Depression und 'freier Wille'

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Ratlosigkeit
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Beitrag Do., 07.02.2013, 17:34

Arta - Du verwechselst "Programm" mit Verhaltensweise.
Ein Programm ist eine kausale Abfolge, die immer gleich fonktioniert: wenn A dann B und dann C.
Du meinst Verhaltensweisen, die einzeln genommen bestehen, aber auch kombiniert werden können. Erst wenn sie kombiniert werden UND dann immer gleich funktionieren, kann man dabei von einem Programm sprechen, aber das ist eben nicht zwingend. Einzeln sind es einfach nur Verhaltensweisen, die beliebig vorkommen und unendlich viele sind - daher ist die entscheidung zwischen ihnen für den Einzelnen frei.
Auch die Sache mit dem Glauben hast Du falsch verstanden: Nicht der Freie Wille ist eine Frage des Glaubens, sondern es ist eine Entscheidung, ob man an den freien Willen glaubt oder nicht.
Weiters ist es nicht die Frage zu entschlüsseln WIE man tickt, was die Wissenschaft natürlich fortwährend tut, die Frage ist WARUM man überhaupt tickt - und da kannst Du auf die Gene, auf die Einzteller, auf die Atome zurückgehen, soweit Du willst - am Ende stehst du vor der Frage: Wer hat das erschaffen? Und selbst wenn Du dann sagst: Es war der große Zufall - kann ich immer noch fragen: Und wer hat den Zufall ermöglicht?

Du hast sehr viel geschrieben, aber da stehen zu viele Missverständnisse deinerseits am Ausgangspunkt hat, daher ist es obsolet, inhaltlich darauf einzugehen.
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Rezna
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 12:33

Dampfnudel hat geschrieben:Also für mich impliziert Wille, dass er frei ist.
Dampfnudel hat geschrieben:Ich glaube schon, dass man bewusst versuchen kann, etwas zu wollen,...
Da ist für mich eben die relevante Unschärfe drin, zumindest philosophisch betrachtet:
Die Rechtfertigungen für einen Wunsch sind in der Regel auch der Beweis seiner Unfreiheit. Kenne ich nachvollziehbare Gründe, ist es Kausalität. Kenne ich sie nicht, ist es ein Reflex. Sehr vereinfacht gesprochen.
Für mich impliziert Wille, dass das was ich unter seiner Fuchtel mache für mich als am Angenehmsten (also meinem Selbstbewusstsein entsprechendsten) empfunden wird - im Gegensatz zum für mich deutlich druch äußere Manipulation rein gepfuschtes 'sollen' oder 'müssen', dem zu folgen unserem Wollen zuwiderlaufen kann, bzw. sich an dem reibt, was wir 'wollen' würden. Was genau wir wollen aber entzieht sich unseren bewussten Entscheidungen.

'Versuchen' kann man viel. Entscheidend ist, ob es gelingen kann. Ich kann auch versuchen durch reine Gedankenkraft zu fliegen.

