Bedeutung der genetischen/körperlichen Komponente
Hallo,
es gibt da ja den berühmten Fall des Phineas Cage, (http://de.wikipedia.org/wiki/Phineas_Gage)
der nach einer Hirnverletzung eine vollkommen veränderte Persönlichkeit aufwies. Was ich damit sagen will: Zur Zeit ist die - unbestreitbar bestehende - genetische Disposition nur durch Lebensweise (wozu auch Therapie gehören kann) und/oder medikamentös in den Griff zu bekommen, aber nicht beseitig- oder veränderbar.
Man weiß noch viel zu wenig über das menschliche Gehirn und sein Funktionieren. Was man aber weiß, ist das physiologische Veränderungen "psychische" Veränderungen nach sich ziehen. Man weiß nur noch nicht wie.
Eines Tages wird man vielleicht Depressionen mit einer kleinen OP ganz heilen können. Und Diabetes vielleicht auch. Nur, fürchte ich (oder hoffe ich?), wird das noch eine ganze Weile dauern.
es gibt da ja den berühmten Fall des Phineas Cage, (http://de.wikipedia.org/wiki/Phineas_Gage)
der nach einer Hirnverletzung eine vollkommen veränderte Persönlichkeit aufwies. Was ich damit sagen will: Zur Zeit ist die - unbestreitbar bestehende - genetische Disposition nur durch Lebensweise (wozu auch Therapie gehören kann) und/oder medikamentös in den Griff zu bekommen, aber nicht beseitig- oder veränderbar.
Man weiß noch viel zu wenig über das menschliche Gehirn und sein Funktionieren. Was man aber weiß, ist das physiologische Veränderungen "psychische" Veränderungen nach sich ziehen. Man weiß nur noch nicht wie.
Eines Tages wird man vielleicht Depressionen mit einer kleinen OP ganz heilen können. Und Diabetes vielleicht auch. Nur, fürchte ich (oder hoffe ich?), wird das noch eine ganze Weile dauern.
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Eine Depression mit OP heilen, das klingt super. Ja, die alte Anlage-Umwelt-Debatte. Dass das Ganze multikausal zu sehen ist, keine Frage. Die Frage ist nicht das OB, sondern das WIEVIEL.
Ja, wir wissen echt zu wenig. Dennoch glaub ich schon, dass Erfahrungen, die man macht, einen großen Einfluss auf Menschen haben, gerade, wenn sie auf fruchtbaren Boden fallen. Und der ist wahrscheinlich sowohl genetisch als auch erfahrungsbedingt.
Ja, wir wissen echt zu wenig. Dennoch glaub ich schon, dass Erfahrungen, die man macht, einen großen Einfluss auf Menschen haben, gerade, wenn sie auf fruchtbaren Boden fallen. Und der ist wahrscheinlich sowohl genetisch als auch erfahrungsbedingt.
Ja, super. Am besten die ganzen Erfahrungen und Erinnerungen, die sich in der Hirnstruktur eines Menschen abbilden, rausoperieren, bis nichts mehr übrig bleibt. Schöne neue Welt.
Naja, wenn es einem dreckig geht, dann wünscht man sich das schon oft. Aber ich schrieb ja schon, dass ich glaube, dass der Mensch auf Grund von Erfahrungen geprägt wird. Den Faktor kann man - zum Glück - nicht verändern. Denn ab und zu macht man ja auch positive!
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Durch die Manipulation des Gehirns durch OP oder - vermutlich in nicht allzu ferner Zukunft - durch Gentherapie kann man aber wohl kaum nur die negativen Erfahrungen auslöschen. Der Mensch wird maschinenähnlich. Vermutlich irgendwann durch Zwang. Wer sich weigert, bei Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen eine Gentherapie vornehmen zu lassen, fällt aus der KK-Versorgung raus. Ganz einfach.
Nochmals zur Genetik:
Wie gesagt: Um den Anteil der Genetik genau zu benennen, müsste man wohl Forscher sein... und selbst dann ist mglw. noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Man weiß eben noch nicht alles. Und daher wird man bestimmt auch andere Studien finden (bin bei widow, dass nicht unbedingt Einheitlichkeit gegeben ist), aber z.B. das Max-Planck-Institut geht von folgendem aus:sandrin hat geschrieben:Und das ist eben meine Frage. Wie hoch ist der Anteil der Genetik. Kann man sich nur mit seiner Lebensweise an die Gegebenheiten anpassen oder hat man tatsächlich die Chance, Dinge zu VERÄNDERN. Nur darum geht es mir.
