Der Schrecken blickt aus dem Spiegel

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.

Jenny Doe
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Beitrag So., 11.10.2015, 19:15

@lotosritter
Interessant find ich hingegen an den beiden von mir erwähnten Beispielen, dass hier die besonders starken Dissoziationsphasen in einer Zeit begannen, in der ich ziemlich entspannt war.
Welche Erklärung hast Du selbst dafür?

Konnte durch die Ruhe was Rauskommen, was unter Stress/Funktionieren müssen nicht rauskonnte?

Ich selbst kenne das so, dass Erinnerungen und Gefühle gerne erst im Ruhezustand hochkommen. Deshalb kann ich Entspannung so schlecht ertragen. Wenn ich aktiv bin, Stress habe, dann bin ich weniger bei mir und weniger bei meinen Erinnerungen und Gefühlen; dann bin ich abgelenkt. Habe ich Ruhe, dann steigen Erinnerungen und Gefühle in einer sehr starken Intensität auf und münden schließlich darin, dass ich nichts mehr wahrnehme. (Bei mir ist allerdings diagnostisch noch unklar, ob die Reaktionen auf Reizüberflutung zurückzuführen sind oder zu meiner PTBS gehören oder beides.)


OFF-Topic:
@ Candykills: Das ist kein DIS-Thread.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Candykills
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Beitrag So., 11.10.2015, 19:20

So habe ich den Thread auch nicht verstanden? Du warfst DIS ein, ich korrigierte dich. Vielleicht mag Lotosritter ja auch meine Frage antworten. Dir noch einen schönen Abend
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


Jenny Doe
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Beitrag So., 11.10.2015, 19:30

Du warfst DIS ein, ich korrigierte dich. Vielleicht mag Lotosritter ja auch meine Frage antworten.
Fängst du schon wieder an?
Ich warf nicht DIS ein. Lotosritter hat DIS eingworfen, nicht ich. Ich habe auf Lotosritters Posting geantwortet, nicht auf Deins.

Lotosritter hat Dir längst geantwortet:
@candykills: Das in Bielefeld diskutierte Modell multipler Persönlichkeiten ist für mich eine Bedrohung, mit der ich mich keinesfalls mehr auseinandersetze. Ich halte sie für gefährlich. Sie erklärt auch meine Zustände nicht, sondern würde sie nur beschweren. Vor ungefähr 30 Jahre, als diese Behauptung aufkam, setzte ich mich mit ihr auseinander und hätte mich dabei beinahe in einer Psychose verloren.
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Candykills
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Beitrag So., 11.10.2015, 19:34

Jenny Doe hat geschrieben:
Du warfst DIS ein, ich korrigierte dich. Vielleicht mag Lotosritter ja auch meine Frage antworten.
Fängst du schon wieder an?
Ich warf nicht DIS ein. Lotosritter hat DIS eingworfen, nicht ich. Ich habe auf Lotosritters Posting geantwortet, nicht auf Deins.

Lotosritter hat Dir längst geantwortet:
@candykills: Das in Bielefeld diskutierte Modell multipler Persönlichkeiten ist für mich eine Bedrohung, mit der ich mich keinesfalls mehr auseinandersetze. Ich halte sie für gefährlich. Sie erklärt auch meine Zustände nicht, sondern würde sie nur beschweren. Vor ungefähr 30 Jahre, als diese Behauptung aufkam, setzte ich mich mit ihr auseinander und hätte mich dabei beinahe in einer Psychose verloren.
Lass mi h doch einfach mal in Ruhe ich fange mit gar nix an und diese Antwort las ich und Bielefeld hat sich auch weiterentwickelt dazu schrieb ich was
Ignorier mich doch einfach wenn du denkst ich will dir was ich will nur meine Ruhe
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Beitrag Di., 13.10.2015, 01:10

@jenny doe

Nun, ich erkläre mir dies analog zu dem Phänomen der "Leisure Sickness", nach dem die Manager im Urlaub ihren Herzinfarkt bekommen. Es scheint bei mir eine Art Kontrollverlust zu sein. Denn mich zu disziplinieren, um zu funktionieren, ist bei mir schon sehr früh zu einer Überlebensstrategie geworden.

