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Fr., 19.09.2014, 12:30
In den beiden Threads sind unterschiedliche Fragen aufgeworfen worden und zu einigen mag ich mich äußern:
Kann ich zu der Beerdigung meines Therapeuten gehen?
Wenn ich das gerne möchte dann kann ich das. Ist das nicht genau das Thema in den meisten Therapien? Zu erkennen, was ich brauche, um etwas bestmöglich bewältigen zu können und mich das dann auch trauen?
Ist es angemessen, zu der Beerdigung des Therapeuten zu gehen, weil es ja "nur" eine Arbeitsbeziehung war?
Da haben sich viele Gedanken um die Familie des Therapeuten gemacht und wie es für die ist, wenn Patienten an der Beerdigung teilnehmen. Das ist einfühlsam, aber aus meiner Sicht nicht nötig, weil ich überzeugt bin, dass das in der Familie geregelt und besprochen ist.
Wenn wirklich gewünscht ist, dass im Familienkreis beerdigt wird, dann passiert das auch und es erscheint dann eine entsprechende Anzeige nach der Beerdigung in der Zeitung.
Wenn die Beerdigung aber öffentlich ist, dann kann man auch als Patient hingehen. Man kreuzt da ja nicht als heimliche Geliebte auf, die die Ehefrau am Grab brüskiert, sondern als Mensch, dem der Mann im Rahmen seiner Arbeit - die er hoffentlich geliebt hat - geholfen hat.
Meinen Vater habe ich öffentlich beerdigt und am Grab über 200 Hände geschüttelt. Das war schwer, aber es hat ihm entsprochen, da er auch ein öffentlicher Mensch war. Die hatten alle ein Recht darauf da zu sein, weil sie alle eine gemeinsame Geschichte mit ihm hatten. Das hat sich richtig angefühlt, auch für uns als Familie.
Wenn wir das nicht ausgehalten hätten, hätten wir die Beerdigung anders organisiert.
Schließlich ist noch über die "richtige" Form diskutiert worden, sowohl bzgl. trauern als auch Beerdigung an sich. Die gibt es nicht, es gibt nur die, die einem entspricht. Der eine mag "in aller Stille trauern", der andere eine Totenklage anstimmen. So wie die Stille nichts mit Unbeteiligtsein zu tun hat, hat das Klagen nichts mit Dramatisierung zu tun. Jeder hat seine Form, mit seine Gefühlen umzugehen. Das Klagen ist nur für das Umfeld schwerer auszuhalten, weckt es den Impuls, denjenigen mit billigem Trost schnell zu Schweigen zu bringen. Aber da muss das Umfeld dann einfach durch.
Beerdigungen sind ein Ritual. Rituale können leer sein und damit sinnlos, sie können aber auch eine Stütze sein. Beerdigungen sind nicht für die Toten, sondern für die (Über)lebenden.
Ich persönlich brauche den aufgebahrten Sarg, die Totenrede, das Grab, um zu wirklich zu begreifen "Er/sie ist tot." Und das Zusammenkommen danach, um noch einmal Erinnerungen zu teilen. Anderen mag es dabei grausen.
Einmal brauchte und konnte ich das alles nicht. Da habe ich es auch nicht gemacht.