Werden auch noch weitere Fragen gestellt und beantwortet... ob ich alles teile, kann ich nicht sagen. Dass man Depressionen wie ein einzelnes Geschwür herausoperieren können wird, glaube ich eher nicht... denn so eng abgrenzbar sind Depressionen wohl nicht. Noch nicht einmal auf den Genen, wenn man von vererbarer Anfälligkeit ausgeht. Sondern Verflechtungen. So hinterlassen auch Erfahrungen Spuren im Gehirn... also der Serotoninspiegel ist nicht alles, sondern man diskutiert auch, inwieweit Hirnfunktionen und -strukturen depressionsbedingt verändert sind (die dann in ihrer Aktitvität verändert sind).Fast die Hälfte aller unser Gene sind nur dazu da, die Blaupause für das Funktionieren unseres Gehirns herzustellen. Da kann es schon einmal zu größeren oder kleineren Abweichungen kommen, die den Einzelnen dann verletzbar für äussere Einflüsse machen. Man nimmt an, dass die genetischen Anteile für die typische Depression bei 50% liegen, während der genetische Anteil für die manisch depressive Erkrankung über 80% ausmacht. Diese genetische ‚Verletzbarkeit’ ist nicht auf ein einzelnes Gen zurückzuführen, sondern auf eine Vielzahl unterschiedlicher Gene. Diese Gene bestimmen, ob wir gegenüber äusseren Ereignissen, die starke Stressreaktionen auslösen, verletzlich sind und als Folge eine Depression bekommen. Es kann aber auch umgekehrt sein, dass eine besondere genetische Veranlagung dazu führt, dass wir gegenüber Stresssituationen überdurchschnittlich belastbar sind. Die Frage also, ob wir an einer Depression als Folge einer Stresssituation erkranken, ist immer nur aus dem Wechselspiel zwischen äusseren Einflüssen und genetischer Veranlagung zu beantworten.
http://www.mpipsykl.mpg.de/clinic/erkra ... index.html
Liebe Grüße
stern
stern
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
umso mehr Fliegen sitzen drauf«
(alte Weisheit)
Na so ist das nicht gemeint. Erinnerungen "rausoperieren" könnte man jetzt schon - man weiß, wo die Regionen im Hirn sitzen, die für das Gedächtnis verantwortlich sind - einmal fest draufschlagen, und alles ist weg. Wäre ganz einfach, aber das ist natürlich Unsinn.Tristezza hat geschrieben:Ja, super. Am besten die ganzen Erfahrungen und Erinnerungen, die sich in der Hirnstruktur eines Menschen abbilden, rausoperieren, bis nichts mehr übrig bleibt.
Nicht die Erinnerungen und Erfahrungen sind das Problem bei Depressionen, sondern die Art wie manche darauf reagieren - nämlich negativ, mit Resignation, Angst, Depression bis zum Suizid. Während andere solche Erinnerungen und Erfahrungen locker wegstecken oder sogar als Motivation nutzen können.
Hinter diesen Reaktionen steckt ein physiologischer Mechanismus, nämlich die Produktion chemischer Botenstoffe. Das Ziel eines operativen Eingriffes wäre es also, das verantwortliche produzierende Organ so zu beeinflussen (verändern), dass Produktion dieser Botenstoffe gehemmt oder gefördert wird, je nachdem, was hilft.
Nur ist das heute nicht möglich, weil man die Mechanismen nicht kennt - genauso wenig wie man operativ die Bauchspeicheldrüse zur Produktion von Insulin bei Diabetes anregen kann (Insulin muss, wie die Wirkstoffe bei psychischen Erkrankungen nach wie vor von außen zugegeben werden). Aber theoretisch vorstellbar ist das schon.
Bis vor 50 Jahren konnte sich auch niemand vorstellen, dass mal Herzen transplantiert werden würden.
Natürlich führt das jetzt direkt in eine Debatte darüber, wie wünschenswert es ist, dass alle Menschen gleich (gut) "funktionieren". Ob es nicht "richtiger" ist, dass hier eine genetische Selektion durch Vererbung stattfindet. Es wäre (m.M.n.) ein Alptraum in einer Welt voller heiterer Optimisten zu leben, die alles leicht nehmen. Es braucht auch die Pessimisten, die Grübler, die Unglücklichen.