Auf der anderen Seite: Wer an den freien Willen glaubt, muss damit auch erkennen, dass er zu über 99% in totaler Unfreiheit lebt und sich sklavisch den Umständen fügt - diesen freien Willen also NICHT nutzt. Damit wäre der Freie Wille reine Theorie.
Dampfnudel hat geschrieben:Gerade dass man aus diesen Automatismen ausbrechen kann und sich bewusst entschbeiden kann: diesmal mach ich es anders als sonst - oder auch nicht, spricht doch dafür, dass er existiert.
Und hier frage ich mich eben auch: Es anders tun zu wollen - ist DAS meine freie Entscheidung?
Viele Menschen wollen abnehmen oder das Rauchen aufhören. Den meisten gelingt es nicht, egal wie sehr sie wollen. Solchen Menschen attestiert man dann, sie wollen nur nicht 'richtig'. Manche Menschen schaffen es irgendwann 'plötzlich' doch. Da sagt man dann, 'jetzt' hätten sie erst richtig gewollt. Das widerspricht doch der Idee, der Wille wäre bewusst steuerbar. Oft ist der Unteschied, den diese Leute zu früheren Versuchen erkennen, veränderte Umstände, veränderte Dringlichkeit, besseres/anderes Wissen oder Erkenntnis. All das sind keine steuerbaren Dinge. Wie weit also kann der daraus resultierte veränderte Wille frei sein und nicht doch nur reine Kausalität?
Ratlosigkeit hat geschrieben:Arta - Du verwechselst "Programm" mit Verhaltensweise.
Ich habe angemerkt, dass ich 'Programm' als Hilfsausdruck benutze. In der Tat gibt es da nicht besonders viele Unterschiede zwischen der Funktionsweise eines Programms und einer Verhaltensweise. Es erfolgt ein Reiz/Input und daraus eine Reaktion. Ein Reiz/Input kann allerdings nur über einen Computer immer ident sein und daher immer das selbe Ergebnis bringen (es sei denn, das Programm wird andauernd modifiziert). Das ist der Unterschied zum Verhalten: Kein Reiz kan jemals zweimal derselbe sein - nur ähnlich und gerade die Abweichungen verändern die Reaktion. Ausserdem wird das Verhaltensprogramm durch Erfahrung und Einflüsse permanent modifiziert und angepasst. Wenn man programmiert, wird man fest stellen, dass man durch Eingriffe in den Code auch andere Reaktionen erwarten kann.
Ratlosigkeit hat geschrieben:die Frage ist WARUM man überhaupt tickt - und da kannst Du auf die Gene, auf die Einzteller, auf die Atome zurückgehen, soweit Du willst - am Ende stehst du vor der Frage: Wer hat das erschaffen? Und selbst wenn Du dann sagst: Es war der große Zufall - kann ich immer noch fragen: Und wer hat den Zufall ermöglicht?
Das ist vermutlich der Unterschied in der Betrachtung: Ich sehe die Welt nicht als das Ergebnis subjektiver Entscheidungen - ich suche nicht nach einem "wer". Das Ich, der Glaube, eine 'Person' zu sein, entspringt komplexen biologischen Abläufen. Die Evolution hat ergeben, dass es für die Spezies Mensch erfolgversprechend ist, als 'Ich' als 'Person' zu empfinden und diese Betrachtungsweise auf die Welt anzuwenden - was unter anderem ja auch eine Grundlage des Glaubens ist. Und so wie der Mensch glaubt, er ist eine Persönlichkeit ist, die losgelöst seiner physischen Notwendigkeit existiert, projeziert er Willen und Absicht auch allen anderen Prinzipien. Kinder malen der Sonne ein Gesicht, viele Erwachsene glauben an eine Person hinter den Funkitionsweisen der Welt. Esoteriker attestieren dem Universum oder Zufall eine Absicht, eine art persönlichen Willen oder denken Schicksal sei der bewusster Akt einer Kraft die entscheidet, straft, lenkt.
Ich frage also nicht 'wer' den Zufall ermöglicht hat, weil ich nicht denke, dass die Notwendigkeit besteht, dass eine Persönlichkeit Erlaubnis erteilen und Absichten umsetzen muss. Anders gesagt: Zufall ist ein Wort das wir Menschen für gewisse Phänomene des Lebens erfunden haben, dessen Kausalität uns unbekannt ist.
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Dampfnudel
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 13:18

Wenn ich Dich richtig verstehe, gehst Du davon aus, dass der freie Wille deshalb nicht existiert, weil es eine Reihe von Situationen gibt, in denen man unreflektiert nach Gewohnheiten handelt, Symptome mit Krankheitswert zeigt (z. B. wenn ein Alkoholiker es nicht aus reiner Willenskraft schafft, mit dem Trinken aufzuhören oder ein Depressiver es morgens nicht schafft, aufzustehen) oder wenn Jemand sich ein Langzeitziel (z. B. Abnehmen) setzt und dieses Ziel nicht die ganze Zeit seine oberste Priorität bleibt - u. U. auch durch Umstände, die seiner Kontrolle entzogen sind? Du meinst also, der freie Wille existiere nur dann, wenn man immer und in jeder Situation und auf jede Handlung bezogen die Kontrolle über seinen Willen hat?

