Phagophobie - Angst vor fester Nahrung (ersticken)

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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Waldo
sporadischer Gast
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Beitrag Fr., 14.06.2013, 18:08

Hi,

schön, dass du dich für eine Therapie entschieden hast. Das ist ein Schritt vorwärts - immer gut!
Für welches Therapieverfahren hast du dich entschieden? >>> http://de.wikipedia.org/wiki/Psychother ... everfahren

Bei mir gibt es zwischenzeitlich wieder ein kleines Update. Schreib ich später für alle, dies interessiert.

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Aloe
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Beitrag Fr., 05.07.2013, 13:41

Hallo zusammen,

ich bin selber Logopädin und im Zuge von fachlichen Recherchen zum Thema Dysphagie (Schluckstörungen) auf die psychogene From der Dysphagie - auch genannt Phagophobie - gestoßen.
Es ist sehr interessant und aufschlussreich, wie die Symptome und der Kummer, der mit Phagophobie einher geht hier beschrieben wird. Danke, dass ich dadurch einen Eindruck bekommen kann, was im Menschen vorgeht, wenn das Schlucken zum scheinbar unüberwindbaren Hindernis wird!!

Es liegt mir am Herzen ein paar Infos weiterzugeben, die hilfreich sein könnten, um die ersten Schritte hin zur Therapie tun zu können:
@ sporadischer Gast:
Er stellte mir die Frage, ob ich schon mal gesehen hätte, wie jemand an seinem Essen erstickt ist. Hab ich nicht. "Es ist auch extrem selten. Fragen Sie Freunde oder Freundesfreunde, ob die jemanden persönlich kennen, der an seinem Essen erstickt ist."
-> Die Wahrscheinlichkeit am Nahrungsbolus zu ersticken, wenn die nervliche Versorung und die Muskeln, die am Schlucken beteiligt sind intakt sind, ist tatsächlich praktisch nicht vorhanden! Auf die Schutzmechanismen im Körper ist absolut Verlass!! Insbesondere auf den guten alten Hustenreflex, der alle Nahrungskrümel wieder heraus befördert.

Zur Therapie: Tatsächlich ist es so, dass Phagophobie nicht sehr verbreitet ist und bestimmt nicht jedem Arzt ein Begriff. Es ist in jedem Fall sinnvoll sich sowohl HNO-ärztlich, als auch neurologisch untersuchen zu lassen. Denn die Gründe für eine Angst vor dem Schlucken oder Schmerzen beim Schlucken können vielseitig sein und es sollte abgeklärt werden, ob sie durch organische Störungen verursacht sind.
Falls es keine andere Erklärung gibt und psychogene Ursachen nahe liegen, führt der Weg in der Tat zum Psychotherapeuten oder -therapeutin - also nicht zum Logopäden oder Ergotherapeuten!
Logopäden sind dazu nicht ausreichend ausgebildet! Sie führen lediglich Therapien bei HNO-ärtzlich oder neurologisch befundeten Schluckstörungen durch.
In Absprache mit dem/ der PsychotherapeutIn wird gemeinsam ein Plan zur Veränderung der Nahrung (flüssig, breiig, fest, verschiedene Geschmacksrichtungen etc.) erstellt und (ganz wesentlich!) zugrundeliegende Konflikte, die zur Angst vor dem Schlucken führen er- und bearbeitet. So werden nicht nur die Angstsymptome behandelt, sondern die Ursache.

alles Gute!

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Kyra2001
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Beitrag Fr., 16.08.2013, 14:18

Hey
Also ich habe Phagophobie(Komischer Name^^) auch schon seit ca. 2006(jahr)
Besonders schlimm wurde es im Jahr 2010!
Vorher konnte ich noch relativ gut essen, hatte zwar irgendwie immer so Schwindelanfälle oder leichte Pankattacken und das komische, immer Abends hatte ich stark diese Probleme.
Da konnte ich nichts mehr essen, außer Flüssig Nahrung.
*Angst das ich ersticke, wenn ich feste Nahrung esse, oder das sie auf halben Weg in der Röhre stecken bleibt, oder dass das Essen in die Luftröhre gelangt...*
Komische Vorfälle hab ich damals auch gehabt, wo ich dachte, das essen bleibt einfach im Hals stecken.
Naja, wie gesagt, 2010 wurde es dann schlimmer.
Morgens hab ich ab und an geschafft Brot zu essen, ansonsten hab ich Kartoffelpüre mit soße gegessen, Suppen, oder Königsberger Klopse.
Größe: 160cm
Gewicht damals: 38Kg