Dem entgegnen aber andere, dass man dann konsequenterweise auch bei rein körperlichen Leiden der Genetik die Entscheidung überlassen sollte - also keinerlei Veränderungen welcher Art auch immer am Körper. Wer z.B. mit einem Herzfehler oder Diabetes geboren wird, bei dem hat eben die Genetik entschieden, dass er früh sterben soll.
Kann man lange drüber diskutieren...
Ich finde die Frage ob es genetische/biologische Dispositionen geben kann die zu dieser Erkrankung beitragen, absolut legitim und auch plausibel. Keine Ahnung warum die Fragestellerin schon wieder in so eine Rechtfertigungsrolle gedrängt wird .......
Eine Freundin von mir hat einen depressiven Vater und der wiederum eine depressive Mutter, eine depressive Tante kurzum sehr viele in ihrem familiären Umfeld sind an einer Depression erkrankt. Da sie die Auswirkungen, auch auf das Umfeld, genau kennt, hat sie eigentlich schon zeitlebens Angst davor selbst davon auch betroffen zu sein. Seitdem ich sie kenne bäumt sie sich gegen jeden Anfall von "antriebslosigkeit" auf und achtet sehr auf ein harmonisches Umfeld, sie meinte auch mal sie hätte das Gefühl diese "Veranlagung" geerbt zu haben, aber sie tut ihr Möglichstes um sozusagen einen "Ausbruch der Erkrankung" zu verhindern bzw. Voraussetzungen dafür zu schaffen die Erkrankung in ihrem Verlauf positiv zu beeinflussen. Ihr bringt offensichtlich die Auseinandersetzung mit genetischen Faktoren sehr viel, was ich übrigens beeindruckend finde....
Ich selbst kenne diese Fragestellung aus einem anderen Kontext. In meiner Familie haben eigentlich alle Frauen Diabetes (Typ2) und alle Frauen sind leicht pummelig.. Die genetische Veranlagung habe ich dazu auch, wenn ich nicht auf meine Ernährung achten würde und keinen Sport treiben würde würde ich auch so aussehen, aber da ich um meine genetische Dispositon weiß kann ich dagegen steuern und das tut meine Freundin im Rahmen ihrer Möglichkeiten eben auch.
Ich glaube nicht, dass die genetische Disposition für die "Folgen" allein verantwortlich ist und dass sie noch lange kein "Schicksal" ist, aber es hilft manchmal um seine "Anlagen" überhaupt zu wissen....
Eine Freundin von mir hat einen depressiven Vater und der wiederum eine depressive Mutter, eine depressive Tante kurzum sehr viele in ihrem familiären Umfeld sind an einer Depression erkrankt. Da sie die Auswirkungen, auch auf das Umfeld, genau kennt, hat sie eigentlich schon zeitlebens Angst davor selbst davon auch betroffen zu sein. Seitdem ich sie kenne bäumt sie sich gegen jeden Anfall von "antriebslosigkeit" auf und achtet sehr auf ein harmonisches Umfeld, sie meinte auch mal sie hätte das Gefühl diese "Veranlagung" geerbt zu haben, aber sie tut ihr Möglichstes um sozusagen einen "Ausbruch der Erkrankung" zu verhindern bzw. Voraussetzungen dafür zu schaffen die Erkrankung in ihrem Verlauf positiv zu beeinflussen. Ihr bringt offensichtlich die Auseinandersetzung mit genetischen Faktoren sehr viel, was ich übrigens beeindruckend finde....
Ich selbst kenne diese Fragestellung aus einem anderen Kontext. In meiner Familie haben eigentlich alle Frauen Diabetes (Typ2) und alle Frauen sind leicht pummelig.. Die genetische Veranlagung habe ich dazu auch, wenn ich nicht auf meine Ernährung achten würde und keinen Sport treiben würde würde ich auch so aussehen, aber da ich um meine genetische Dispositon weiß kann ich dagegen steuern und das tut meine Freundin im Rahmen ihrer Möglichkeiten eben auch.
Ich glaube nicht, dass die genetische Disposition für die "Folgen" allein verantwortlich ist und dass sie noch lange kein "Schicksal" ist, aber es hilft manchmal um seine "Anlagen" überhaupt zu wissen....
