Somalias? Kannst du dir etwas spannenderes vorstellen, als mit 120 über eine Staubstraße zu brettern, während du von mordlüsternen Terroristen in Toyota Pick-Ups verfolgt wirst?")
C wäre auch okay für mich, da es zumindest Empathie und Verständnis zeigt.
A wäre nicht gerade die beste Option, aber zumindest würde ICH mich dann nicht schlecht fühlen. Wobei, wenn eine Reaktion von dir auf etwas, das ich sage oder tue, mir zeigt, dass du dich schlecht fühlst, dann könnte das auch recht schnell in Richtung Schuldgefühlemanipulation gehen. Also A wäre auch nicht besonders toll.
B würde ich als am unangenehmsten erleben, da es ein hartes Wordinng ("absolut") hat und keine Empathie/Verständnis für den Wunsch nach einem Urlaub in Somalia vorhanden sind.
PS: Wenn die hygienischen Verhältnisse in Somalia wirklich der
einzige Grund sind, warum du dort keinen Urlaub machen wollen würdest, bewundere ich deinen Mut!