Ich bin zwar ein dünner Mensch, aber das war schon sehr heftig.
Ich hatte angst zu sterben, weil ich nichts mehr essen konnte, ich wusste gar nicht mehr was ich machen sollte.
Ich war schwach, mein Bauch, total dünn, das hat sich schon ekelig angefühlt.
2009 war ich bei ner Neurologin, hab ich von Problemen erzählt, das es schwer ist, sie hörte kaum zu und hat mir sofort "Risperidon" gegeben, das hat nix gebracht, hab nur 25 Kg zugenommen, aber die hab ich ja 2010 dann wieder abgenommen...

Ende 2011 hab ich dann eine Therapie gemacht, Stationär 3 Monate.
Ich musste jeden Tag versuchen mein Essen zu essen, Tag für Tag hab ich es auch geschafft.
In der Mitte der Zeit bekam ich Seroquel.
Davon wurde ich immer müde und benommen.
... Als ich die Therapie erfolgreich abgeschlossen habe, hatte ich danach noch eine Ambulante Therapie gemacht.
Aber ich hatte sie nicht lange nötig, da mir es gut ging.
Vorgenommen hatte ich mir nach der Therapie eine Ausbildung zu beginnen, eine Wohnung zu haben und den Führerschein zu machen, das alles hatte ich auch nach sehr kurzer Zeit geschafft.
Jetzt bin ich im 2ten Lehrjahr..
******************************************
Wie ich das alles geschafft hab, weiß ich auch nicht, aber ich hab nie aufgegeben und jeden Tag gegessne, auch Abends.
Immer der Angst gestellt, Panikattacken wurden weniger.

Kurz vor Ende der Therpie bekam ich andere Tabletten, hatte keine Lust mehr auf Benommenheit, weil ich ja auch Arbeiten musste.
Ich bekam *Paroxetin*
Damit kam ich auch super gut klar.
Mein Gewicht habe ich erfolgreich auch geschafft.
*
Jetzt allerdings-->
Ich habe die Tabletten vor ca. 2-3 Monaten abgesetzt, weil ich nicht mehr Tabletten nehmen wollte und gucken wollte,. ob ich es auch so schaffe.
Aber irgendwie gehts wohl doch nicht.
Die erste Zeit war ganz gut.
Aber jetzt wo ich auch 2 Wochen Urlaub hatte wurde es schlimmer.
Insgesamt hab ich 4 Kg abgenommen, meine Augen schwellen wieder an, mein Bauch ist dünn und fühlt sich ekelig an
Oder die Beschwerden fangen wieder an, schwindel, angst, Hals komisch, Kloßgefühl, Nasenbluten, danach auch Hals komisch ect.
Viel Stress hab ich auch auf Arbeit mit einer Mitarbeiterin und ich kämpfe seit ca. 2 Jahren auch mit Beziehungsproblemen.
Nächste Woche wieder arbeiten(Verkäuferin), das wird dann wohl sehr anstrengend.

Ab gestern hab ich wieder mit meinen Tabletten angefangen.
Ich hoffe, dann gehts mir besser und dann werde ich mit meiner Ärztin reden, was ich noch tun könnte, es ohne Tabletten zu schaffen.
************

Also was euch vielleicht helfen kann ist halt nur daran zu glauben, dass Ihr es schafft.
Nie aufgeben.
Die Angst darf kommen, aber dann sagt der angst einfach, Hallo, aber du kannst wieder gehen.
So hab ich in der Klinik gelernt, damit umzugehen.
Einfach versuchen nicht zu beachten, ablenken, auf den Geschmack vom Essen achten.
Eigentlich wissen wir ja alle, wir erstinken nicht, es ist nur ein Gefühl.
************
Wisst ihr vielleicht was mir vielleicht noch helfen kann, besser damit um zu gehen, ohne oder mit Tabletten?
Und was hat das mit meinem durchgehenden Schleim auf sich?
Den hab ich auch seit 2010 oder so nach einer Erkältung und Nasennebenhölenentzündung.
Seitdem geht es nicht weg.
Ärzte, klar, war ich schon.
Aber das übliche, viel Trinken sonst ist nix.
Schleim bessert sich, wenn ich unter Leuten bin oder auf Arbeit.
Nasenbluten hab ich auch jetzt öfters, aber auch sehr trockene Nase.

