Die letzte Stunde

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Waldschratin
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Beitrag Di., 04.09.2012, 17:03

Fast Forward hat geschrieben:Bei Kindern, die Gehen lernen, funktioniert das ja auch so Erst gibt man ihnen Gehhilfe, dann lässt man sie kurze Strecken laufen und langsam aber sicher können sie es ganz von alleine...
Find ich nen schönen Vergleich.

Was mir dabei aber auch einfällt : Kinder muß man manchmal aber auch "entwöhnen",also z.B. bei Umstellung auf "feste Nahrung",das geht auch nicht von heut auf morgen,aber die Abstände von einem "Fläschchen" zum nächsten werden dann ja auch immer mehr verlängert - und die "Fläschchen" lassen Kinder gar nicht so gerne "von alleine",sondern die quengeln dem "Fläschchen" dann erstmal noch hinterher.
Bis sie sich dran gewöhnt haben eben und dann auch nix mehr vermissen.

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Anna Lüse
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Beitrag Di., 04.09.2012, 18:59

Hoppla, hier ist ja einiges passiert.
Ich mag auch generell nicht irgendwas "letztes". Ich kann mich noch nicht so entscheiden ob und wie ich diese berühmte Stunde nun finden soll...habe auch durchaus Zeiten, da ist der Gedanke daran ganz übel und tut hölle weh. Bei "uns" ist das schon so, dass es eine Ablösungsphase gibt und Thera macht auch immer wieder mal den Abschied zum Thema. Im Moment - wo eben noch kein konkreter Termin feststeht - ist es nur theoretisch (mit drohend nahem Praxisbezug).

Das Frequenz verringern hab ich selbst vor einigen Wochen vorgeschlagen. Dämliche Phase von Übermut. Kaum war der 2.Termin pro Woche gecancelt, ging die Krise los. Typisch. Jetzt krebs ich mit 1x pro Woche rum und mein Hirn sagt, dass das auch reichen muß, denn schließlich ist das Ende in Sicht. Ich denke, dass ich aber prinzipiell jederzeit (privat dann zahlend) wieder kommen dürfte, wenn er es einrichten kann und solange er noch praktiziert. Diese Vorstellung mag ich auch bitte behalten, so als Not-Anker quasi....

Mir kommt eine andere Frage noch in den Sinn...sagt mal, wie macht ihr das denn? Stellt ihr private Fragen? Und vorallem gibt es Antworten?

@Elana: Hast du denn das Gefühl, ihm eher eine Last zu sein? Das liest sich traurig.

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flowerbomb2
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Beitrag Di., 04.09.2012, 19:13

Ich denke da auch schon eine Weile drüber nach, weil wir kaum Termine finden, die zu ihrer und meiner Arbeitszeit passt. Es wird also wohl nicht mehr lang gehen, die Riesenabstände haben die Ablösung aber schon erleichtert..ganz konkret bezüglich der letzten Stunde: ich glaube, ich werde oder würde sie ausfallen lassen. Ich mag keine Abschiede und hätte lieber keinen, weil es mir sonst sehr schwer fallen würde zu gehen und ich bestimmt weinen würde..oder zum Schluss nochmal Theater anfangen..also egal wie: bei mir würde die schlimm ausgehen, deshalb lieber versuchen zu vermeiden.

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Tristezza
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Beitrag Di., 04.09.2012, 19:27

flowerbomb2 hat geschrieben:ganz konkret bezüglich der letzten Stunde: ich glaube, ich werde oder würde sie ausfallen lassen
Habe ich auch am Ende meiner ersten Einzeltherapie (vor zig) Jahren gemacht. Meine Thera um Verständnis gebeten, dass ich nach der letzten Stunde nicht mit dem Gefühl des endgültigen Abschieds gehen will. Sie hat das akzeptiert, aber ich denke, für die Theras ist so eine Vorgehensweise manchmal hart - sie haben dann keine Gelegenheit zum Abschied (wir haben uns dann allerdings später noch mal zum Kaffeetrinken und zu einem Krisengespräch wiedergesehen).

