Du darfst nicht lernen

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UncleK
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Beitrag Do., 10.04.2008, 22:06

Hiob hat geschrieben:Hmm. Das ist vollkommen an dem was ich meinte vorbei.
Ja, ist es. Wir kommen noch auf das Eröffnungsposting zu sprechen.

LG
UncleK
Zuletzt geändert von UncleK am Do., 10.04.2008, 22:08, insgesamt 1-mal geändert.

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stern
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Beitrag Do., 10.04.2008, 22:08

Hmm. Das ist vollkommen an dem was ich meinte vorbei.
Ups... habe ich eben erst gesehen.

Vielleicht magst du es nochmals kurz versuchen, zu formulieren, worum es dir im Wesentlichen geht...? Denn dann habe ich dich möglicherweise echt anders verstanden .
Zuletzt geändert von stern am Fr., 11.04.2008, 01:00, insgesamt 1-mal geändert.
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stern
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Beitrag Fr., 11.04.2008, 00:30

O.k. ich versuche es nochmals neu ... wobei ich zugegeben muss, dass ich Schwierigkeiten auch insofern habe, dass ich nicht weiß, wer mit "wir" gemeint ist.
Mir ist gestern aufgefallen, dass wir in unserem Leben voraussetzen, dass wir mit der jeweiligen Situation eigentlich bereits klarkommen müssten, dass wir mit der Traurigkeit zurechtkommen müssten, oder mit der Abneigung, dass wir es hätten besser machen müssen. ... Wie kommen wir darauf, dass wir wissen müssten, was wir wirklich wollen und was Leben wirklich ist und was wir sind. ... Wozu soll ich es bereits können/wissen?
Muss/soll/kann man das überhaupt können/wissen? Na ja... zu dem wozu sag' ich mal so: Wenn ich mit vielen Situationen / mit Traurigkeit / Abneigungen gut klar komme und weiß weiß ich will und wer ich bin, dann habe ich insoweit anscheinend ein paar gute Strategien parat, die es mir erleichtern im Leben zurechtzukommen. Habe ich die nicht, so KANN ich neues dazu lernen... von müssen/sollen kann aber keine Rede sein.

Und Aussagen wie "ich müsste aber bereits können/wissen" empfinde ich für meinen Teil teils selbstzerfleischend, weswegen ich sie mir/dieses Mussdenken sukzessive abgewöhne und neue Denkweisen dazulerne. Vallée hat ein wichtiges Stichwort gebracht: Ressourcenorientes Denken: Ich kann darauf schauen, dass mein Glas schon halb voll ist (Ressource) oder darauf, dass ein halbes Glas fehlt (zum Vollsein des Glases - defizitäres Denken). Klingt banal... praktisch klappt das aber zunehmend besser. Siehe auch oben: Ich habe weitere "Nachteile" dieses Mussdenkens genannt wie Einschränkung meiner Wahlfreiheit, die ich für meinen Teil eben mit als den gravierensten Nachteil für mich empfinde.

Bereits Vorhandene Ressourcen schließen auch nicht aus, das neue hinzukommen können... jedenfalls wüsste ich nicht, an welchem Punkt die Lernkapazität des Menschen eine Deckelung nach oben erfährt (wo also der Glasrand liegt). Ich glaube vielmehr an life-long-learning... und sehe es auch als herausfordernd an. Insofern
„Altes“ mitnehmen? Ist dann für neues überhaupt noch Platz?
sehe ich zumindest für viele Dinge meines Lebens noch Platz.
Nun hat mich n kluger Mensch gestern darauf gebracht, es könne daran liegen, dass wir eigentlich von Geburt an lernen, dass wir dem was das Leben bietet eigentlich immer nur das entgegensetzen, was wir wissen.
Abgesehen davon dass ich mit dem "immer nur" Schwierigkeiten habe.. und ich zum "Wissen" auch mal bisherige (Lebens-)Erfahrungen rechne: Na klar bin ich auch durch mein "Wissen" der Vergangenheit geprägt. Klar setzte ich dieses Wissen auch ein... also wenn ich einmal auf die Herdplatte gelangt habe, passe ich auf, dass dies kein zweites Mal passiert.

