Zeit direkt nach der Therapie-Stunde

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Chakotay
Forums-Insider
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Beitrag Mi., 18.06.2014, 21:00

Ich bin in der glücklichen Lage, mir einen "Therapietag" genehmigen zu können: vor dem Termin habe ich frei und nachher auch. Daher kann ich mir den Tag gestalten, wie es gerade notwendig ist und das auch ganz spontan. Ich bin sehr, sehr froh, dass ich das so einrichten konnte und verteidige diesen Tag auch mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln...

Nach dem Termin bin ich auch meistens total "platt": ich muss nachdenken, nachspüren und habe ein großes Schlaf- und Ruhebedürfnis. Da meine (Auto-)Fahrzeit eine Stunde dauert, koppele ich mich oft auf der Autobahn an eine LKW-Kolonne an und fahre rein mechanisch zurück.
Wenn es eine Stunde mit schwierigen Themen war, fragt mich mein Thera sehr fürsorglich, ob ich nicht lieber noch etwas spazieren gehen oder mich in den Park setzen möchte. Dieses Prozedere hat sich bei uns vor einiger Zeit eingebürgert, da ich auf der Rückfahrt von einem Therapietermin einen Unfall hatte, den ich zwar offiziell nicht verschuldet hatte, aber ich muss zugeben: ich bin ziemlich gefahren "wie vom anderen Stern"...

Andere Menschen ertrage ich nach der Therapiestunde überhaupt nicht, ich muss für mich sein. Dies kann aber u.U. auch in einem Geschäft/Supermarkt sein, denn in der Masse ist man ja auch sehr anonym.

Wie eingangs geschrieben: Ich genieße es sehr, einen "Therapietag" für mich ganz alleine zu haben. Den Abschluss bildet übrigens meistens ein 3 - 4 Stunden dauernder Schlaf...

Chakotay

P.S. @ Wandelröschen: Meine Gefühle kommen leider IMMER zeitversetzt - sofern sie überhaupt richtig an die Oberfläche kommen - und überschwemmen mich dann oft. Wenn es für mich unerträglich ist, dann kann ich meinem Thera eine Mail schreiben oder anrufen. Er weiß, dass ich fast immer zeitversetzt reagiere und fordert nach "schwierigen" Stunden auch eine Kontaktaufnahme ein. Ich minimiere das nur weitgehend, aber es kommt tatsächlich manchmal vor.
Wenn ich mich niederwerfen würde,weinen u.erzählen,was wüßtest Du v. mir mehr als v. der Hölle,wenn jmd erzählt,sie ist fürchterlich.Darum sollten wir voreinander so ehrfürchtig,nachdenklich,liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.(Kafka,gekürzt)

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Wandelröschen
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Beiträge: 994

Beitrag Mi., 18.06.2014, 23:17

Danke erst einmal für eure vielen Rückmeldungen. Ihr dürft natürlich weiter schreiben, würde mich freuen.
Klar hat dieser Thread, wie sollte es auch anders sein, etwas mit unsereins zu tun. Immer wieder der Gedanke, geht es nur mir so, oder anderen auch, ist das also alles ganz „normal“.

Unseren Therapietermin lege ich in der Regel auch auf meinen arbeitsfreien Tag, gleich morgens, gerade weil bei mir auch alles zeitverzögert einsetzt. Natürlich nicht jedes Mal, aber matschig in der Birne kommt halt vor.
Ich fahre in der Regel mit dem Rad, ca. 45 min, hab aber einen Weg gefunden, der größtenteils abseits des Straßenverkehrs ist, weil auch ich öfters nicht tauglich für das normale Leben bin. Manchmal gönne ich mir hinterher eine Besuch im Café, liegt auf meinem Heimweg. Aber auch das hat ´ne Weile gedauert, mir es zu erlauben, mir es gut gehen zu lassen, mir etwas zu gönnen.
Es kommt manchmal auch vor, dass ich hinterher so erschossen bin, dass ich mich zu Hause auch´s Sofa lege und ca. eine halbe Std schlafe. Ruhe brauche ich auch auf jeden Fall, keine Menschen um mich, kein Radio.
Manchmal bietet mir mein Thera auch an, noch ein bisschen im Warteraum zu bleiche, mich zu sammeln, was ich dann aber auch annehme – und brauche. Bin dann doch glatt dort auch schon eingeschlafen.
Wenn mir das jemand früher erzählt hätte, das eine Std Reden so anstrengend sein kann, dass man hinterher einschläft, dem hätte ich das nie geglaubt, scheint aber tatsächlich ja nicht nur mir so zu gehen.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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paulchen_panther
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Beiträge: 16

Beitrag Do., 19.06.2014, 21:01

Danke, Wandelröschen, für diesen spannenden Thread, das Thema interessiert mich auch.