Gerade gefunden:
Thomas Vogt: Was wird aus dem Symptom, wenn die Störung beseitigt wird? In: Psychoanalyse aktuell: http://www.psychoanalyse-aktuell.de/325 ... &tx_ttnews. Publiziert am 29.01.2014, abgerufen am 30.04.2014)
(Auszug, die Lektüre des ganzen - kurzen - Aufsatzes lohnt!)
Thomas Vogt: Was wird aus dem Symptom, wenn die Störung beseitigt wird? In: Psychoanalyse aktuell: http://www.psychoanalyse-aktuell.de/325 ... &tx_ttnews. Publiziert am 29.01.2014, abgerufen am 30.04.2014)
(Auszug, die Lektüre des ganzen - kurzen - Aufsatzes lohnt!)
[...] Ich möchte hier zeigen, welche Folgen die implizierte Tendenz zur Objektivierung des Seelenlebens mit der inhärenten Folge zur Negierung der jeweils individuellen Geschichte für den Einzelnen und das Gemeinwesen haben können. Anders gesagt, was kann es bedeuten, wenn das Seelenleben des Menschen systematisch auf eine gestörte Physiologie und neuerdings auch Neurobiologie reduziert wird.
[...]
Ein Beispiel aus dem therapeutischen Alltag soll zeigen, wie die Anwendung dieser Manuale in die Behandlung der Patienten eingreift und die Position des Patienten und die des Therapeuten verändert.
Ein 46 jähriger, beruflich erfolgreicher Mann, der sich jahrelang über seine Kräfte verausgabt hatte um mit dem vielen Geld, das er verdiente, seiner Frau zu imponieren, geriet, als er dennoch verlassen wurde, in eine schwere depressive Krise. Erstversorgung beim Hausarzt, dann einem Psychiater. Diagnose nach ICD-10: Depressive Störung nach 32.2.; Anamneseerhebung und Krankschreibung mit Rezeptur eines Antidepressivums. Als sich wochenlang keine Besserung zeigte, der Patient auch die einfachsten Tätigkeiten nicht mehr ausüben konnte und immer tiefer in eine depressive – schließlich suizidale Krise geriet, tagelang grübelte, ob er denn anderen Menschen überhaupt noch etwas wert sei, erfolgte die Vorstellung in einer psychotherapeutischen Ambulanz.
Ganz offensichtlich waren sämtliche Störungen nach ICD-10 Ziffer 32. 2 - definitionsgemäß einer mittelgradig bis schwerer depressiven Episode - vorhanden (5).Dazu gehört, ich zähle jetzt auf: „Die betreffende Person leidet gewöhnlich unter einer gedrückten Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit und einer Verminderung des Antriebs. Die Verminderung der Energie führt zu erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung. Deutliche Müdigkeit tritt oft nach nur kleinen Anstrengungen auf.“ Dann wird noch aufgezählt: „Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, herabgesetztes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit.“ Weiter können vorkommen: „Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven, eventuell Suizidgedanken, Schlaflosigkeit und ein verminderter Appetit“. Soweit der ICD. –Man kann dazu nur feststellen: Trifft ganz genau-.
Ich frage, wem soll dieser Katalog von Störungen nützen? Was tun wir dem Patienten an, wenn wir ihm zu verstehen geben, dass wir sein Leiden so verstehen? Was bedeuten eine solche, störungsdefinierte Diagnose, solche Begriffe für den Patienten? Was bedeutet es für ihn, wenn er sich so betrachtet sieht? Muss er da nicht den Eindruck bekommen, dass der Therapeut von ihm selbst gar nichts wissen will? Stattdessen nimmt er wahr, wie sich der Therapeut für alles Mögliche – für das dem Patienten in der Regel die Vorstellung fehlt - interessiert: Ob er für irgendetwas eine genetische Disposition hat? Ob Vorgänge im Hypothalamus, im limbischen System nicht so funktionieren wie sie sollten? Vielleicht eine elektrische oder eine magnetresonanztomographisch darstellbare abnorme Aktivität im Frontlappen oder Seitenlappen vorherrscht? Oder gar ein Defekt in der Neurotransmission vorliegt und eine Zytokinase schneller oder langsamer arbeitet?