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flowerbomb2
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Beitrag Di., 04.09.2012, 19:30

Ich weiß..meine Thera hat schon mal gesagt, dass sie das immer sehr betroffen macht, wenn Leute einfach gehen..war aber im Sinne von Abbruch gemeint, aber ist sicher das Gleiche aus Sicht des Theras..sie spricht immer von einem "vernünftigen Abschluss"..nein,danke..dann lieber im Streit auseinander gehen.

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Beitrag Di., 04.09.2012, 19:32

@Anna: Ich weiß es nicht, ob es so ist. Es ist etwas dazwischen und jetzt bin ich dabei herauszufinden, ob es so ist oder nicht. Aber es war eigentlich nie vorgesehen, dass ich bei ihm Therapie mache, es ist eine Art Notlösung, weil er zuerst mein Übergangsthera war bis zu meiner eigentlichen Therapie, die aber dann fehlschlug. Er ist eben für die Klinik zuständig. An sich gehöre ich aber schon zu der Patientengruppe, die er behandelt, da ich ja psychosomatische Symptome habe und er in er Psychosomatik-Klinik arbeitet. Nur sind eben solche Kliniken eher Durchgangsstationen und nichts für längere Zeit. Von daher muss ich damit rechnen, dass er das auch bei mir so sieht. Es ist sicher nicht persönlich gemeint, sondern hätte rein arbeitstechnische Gründe in der Klinik. Sein Terminkalender ist prall gefüllt. Ich kann froh sein, dass er mich jetzt noch weiter überbrückt bis eben zu dieser Bilanz in einem halben Jahr, das wären also noch 6 Termine bis dahin, nicht gerade viel ...
Lieben Gruß
elana

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Beitrag Di., 04.09.2012, 19:42

flowerbomb2 hat geschrieben:Ich weiß..meine Thera hat schon mal gesagt, dass sie das immer sehr betroffen macht, wenn Leute einfach gehen..war aber im Sinne von Abbruch gemeint, aber ist sicher das Gleiche aus Sicht des Theras..sie spricht immer von einem "vernünftigen Abschluss"..nein,danke..dann lieber im Streit auseinander gehen.
Ich werde bei der nächsten "letzten Stunde" an meine erste "letzte Stunde" erinnern, was er da gesagt hat, dass ich nämlich immer noch mit konkreten Fragen zu meiner Psychosomatik einen Termin abmachen kann, auch wenn ich die Therapie nicht mehr weitermachen könnte bei ihm. Er sei nicht von der Welt, sagte er. Diese Tür werde ich mir offenhalten. Aber ich kenne mich, wenn er wirklich nicht mehr will, könnte ich nicht einmal mehr einen solchen Termin vereinbaren, denn ich möchte niemandem zur Last fallen.
Lieben Gruß
elana

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Anna Lüse
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Beitrag Di., 04.09.2012, 20:51

@flowerbomb2/Tristezza: Das hab ich auch letztes mal gemacht. War auch bei ihm vor ein paar Jahren. Ich hab nen Brief geschrieben und dachte, das ist ne gute Lösung. ICH kam auch damit prima klar. Will jetzt nun nicht unterstellen, dass er damit nicht "klar kam" aber ich hab schon den Eindruck, dass ihn das gestört hat. Er hat mich immer wieder mal darauf angesprochen. DAS kommt also diesmal wohl nicht in Frage. Dieses mal muß ich da wohl durch.

