Kann ein Thread über 'Erfolgsberichte' funktionieren?

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Annemarie
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 09:06

Hallo Widow,
Widow hat geschrieben:Aus aktuellem Anlass öffne ich diesen Thread mit dem Thema, ob "Erfolgsberichte über beendete Psychotherapien" in diesem Forum überhaupt funktionieren können.
ich schreibe das nicht, um Dich anzugreifen, sondern nur, um meinem Empfinden bei dieser Frage Ausdruck zu verleihen: Du hättest genauso gut fragen können: "Ist der Mensch gut oder schlecht?"

Es kommt meiner Meinung nach nicht nur auf den Sender, sondern mindestens zu gleichen Teilen auf den Empfänger an. Was wird gesagt? Wie kommt es bei Dir an ... und warum ...
Widow hat geschrieben:Der grundsätzliche Anlass:
Ich ganz persönlich frage mich, warum jemand, der eine wie auch immer 'erfolgreiche' Psychotherapie abgeschlossen hat, noch das Bedürfnis verspürt, (hier oder auch andernorts) darüber zu "berichten".
Auch da wird jeder nur von sich selbst berichten können. Es gibt bestimmt sehr viele mögliche Gründe. Meine waren vor allem die Freude daran, ohne diese belastenden Depressionen leben zu können und andere Betroffene daran teilhaben zu lassen und sie damit zu ermutigen. Nicht nur das Leid will hier geteilt werden.
Vermutlich bin ich da gnadenlos naiv, doch ich hoffe für alle, die eine Psychotherapie in dem Gefühl, dass sie ihnen geholfen hat, abgeschlossen haben, - ich hoffe für all die, denen das so ging und geht, dass sie dann nicht mehr irgendwo ausdrücklich davon erzählen müssen (was sie da "geschafft/erreicht" haben), sondern dass sie es dann 'einfach' leben & sein können
Ja, da bin ich bei Dir. Es "Leben" & "Sein" ohne darüber nachdenken zu müssen ist das Zeichen, daß es wahr ist. Mit "daß es wahr ist" meine ich in diesem (meinem) Fall, daß ich ein selbstbestimmtes Leben führen kann, in dem Depressionen überflüssig geworden sind.

Doch kann es sein, daß diese Tatsachen unter bestimmten Umständen ins Bewußtsein dringen und sich in meinem Inneren Freude ausbreitet. Genau darüber. Und diese Freude möchte ich gerne teilen und damit sagen: "Verzage nicht, halte durch, ich kenne Deine Gefühle und möchte Dir so gerne zeigen, daß es wirklich vorbei gehen kann ... bleib bei Dir, bleib dran, ...

Von "müssen" ist hier nicht die Rede ...
Widow hat geschrieben:Andersherum denke ich (logischerweise und naiv, wie ich da vielleicht noch bin), dass, wem das nicht so geht, wer also im Gegenteil das Bedürfnis hat, von seinen Therapieerfolgen zu "berichten" (...) - dass da trotz Therapie vielleicht doch noch ein paar persönlichkeitsstrukturelle und/oder lebensweltliche Defizite* vorhanden sind.
*('Stimmt' die Lebenswelt für den persönlichkeitsstrukturell geschwächten Menschen, können auch oft persönlichkeitsstrukturelle Defizite, die er hat, von der Lebenswelt für ihn absorbiert werden.)
Ich nenne das Wertschätzung. Wenn ich eine Erfahrung mache, die mein Leben negativ beeinflußt - physisch oder psychisch - und sich diese Situation zum Positiven wendet, dann schätze ich diesen Zustand, weil ich weiß, daß das auch anders sein kann. Und wie schon oben gesagt, teile ich auch gerne meine Freuden und ich glaube, damit bin ich nicht alleine.

Was die Defizite betrifft: Wer ist denn schon "normal" bzw. was ist denn das "normal sein"?

Kurzum:
Ich finde es nicht außergewöhnlich, wenn jemand nicht nur sein Leid, sondern auch seine positiven Erfahrungen mit anderen teilen möchte.

Liebe Grüße,
Annemarie

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Nico
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 09:16

Ausserdem finde ich es eigenartig, dass ausgerechnet jemand der über viele Jahre hier praktisch ein Tagebuch über jeden Fu.. führt, sich bemüßigt fühlt jemandem das Recht abzusprechen hier egal über was zu schreiben.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


Vincent
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 10:23

Widow hat geschrieben:Aber muss denn dieses "Gesehenwerden" nach einer 'erfolgreichen' Therapie immer noch in irgendwelchen mehr oder minder triumphalen "Erfolgsberichten" anderen gegenüber, so auch hier, bestehen?
Um ehrlich zu sein: Ich finde die Art und Weise dieser Fragestellung (bzw. die Intention und die ihr impliziten Unterstellungen) ziemlich absurd. Man kann außerdem schon durch sie ahnen, wie es um die Empathiefähigkeit desjenigen steht, der so fragt. Traurig ist das!
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)


leberblümchen
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 10:42

lorem ipsum (löschen ging nicht)

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mio
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 11:24

Hallo Widow,

dass alles, was wir empfinden, letztlich mehr mit uns selbst als mit anderen zu tun hat, darüber sind sich alle hier mehr oder weniger einig denke ich. Und deshalb würde ich an dieser Stelle gerne die "Angst vor der eigenen Größe" ins Spiel bringen.