***

Freue mich auf Antworten, Tips, Erfahrungsberichte oder sonstiges
Lg
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Caleidoskop
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Beitrag Mo., 09.09.2013, 18:43

Hallo Kyra,

das ist schön zu lesen das du es mal geschafft hast davon los zu kommen. Habe auch Angst das nie wieder loszuwerden obwohl es Phasen der Besserung gibt. Es nervt mich alles so etwas selbstverständliches klappt nicht mehr.

Kannst mir gern ne PN schreiben. Würde mich freuen.

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Kyra2001
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Beitrag Mo., 09.09.2013, 19:53

Hey,
also ich wollte Dir eben eine PN schrieben, geht aber nicht.
Ich klicke auf neue Nachricht erstellen und da kommt einfach nichts.
Entweder ist das hier so, oder ich finds einfach nicht,was nicht sein kann:)
Oer muss man erst jemand in die Freundesliste aufnehmen? o.O


Ich denke mir auch immer wieder, warum klappt das einfach nicht mit dem Essen.
JEDER Mensch kann essen.
Ab in den Mund, kauen und schlucken.
Manche kauen sogar gar nicht und schlingen es einfach runter.
Wir haben das doch auch jahrelang gemacht, warum geht das also nun auf einmal nicht mehr.
Oft hab ich auch angst, das es wieder schlimmer wird.
Ich habe ja jetzt eh abgenommen, seit ich meine Tabletten abgesetzt habe, aber noch gehts und ich esse.
Sicher gibts ja wieder Tage da ist es etwas anstrengender, aber solange ich jeden Tag weiter mache und jeden Tag esse, sollte es gehen.
Leider weiß ich, dass meine Krankheit wohl nie weg gehen wird und ich immer damit leben muss.
Zwar nicht mehr mit einer großen angst, das ich ersticke oder sonstiges, aber eine angst ist dennoch immer da.
Vorallem, was ist, wenn etwas im Leben passiert, was nicht mehzr so ist, wie es jetzt ist.
Oder ich habe eine 3 Jährige Beziehung, seit wir zusammen sind, hab ich die Therapie gemacht und gelernt mit der KRankheit zu leben.
Es läuft nicht immer gut zwischen uns, was ist, wenn sich da einiges ändern wird?
Wie wird mein Kopf damit umgehen?
Ich habe sehr viel Stress auf Arbeit, was ist wenn das schlimmer wird, wird auch da wieder mein Kopf ne Phase bekommen, der sagt, neeee, ich hab keine Lust?

Aber je mehr man daran denkt, umso mehr macht es einen Angst.
Vielleicht hilft es dir/euch, einfach nicht dran denken, einfach in der Gegenwart bleiben, jeden Tag versuchen weiter zu essen, versuchen sich feste Zeiten zu legen.
Oder wie ich, ich hab Abends mehr die Angst, also muss ich versuchen Abends auch was zu essen.
sonst kann es schnell passieren, dass man wieder von neu beginnen muss.
Das ist garnicht so leicht, alles wieder neu aufbauen zu müssen.

Jetzt gerade, 20:50 Uhr, esse ein Stück kuchen mit Sahne und Tee.
Ob ich den Kuchen Pure ohne Sahne essen könnte und kein Tee trinken würde, weiß ich nicht.
Das müsste ich wohl jetzt versuchen(davor hab ich angst, da der kuchen sehr trocken ist,so ähnlich wie cupcake)
Also, ich habe es nun versucht, nen kleines Stück zu nehmen.
aber es hat gedauert, irgendwann hat er sich so schon im Mund aufgelöst und dann konnte ich schlucken und hatte dabei wieder nen Vorfall.
Ich wollte nicht schlucken, aber irgendwie hab ich geschluckt, dann hat es sozusagen festgesteckt, ich wurde nervös und wup war das Stückchen unten.
Aber es ist doch nicht Sinn der Sache, das sowas jedes Mal passiert!
Kuchen während ich Tee trinke geht super runter.
Aber Torte mit Sahne geht ohne trinken.