In Phasen der Entspannung, entspannt sich auch mein Disziplinierungszwang, was bedeutet, dass tiefere Trancen während der Dissoziationen eher möglich scheinen als sonst.

Wie sich das auf meine Intrusionen und Flashbacks auswirkt, kann ich nicht sagen. Sie treten nach meiner Beobachtung eher wellenförmig auf, wobei ich annehme, dass diese Wellen von den Stimmungsschwankungen meiner Zkylothymia abhängig sind. Wobei ich in dysthymen Phasen eher vermehrt unkontrollierten Erinnerungen und Bildattacken unterliege. Andererseits bewirken Flashbacks ihrerseits depressive Weilen.
Ich bin hier, weil es letztlich kein Entkommen vor mir selbst gibt ...
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Jenny Doe
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Beitrag Di., 13.10.2015, 06:11

@ Lotosritter

jetzt schreibe ich doch etwas von mir.
Wie sich das auf meine Intrusionen und Flashbacks auswirkt, kann ich nicht sagen. Sie treten nach meiner Beobachtung eher wellenförmig auf, wobei ich annehme, dass diese Wellen von den Stimmungsschwankungen meiner Zkylothymia abhängig sind.
Hast Du Deine Frage mal Deinem Therapeuten gestellt?
Wie wäre es wenn Du mal ein Tagebuch führst in dem Du festhältst, wann die Intrusionen auftreten und wann nicht, wann die Dissoziation auftritt und wann nicht. Vielleicht bekommst Du so eine Antwort auf Deine Frage.

Dass die Depression einen Einfluss auf die Intrusionen hat kann ich bestätigen. Das beobachte ich auch bei mir und frage mich in Zeiten guter Stimmung, was ich eigentlich in einer Therapie will. Diese Frage stellt sich mir dann nicht mehr, wenn ich in die Depression abgleite und 24 Stunden Intrusionen habe. Genau aus dem Grund bin ich nur in Aktivität, ständig unterwegs. So verhindere ich das Abgleiten in die Depression.
In Phasen der Entspannung, entspannt sich auch mein Disziplinierungszwang, was bedeutet, dass tiefere Trancen während der Dissoziationen eher möglich scheinen als sonst.
Nach diesem Satz stellt sich mir die Frage, ob es sich bei Dir um Dissoziation handelt, die im Zusammenhang mit Deiner PTBS steht oder ob es sich bei dem von Dir beschriebene Phänomen um Entspannungsreaktionen handelt.

Ich selber finde diese Unterscheidung sehr schwierig. Ich vermag es auch bei mir selbst nicht zu sagen und habe auch meiner Therapeutin schon gesagt, dass ich nicht weiß ob das, was ich wie selbstverständlich mit "Dissoziation" beschreibe auch tatsächlich Dissoziation ist. Denn solche Reaktionen, wie von Dir beschrieben, treten auch bei mir nur im Entspannungszustand aus. Da sie mir Angst machen, meide ich Entspannung.

Sprech mal mit Deinem Therapeuten darüber. Ich kann nur spekulieren, was bei Dir sein könnte und mehr oder weniger nur von mir ausgehen und Dir sagen "Ja, kenne ich, aber ich verstehe das alles selber noch nicht".
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Lotosritter
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Beitrag Do., 15.10.2015, 23:48

Hi Jenny,

gestern hatte ich gar Gelegenheit, mit zwei Therapeutinnen mein Problem zu besprechen. Die erste meinte, dass an meiner Annahme der Entspannung als Auslöser durchaus etwas dran sei. Nun muss ich dazu sagen, dass der heutige Tag, an dem ich mal wieder Disstress hatte, dies wiederum relativierte. Ich dissoziierte anhaltend; zwar nicht so tief, wie in den beiden hier erwähnten Fällen, die mich so beunruhigten, doch stark genug, um mich erheblich zu reduzieren.

Die Therapeutin meinte auch, dass es bei so starken Dissoziationen angezeigt sei, medikamentös einzugreifen, was ich rundheraus ablehnte. Noch dazu, wo sie im zweiten Atemzug meinte, dass es keine anerkannt wirksame Medikamente gegen Dissoziationen gebe.