Das wäre dann in etwa so, wie zu argumentieren, dass der Mond nicht existiere, weil er nicht immer sichtbar ist.
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Rezna
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 15:44

Dampfnudel hat geschrieben:Wenn ich Dich richtig verstehe, gehst Du davon aus, dass der freie Wille deshalb nicht existiert, weil es eine Reihe von Situationen gibt, in denen man unreflektiert nach Gewohnheiten handelt, Symptome mit Krankheitswert zeigt
Falsch! Ich gehe davon aus, dass man IMMER kausal handelt, auch wenn einem die dahinter zugrundeliegenden Paramenter unbekannt sind und man daher glaubt 'frei' gehandelt zu haben.

Vergleichbar mit Manipulation durch Werbung: Stell dir vor du machst einen Spaziergang und gehst an einer Reihe von Plakaten vorbei, in denen Werbung für Milch gemacht wird. Die ganzen Lügen von wegen Gesund und gut für den Kalziumhaushalt. Dir ist aber nicht bewusst, dass du diese Werbung siehst. Daheim hast du Lust auf Milch. Du glaubst, es ist dein freier Wille, dich für Milch entschieden zu haben, nicht für eines des Dutzend anderen Möglichkeiten, etwas in den Körper zu tun.

Um frei entscheiden zu können, muss ich nicht nur die Optionen kennen, die ich habe, sondern darf auch nicht beeinflusst sein durch bisherige Erfahrungen. Das mit Abnehmen oder Krankheit ist auch nur ein Beispiel von vielen, ich will das Thema aber nicht pathologisiert sehen.

Dampfnudel hat geschrieben:Du meinst also, der freie Wille existiere nur dann, wenn man immer und in jeder Situation und auf jede Handlung bezogen die Kontrolle über seinen Willen hat?
Nicht ganz. Ich meine, dass man NIE die Kontrolle über seinen Willen hat.

Von einem freien Willen zu sprechen so, als würde man behaupten, seinen Körper frei gewählt zu haben, weil man in ihm steckt.

Du 'willst' nicht atmen, du 'musst', aber du kannst sehr gute Argumente liefern, die wahr und richtig sind, warum du atmen 'willst'. In diesem Fall ist uns ziemlich bewusst, dass wir keine 'echte' Kontrolle haben, auch wenn wir das Atmen 'willentlich' beeinflussen können.

Und um die Metapher mit dem Mond aufzugreifen: Mit dem freien Willen zu argumentieren, wäre so, als würde man sagen, der Mond existiert weil ich will und mich dazu entschieden habe.
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Dampfnudel
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 16:45

Na, wenn Du meinst. Ist ja auch sehr bequem, wenn es keinen freien Willen gibt, denn dann muss man keine Verantwortung für sein Handeln übernehmen.

Nachtrag:
Stell dir vor du machst einen Spaziergang und gehst an einer Reihe von Plakaten vorbei, in denen Werbung für Milch gemacht wird. Die ganzen Lügen von wegen Gesund und gut für den Kalziumhaushalt. Dir ist aber nicht bewusst, dass du diese Werbung siehst. Daheim hast du Lust auf Milch. Du glaubst, es ist dein freier Wille, dich für Milch entschieden zu haben, nicht für eines des Dutzend anderen Möglichkeiten, etwas in den Körper zu tun.
Mensch, da bringst Du mich auf was. Ich hab schon den ganzen Tag so einen Schneidedruck. Wie gut, dass es keinen freien Willen gibt, dann kann ich ihm ja jetzt endlich nachgeben und muss diese Quälerei, ihm nicht zu folgen, nicht mehr länger aushalten. Ich kann ja gar nichts dafür, ist ja nicht meine Entscheidung, sondern ergibt sich kausal aus diesem Druck, den ich da spüre.