@ Caleidoskop
Hast du mittlerweile die Therapie begonnen mit dem Therapeuten und ist nun etwas raus gekommen, ob du wirklich Phagophobi hast, oder ob es doch irgendwas anderes ist?
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Caleidoskop
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Beitrag Fr., 13.09.2013, 17:50

Hallo Kyra,

bei mir gibt es Phasen da hab ich sogar Probleme mein Speichel zu schlucken. Schrecklich. Und ich weiß nicht mal richtig warum, außer das ich zuvor zu oft daran gedacht habe das ich ersticken könnte und mich verschlucken ich glaube diese Angst hat sich so sehr verinnerlicht.

Leider habe ich alles falsch gemacht denn mittlerweile hat sich einiges automatisiert. Z.B. MUSS ich immer was dazu trinken sonst krieg ich Panik wenn ich was im Mund habe und spucke es aus. Morgens gehts am Besten, da geht auch mal ein Bissen so runter. Es ist zum verzweifeln aber ich bin froh wieder was essen zu können, denn ich habe fast 2 Wochen gar nichts gegessen und gleich mal 5 kg abgenommen. Mittlerweile habe ich 10 kg abgenommen (hatte eh etwas zuviel aber so wollte ich das nicht loswerden).

Meine Therapeutin ist wirklich sehr nett, leider ist sie schwanger und wir machen die Therapie sozusagen im Schnelldurchlauf. Ich soll mich meiner Angst stellen und probieren so zu schlucken...aber die Blockade ist einfach zu groß, ich weiß nicht ob ich das einfach so schaffe. Was gibt es für Methoden? Welche hast du um deine Angst zu bekämpfen?

Bei mir fing es nach langer Erkältungszeit, nem neuen Job und viel Stress an. Ich war auch ständig krank. Hab auch einen Mundsoor was vielleicht auch noch damit zusammenhängt. Aber ich denke es würde gehen nur die Angst hat sich manifestiert.

Ich möchte mal den Versuch mit Kinesiologie probieren da es dort Ansätze gibt psychische und physische Blockaden zu lösen.

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Lamiere
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Beitrag Di., 01.10.2013, 10:19

Liebe Pineapple,

ich kann dich sehr gut verstehen und dein Problem war mir allzu gut bekannt.
Ich hatte diese Schluckbeschwerden im Alter von elf Jahren.
Es war sogar so intensiv, dass ich nicht einmal mehr Joghurt zu mir nehmen konnte und dachte,
dass ich selbst an den kleinen Körnchen im Grießbrei ersticken muss.
Ich habe eine lange Odyssee von Arztbesuchen und stationären Krankenhausaufenthalten hinter mir, bei der genau wie bei dir keine körperlichen Leiden festgestellt werden konnten.
Ich kam kurz darauf in psychotherapeutische Behandlung, die mir sehr geholfen hat.
Damals habe ich eine Langzeittheraphie gemacht, die ich über zwei Jahre besucht habe.
Allerdings hatte ich damals zusätzlich noch eine Magenschleimhautentzündung, die allerdings nur ein Resultat und nicht die Ursache der Beschwerden dargestellt hat. Jedoch hat sie diese noch verstärkt. Ist dein Magen schon einmal untersucht worden?
Zumindest habe ich es nach vier Jahren wieder geschafft, trotz psychischer Ängste ein normales Essverhalten wiederzufinden. Ich esse immer noch recht langsam, aber in einem normalen Rahmen uns habe auch größtenteils wieder Freude am Essen.
In meiner Therapie hat sich herausgestellt, dass ich damals erkrankt bin, weil man mich in der Schule gemobbt hatte. Ich habe das Problem gefunden und habe versucht, es mit meiner Therapeutin zu verarbeiten, wodurch auch die Schluckbeschwerden mit der Zeit abgenommen haben.
Es war ein langer Weg, aber ich habe es geschafft.
Ich hoffe, dass ich dir damit ein bisschen Mut machen kann, dass du wieder gesund wirst.

Ich wünsche dir das Beste!
Lamiere
It's time to win in a time to lose.


angoisse
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Beitrag So., 05.01.2014, 03:06

Hallo!