Die zweite Therapeutin, meine mich derzeit und zwei Jahren behandelnde, sah die Angelegenheit pragmatischer. Sie meinte, ich würde von früher Kindheit an dissoziieren, dies sei für mein Gehirn ein eingeprägtes Konzept, um Disstress und akuten Schrecken zu entkommen. Mein jahrzehntelanger Drogenkonsum wäre ebenso ein beständiges dissoziieren gewesen. Und nachdem ich clean geworden sei, hätte ich weiter dissoziiert. Die aktuelle Verstärkung der Dissoziationen sei im Gesamtzusammenhang meiner akuten PTBS nicht ungewöhnlich, wobei sie ebenfalls meine Annahme von der Entspannung als Auslöser bestätigte. Aber zugleich meinte, es könne jederzeit gleiches auch durch scheinbar unbedeutende, dennoch gewichtige Trigger entstehen.

Doch solange es während der Dissoziationen nicht zu gefährlichen Handlungen kommt, sondern ich mich in meinem üblichen Rahmen bewege, müsse ich nichts befürchten. Jedenfalls sei meine Sorge auf mich bezogen unbegründet. Es geschehe mit mir nichts anderes, als das was mit mir schon über Jahrzehnte geschah. Und meine Sorge hinsichtlich meiner Frau, die unter meinen Dissoziationen leide, da ihre frühkindliche Verlassenheitsangst getriggert würde, müsse nicht mich, sondern meine Frau sorgen. Denn ich könne an ihrer dahingehenden Verfassung nichts ändern, zumal ich kaum Einfluss auf die Entstehung meiner Dissoziationen hätte.

LG Lotosritter
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Jenny Doe
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Beitrag Fr., 16.10.2015, 05:17

Hi Lotosritter
Die erste meinte, dass an meiner Annahme der Entspannung als Auslöser durchaus etwas dran sei. Nun muss ich dazu sagen, dass der heutige Tag, an dem ich mal wieder Disstress hatte, dies wiederum relativierte. Ich dissoziierte anhaltend; zwar nicht so tief, wie in den beiden hier erwähnten Fällen, die mich so beunruhigten, doch stark genug, um mich erheblich zu reduzieren.
Und wie ist es, wenn Du im Normalzustand bist, also einem Zustand zwischen Stress und Entspannung?
Entspannung als Auslöser
Was meinst Du mit "Auslöser"? Im Sinne, dass Entspannung ein Trigger ist, der mit deinem Erlebnis zusammenhängt oder in dem Sinne, dass Du, wenn Du entspannst, bei Dir selbst und Deinen Gefühlen bist?

Warst Du früher nie in einem Entspannungszustand? Wie war es früher, als Du da entspanntest, hat Dich die Entspannung da auch getriggert? Oder ist das erst seit Kurzem so?
Sie meinte, ich würde von früher Kindheit an dissoziieren, dies sei für mein Gehirn ein eingeprägtes Konzept, um Disstress und akuten Schrecken zu entkommen.
Und was meinst Du? War das schon immer so wie jetzt oder war es früher anders und es hat sich etwas bei dir verändert? Wenn sich etwas verändert hat bzgl. Dissoziation, woran liegt es? Was ist der Grund?
Mein jahrzehntelanger Drogenkonsum wäre ebenso ein beständiges dissoziieren gewesen.
Auch hier die Frage: Was glaubst Du, was beobachtest Du an Dir selbst? War das schon immer so oder hat sich in der lezten Zeit etwas verändert?

Wie unterscheidest Du (die Therapeutin), ob Deine Dissoziationen vom Drogenkonsum herrühren oder von deinen traumatischen Erfahrungen?
Es geschehe mit mir nichts anderes, als das was mit mir schon über Jahrzehnte geschah.
Hat sie Recht oder Unrecht, und es war die letzten Jahrzehnte anders als jetzt?