Ich glaub, wenn ich das nächste Mal suizidal bin, dann werde ich mir dieses Argument auch zum Leitgedanken nehmen. Ich brauche dann gar keine Entscheidung mehr zu treffen, auf welche Weise ich mir rechtzeitig Hilfe suche, weil ich darauf ja eh keinen Einfluss habe, ohne freien Willen. Das macht die Sache echt einfacher.


Nachtrag 2: Bevor jetzt jemand glaubt, er müsse den Beitrag melden, weil er einen Verstoß gegen Punkt 6 der Netiquette darstellt: Nein, das soll keine Ankündigung von selbst(be)schädigenden Verhaltensweisen sein, war nun hypothetisch, ich versuche mich natürlich weiter zusammenzureißen.
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Rezna
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 19:29

Tut das so weh, dass du so drastisch reagieren musst?

Auch, dass du dich GEGEN das Schneiden und GEGEN einen Suizid entscheidest ist die Konsequenz von Kausalität.
Ich verstehe nicht, warum Wille immer nur negativ betrachtet werden muss - oder "automatismus" in jedem Fall in Mord und Totschlag enden muss.
Die Welt beweist: Auch wenn wir an den freien Willen glauben, passiert Mord, Totschlag, Suizid. Zu glauben, du schneidest dich nur deswegen nicht, weil du einen freien Willen hast, oder würdest dich, ohne der Illusion vom freien Willen totsicher schneiden - ist traurig aber nicht Ergebnis meines Posts. Allerdings verstehe ich, dass manche Themen so weh tun, dass sie Polemik provozieren.

Dass du dich 'gesund' verhältst ist ebenso teil deines 'Programms' wie deine helle Aufregung die du hier demonstrierst. WILLST du dich aufregen? Ist es deine ganz bewusste Entscheidung, dich provozieren zu lassen und mit drastischen Beispielen zu kommen? Oder 'fährt' dich da was das du einfach umsetzt?
Dampfnudel hat geschrieben:Ist ja auch sehr bequem, wenn es keinen freien Willen gibt, denn dann muss man keine Verantwortung für sein Handeln übernehmen.
Wenn es keinen freien Willen gibt, trifft das FÜR ALLE und SEIT IMMER zu. Ob wir wissen, dass wir ihn haben, oder nicht, spielt eine untergeordnete Rolle, so, wie es auch keine Rolle für den Alltag spielt, ob unsere Persönlichkeit das Ergebnis chemischer Reaktionen unseres Körpers ist oder eine übergeordnete, wandernde Seele die Besitz von Leibern ergreift. Es ist deswegen egal, weil wir SOWIESO funktionieren und dieses Wissen SOWIESO nicht anwenden und umsetzen können. Das ist das Erfolgsrezept der Evolution: Wir sind einfach besser, wenn wir uns Illusionen hingeben. Deswegen gibt es auch Illusion. Wenn die Evolution keine Notwendigkeit dazu erkannt hätte, würden wir solche Phänomene wie Illusion oder Glaube nicht kennen.

Ich sprach davon, dass unser Handeln kausal ist. Es fließen unendlich viele Parameter in unsere Entscheidungen ein - auch die gesetzliche Situation. Und glaube mir, viele Menschen sind in ihrer Moral so niedrig stehen geblieben, dass sie bei 'Strafe - Belohnung' stehen geblieben sind. Parameter wie: Wenn du böses tust kommt die Polizei' - reichen aus, Handlungen zu beeinflussen.
Viele Menschen handeln nähmlich trotz dem Glauben an den Freien Willen NICHT verantwortlich. Sie unterlassen Taten nicht, weil das Ergebnis komplizierter moralischer Bedenken ist, sondern weil einfach irgendwo in der Datei abgespeichert ist. Illegal - Gefängnis. 'Verantortung' ist in meinen Augen etwas völlig anderes.

Wenn du dich gegen Suizid oder Selbstverletzung entscheidest, dann vermutlich, weil in dir irgendwo die Erfahrung abgespeichert ist, dass die Nachteile überwiegen, das zu tun. Ein Wissen, das in den letzten Jahren hinzu kam und daher neue Parameter hinzufügte, die das Gewicht Vorteil/Nachteil veränderte.