Auch für mich ist seit Jahren jeder einzelne Schluck Schwerstarbeit. Mal geht es besser; mal ist es plötzlich wieder ganz schlimm.

Ich versuche, dem Ganzen nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken; die Angst als Teil meines Lebens anzunehmen. Und - auch die guten Seiten zu sehen. Denn die gibt es in meinem Fall durchaus. Früher, bevor diese Angst anfing, lebte ich quasi nur fürs Essen. Die Mahlzeiten waren Highlight jedes Tages; das einzige, was mich wirklich interessiert hat.

Dass ich das Essen nun nicht mehr so uneingeschränkt genießen kann, ist einerseits bitter. Andererseits war ich dadurch gezwungen, mich wieder auf andere Dinge zu besinnen, die mich glücklich machen..

Und siehe da - ich habe gemerkt, dass ich auch andere Dinge genießen kann. Habe auch aufgehört, ständig krampfhaft Kalorien zu zählen, wie ich es vorher jahrelang getan hatte. Es mag paradox klingen - aber mein Verhältnis zum Essen hat sich durch die Phagophobie irgendwie auch entspannt. Ich idealisiere es nicht mehr so, sehe es mehr als Notwendigkeit.

Bei mir kam es zu dieser Störung, nachdem ich mich im Rahmen meines Sprachtherapie-Studiums mit dem Thema Dysphagie auseinandersetzen musste. Was aber in dem Moment, als es wirklich so richtig losging, in meinem Hirn vorgegangen ist, ist mir immer noch ein Rätsel.

Die Horrorgeschichten meiner Dozentin haben mich zwar verunsichert, aber das hatte erstmal nur Auswirkungen auf's Tablettenschlucken. Essen ging erstmal noch.

Doch dann saß ich eines Tages an meinem Tisch, las in einem Lehrbuch die Beschreibung des Schluckvorgangs und aß nebenbei - großer Fehler. Es wurde gerade beschrieben, wie die Zunge den Bolus nach hinten drückt, als ich plötzlich innerlich zusammenfuhr; mich ein Adrenalinstoß wie bei einem heftigen Schreck durchzuckte. Ich habe in dem Moment, wo ich das las, geschluckt und hatte das Gefühl, dass da irgendwas phänomenal schiefläuft....meine gesamte Kehlkopf-/Rachenmuskulatur ganz eigenartige Bewegungen macht. Ich glaube aber nicht, dass ich mich wirklich verschluckt habe, denn ich musste nicht husten, konnte normal atmen. Aber es fühlte sich sehr eigenartig und beängstigend an.

Tja....von dem Moment an war nichts mehr wie vorher.

Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass bei mir ein Zwangsgedanke dahintersteckt. Der Zwangsgedanke, beim Schlucken aus einem plötzlichen verrückten Impuls heraus einzuatmen. So wie andere Leute den Zwangsgedanken entwickeln, die eigenen Kinder zu erstechen - nicht, weil sie das wollen, sondern weil sie das Gefühl haben, einen Teil von sich nicht kontrollieren zu können. So ähnlich geht es mir mit dem Einatmen beim Schlucken. Ich weiß, dass das physisch unmöglich ist; dennoch ist da diese Angst. Letztlich eine Angst vor mir selbst; vor den "Abgründen" meiner eigenen Psyche.

Es ist wahrscheinlich auch nicht gerade förderlich, dass ich so viel theoretisches Wissen über's Schlucken habe. Bei jedem Schluck sehe ich vor meinem inneren Auge einen Film ablaufen, der zeigt, was da gerade in meiner Kehle passiert. Irgendwie denke ich, dieses Wissen verhindert, dass ich einfach wieder normal und ganz automatisiert schlucke; mich auf meine Reflexe verlasse. Es soll ja z.b. auch bei Sportlern so sein, dass sie einen bestimmten Bewegungsablauf plötzlich nicht mehr hinbekommen, wenn man sie bittet, diesen Bewegungsablauf zu erklären.

Schlimm war für mich, dass ich im Rahmen meines Studium auch 9 Monate Praktikum in der neurologischen Reha machen musste, wo ein Großteil der Patienten Schluckstörungen hatte. Bei jeder Mahlzeit, die ich begleiten musste, habe ich gebetet, dass dieser Patient jetzt nicht vor meinen Augen erstickt. Ich glaube, dann hätte ich nie wieder auch nur trinken können.