Ich komme noch mal auf Deine Ausgangsfrage zurück:
So sind in letzter Zeit die Flashbacks seltener geworden. Auch die Intrusionen sind weniger anhaltend respektive durchgängig. Dafür aber nehmen die Dissoziationen zu.
Derzufolge war es wohl nicht schon seit Jahrzehnten so, sondern es hat sich etwas verändert. Die Intrusionen haben nachgelassen, die Dissoziationen hingegen haben zugenommen.
Ich würde versuchen herauszukriegen, was sich verändert hat, was dieser Änderung vorausging, was heute anders ist.

Vielleicht die intensivere Beschäftigung mit Deinen Erfahrungen, die Stress verursacht und Entspannung nur noch schwer zu ertragen ist?:
Ich bin seit Oktober 2011 ununterbrochen in Traumatherapie. Demnächst steht auch noch ein Therapeutenwechsel an, was mich sehr beunruhigt.
(...)
Doch ist ja die PTBS durchweg von Stress begleitet, insbesondere wenn ich durch die Therapie mit der Vergangenheit konfrontiert bin.
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Lotosritter
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Beitrag Fr., 16.10.2015, 15:37

Hi Jenny,

zunächst muss ich vorausschicken, dass ich die beiden Ereignisse, zu denen ich feststellte, dass ich vollkommen und längerfristig dissoziiert war, nur deshalb erinnern kann, weil ich dafür nachträglich Hinweise fand. Während ich dissoziiert war und auch eine Weile danach, wusste ich nichts von meiner durchlebten Veränderung.

Im ersten Fall, als ich an einer Sommergrippe litt, bemerkte ich die Dissoziation erst zwei Wochen später, als ich mein Therapietagebuch korrigierte. Ich stellte dabei fest, dass ich Ereignisse völlig falschen Tagen zugeordnet hatte. Ein Ereignis setzte ich gar auf den 31. Juni, den es nicht gibt. Meine Zuordnungen waren zeitlich arg verdreht, wie mir mein Terminplaner, den ich dann, nachdem mir ein Datum auffiel, zur Korrektur zuzog, zeigte.

Während ich dissoziierte, verhielt ich mich demnach ersichtlich normal, nur hatte ich dabei anscheinend die zeitliche Orientierung verloren. Dass ich dissoziiert haben musste, zeigte sich auch daran, dass ich keine Erinnerung an meine Tagebucheinträge hatte.

Im zweiten Fall (letzte Woche), bemerkte ich, dass meine Armbanduhr um 20 Minuten voraus ging. Ich wunderte mich darüber, da ich gerade einen Batteriewechsel machen ließ. Beim Nachdenken darüber, ob ich die Uhr ins Werk einschicken lassen sollte, erinnerte ich, dass ich die neue Stellzeit von einer digitalen Uhr abgelesen hatte. Ich kann mich zwar an die Farbe dieser Uhr erinnern, besitze jedoch keine Erinnerung, wo die Uhr war, ob sie an einer Wand hing oder auf einem Tisch stand noch sonst etwas. Ich habe auch keine Ahnung wo und wann noch warum ich mich aufhielt. Ebensowenig weiß ich, wie lange diese Phase dauerte. Ich kann sie auch keinem Tag zuordnen. - Hier meinte ich, dass die Entspannungsphase nach einer längeren Beschäftigung mit meinem Bruder für die Dissoziation ursächlich war.

Ob ich vorher je in dieser Weise dissoziiert habe, weiß ich nicht, da es keine Anhaltspunkte hierfür gibt. Wenn es so war, muss ich wohl unauffällig gewesen sein. Auffällig ist mir nur, dass ich zwei derartige Ereignisse im letzten halben Jahr rekonstruieren konnte. Von daher leitete ich ab, dass ich vermehrt schwer dissoziieren würde.