Die Tatsache, dass man uns zur Verantwortung zieht, ist Teil des Programms und fließt in die Entscheidung mit ein.
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FreudsLeiden
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 19:52

Arta hat geschrieben: Auch wenn wir an den freien Willen glauben, passiert Mord, Totschlag, Suizid. Zu glauben, du schneidest dich nur deswegen nicht, weil du einen freien Willen hast, oder würdest dich, ohne der Illusion vom freien Willen totsicher schneiden - ist traurig aber nicht Ergebnis meines Posts. Allerdings verstehe ich, dass manche Themen so weh tun, dass sie Polemik provozieren.
Irgendwie kapier grad alles nicht

Dann hätte ja jede Anstrengung keinen Sinn? Dann brauch ich nie wieder zu posten, nachzudenken, an mir zu arbeiten....oder ich muss,weil ich dahin manipuliert wurde, vom TV und vom Herrn Fellner.... Also wenn wir alle determiniert sind, dann bin ich dazu determiniert das für Blödsinn zu halten.
Reich mir die Hand, mein Leben
Nenn mir den Preis
Ich schenk' Dir gestern, heute und morgen
Und dann schließt sich der Kreis
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Dampfnudel
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 20:02

Arta hat geschrieben:Zu glauben, du schneidest dich nur deswegen nicht, weil du einen freien Willen hast
Glaub mir, wenn Du es mal geschafft hast, diesem Druck zu widerstehen, dann weißt Du, dass es sowas Willensanstrengung gibt. Und Willensanstrengung gibt es nicht ohne Willen (von dem außer Dir übrigens noch niemand geschrieben hat, dass er etwas Negatives ist)


Nachtrag: Das war übrigens keine Polemik, sondern ein Erfahrungsbeispiel aus meinem unmittelbaren Erfahrungsbereich, in dem ich gerade die Existenz des freien Willens sehr unmittelbar und konkret erlebe. Wie gesagt, es würde mich nicht groß stören, wenn es keinen freien Willen gäbe, weil das vieles im Leben einfacher machen würde, aber wie willst Du ohne freien Willen überhaupt die Entscheidungen treffen, von denen Du selbst schreibst?
Zuletzt geändert von Dampfnudel am Sa., 09.02.2013, 20:30, insgesamt 2-mal geändert.
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Ratlosigkeit
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 20:11

Arta - und wieder bringst Du Dinge durcheinander.
Das wir evolutionärbedingt ein Bewußtsein entwickelt haben ermöglicht ja erst den Freien willen. Nicht umgekehrt.
Und ich sprach von Ursachenforschung - gleichgültig ob die Erstursache eine Person, eine Idee, ein Monster oder ein alter Schuh ist - völlig wurscht. Die Erstursache ist unbekannt - aber nicht zu leugnen, wie immer man sie nennen mag. Wie Du davon auf eine "Persönlichkeit, die etwas erlaubt" kommst - der Gedankengang ist echt sehr abenteuerlich.
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concerto
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Beitrag Sa., 09.02.2013, 22:53

Ist ja auch sehr bequem, wenn es keinen freien Willen gibt, denn dann muss man keine Verantwortung für sein Handeln übernehmen.
U.a. das Konzept der Verantwortung ermöglicht das menschliches Zusammenleben in der vorliegenden Form durch Begrenzung von sozialfeindlichem Egoismus. Diese Funktion beinhaltet jedoch nicht zwangsläufig, dass Menschen tatsächlich für ihr Tun verantwortlich sind, weil sie zwischen Verhaltensalternativen frei wählen könnten.

M.E. handelt es sich bei der Herstellung des ich-Gefühls um eine prozesshafte Gehirnleistung und m.E. dient dieses ich der Gehirn-Verwaltung. Per ich präferiert das Gehirn, wählt also aus seinen unzähligen Möglichkeiten, schafft sich genau eine Realität und damit die Möglichkeit einer (für sich möglichst erfolgreichen) Antwort auf die Umwelt.