Was meint: Angst vor der eigenen Größe an dieser Stelle? Vielleicht die Angst vor der eigenen Entwicklung bzw. die Angst davor, dass diese Entwicklung niemals bei einem stattfinden wird, weshalb sie auch besser bei anderen nicht stattfindet?

Ich war früher ein Mensch, der in dem Moment, wo er eine Angst beim Gegenüber wahrnahm, sich automatisch "kleiner" gemacht hat, damit dieser weiterhin schön "unbedroht" leben kann. Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis ich dies begriff und verstand.

In einer meiner "härtesten Phasen" hat mir meine Thera mal eine mail geschickt mit folgenden Worten von Marianne Williamson, ich lasse die mal hier:

Unsere tiefste Angst:

Unsere tiefste Angst ist nicht,

dass wir unzulänglich sind,

Unsere tiefste Angst ist,

dass wir unermesslich machtvoll sind.

Es ist unser Licht, das wir fürchten,

nicht unsere Dunkelheit.

Wir fragen uns: “Wer bin ich eigentlich,

dass ich leuchtend, begnadet,

phantastisch sein darf?”

Wer bist du denn, es nicht zu sein?

Du bist ein Kind Gottes.

Wenn du dich klein machst,

dient das der Welt nicht.

Es hat nichts mit Erleuchtung zu tun,

wenn du schrumpfst,

damit andere um dich herum,

sich nicht verunsichert fühlen.

Wir wurden geboren, um die Herrlichkeit

Gottes zu verwirklichen, die in uns ist.

Sie ist nicht nur in einigen von uns,

sie ist in jedem Menschen.

Und wenn wir unser eigenes Licht

Erstrahlen lassen,

geben wir unbewusst anderen

Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun.

Wenn wir uns von unserer eigenen

Angst befreit haben,

wird unsere Gegenwart

ohne unser Zutun andere befreien.



Dieses Zitat entstammt einem Buch mit dem Titel "A return to love".

Ich fasse das mal aus meiner eigenen heutigen Sicht heraus zusammen:

Solange Du andere klein machen musst, bist Du selbst klein. Wenn Du Dich von anderen klein machen lässt, bis Du selbst schuld. Beides entspricht nicht Deinem eigentlichen Wesen.

Lieben Gruss,

mio


Ambi14
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 11:34

Schönes Zitat mio.
Wunderbar, dieses wacher und wacher werden. (Lallaji)


leberblümchen
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 11:43

...ja, für den, der an Gott glaubt. Das müsste man natürlich wissen, bevor man jemandem so was sagt (aber da bin ich jetzt sicher wieder viel zu kritisch).


mio
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 11:46

Hallo Leberblümchen,
leberblümchen hat geschrieben:...ja, für den, der an Gott glaubt. Das müsste man natürlich wissen, bevor man jemandem so was sagt (aber da bin ich jetzt sicher wieder viel zu kritisch).

ich bin seit Jahren offiziell und standesamtlich bestätigt kein "Mitglied einer Weltanschauungssgemeinschaft" mehr , hab's aber trotzdem verstanden. Hätte ich mich jedoch an einzelnen Worten aufhängen wollen, hätte ich es wohl auch nicht verstanden .

Lieben Gruss,

mio


leberblümchen
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 12:17

Ob man glaubt oder nicht, lässt man nicht vom Standesamt bestätigen. Und klar, wenn du 'Gott' in dem Gedicht als 'einzelnes Wort', das man genauso gut weglassen könnte, siehst, dann bleibt halt vom Gedicht so ein "hm, ist ganz nett" übrig. Ob sich der Autor was dabei gedacht hat, Gott in seinem Text zu erwähnen...?


LynnCard
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 12:21

Schöner Auszug, mio. Einen wahren Kern hat es sicher, ungeachtet der (nicht) bestehenden religiösen Einstellung, rein menschlich gesehen, würde ich auch sagen. Für mich ist es kein Problem, da ich an Gott glaube. Trotzdem sind mir diese Schuhe etwas zu groß. Aber schöner Gedanke, denkenswert. Danke fürs Teilen!
LG Lynn


mio
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 12:27

Hallo Leberblümchen,

die Aussage an sich ist doch: It's U and your turn.

Das dass in der "Realität" weitaus schwieriger umzusetzen ist bisweilen, ist auch klar.

Nur: Wenn ich von vornherein sage: SINNLOS! dann wird es nix werden.