Gottseidank ist nichts dergleichen passiert. Heute frage ich mich, ob ich dieses Praktikum lieber hätte abbrechen sollen. Aber dann hätte ich mein Studium nicht abschließen können. Außerdem habe ich es als eine Art Konfrontationstherapie gesehen.
Meinen Bachelor habe ich inzwischen. Aber ich weiß, ich könnte nicht dauerhaft mit schluckgestörten Menschen arbeiten. Die Angst würde mich auffressen, und meine Übervorsicht wäre auch für meine Patienten nicht gut. Ich würde wohl viel zu schnell Magensonden und Trachealkanülen verordnen.

Jetzt mache ich einen Master in einer ganz anderen Richtung und bin wirklich froh über diese Entscheidung. Auch ohne die Phagophobie wäre ich wohl als Therapeutin nicht glücklich geworden. Aber die Angst war mit ein Grund dafür, dass ich diesen neuen Weg eingeschlagen habe. Insofern hatte sie auch hier wieder ihr Gutes.

Vielleicht ist es naiv, aber ich glaube, dass alles im Leben aus einem bestimmten Grund passiert. Und ich merke, wenn ich diese Angst als Teil meines Lebens erst einmal annehme; es akzeptiere, dass Essen für mich momentan anstrengend ist, dann wird die Phagophobie nach und nach immer unbedeutender.


Problemfind
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Beitrag Sa., 28.02.2015, 14:49

Ich möchte hier gerne von einer Krankheit berichten, die z.B. die Threaderstellerin sehr wahrscheinlich hat.

Diese Krankheit ist erst seit kurzem auf dem Radar der Ärzte aber etwa jeder 10. mit Schluckbeschwerden bei fester Nahrung hat diese Krankheit.
Es handelt sich um Eosinophile Ösophagitis.

Ein Sympthom ist bspw. langsames Essen. Bei schlimmeren Ausprägungen auch Schmerzen beim Schlucken (in der Röhre) oder auch stecken bleiben der Nahrung.

Es handelt sich um eine Autoimmun Erkrankung bei der die Schleimhäute (Speiseröhre bzw. auch deren Eingang) sich verändern und die Speiseröhre dadurch verengt wird. Dadurch wird viel gekaut, langsam gegessen und Schlucken wird generell zum Problem. Wobei Flüssigkeiten kein Problem darstellen.
Häufig (70% der Betroffenen) haben bereits andere Autoimmun-Erkrankungen wie z.B. Asthma.

Nur so für alle die Angst vorm Verschlucken haben, evtl. hilft es dem einen oder anderen.

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OmaDuck
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Beitrag Do., 09.04.2015, 07:15

Hallo zusammen,

mein Sohn (20) kämpft auch seit knapp einem halben Jahr gegen seine Phagophobie an. Seit knapp 6 Monaten kann er keinerlei feste Nahrung mehr zu sich nehmen und ernährt sich nur noch von hochkalorischen Drinks. Außderdem hat er eine Atemstörung. Er atmet stressbedingt lautstark durch den Mund, was eine Nahrungsaufnahme nicht gerade erleichtert.

Unsere Hausärztin wollte ihn schon zwangsweise in die Psychiatrie einweisen. O-Ton:"Wer nichts isst, muss in die Psychiatrie!"

In der Psychiatrie wurde er jedoch nicht aufgenommen, da es ein psychosomatisches Problem ist. Die Suche nach einer geeigneten Psychosomatischen Klinik gestaltete sich extrem schwierig. Keine wollte ihn aufnehmen, solange er nichts isst. Er solle erst essen lernen, dann könne er sich wieder melden.

Schließlich klappte es doch noch und wir waren alle überglücklich, dachten, jetzt wird ihm geholfen, bald kann er wieder essen. Pustekuchen!

Die setzen dort auf Gesprächstherapie, essen übt keiner mit ihm. Er sitzt allein im Speisesaal vor seinem vollen Teller und schaut ihn verzweifelt an. Manchmal schafft er es, sich ein winziges Krümelchen in den Mund zu stecken, muss es aber gleich wieder ausspucken. Er hat schon Panikattacken, wenn er nur den Speisesaal betritt.