Ich unterscheide hier zwischen schwer und üblich dissoziieren. Die dissoziativen Phasen, an die ich mich erinnern kann, mich also nicht völlig in einer Parallelwahrnehmung befand, haben sich nach meinem Eindruck in letzter Zeit auch verdichtet, dabei habe ich starke Absencen, weiß aber noch, wo ich mich aufhalte - jedenfalls habe ich im Nachhinein das Gefühl, dass dem so gewesen sein muss. Dagegen fehlt mir im Nachhinein solcher Absencen jegliches Zeitgefühl. Ich vermag dann nicht zu sagen, wie lange ich derart versunken war.
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Beitrag Fr., 16.10.2015, 15:39

Nun zu Deinen die Fragen, insofern ich sie nicht schon mit meinem Statement beantwortet habe:

1. Ich weiß nicht, ob ich im Normalzustand nicht angespannt bin. Man sagt mir, dass ich meistens sehr angespannt sei. In Phasen, die ich als entspannt einstufen würde, bin ich aufmerksam, bemerke Gedankenversunkenheit und nehme mich in meiner Umgebung wahr. Während einer Kommunikation bin ich auch meist sehr reflektiert. Was wiederum für eine hohe Selbstkontrolle spricht.

2. Entspannung als Auslöser? Ich würde eher sagen, Entspannung als Kontrollverlust und deswegen abgleiten in eine massive Dissoziation.

Ob ich früher entspannt war? Auch hier weiß ich es nicht genau. Wenn ich las oder vor dem Fernseher lag oder in die Landschaft blickte, war ich meist auf angenehme Weise dissoziiert. So dass ich wenig von dem, mit dem ich mich beschäftigte erinnern konnte. Von daher macht es mir auch heute noch wenig aus Spielfilme mehrmals zu sehen.

Ähnlich geht es mir beim Kochen. Ich kann stundenlang in der Küche stehen und arbeite dabei präzise. Ich empfinde diese Tätigkeit auch als sehr entspannend. Gleichzeitig empfinde ich sie auch als eine angenehme Phase der Versunkenheit. Wirklich präsent bin ich dabei jedenfalls nicht. Aber vielleicht habe ich auch eine zu hohe Vorstellung von Präsenz.

3. Hinsichtlich des Drogenkonsums: ich bin seit 36 Jahren clean. Echoräusche kommen da nicht mehr vor. Es ist darum eher eine Analogie, das Rauschverhalten (Bewusstlosigkeit) von damals als stete Dissoziationen zu bezeichnen. Eine Unterscheidung zwischen Rausch und Dissoziationen ist die durch Drogen bedingte Rauschhaftigkeit. Mit schweren Dissoziationen kann ich sie – mangels fehlender Erinnerungen - nicht vergleichen, und zu normalen – also stückweise erlebbaren - Dissoziationen unterscheiden sie sich, dahingehend, dass ich den dissoziativen Zustand heute als schmerzliche Versunkenheit wahrnehme. Damals war es eher ein Zustand beginnender Umnachtung; ein gutes Gefühl, bald im Vollrausch zu versinken.

4. Ich habe früher häufig konkret dissoziiert. Dazu habe ich mich in schlimmen Situationen nach oben rechts aus mir heraus bewegt und hielt mich dann in einer eigenen Sphäre auf, in der ich mich auch als von meinem Körper getrennt empfand. In dieser Sphäre verharrte ich, während meine Person agierte oder erduldete. Diese Teilung hatte nicht immer etwas mit konkreten Gewalttaten gegen mich zu tun. Ich verstehe sie auch nicht als eine multiple Persönlichkeitsstruktur. Es war und ist, wie ich heute zu sagen pflege: "Meins" (immer groß geschrieben!).

5. Heute rücke ich nur noch selten bewusst nach oben rechts, um mich aus einer bedrohlichen Situation zu retten. Heute geschieht derlei Entrückung von selbst, ohne dass ich dafür konkret etwas tue. Sie geschieht in öffentlichen Verkehrsmitteln, beim Schlangestehen, bei Stress und ähnlichem, ist also mehr oder minder alltäglich. – Vielleicht ist diese Art von „Depersonalisation“ eine Form der Entspannung. Allgemein ist sie nach meiner Beobachtung jedenfalls nicht, da die meisten Menschen mit meiner Zustandsbeschreibung nichts anfangen können.

Deine Schlussannahme halte ich für bedenkenswert. Womöglich versetzt mich die intensive Beschäftigung mit meinen Traumaursachen in diese Phasen der Versunkenheit und nach heftigem Disstress in jene der vollkommenen Abwesenheit. Ich werde mich mit dieser Annahme weiter beschäftigen und sie meiner Therapeutin sowie meiner Psychiaterin vorlegen.