Bei diesen Fragen kann es nicht um ein Entweder-Oder gehen. Die Neurobiologie hat ihren Platz in der Wissenschaft. Genauso selbstverständlich sollte aber im Kontakt mit dem Menschen die Symptomatik als Hinweis auf deren individuelle Bedeutung dienen. Ohne Kontakt mit der Selbstsicht und dem Selbstempfinden des Patienten , also der Frage wie der Patient sich und seine Beschwerden versteht und empfindet, was sie ihm bedeuten und welchen Sinn das alles für ihn haben könnte, wird zumeist keine dauerhafte Besserung eintreten. Bei seelischen Erkrankungen vermittelt eine von außen gesetzte Erklärung oder Definition durch Wirkmechanismen biologischer, pharmakologischer Art dem Patienten nur kurzzeitige Erleichterung. Nur allzu oft stellen sich aufgezwungene Konzepte als unwirksam heraus Eine von außen durchgeführte Behandlung, nach den Vorstellungen des Therapeuten, muss ins Leere gehen.
Natürlich erleben wir auch wie Patienten sich nur allzu gerne von der Autorität des Therapeuten leiten lassen, ihn geradezu bedrängen, dass dieser mit seinem ihm unterstellten Wissen die Behandlung führt. Wenn diese aber immer wieder scheitert, kein verordnetes Konzept (oder Rezept) helfen will, der Patient andere, immer neue Symptome entwickelt, so werden wir doch an den Säugling erinnert, dem die Mutter bei jedem Schrei einen Schnuller in den Mund steckt in der Absicht, ihn zu beruhigen, ihn zum Schweigen zu bringen. Irgendwann werden diese Menschen dann vielleicht „bulimische“ Subjekte, suchen und glauben alle Befriedigung im Essen zu finden. Sie sind unfähig, in der Spannung des Begehrens und im Appell an Andere etwas anderes zu suchen als die Gabe der Beruhigung. Damit haben sie auch keine Möglichkeit, etwas anderes, Neues zu finden, zu erfinden, etwas was ihren Bedürfnissen mehr entsprechen könnte.
Diese Menschen bleiben sich selbst fremd und verschlossen, süchtig nach etwas, wofür sie selbst keine Worte finden; gefesselt an das Suchtmittel, das nicht mehr befriedigt. Aber sie hören nicht auf, andere zu bedrängen, noch immer Neues, Anderes zu versuchen.
Das methodische Vorgehen in der Psychoanalyse räumt im Gegensatz dazu dem sprechenden Subjekt einen zentralen Platz ein. Es ist ein Vorgehen, das gänzlich anderen Parametern folgt als die naturwissenschaftliche Sicht der Medizin oder der Neurowissenschaften.
In der Psychoanalyse entsteht durch die assoziative Rede des Analysanden ein Text, der situativ einmalig und höchst persönlich ist. In der analytischen Kur wird also keine Wahrheit a priori freigelegt, sondern sie entsteht erst im Diskurs des Sprechens in der Analyse, das vom Begehren des Sprechenden getragen ist. Es bedarf dieses anwesenden Zuhörers, an den sich die verhüllte Botschaft richtet.
[...]
Wenn der Therapeut bei der Objektivierung einer Störung etwas definiert, was dem Patienten fehlt, so wird dieses Etwas mit dem Objekt der Biologie verwechselt und vernachlässigt den Aspekt des Begehrens. [...] Das Symptom fungiert dann nur als Zeichen eines Bedürfnisses, dem Anspruch nach Anerkennung und Liebe wird dabei nicht Rechnung getragen. Die Möglichkeit zur Symbolisierung im Sprechen wird damit kurzgeschlossen. An Stelle der Artikulation des Begehrens des Patienten wird dann dem Subjekt ein Bild, eine Vorstellung von außen aufgezwungen, ein Trugbild, das als Prothese fungiert. Die so ausgeübte objektivierte Störungsbeseitigung geht damit doppelt fehl.
Einerseits suggeriert sie eine zu erwartende Befriedigung, die nicht dauerhaft eintreten kann. Andererseits verstellt diese Befriedigung den Raum, in dem der Patient als das begehrende Subjekt, das er ist, in der Anwesenheit eines Anderen, unter dem Druck seines Begehrens, in seiner Artikulation der Phantasien auf etwas kommen könnte, woran es ihm mangelt. Doppelt fehl geht die objektivierte Zuschreibung des Therapeuten, weil der Patient dann buchstäblich leer ausgeht: Weder kann ein wieder erinnerter Mangel, der zur Sprache kommen könnte, in die symbolische Ordnung eingefügt werden und als verloren betrauert werden, noch kann sich der Patient einem Ersatz zuwenden, etwas Neues finden und sich damit trösten.