In der Klinik wurde gesagt, wenn er seine Angst überwindet, könne er von selbst wieder essen. Die Atmung reguliere sich dann ebenfalls von selbst.

Er kann noch immer nicht essen und das Trinken fällt ihm jetzt auch schwer. Die Atmung hat sich verschlechtert.
In 2 Wochen wird er entlassen, da die Krankenkasse nicht länger als 12 Wochen zahlt.

Dann sind wir genau so weit wie vor dem Klinikaufenthalt und um einige tausend Euro ärmer, denn den Klinikplatz hat er nur so schnell bekommen, weil wir heftig zuzahlen.

Ich weiß nicht mehr weiter.

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Chancen
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Beitrag Do., 09.04.2015, 08:51

Hallo OmaDuck!

Wovor genau hat dein Sohn denn Angst, wenn er isst?
Dass es im Hals stecken bleiben könnte?

Bleibt das Essen denn im Hals stecken oder hängen? Hat er ein Globusgefühl im Hals?
Hat er Druck in der Brust und fühlt er sich generell unruhig?

Habt ihr schon einmal versucht, bei einem Arzt oder einer Ärztin für Akupunktur Hilfe zu bekommen?

Schluckprobleme, Globsugefühl, Enge in der Brust und im Hals (stressbedingt) können in der Regel gut mit Akupunktur behandelt werden.

Wichtig ist, dass ihr zu einem "echten" Akupunkturarzt geht, der das Ganze wirklich studiert hat und nicht nur irgendwo ein schnelles Diplom erworben hat. Einfach anrufen und fragen, ob sie/er auch Schluckbeschwerden behandelt und ob es bereits Erfahrungsberichte aus seiner Praxis gibt.

Und dann ausprobieren. Normalerweise sollte man nach einigen wenigen Sitzungen schon eine Verbesserung bemerken.

Chancen

P.S.: Solange er trinken kann, ist übrigens alles halb so schlimm. Er kann Milch zu sich nehmen und total pürierte Gemüsecremesuppen essen. Solange er Flüssigkeiten hinunterkriegt, ist es zwar ein lästiges Problem, dass er keine feste Nahrung zu sich nehmen kann, aber es ist nicht lebensbedrohlich. Denn er wird nicht verhungern.

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OmaDuck
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Beitrag Do., 09.04.2015, 09:11

Hallo Chancen,

Schluckbeschwerden hat er keine. Bei ihm ist es die Angst, er müsse ersticken, wenn er feste Nahrung in den Mund nimmt.
Das hängt wohl mit seiner falschen Atmung zusammen. Da er ja nur durch den Mund atmet, kann er in der Zeit, in der er versucht zu essen, nicht weiteratmen (meint er) und fürchtet, er müsse ersticken. Sich die Zahnbürste in den Mund zu stecken, fällt ihm auch extrem schwer. Es ist immer nur ein kurzes "Drüberschrubben". Ich fürchte, da kommen die nächsten Probleme. Bis vor einem halben Jahr hatte er perfekte Zähne. Aber wenn er nicht richtig putzt...

An seiner Atmung haben sich von viele versucht. Keiner konnte ihm helfen. Er schafft es einfach nicht, wieder durch die Nase zu atmen.

An Akkupunktur haben wir noch nicht gedacht - vielleicht ein weiterer Versuch (man hofft ja immer).

Verhungern wird er sicher nicht, das habe ich mittlerweile verstanden, aber er ist extrem untergewichtig und noch mehr von diesen Drinks schafft er von der Flüssigkeitsmenge nicht. Suppe geht nur, wenn wirklich jedes noch so kleine Krümelchen herausgesiebt wurde. Aber auch nur 4-5 Löffel, dann kommt schon wieder die Erstickungsangst.

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Chancen
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Beitrag Do., 09.04.2015, 09:25

Kann er denn mit Strohalm trinken?
(z.B. Suppe mit Strohalm). Dann bliebe ihm auch das Invasive mit dem Löffel erspart.

Wann hat denn das Ganze angefangen?
Kam es über Nacht? Was war das für eine Zeit, als es schlimmer wurde?

Macht dein Sohn auch außerhalb der Klinik eine Therapie?