Ich danke Dir, Lotosritter
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Beitrag Fr., 16.10.2015, 16:24

Denn solche Reaktionen, wie von Dir beschrieben, treten auch bei mir nur im Entspannungszustand aus. Da sie mir Angst machen, meide ich Entspannung.
Nun, nach meiner Drogenkarriere verfiel ich der Arbeitssucht. Ich habe in den 30 Jahren danach ein umfangreiches und vorzeigbares Werk geschaffen. Insofern war ich beständig unter Strom. Mit der akuten PTBS habe ich mich weitgehendst zurückgezogen. Es kann also auch sein, dass die vermehrten Dissoziationen auch auf den generellen Zustand von weniger konkreten (kommerziellen) Schaffen rückführbar sind. - Wirklich entspannt bin ich noch lange nicht. Entspannung wäre danach eher ein Unfall namens Kontrollverlust.
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Jenny Doe
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Beitrag Sa., 17.10.2015, 04:50

@ Lotosritter
Gleichzeitig empfinde ich sie auch als eine angenehme Phase der Versunkenheit. Wirklich präsent bin ich dabei jedenfalls nicht.
Du verwendest mehrfach das Wort "Versunkenheit". Wie unterscheidest Du Versunkenheit und Dissoziation (im PTBS-Sinne)? Mir fällt diese Unterscheidung nicht leicht. Man kann ja auch einfach in einem Gedanken versunken sein oder in einer Beschäftigung und sich dabei "abwesend" fühlen und um sich herum nichts mehr mitkriegen.
Wenn ich las oder vor dem Fernseher lag oder in die Landschaft blickte, war ich meist auf angenehme Weise dissoziiert.
Ich kenne das auch wenn ich am See sitze und das Gefühl habe, innerlich total ruhig und entspannt zu sein, an nichts mehr denken zu müssen, völlig weg zu sein von der Welt, irgendwie eins mit der Natur zu sein, ... Ich sagte diesbezüglich auch mal zu meiner Therapeutin "dann dissoziiere ich; aus Entspannung wird Dissoziation". Gleichzeitig stellte sich mir jedoch die Frage, ob das tatsächlich eine (behandlungsbedürftige) Dissoziation ist. Es fühlt sich so an, ja, aber ich versuchte herauszukriegen, was normal ist und welche Dissoziationen mit der PTBS zu tuen haben. Diese Frage stellte sich mir auch deshalb, weil ich entscheiden musste, ob ich noch eine weitere Therapie machen soll oder ob das, was ich für Dissoziation halte, normal ist.
Dann gibt es Tage an denen ich an demselben See sitze und mich wieder total ruhig und entspannt fühle und plötzlich gehen diese Gefühle über in die Gefühle die ich damals spürte, nämlich Einsamkeit, Traurigkeit, Schmerz, ... Dann stecke ich völlig in dem alten Film drin und komme da kaum noch raus. Entspannung kann somit bei mir in Dissoziation (im PTBS-Sinne) übergehen, wenn mich die Gefühle, die ich in der Entspannnung erlebe, an die Gefühle erinnern, die ich damals spürte. Dann ist mir klar, ich brauche noch Hilfe, da die Gefühle so intensiv sind, so dass ich konkrete Selbstmordgedanken entwickle. Also ähnlich wie Du es beschreibst: "Ich würde eher sagen, Entspannung als Kontrollverlust und deswegen abgleiten in eine massive Dissoziation." Genau aus dem Grund habe ich Angst vor Entspannung. Die Gefühle, die ich in der Entspannung erlebe erinnern mich zuweilen an die Depersonalisation, die ich damals erlebte und an die Gefühle, die ich damals empfand.
Heute rücke ich nur noch selten bewusst nach oben rechts, um mich aus einer bedrohlichen Situation zu retten. Heute geschieht derlei Entrückung von selbst, ohne dass ich dafür konkret etwas tue. Sie geschieht in öffentlichen Verkehrsmitteln, beim Schlangestehen, bei Stress und ähnlichem, ist also mehr oder minder alltäglich. – Vielleicht ist diese Art von „Depersonalisation“ eine Form der Entspannung.
Meinst Du damit, dass die Depersonalisation, die in Stresssituationen auftritt, Dir dabei hilft in diesen Situationen zu entspannen? Habe ich Dich richtig verstanden?
Wenn ich dich richtig verstanden habe, ... es entspricht auch meiner Eigenwahrnehmung. In Stresssituationen kommt es bei mir gerne zu einer Depersonalisation.
Ich empfinde das bei mir alles so verwirrend und durcheinander. Auf der einen Seite schützt mich die Dissoziation vor Stress, in dem sie mich in einen Entspannungszustand überführt. Anderseits führt Entspannung zur Dissoziation, die ich als sehr aversiv erlebe. Und in dem Ganzen gibts dann noch die Dissoziation, die normal ist (z.B. am See sitzen und in Gedanken versunken zu sein) und die Dissoziation, die mit dem früheren Ereignis zusammenhängt.