Im Klartext heißt das, es kann keine Behandlung der Seele geben, ohne dem Einzelnen Raum zur Verfügung zu stellen, sich als Subjekt zu seinem Mangel zu äußern. Sich im Anspruch auf Liebe oder Heilung der Anerkennung des Anderen dadurch zu vergewissern, dass er sich dem Anderen zu Gehör bringt. Sich bestätigt zu sehen, und sei es im schmerzlichen Bewusstsein, dass etwas unwiderruflich verloren ging, welches auch der Therapeut nicht mehr geben kann. [...]
[/quote]Widow hat geschrieben: Im Klartext heißt das, es kann keine Behandlung der Seele geben, ohne dem Einzelnen Raum zur Verfügung zu stellen, sich als Subjekt zu seinem Mangel zu äußern. Sich im Anspruch auf Liebe oder Heilung der Anerkennung des Anderen dadurch zu vergewissern, dass er sich dem Anderen zu Gehör bringt. Sich bestätigt zu sehen, und sei es im schmerzlichen Bewusstsein, dass etwas unwiderruflich verloren ging, welches auch der Therapeut nicht mehr geben kann. [...]
sind zwei verschiedene Themen....das Thema das in dem völlig aufgeblasenen Text behandelt wird heißt "Diagnosestellung und Stigmatisierung", das Thema der TE heißt " gibt es eine biologische/genetische Dispositionen für Depressionen und falls ja was kann das für mich bedeuten".
-
- [nicht mehr wegzudenken]
- , 40
- Beiträge: 2978
Man weiß noch nicht alles ist ziemlich optimistisch. Man weiß so gut wie nichts - noch. Die Aussage, eine Krankheit sei abhängig von Genen, Umwelt und psychosozialen Faktoren ist gleichzusetzen mit: Wir haben keinen blassen Schimmer, alles ist möglich.
Jegliche Interaktion und Krankheit ist abhängig von diesen drei Faktoren, sei es eine Entscheidung oder eine Verkühlung. Es gibt halt Umstände, unter denen Krankheiten überdurchschnittlich stark auftreten, einige wenige sind dagegen resistent.
@ Fouché: Ich wäre froh, wenn der Zustand einträfe, von dem du das Nichteintreten hoffst. Die Angst kann ich nicht nachvollziehen. Zum einen gäbe es dann weniger Bauernfänger, die Menschen würden Ihnen nicht mehr auf den Leim gehen. Das pseudowissenschaftliche Psychogefasel ist der ideale Nährboden für Abzocke.
zum anderen würde es Leben retten. Missbraucht werden kann alles, deshalb muss man nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn du heute unter einer Erkrankung leidest, überlegst du dir auch nicht, ob dich eine Heilung davon zu einer anderen Person macht, du nimmst es wie selbstverständlich in Anspruch.
Aber das ist Zukunftsmusik.
Jegliche Interaktion und Krankheit ist abhängig von diesen drei Faktoren, sei es eine Entscheidung oder eine Verkühlung. Es gibt halt Umstände, unter denen Krankheiten überdurchschnittlich stark auftreten, einige wenige sind dagegen resistent.
@ Fouché: Ich wäre froh, wenn der Zustand einträfe, von dem du das Nichteintreten hoffst. Die Angst kann ich nicht nachvollziehen. Zum einen gäbe es dann weniger Bauernfänger, die Menschen würden Ihnen nicht mehr auf den Leim gehen. Das pseudowissenschaftliche Psychogefasel ist der ideale Nährboden für Abzocke.
zum anderen würde es Leben retten. Missbraucht werden kann alles, deshalb muss man nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn du heute unter einer Erkrankung leidest, überlegst du dir auch nicht, ob dich eine Heilung davon zu einer anderen Person macht, du nimmst es wie selbstverständlich in Anspruch.
Aber das ist Zukunftsmusik.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]
Liebe panta,panta hat geschrieben: sind zwei verschiedene Themen....das Thema das in dem völlig aufgeblasenen Text behandelt wird heißt "Diagnosestellung und Stigmatisierung", das Thema der TE heißt " gibt es eine biologische/genetische Dispositionen für Depressionen und falls ja was kann das für mich bedeuten".