Nur ist mein Leben durchaus nicht so "bequem" gestrickt, dass ich mit vorhandes Wissen (die Erfahrungen einschließen) alles gut bewältigen kann... weiß Gott nicht. Insofern kann ich nicht nur Wissen und Erfahrungen entgegensetzen (weil vielleicht gar nicht vorhanden), sondern handele dann flexibel. Flexibilität empfinde ich auch als ein wichtiges Stichwort.(Ob das für mich überhaupt erstrebenswert wäre, bereits "alles zu können und wissen" weiß ich nicht... denn nicht-mehr-dazu-lernen hat für mich auch den Touch monotoner Stagnation, die ich nicht so mag).

Wie gehe ich damit um: Und da komme ich wiederum zu dem oben gesagten: Entweder wurschtele ich mich so durch (denn das Leben wird sich nicht mir anpassen)... oder ich versuche neues auszuprobieren, um vielleicht zukünftig bessere Bewältigungsmöglichkeiten zu haben.
Eigentlich ist es kein „neues Erleben“, wenn ich auf eine Situation mit meinen Erfahrungen der Vergangenheit reagiere, eigentlich wäre es lernen, wenn ich in die neue Situation hineingehe, mit dem Wissen, dass ich das was kommt eben noch nicht weiß, noch nicht kann, noch nicht damit klar komme. Wozu sollte ich sonst neues erleben wollen?, um altes bestätigt zu bekommen?.
Abgesehen davon, dass wohl jeder mehr oder weniger auch auf Basis seiner vergangenen Erfahrungen reagiert (wobei man versuchen kann bisherige negative vergangene Erfahrungen durch zunehmende positivere zu ergänzen): Zustimmung... das zeichnet Lernvorgänge aus... und auch zu mehr oder weniger weiten Teilen auch mein Leben. Insofern komme ich gar nicht dazu nur aus Altes zurückzugreifen.

Wobei es - wie gesagt - auch Vorteile haben kann auf sichere, bewährte Muster zurückgreifen zu können... um nicht zu sagen: Manchmal ist mir sogar lieber, wenn ich (durch Rückgriff auf bewährte Muster/vorhandenes Wissen) sicher weiß, dass mich nicht sooo tolles erwartet... als gar nicht zu wissen, was mich erwartet (völlige Unsicherheit). Letztere Aussage möchte ich aber nicht pausalisierend verstanden haben wissen, denn meine Sicherheitspräferenz ist bei unterschiedlichen Lebensbereichen unterschiedlich hoch.
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Irrlicht
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Beitrag Fr., 11.04.2008, 07:33

Hallo Hiob,

lernen lässt sich kognitionspsychologisch in verschiedene Hierarchien einteilen.

Ganz oben steht das Problemlösen.

Dieses beinhaltet metakognitive Verarbeitungsprozesse, also die Überwachung und Bewertung der Aufgabenlösungen (vgl. zB Lauth):

1. Erkennen des Problems,
2. Auswählen grundlegender Komponenten,
3. Auswählen von Strategien,
4. Aktivieren der Wissensbasis,
5. Bereitstellen der Ressourcen,
6. Überwachung der Strategien und
6. Bewertung der Aufgabenlösung

Die Kognition hängt mit der persönlichen emotionalen Bewältigung, Frustrationstoleranz und mit Motivation zusammen.

Wenn Du schreibst: "man" darf keine Angst vor dem morgigen Termin haben, finde ich das unsinnig, denn nicht nur ich erlaube mir die Angst und schöpfe gleichzeitig Zutrauen, das zu schaffen, weil ich bereits anderes geschafft habe.
Wenn Du schreibst, dass alles zu Erfahrene bereits erfahren wurde, finde ich das nur bedingt zutreffend. Jede neue Situation erfordert erneute Problemlösung - je ähnlicher eine Situation mit einer anderen, umso leichter der Transfer; aber Transfer ist keineswegs selbstverständlich.

Simples Beispiel: wenn Kinder Sachrechenaufgaben lösen sollen, kommt es zu einem interessanten Effekt, durch die Erfahrung "ich muss hier rechnen" werden auch nicht lösbare Aufgaben berechnet. ...ein Mann ist 30 Jahre alt und hat einen Hund mit 4 Beinen. Wie alt sind beide zusammen?
Eigentlich ist das kein Lernen. Es ist ansammeln und schablonenartiges wiederholen.
Kinder wiederholen/transferieren in meinem obigen Beispiel eine Problemlösung ohne das Problem erkannt zu haben. Und das ist das eigentliche Problem
Eigentlich ist es kein „neues Erleben“, wenn ich auf eine Situation mit meinen Erfahrungen der Vergangenheit reagiere, eigentlich wäre es lernen, wenn ich in die neue Situation hineingehe, mit dem Wissen, dass ich das was kommt eben noch nicht weiß, noch nicht kann, noch nicht damit klar komme. Wozu sollte ich sonst neues erleben wollen?, um altes bestätigt zu bekommen?