Weiß nicht, ob Dir meine Eigenwahrnehmungen und mein eigenes inneres Chaos weiter helfen?

Grüße
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Beitrag Mo., 19.10.2015, 00:01

Hi Jenny,

ich wählte das Wort Versunkenheit, da mir Trance oder Absence zu weit gehen. Das Geschehen, das ich damit meine ist eher einer Meditation ähnlich. Es ist keine Gedankenversunkenheit und kein Aufgehen in einer Tätigkeit. Es ist vielmehr eine Abwesenheit, in der ich für andere scheinbar präsent wirke, aber mir selbst weder bewusst noch reflektiert bin. Ich bin in mir versunken oder mir selbst genug. Wobei es hier graduelle Unterschiede gibt, die ich als schmerzlich oder nicht schmerzlich beschreiben würde. Schmerzlich ist es, wenn ein Gefühl der Selbstverlorenheit miteintritt. Die Versunkenheit empfinde ich dann als schmerzliche Verspannung, fast als würde ich einen tieferen Absturz durch Anspannung abwehren. So erging es mir zum Beispiel heute Abend in der Küche. Nicht schmerzlich ist der Zustand, wenn er eher einer gewollten Zurückgezogenheit gleicht.

Deine Skizze zur Natursicht kenne ich ebenfalls in zweierlei Weise. Die angenehme ist, wenn ich nicht in mir versinke, sondern in die Weite übergehe. Dann bin ich wach und trete in angenehmer Weise aus mir heraus. Dabei kann ich mich auch verlieren, aber eben ohne Schmerz und nachträglicher Dysthymie.

Die zweite Variante ist, wenn der Übertritt von der Betrachtung in die Weite mit einer Selbstverlorenheit einhergeht. Dann empfinde ich auch einen seltsamen Schmerz von Entgrenzung. Ich merke, dass ich verschwinde. Hierauf beginnen auch häufig Intrusionen, die erst wie Grübeleien erscheinen, sich dann zunehmend verflüssigen (selbsttätig ohne durchdacht oder bewusst gedacht zu sein, durch mich strömen). In der weiteren Folge geschieht es dann, dass ich unterschiedlich stark dissoziiere.

Ich kann allerdings nicht sagen, warum die scheinbar entspannte Schau mal gut und mal schlecht ausgeht. Auch mit meiner Befindlichkeit davor steht der Ablauf in keinem erkennbaren Zusammenhang. Mal geschieht es aus einer guten, mal aus einer schlechten Stimmung heraus. Insofern fürchte ich dieserart Entspannung verschiedentlich. Dieser Tage meinte ich zu meiner Therapeutin als Begründung, warum ich nicht mehr meditiere: „Ich fürchte die Stille“, denn ich weiß letztlich nicht, wie ich sie durchleben werde.

Zum Schluss: Ja, ich denke auch, dass die erwähnte Depersonalisation eher eine Stressreaktion ist. Zum Beispiel leide ich in öffentlichen Verkehrsmittel meistens an Disstress. Ohne Handschuhe kann ich sie überhaupt nicht benutzen; zudem verwende ich dort mein Riechsalz am häufigsten, um eben nicht vollkommen wegzugleiten.

Du hast mir mit Deinen Fragen und Ansichten sehr geholfen. Danke.

LG Lotosritter
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