Es geht um Eigenverantwortung. Eigene Kraft. Eigenes Können. Selbstwirksamkeit.

Und in dem Moment, wo ich mir klar mache, dass ich zumindest "irgendwas" davon in mir habe, egal wie "rudimentär" es vielleicht noch scheinen mag, sehe ich den möglichen, eigenen "Weg".

Bei Dir gewinne ich zunehmend den Eindruck, dass Du Dich beharrlich weigerst, irgendeinen eigenen Weg zu sehen bzw. noch immer in der Vorstellung verhaftet scheinst, dass Dir der andere "punktgenau passend" Deinen eigenen Weg aufzuzeigen hat.

Aber auch hier gilt: It's U and your turn.

Lieben Gruss,

mio


mio
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 12:35

Hallo Lynn,
LynnCard hat geschrieben:Trotzdem sind mir diese Schuhe etwas zu groß
das kann ich gut nachvollziehen und ich musste bei dem Bild gerade an ein kleines Kind denken, dass in den zu großen Schuhen der Mama oder des Papas sozusagen "herumstackst". Sie passen NOCH nicht, aber das Kind möchte sie trotzdem mal "anziehen" und versuchen darin zu gehen.

Wenn die Schuhe dann endlich "theoretisch" passen würden, hat das Kind diesen Wunsch schon lange vergessen und wird einen Teufel tun, die "spießigen" Schuhe der "Alten" tragen zu wollen.

Noch später, leiht es sich mitunter Schuhe aus einem Bedarf heraus mal aus. Wissend, dass es nur die Schuhe eines anderen sind, der er gerade bedarf.

Lieben Gruss,

mio


leberblümchen
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 12:36

Mio, bevor wir uns hier wieder verzetteln: Mag sein, dass du den Eindruck hast (wir 'kennen' uns ja noch nicht so lange), aber er stimmt nicht. Ich gehe eigentlich viele Wege. Und zwar am liebsten allein

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Beitrag Fr., 15.05.2015, 12:37

Hinweis: diverse nicht der Netiquette entsprechende Postings wurden aus dem Thread entfernt.


offtheground
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Beitrag Fr., 15.05.2015, 12:40

Ich schätze, dass das einfach am grundsätzlichen Mitteilungsbedürfnis des einzelnen liegt, ob am Ende das Bedürfnis darüber besteht über den erfolgreichen Abschluss der Therapie zu berichten oder nicht. Hinzu kommen sicher noch Faktoren wie schwierige Therapie, die sich doch noch zum Guten wendete und Mut-mach-Berichte.

Ich find es sehr schwierig per se zu sagen, dass eine Therapie eigentlich nur dann gelungen ist, wenn kein Bedürfnis mehr besteht anderen mitzuteilen, dass sie erfolgreich beendet wurde.
Zum Beispiel würde mir nie in den Sinn kommen zu so einem Thema einen Thread zu eröffnen, allerdings seh ich so einen Thread auch lang nicht so kritisch wie manch andere User. Selbst wenn vll ein gewisser Bestätigungsdrang ect mit ein Grund für die Eröffnung eines solchen Threads sind, so find ich das durchaus legitim - auch vll von anderen einfach hören zu wollen, dass es sie freut, dass es gut läuft oder sich zum Guten gewendet hat.

Schätzungsweise funktioniert das auch in so ziemlich jedem Forum auf diese Weise, nur eben nicht hier, wo generell anscheinend eine relativ hohe Rivalität besteht - allein schon was die jeweilige Beziehung zum Therapeut/zur Therapeutin betrifft. Wessen Beziehung am engsten, intimsten, besondersten whatever ist. Sowas ist ja immer wieder durchzulesen.

Soweit: ich glaube schon, dass so ein Thread an sich funktionieren kann. Nur eben nicht mit allen Usern. Aber die typischen Miesmacher gehören letztendlich auch zum Alltag - wer kennt sie nicht, diese Negativisten, die schon vom Scheitern ausgehen, bevor Projekt/Reise/name it überhaupt gestartet ist oder die eben einfach das Haar in der Suppe suchen.

Das Problem ist hier vielleicht viel mehr, dass man sich auf solche Menschen dann auch noch einlässt, meint erklären zu müssen, zur not auch zum 100. Male - völlig sinnfrei. Denn solche Menschen wollen sich im Normalfall gar nicht vom Gegenteil überzeugen lassen, sondern einfach anderen ihr schlechtes Gefühl weitergeben.

Solang also auf solche Menschen eingegangen wird und immer wieder der Versuch gestartet wird diese von ihrem Negativismus und ihren Sysiphusanalysen zu heilen, wird wohl auch so ein Thread nie vernünftig funktionieren. Man kann eben nur sich selbst ändern (nicht mehr auf diese Menschen eingehen) und nicht diese Menschen ändern.

Just my two cents.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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