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Rezna
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Beitrag So., 10.02.2013, 04:26

Ratlosigkeit hat geschrieben:Die Erstursache ist unbekannt - aber nicht zu leugnen, wie immer man sie nennen mag. Wie Du davon auf eine "Persönlichkeit, die etwas erlaubt" kommst - der Gedankengang ist echt sehr abenteuerlich.
Ich kam darauf, weil nach einem WER und nicht nach einem WAS gefragt wurde:
Ratlosigkeit hat geschrieben:Und wer hat den Zufall ermöglicht?
Bei "WER" gehe ich davon aus, dass PERSONEN gemeint werden und keine sachlichen Kräfte, denn dann müsste die Frage lauten: WAS hat den Zufall ermöglicht?
FreudsLeiden hat geschrieben:Dann hätte ja jede Anstrengung keinen Sinn? Dann brauch ich nie wieder zu posten, nachzudenken, an mir zu arbeiten...
Und diese Schlussfolgerung geht mir wiederum nicht ein!

Vielleicht kann ich mit einem anderen Beispiel schreiben, was ich meine:

Nehmen wir an, wir programmieren einen Computer der lernfähig ist. Er kann also selbständig neue Parameter aufnehmen und darauf seine Funktionen abstimmen. Angenommen, der Computer 'erfährt' bei hoher Rechenleistung ein Überhitzen der Platinen - was ihm Schaden zufügt. Er nimmt die Daten auf, integriert sie und fortan, wenn er eine gewisse Betriebstemperatur überschreitet, fährt er sein Rechentempo zurück oder lagert Kapazitäten aus. Hat dieser Computer, bzw. dieses Programm nun einen freien Willen? Immerhin übernimmt es - wenn man es so betrachen will - Verantwortung für sein eigenes Wohlergehen. Bedeutet das, nur weil das Programm keinen freien Willen hat, übernimmt es keine Anstrengung und verblödet vor sich hin?

Ich glaube, selbst wenn wir wollten, könnten wir nicht so verblöden und versauern, wie hier geglaubt wird, dass es ohne freien Willen der Fall ist.
Dampfnudel hat geschrieben:Glaub mir, wenn Du es mal geschafft hast, diesem Druck zu widerstehen, dann weißt Du, dass es sowas Willensanstrengung gibt. Und Willensanstrengung gibt es nicht ohne Willen
Ich habe nicht behauptet, dass es KEINEN Willen gibt, ich habe nur behauptet, dass der Wille keine bewusste Entscheidung ist. Dass dieser (unfreie) Wille große Anstrengung erfordert, wird damit keineswegs ausgeschlossen. Ob ich einen Berg freiwillig hoch laufe, oder mich jemand dazu zwingt (notfalls mit Gewalt) es wird immer eine Kraftanstrengung bleiben. Ich verstehe nicht, warum davon ausgegangen wird, dass man sofort alles fallen lässt und keine Anstrengung mehr unternimmt, nur weil die FREIHEIT weg ist. Kein Mensch von uns lebt in Freiheit, selbst wenn er wirklich einen freien Willen hätte, und strengt sich dennoch an, erbringt Leistung. Selbst Menschen in Gefängnissen sind zu Anstrengung in der Lage.
Ratlosigkeit hat geschrieben:Das wir evolutionärbedingt ein Bewußtsein entwickelt haben ermöglicht ja erst den Freien willen.
Ein essentieller Bestandteil des Bewusstseins ist die Illusion. Sie ermöglicht erst, ein Leben führen zu können. Und freilich ist unter anderem der freie Wille eine Illusion, wie vieles Andere auch, wie auch das 'ich' usw. Sofern wir die Illusion als Realität ansehen, spielt es keine Rolle, ob etwas existiert, unsere Bereitschaft, zu glauben, dass es existiert, reicht. Daher spielt es auch im Grunde keine Rolle, ob wir einen freien Willen haben oder nicht - ändern können wir es ohnedies nicht. Es ist nur ein philosophischer Luxus, da zu Erkenntnissen zu kommen.
So weiß ich etwa, dass meine Farbwahrnehmung nur eine Interpretation meines Gehirns von Lichtwellen ist. Nett zu wissen, aber ich kann eh nix dran ändern, dass ich Blau eben als Blau wahr nehme. Insofern: Wir werden nicht in Chaos und Verzweiflung versinken, wenn wir begreifen, dass wir keinen Freien Willen haben. Wir nehmen es eben so wahr. Selbst die Illusion des freien Willens kann die meisten Menschen nicht dazu bringen, ihn auch zu nutzen. Wenn wir einfach so, durch philosophische oder wissenschaftliche Erkenntnisse unsere grundlegenden Funktionsweisen willentlich verändern könnten, wären wir vermutlich entweder ausgestorben oder vielleich um Lichtjahre klüger.
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Ratlosigkeit
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Beitrag So., 10.02.2013, 07:19