1. ist das Zitat nicht von mir, sondern aus dem von mir zitierten Artikel (da sollte man im Zeitalter des Plagiats als Politikum schon vorsichtig sein).
Und 2. geht es in diesem Artikel genau um die von Dir nochmals wiederholte Frage, was es für den Patienten BEDEUTET (das hat was mit Hermeneutik und Sinn, nicht aber etwas mit Molekülen und Zentrifugen zu tun, ist also keine gemäß der naturwissenschaftlichen Praxis quantifizierbare und per Experiment verifizierbare Angelegenheit), - 2. also geht es genau darum, was es für einen Patienten bedeutet, wenn ein Arzt feststellt, dass dessen psychisches Leiden genetisch oder sonstwie (neuro-)biologisch (mit-)bedingt ist: Wenn der Arzt diese biologische Komponente verabsolutiert, wird dem Patienten daraus kaum eine dauerhafte Besserung seines Leideszustandes erwachsen, denn der hat eben eine BEDEUTUNG und damit etwas unhintergehbar Subjektives (Bedeutung SCHREIBT der Menschen einer Sache, einem Ereignis, einem Menschen, einem Ding, einem Lebewesen, einem Satz etc. ZU - nichts HAT von sich aus Bedeutung), das auch nur auf entsprechend individuellen Wegen herausgefunden werden kann.
3. Nur weil Du von Lacan und seiner Terminologie offensichtlich keine Kenntnis hast, musst Du den von mir zitierten, darauf rekurrierenden Artikel nicht "völlig aufgeblasen" nennen (übrigens habe ich mir extra Mühe gegeben, die Lacan-Partien nicht anzuführen, weil sie nichts Wesentliches zur hier im Thread diskutierten Angelegenheit beitragen, und die nebenbei bemerkt von ziemlich harmlosem intellektuellem Kaliber sind). - Vielleicht weißt Du, dass solche Abwertungen (also solche auf dem wackligen Boden der Unkenntnis oder des Unverständnisses) immer auf einen selbst zurückfallen.
Ich fürchte aber, das kommt bei Dir auch wieder nicht an (der gute alte "clash" der Wissenschaftskulturen ...)
Anyway, einen Versuch war's wert, in diese Sinne einen schönen Abend noch
Widow
Zuletzt geändert von Widow am Mi., 30.04.2014, 20:33, insgesamt 1-mal geändert.
Ich finde, dass sich das alles nicht gegenseitig ausschließt. Auch ich bin nicht für die unbedingte Hirnforschung. Und ich dachte eigentlich mehr an die hormonelle Komponente im Gehirn, dass da etwas aus dem Gleichgewicht ist und man deshalb immer wieder in solche Situationen gerät.
Es ist beides, keine Frage. Mich hätte eher die Gewichtung interessiert.
Es ist beides, keine Frage. Mich hätte eher die Gewichtung interessiert.
Liebe widow,
aufgeblasen halte ich den Text, weil es viel bla,bla, bla um eigentlich nichts ist, wie üblich in "wissenschaftlichen Texten". Die Aussage lässt sich herunterbrechen auf ein einfaches "Die Diagnosestellung (kann) sich auf den Patienten und dessen (Selbst)-verständnis der Erkrankung auswirken..........wirklich "bahnbrechende" Erkenntnis.....
hat aber trotzdem nichts mit dem Thema der TE zu tun.
Auf deine anderen Punkte möchte ich nicht eingehen, da ich gut damit leben kann, dass Du mir mangelnde Kenntnis etc. unterstellst und somit eh keine Basis für einen fruchtbaren Austausch bestünde.
Liebe Sandrin,
ich möchte dich ermutigen da weiterzuforschen damit du ganz allein für dich herausfinden kannst, ob eine genetische/biologische Disposition besteht und falls ja, was dies für dich bedeuten kann. Wär doch doof, wenn es wirklich nur am Serotonin läge und dir einfach nur die richtige Pille fehlt....
LG
aufgeblasen halte ich den Text, weil es viel bla,bla, bla um eigentlich nichts ist, wie üblich in "wissenschaftlichen Texten". Die Aussage lässt sich herunterbrechen auf ein einfaches "Die Diagnosestellung (kann) sich auf den Patienten und dessen (Selbst)-verständnis der Erkrankung auswirken..........wirklich "bahnbrechende" Erkenntnis.....
hat aber trotzdem nichts mit dem Thema der TE zu tun.