Ich denke, dass er bei so einer Problematik auch laufende Unterstützung brauchen würde?
Also jemand, der ihm zur Verfügung steht für seine Sorgen und Probleme, die sich aus dieser Problematik ja ergeben.

z.B. Einschränkung der sozialen Aktivitäten, Freundeskreis, Liebe etc...

Ich nehme an, ihr wart auch schon bei Logopäden und Atemtherapeutinnen?

Macht dein Sohn denn Entspannungstrainings?
Ich denke an Kurse für MBSR oder Yoga.

Chancen

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OmaDuck
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Beitrag Do., 09.04.2015, 10:37

Ja, mit Strohhalm trinken ist wesentlich einfacher für ihn, er versucht aber das zu vermeiden. Er MÖCHTE mit dem Löffel essen und normal aus dem Glas trinken. Nur diese Kaloriendrinks nimmt er über einen Strohhalm zu sich, weil sie für ihn so eklig nach Chemie riechen.

An sich kam diese Problematik tatsächlich "über Nacht". Er kämpft schon seit ca. 2 Jahren mit Angst und Panik (im üblichen Rahmen - Probleme beim Busfahren, Autofahren, konnte an der Uni nicht im großen Hörsaal bleiben). Das hatte er mit viel Üben wieder einigermaßen im Griff. In den Semesterferien ging er arbeiten und klemmte sich in der Firma den Finger in der Tür. An sich nichts Schlimmes, aber als ein Kollege fragte: "Du siehst so blass aus, hast du Probleme mit dem Kreislauf?" bekam er eine riesige Panikattacke, der Notarzt wurde gerufen und er begann zu hyperventilieren. Seitdem atmet er lautstark durch den Mund und hat diese Erstickungsangst.

Da es kurzfristig nicht möglich war, einen Platz beim Psychotherapeuten zu bekommen, ging er in eine psychosomatische Klinik. Dort wurde er leider aufrund seiner Atmung, wegen der er eigentlich behandelt werden wollte, von allen Gruppentherapien ausgeschlossen, da sich EINE Patientin beschwerte. Diese Patientin hielt sich immer mit beiden Händen die Ohren zu, wenn sie ihn nur schon von weitem kommen sah und auch im Speisesaal sagte sie ständig ganz laut, er solle sich sein Essen holen und auf dem Zimmer essen - er atme zu laut, sie könne ihn nicht mehr ertragen. Unser Sohn ging daraufhin gar nicht mehr in den Speisesaal, aß 12 Tage lang überhaupt nicht (wir erfuhren das erst im Nachhinein) und brach den Aufenthalt dann ab.

Zu Hause fand er eine Heilpraktikerin mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung (100 Euro die Stunde), die meinte, sie könne ihm helfen, es würde aber dauern. Atemtherapeuten und Logopäden lehnten ihn ab, mit der Begründung, es sei ein psychisches Problem.

Da er stetig weiter abnahm, setzte uns unsere Hausärztin total unter Druck. Wenn er nicht bald essen würde, müsse sie ihn in die Psychiatrie einweisen. Sie rief die Heilpraktikerin an und die beiden Damen stritten sich, was für unseren Sohn das Beste sein. Unse Sohn und wir Eltern waren völlig überfordert und hilflos in dieser Situation.

Daraufhin ging unser Sohn in die Klinik, aus der er in 2 Wochen ohne Verbesserung der Symptomatik wieder entlassen wird. Das Spiel kann von vorne beginnen!

Ein paar wenige Freunde hat er noch, mit denen er sich online austauschen kann. Andere kamen mit der lauten Atmung nicht zurecht und haben den Kontakt zu ihm abgebrochen.

Er würde so gerne wieder an die Uni gehen, aber mit der Atmung ist das unmöglich (es starrt ihn auch jeder an, außerdem stört es die anderen wirklich beim Zuhören).

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OmaDuck
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Beitrag Do., 09.04.2015, 11:02

Die Hausärztin verordnete ihm Tavor gegen die Erstickungsangst. Dadurch wurde er zwar ruhiger, aber essen konnte er trotzdem nicht. Das Tavor wurde in der Klinik entzogen. Wenigstens das hat er schon mal geschafft.

Jetzt bekommt er Cipralex - man wird sehen, ob dieses Medikament wirkt.

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