Bisher kamen hauptsächlich Wortmeldungen, die in die Richtung "danach brauche ich/sorge ich für Ruhe", "Therapie lege ich auf meinen arbeitsfreien Tag", "ich bin in der glücklichen Lage einen Therapie-Tag machen zu können" gingen. Das finde ich super und ich freue mich für jeden, der das organisatorisch machen kann.

Aber: Gibt es hier auch Therapie-Erfahrene, die sich das unter Umständen wegen Vollzeitarbeit nicht leisten können?
Wie macht ihr das? Ich war während meines ersten Therapieversuchs so "fertig", dass ich regelmäßig krank war bzw. nur ganz kurz auf der Arbeit war im Anschluß an die Thera-Stunde. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein?

Ein Beitrag von chaosfee ist mir noch aufgefallen. Sinngemäß: "Ich habe mir danach was eingeworfen um arbeiten zu können." Zu solchen Mitteln greifen zu müssen, finde ich ganz schön krass. Also, Therapie muss doch auch irgendwie mit dem Alltag vereinbar sein. Oder sehe ich das völlig falsch?

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Marzipanschnute
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Beiträge: 729

Beitrag Do., 19.06.2014, 21:34

Ich habe meine Stunden immer unterschiedlich gehabt, da ich ja jetzt auch eine ganze Weile im Schichtdienst gearbeitet habe, da kam es dann auch mal vor, dass ich nach der Stunde direkt zur Arbeit musste.

Meistens bin ich danach jedoch in einer relativ schlechten Verfassung, neige zu Dissoziation und komme aus dem Gedankenkreisen nicht raus, bin oft sehr wütend und teils aggressiv (am liebsten würde ich alle um mich herum anschreien, das mache ich aber nicht, sondern lasse es an mir selbst aus).

Meine Therapeutin in der Klinik fragt immer, was ich nach der Stunde gedenke zu tun.
Hier im Krankenhaus dusche ich eigentlich immer nach der Stunde, zum einen weil es wohl oft nötig ist, denn die Therapie ist so anstrengend und fordernd für mich dass ich oft nass geschwitzt raus gehe aber auch um das alles abzuspülen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen, eine Zäsur machen zu können.

Wirklich produktiv darüber nachdenken und umsetzen kann ich erst nach Stunden, manchmal auch Tagen, was ich sehr schade finde, weil ich glaube dass so einiges verloren geht.
“Das Schöne an der Zeit ist, das sie ohne Hilfestellung vergeht und sich nicht an dem stört, was in ihr geschieht.” Juli Zeh

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**AufdemWeg**
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 38
Beiträge: 3753

Beitrag Fr., 20.06.2014, 12:08

Ich fahr meistens mit Rad gleich wieder heim
um meinen Mann abzulösen und dann folgt ein ganz normaler Tag.
Heute ist mir das besser möglich die Gefühle zu kanalisieren und zu kontrollieren.
Früher war das nicht so
da war ich oft sehr müde, habe nach den Stunden geschlafen.
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ziegenkind
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 51
Beiträge: 3514

Beitrag Fr., 20.06.2014, 12:30

ich fand es in der schlimmen, schweren zeit oft gut, danach arbeiten zu müssen, auch als katapult aus den inneren wirrnissen heraus. das war für mich oft die rettung.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Christine_Walter
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Beiträge: 515

Beitrag So., 22.06.2014, 10:27

ich habe immer mittags therapie und muss danach noch ins büro. die autofahrt dorthin nutze ich zum abschalten.


Shigeru
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weiblich/female, 38
Beiträge: 686

Beitrag So., 22.06.2014, 10:59

Ich brauche danach einen ruhigen Ort zum schreiben und Rituale. Ich hab ein Stammcafe und will nicht ganz alleine sein.
Jetzt ist es so das am Abend noch ein Termin ist der aber auch Richtung Therapie geht.
Das ließ sich nicht anders legen.
Ich bin nicht so verkehrssicher deswegen kann ich nicht die ganze Strecke mit dem Rad fahren aber es tut mir gut eine Teilstrecke zu fahren.
"Besiegt ist nur ,wer aufgibt.
Alle andren sind siegreich."