Wenn ich in der Lage bin, ein Faxgerät zu bedienen ohne jemals vorher eines gesehen zu haben, konnte ich aus bestehener Erfahrung zB mit Telefonen eine Problemlösung finden. Das ist dann ein neues Erleben und kann durchaus angstbesetzt sein, denn ich weiss ja nicht, wie das Ding funktioniert.
Und ich erlebe dieses neue, weil es mir entweder Freude bringt (mal Kinder beim spielen und ausprobieren von Neuem beobachtet?) oder einen Nutzen, dies zu kennen oder können.
Wenn ich altes bestätigt bekommen will, bleibe ich rationellerweise doch lieber beim alten. Und das wird Dir auch bekannt vorkommen: wie viele Menschen wollen nix neues ausprobieren, weil sie Angst haben, es nicht zu können und es Anstrengung erfordert,es zu lernen?

Lg,

Irrlicht

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sino
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Beitrag Fr., 11.04.2008, 07:56

Hallo Hiob,
Hiob hat geschrieben:Lernen setzt m.E. voraus, dass man sich und dem anderen das Durchleben der Situation frei gibt
Hast Recht, Hiob, das setzt aber freie Menschen vorraus, kennst du denn welche? Und entrümpelte Lehrpläne, wenn es auf die Schule heruntergebrochen wird. Klingt jetzt banal, in diesem Zusammenhang, aber Wissen vermittelt als selbstentdecktes und selbsterfahrenes, das den Blick frei gibt auf die Zusammenhänge, Wissen das greifbar erlebt wird. Wissen das jenseits der Reproduktion und seinen Belohnungen stattfindet, würde reichen, aber das erfordert vom Begleitenden Wissen einzubringen, das dieser selbst jenseits der Reproduktion erfahren hat. Das was am Zeugnis nicht steht und plötzlich würde es wieder Spass machen. Lernen lustvoll erleben.

Was würde dir eine Antwort geben. Das sind Ahnungen, die gespeist werden aus einer alten Hoffnung, und der Mut den es braucht, den Weg zu verlassen, der mitunter nicht mehr honoriert wird, lässt ein wenig die Kälte spüren, die da draußen wartet.

Ist es diese Sicherheit für eine (oder im Grunde alle) Entscheidungen, die du suchst. Suchst du die Gefahr und findest nur Sicherheit?
You were born. And so you're free. So happy birthday. Laurie Anderson

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Schlafwandlerin
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Beitrag Fr., 11.04.2008, 14:12

Hallo in die Runde,

bin gerade auf dem Sprung, deswegen bin ich mal faul und kopier im Wesentlichen nur was hier rein.
Kürzlich hab ich einen Text von Arno Grün gelesen, der vielleicht teilweise dazu paßt, was Hiob im Ausgangspost meinte. Jedenfalls hab ich den sofort assoziiert, als ich eben den Thread überflogen habe.
Hier mal ein Auszug:

Ich werde jetzt ein wenig ausholen, um zu zeigen, wie Selbstwert sich entwickelt. Dieser Vorgang ist nicht so einfach zu erkennen, weil die damit verbundenen Erlebnisse von Hilflosigkeit und Ohnmacht durchzogen sind. Das setzt unseren Selbstwert ab und so wird es schwierig zu sehen, wie dieser Prozess vor sich geht. Zum Beispiel: Wir glauben, dass Selbstwert sich in unserer Kultur, in unserer Zivilisation durch erfolgreiches Erlernen, der uns von Eltern, Kirche und Staat aufgesetzten Wirklichkeit entwickelt.