Jetzt würde mich nur noch interessieren, wie man es schafft, Illusionen zu programmieren

Nein, im Ernst, ich gebe auf. Arta - Du scheinst den Menschen als Computer zu begreifen, was bei jedem, der mit beidem zu tun hat - mit Menschen und Computern - einen herzhaften Lachanfall auslöst. Kein Computer wird je die Komplexität, Genialität und Unberechenbartkeit menschlichen Denkens und Verhaltens erreichen - was eben genau daran liegt, das Maschinen nicht frei sein können, sondern einen Programmierer brauchen.
Und was den Rest betrifft, wendest Du konsequent den Tipp aus deiner Signatur an (den ich übrigens sehr amüsant finde) - es ging um den Grundgedanken der Schöpfung, Kreation, in deinen Worten: Programmierung - da habe ich (zugegeben fälschlicherweise) vorausgesetzt, dass man sich nicht kleinlich in Formulierungen verbeisst, die willkürlich und austauschbar sind und dann seitenweise darüber schreibt.
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Beitrag So., 10.02.2013, 13:06

Arta hat geschrieben:Ein essentieller Bestandteil des Bewusstseins ist die Illusion. [...] Sofern wir die Illusion als Realität ansehen, spielt es keine Rolle, ob etwas existiert, unsere Bereitschaft, zu glauben, dass es existiert, reicht.
Das klingt unlogisch. Entweder wir machen uns Illusionen oder sind uns der Realität bewußt.
Oder bist du der Ansicht, daß Bewußtsein Realität schafft?

Arta hat geschrieben:Wenn wir einfach so, durch philosophische oder wissenschaftliche Erkenntnisse unsere grundlegenden Funktionsweisen willentlich verändern könnten, wären wir vermutlich entweder ausgestorben oder vielleich um Lichtjahre klüger.
Wer hat gesagt, daß es einfach ist?
Außerdem haben wir ja noch ein paar Milliarden Jahre Zeit klüger zu werden, bevor wir aussterben ...

Davon abgesehen:
Was sind denn deiner Meinung nach unsere grundlegenden Funktionsweisen?
Und wo sind da Programme, die wir nicht beeinflussen können?
Fundevogel

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Rezna
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Beitrag So., 10.02.2013, 14:12

Fundevogel hat geschrieben:Das klingt unlogisch. Entweder wir machen uns Illusionen oder sind uns der Realität bewußt.
Das ist nicht unlogisch.
Illusion ist eine Realität. Ich kann mir bewusst sein, eine Illusion zu haben, und zugleich die Realität kennen - folge aber trotdem den Vorgaben der Illusion. Damit arbeiten etwa Filme und Bücher. Es nutzt nichts, zu wissen, dass die Geschichte eine Illusion ist, dass sie in Realität nur von bezahlten Schauspielern nachgestellt ist und über Monate hinweg mühsam zurechtgeschnipselt, damit die Szenen ergreifend werden. All das Wissen darum, dass wir es mit einer Illusion zu tun haben, nützt nichts, wir reagieren, als wäre es echt, fühlen mit.