Paulo Coehelo

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dolphin188
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Helferlein
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Beiträge: 115

Beitrag So., 22.06.2014, 20:02

Hallo,
ich gehöre auch zu denen die danach Ruhe brauchen. Habe meinen Termin immer am Abend und danach versuche ich mir auch nichts vorzunehmen. Hat bisher auch geklappt. Meist fahre ich danach Einkaufen und dann direkt nach Hause. Dann setzt ich mich auch als erstes mit meinem Thera. Tagebuch hin und will möglichst viel von dem festhalten, was war um mich vor dem nächsten Termin noch mal damit beschäftigen zu können.
Verbringe Deine Zeit mit Menschen, die dich Glücklich machen. Nicht mit denen, die du beeindrucken musst damit sie bleiben.
(theoretisch ein super schöner Spruch)

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melinia
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Beiträge: 6

Beitrag Di., 24.06.2014, 23:27

Ich fühle mich nach der Therapiestunde meistens wohl und nachdenklich. Ich habe mir angewohnt, dannach immer einen Kaffee zu trinken, alles noch ein wenig wirken zu lassen und das aufzuschreiben, was ich gerade empfinde. Das tut mir als Ausklang gut.
Wenn die Welt klar wäre, gebe es keine Kunst.

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meeresrauschen
sporadischer Gast
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weiblich/female, 45
Beiträge: 9

Beitrag So., 13.07.2014, 18:43

paulchen_panther hat geschrieben:Aber: Gibt es hier auch Therapie-Erfahrene, die sich das unter Umständen wegen Vollzeitarbeit nicht leisten können?
Wie macht ihr das?
Hallo paulchen_panther!

Ja, ich hatte während meiner Vollzeitanstellung meine Therapietermine zu unterschiedlichen Zeiten und musste meist gleich danach in die Arbeit. Hatte oft Sorge, dass die anderen mitbekommen, wenn es mir schlecht geht. Doch die wussten die ganze Zeit nicht, dass ich überhaupt in Therapie bin.

Ich konnte mich in den Stunden dennoch einlassen und manchmal auch weinen. Danach einfach wieder frisch machen und weiter ging's. Wichtig war mir, direkt nach der Therapiestunde kurz Stichworte aufzuschreiben, der lange Text kam dann abends.

Auch jetzt ist es für mich so, dass ich mir nicht immer Freizeit danach einteilen kann. Doch das macht gar nichts. Wenn sich danach ein Kaffee ausgeht, ist es gut. Wenn nicht, ist es auch gut.

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Broken Strings
Helferlein
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weiblich/female, 26
Beiträge: 88

Beitrag Mo., 14.07.2014, 18:34

meeresrauschen hat geschrieben:Ich konnte mich in den Stunden dennoch einlassen und manchmal auch weinen. Danach einfach wieder frisch machen und weiter ging's. Wichtig war mir, direkt nach der Therapiestunde kurz Stichworte aufzuschreiben, der lange Text kam dann abends.
Das finde ich eine gute Lösung. Ich habe das auch manchmal, dass ich mich noch mit Freunden treffe nach der Therapiestunde und dann nicht recht weiß, wie ich das hinbekommen soll. Gerade wenn ich weine. Manchmal tut das auch ganz gut, weil ich dann etwas abgelenkt bin. Nur - beim letzten Mal war ein Freund total entgeistert und wütend, weil ich noch am weinen und emotional fix und fertig war. Das war mir so peinlich

Wenn ich direkt nach Hause fahre nutze ich die Busfahrt mit Musik um wieder in den normalen Modus zu kommen. Die Möglichkeit habe ich dann ja aber nicht.

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DieBeste
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Beitrag Mi., 04.03.2020, 20:17

Bei mir war es auch oft so das die Gefühle erst zeitversetzt nach der Sitzung eintrafen. Ich hab das dann immer so gemacht dass ich der Therapeutin eine E-Mail geschrieben hat. Das hat auch eine Zeit lang gut geklappt bis sie meinte das müsste jetzt aufhören. Danach hat sie mich irgendwie verloren. Die fehlende Kontaktaufnahme habe ich dann mit selbst verletzenden Verhalten kompensiert was ich ihr auch gesagt habe. Emotional habe ich mich dadurch immer weiter von dir entfernt bis ich die Therapie abgebrochen habe vorzeitig Weil ich nicht mehr wusste wohin mit meinen ganzen Gefühlen nach der Sitzung.

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Philosophia
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Beitrag Mi., 04.03.2020, 20:22

Und aus solchen Gründen kann Mailerei eben auch einfach nur daneben sein (regt mich immer wieder auf, wie viele dann davon abhängig werden)...
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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DieBeste
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Beitrag Mi., 04.03.2020, 20:24

Es war wie eine Abhängigkeit da hast du recht. Und danach als sie sagte es geht nicht mehr, fiel ich wie eine heisse Kartoffel und wusste nicht weiter.

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