Möglichst schnell dazu zu gelangen, möglichst wenig Fehler zu machen bzw. die richtigen Antworten zu Verfügung zu haben, schrieb Heinrich Jacobi, ein deutsch-schweizer Pädagoge, ist, was uns scheinbaren Selbstwert einflößt. Aber in der Tat führt das dazu, das jede Regung des Mit-eigenen-Augen-Sehens abgewertet, nicht belohnt wird, deswegen zum Gefühl des Versagens führt. Das Lernen, das einen Menschen von innen heraus zu einem Gefühl des eigenen Wertseins führt, ist etwas ganz Entgegengesetztes. Jacobi nannte es Erarbeiten. Ein durch eigenes Erfahren und Entdecken aufarbeiten, was weniger falsch ist. Dadurch lernt man nicht nur zu erkennen, was richtig ist, sondern vor allem auch, wie das Richtige zustande kommt und warum gerade dieses das Richtige ist. Nur solche Erlebnisse fördern innere Sicherheit und echten Selbstwert.

Wir aber, mit einigen Ausnahmen, gehen davon aus, dass Kinder die Wirklichkeit lernen ohne Selbstentdecken, also ein erzwungenes Lernen, das den Gehorsam zur Autorität untermauert. Das wird zur selbstverständlichen Wirklichkeit, wodurch gleichzeitig das Denken vorprogrammiert wird. Wir tun dies heute auf Wegen, die dem, was wirklich vorgeht, zu widersprechen scheinen. Das ist aber nur die Art, auf die wir uns selber täuschen, um das, was uns angetan wurde und was wir weitergeben, nicht erkennen zu brauchen. So glauben wir zum Beispiel durch Belohnung es dem Kind möglich zu machen, sich frei zu entscheiden, seinen eigenen Weg zu finden. Wir glauben so, dass alles dem freien Willen des Kindes überlassen wird. Aber das Prinzip Belohnung verhüllt, dass damit der Druck des Erfolgreichseins ausgeübt wird, wodurch unser Selbst ausgeschaltet wird.


Man liest sich! (War mein erster Beitrag hier. )
Schönen Start ins WE!

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kamikatze
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Beiträge: 916

Beitrag Mo., 14.04.2008, 14:45

sino hat geschrieben:Was würde dir eine Antwort geben. Das sind Ahnungen, die gespeist werden aus einer alten Hoffnung, und der Mut den es braucht, den Weg zu verlassen, der mitunter nicht mehr honoriert wird, lässt ein wenig die Kälte spüren, die da draußen wartet.
ne bekannte hat mir letzte woche von ihrer lektüre berichtet: dass wir in beziehungen eben immer unsere rolle als lernende definieren sollten und nicht als lehrer...mit dieser einstellung ist entwicklung kein defizit, sondern ein selbstbewusster approach zum leben, in dem es eine toleranz gibt für nicht-perfekte, wie mich...
stern hat geschrieben:. jedenfalls wüsste ich nicht, an welchem Punkt die Lernkapazität des Menschen eine Deckelung nach oben erfährt (wo also der Glasrand liegt). Ich glaube vielmehr an life-long-learning... und sehe es auch als herausfordernd an. Insofern
ich plädiere ergo für den "kontingentfreien" becher im leben!
vallée hat geschrieben:Und es sind die singulären Ereignisse, die in kein Muster passen, das man schon kennt, die einen erkennen lassen, das man diese Muster, die informellen Institutionen zwar nutzen kann, sie aber auch verlassen kann, ändern kann, darüber hinauswachsen kann.
in der biologie sind das die sog. punktmutationen, die zu so einem evolutions-quantensprung führen können. ergo sind es die normvarianten, die über sich selber hinauswachsen aber das ist nun defi OT...
vallée hat geschrieben:das Leichte, das Spielerische wird verdammt schwer, in einer gesellschaft, die ein Scheitern, einen 2. und 3. Versuch nicht duldet.
DAS bezweifle ich. ich denke, hierbei ist nicht primär die gesellschaft das limitierende, sondern das potentiell agierende subjekt selbst. und DAS ist das wahre drama dahinter, dass wir uns selber zureden, ja keine neuen pfade zu betreten, um jaaa nicht auf die nase fallen zu müssen....in meinen augen basiert unsere marktwirtschaftliche gesellschaft ja auf diesem erfolgreich implementierten try-and-error-prinzip. die messlatte ist einfach dementsprechend hoch gestellt worden. vielleicht ist das ja das abschreckende., aber es ist schon so, dass das rein reproduzierende, also operative nicht wirklich den gleich estimierten stellenwert hat wie das entwickelnde, explorierende. .............
Ich rotiere höchstens,
wenn ich Opfer des Rotationsprinzips werde...

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