Anderes Beispiel: Wir sehen auf ein kleines Filmchen über einen gezeichneten Strich. Er beginnt, sich wie eine Raupe fortzubewegen. Wir wissen, jemand hat mit Stift einen Strich gemalt, dieser Strich hat kein Selbst, keine Absicht, kein Ziel - deutlicher als durch eine so banale Zeichnung kömnnen wir das kaum erfahren. Dennoch: Der Strich wandert in diesem Raupengang durch das Nichts und trifft auf ein Hindernis. Der Strich bemüht sich, ihn zu überwinden, versucht es mit Anlauf, indem er sich streckt, hüpft - er scheitert immerzu. Wir fühlen mit ihm, auch wenn er keine Gefühle hat, wir erleben das Scheitern mit, kennen sein Ziel, obgleich nichts scheitert und der Strich kein Ziel haben kann. Wir kennen die Illusion aus Stich und Hintergrund, und können dennoch nicht anders, als mitgehen. Der Stich schafft es endlich, endlich doch, das Hindernis zu nehmen: Wir freuen uns mit ihm, ob wir wollen oder nicht, es ist gleichgültig, ob der Strich lebt oder nicht, ob sein Streben eine Illuision ist oder Realität. Wir attestieren ihm sogar einen WILLEN! Einen FREIEN WILLEN. Einem dummen, gemalten Strich. (Denkt etwa an La Linea... ist dieser - Strich - nicht cholerisch?)
Fundevogel hat geschrieben:Wer hat gesagt, daß es einfach ist?
Ich. Eine reine Spekulation, die Folgen könnten auch völlig anders sein, wenn ich das exakt wissen würde, wäre ich reich.
Fundevogel hat geschrieben:Außerdem haben wir ja noch ein paar Milliarden Jahre Zeit klüger zu werden, bevor wir aussterben
Wer sagt das? Ist auch nur eine Hypothese. Schau dir Idiocrazy an und erkenne, wir könnten auch völlig verblöden und schon nach 1000 Jahren an unserer Dummheit krepieren.
Ratlosigkeit hat geschrieben:Jetzt würde mich nur noch interessieren, wie man es schafft, Illusionen zu programmieren
Die Grundlagen dafür hat die Evolution geschaffen. Das gehört quasi zum Betriebssystem. Die exakten Inhalte der Illusionen werden durch Erfahrung beeinflusst. Man könnte ja auch fragen: Wer hat programmiert, die Farbe blau als blau wahrzunehmen, oder heiß als heiß zu empfinden. Derjenige hat auch programmiert, eine Illusion vom Ich und vielem Anderen zu haben. Die grundsätzliche Fähigkeit zu Illusion nutzen wir alle auch kreativ und um im Leben voranzukommen - diese werden inhaltlich sehr von unserer Umwelt geprägt.
Ratlosigkeit hat geschrieben:Nein, im Ernst, ich gebe auf. Arta - Du scheinst den Menschen als Computer zu begreifen...
Ich finde faszinierend, wie oft ich darauf hinweisen kann, dass ich mich nur zur Veranschulichung des Computer bediene und ich habe auch darauf hingewiesen, dass es Unterschiede gibt, vor allem die Komplexität betreffend. Wenn als einziges Gegenargument meiner Argumente nur zählt, diesen Hinweis zu ignorieren und meine Beispiele als eigentliche Kernaussage zu begreifen, dann gibt es offenbar keine vernünftigen Gegenargumente.
Zumindest lese ich seit einigen Beiträgen von dir nur, dass ich "grundsätzlich" falsch liege, so falsch, dass man noch nicht einmal, beginnen brauche, darauf einzugehen ... schwach!
Ratlosigkeit hat geschrieben:Und was den Rest betrifft...
Welchen Rest denn exakt? Falls du auf das EINE Missverständnis ansprichtst, WER oder WAS verwechselt zu haben: Der restliche Inhalt hat mir keinen Hinweis geliefert, ob WER oder WAS ein Grammatikfehler ist - für gewöhnlich lese ich weitläufig über Schreibfehler oder Fehler ganzer Satzstellungen drüber. Aber selbst einem schweren Legastheniker hätte ich kein Vertauschen von WER und WAS unterstellt, sondern dies als - welch Ironie - bewusste Aussage - bewertet.
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