Auf deine anderen Punkte möchte ich nicht eingehen, da ich gut damit leben kann, dass Du mir mangelnde Kenntnis etc. unterstellst und somit eh keine Basis für einen fruchtbaren Austausch bestünde.
Liebe Sandrin,
ich möchte dich ermutigen da weiterzuforschen damit du ganz allein für dich herausfinden kannst, ob eine genetische/biologische Disposition besteht und falls ja, was dies für dich bedeuten kann. Wär doch doof, wenn es wirklich nur am Serotonin läge und dir einfach nur die richtige Pille fehlt....
LG
Das stimmt schon... nur, so glaube ich, herrscht im Thread einigermaßen Konsens darüber, dass die genetische bzw. biologische Seite nicht absolut zu sehen ist.Widow hat geschrieben:2. also geht es genau darum, was es für einen Patienten bedeutet, wenn ein Arzt feststellt, dass dessen psychisches Leiden genetisch oder sonstwie (neuro-)biologisch (mit-)bedingt ist: Wenn der Arzt diese biologische Komponente verabsolutiert, wird dem Patienten daraus kaum eine dauerhafte Besserung seines Leideszustandes erwachsen, denn der hat eben eine BEDEUTUNG und damit etwas unhintergehbar Subjektives (...), das auch nur auf entsprechend individuellen Wegen herausgefunden werden kann.
Von Seiten, die die Biologie/Genetik absolut ausschließen, würde ich genauso wenig halten (solange es Anhaltspunkte gibt, dass es ein Mitverursachung geben könnte). Und insofern:
jaBei diesen Fragen kann es nicht um ein Entweder-Oder gehen. Die Neurobiologie hat ihren Platz in der Wissenschaft. Genauso selbstverständlich sollte aber im Kontakt mit dem Menschen die Symptomatik als Hinweis auf deren individuelle Bedeutung dienen.
Quelle: Link von Widow
Bei anderen Störungen, z.B. Stoffwechselstörung scheint es ebenfalls öfters auch eine genetische Dispostion zu geben (die exakte Gewichtung weiß man auch nicht).
Und zu der Frage, was es für einen Patienten bedeutet, wenn der Arzt feststellt, dass psychisches Leiden genetisch oder sonstwie (neuro-)biologisch (mit-)bedingt ist: Das ist vermutlich recht individuell.
Wenn ein Patient in einer Familie lebt, in der best. Erkrankungen (damit meine ich nicht speziell psychische) gehäuft auftreten, so kommen einige Patienten vielleicht selbst auf die Idee, dass sie für diese Erkrankung eine wie auch immer gelagerte Disposition haben könnten (noch bevor sie ein Arzt darauf anspricht oder jemand erkrankt)... denn sie haben vielleicht in erste Linie PURE ANGST, dass es sie ebenfalls erwischen könnte (oder bereits erwischt hat). In einer Sache habe ich (ja, aus ganz trivialer Angst heraus) einen Arzt auf einen evtl. genetischen Einfluss angesprochen (allgemeine Krankheitsängste habe ich jedoch nicht). Sorry, aber besch*ssener hätte die Reaktion (für mich) nicht ausfallen können. Braucht schon etwas Sensibilität das zu kommunizieren... von Verabsolutierung halte ich jedenfalls genauso wenig wie von Ignoranz derartige Einflüsse. Und ja, es wäre wünschenswert, wenn Behandler jedweder Couleur die Bedeutung für den Patienten erfassen könnten/würden... oder dies zumindest versuchen. Trotzdem: Wenn genetische Anfälligkeiten anzunehmen ist, weil es familiäre Häufungen gibt (und das gilt im Grunde auch für alle mögliche Erkrankungen) ist Propylaxe wohl umso wichtiger und das Erkennen von frühen Anzeichen... und wie man mit der Anfälligkeit umgehen kann. Dass man seine Genetik nicht einfach austauschen kann, ist klar... aber das heißt auch in der Medizin nicht zwingend, dass man nichts machen kann.
Zuletzt geändert von stern am Mi., 30.04.2014, 21:12, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße
stern
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»Je größer der Haufen,
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(alte Weisheit)
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