@elana: Verstehe...Ich glaub, das würde mir ähnlich gehen. Magst du denn nicht noch mal einen Versuch starten, einen anderen ambulanten Thera zu suchen? Ich weiß, dass das schwierig und aufwühlend ist, aber wenn du einen finden würdest, wo du dich gut aufgehoben fühlst? Aber ich kenn deine Geschichte ja jetzt nicht genau. Du schreibst, es schlug fehl. Hat dich das abgeschreckt, es noch mal zu versuchen?
Wenn ich bei dir lese, dass du einmal im Monat hingehst, merk ich bei mir, wie das Schlottern anfängt. Denke dann "Oh man, nur einmal im Monat". Ich sollte ihn noch mal fragen, wieviel Std ich noch hab. Will es lieber gar nicht wissen, aber das nützt ja nichts. Sonst heißt es dann irgendwann "Sooooooooo, Frau Lüse, nun haben wir ja nur noch drei Stunden..."

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flowerbomb2
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Beitrag Di., 04.09.2012, 21:03

Finde ich auch besser, den Abschied wahrzunehmen..der kann dich auch tragen und ab und zu ist so ein Ende ohne Ende komisch oder man denkt sich: hätte ich dieses oder jenes noch gesagt,gefragt..du könntest dir zum Bsp mal aufschreiben, was dir wichtig wäre für den Schluss. Soweit er sie beantworten würde, finde ich,können Fragen auch dazu gehören..ich würde meiner Thera wahrscheinlich in erster Linie danken, wie sehr sie mein Leben zum Positiven verändert hat und ich ihr nur das Beste wünsche.

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Beitrag Di., 04.09.2012, 21:08

@Anna: Ich mag jetzt noch überhaupt nicht einen neuen Thera suchen, aber damit ich nicht ins Uferlose falle, zog ich meinen Hausarzt zur Stabilisierung bei. Er unterstützt nun meine Therapie, indem ich in diesen 4 Wochen zwischen den Thera-Terminen möglichst mittig zu ihm gehen kann, sodass ich alle 2 Wochen jemanden zum Reden habe. Wenn also mein Thera auf einmal wegfallen sollte, hätte ich wenigstens noch meinen Hausarzt, der mich während der Suche nach einem neuen Thera stabilisiert. Mein Thera hat ja noch nicht von Therapieende gesprochen, sondern nur von Bilanz nach 6 Monaten. Dann wird das neu entschieden aufgrund der Situation in einem halben Jahr. Ich mache ja auch wirklich große Fortschritte, vielleicht bin ich dann genug stabil für eine Therapeutensuche. Im Moment noch nicht.
Lieben Gruß
elana

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Speranza
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Beitrag Do., 06.09.2012, 19:04

Danke für dieses Thema! Ich bin gerade auch ziemlich fertig, weiß nicht genau was ich will, ob ich das Ganze positiv oder negativ betrachten soll, wie weiter... Ich mache seit drei Jahren eine Psychoanalyse und nun läuft die allerletzte Verlängerung aus. Habe heute das erste Mal konkret nach den verbleibenen Stunden gefragt... noch 25. Allerdings wurde schon öfter die Möglichkeit ausgesprochen danach privat zu bezahlen. Nun zu heute: Wir haben das erste Mal konkret über ein Ende gesprochen. Das erste Mal habe ich starke Gefühle gespürt, das erste Mal hätte ich wirklich weinen können. Allein der Gedanke, dass es vorbei sein wird, macht mich fertig. Es sind zwar noch 25 Stunden, aber für mich ist das gar nichts. Ich habe mir erstmal ne Flasche Wein geholt und geheult nach der Stunde. Jetzt sitze ich hier und frage mich, ob das nicht auch gut sein kann. Die ganze Zeit habe ich mich nach Gefühlen gesehnt und jetzt kommen sie... Und wenn ich mich jetzt entschließe weiter zu machen und privat zu bezahlen schiebe ich das nur weiter. Ich weiß nicht was ich machen soll. Habe morgen früh schon die nächste Sitzung. Der Gedanke, dass es vorbei ist ist so schrecklich. Ich habe noch so viel was ich gerne besprechen würde, kann mir nicht vorstellen alleine klar zu kommen. Andererseits, wenn ich weiß, ich habe noch Zeit, bespreche ich gar nichts, da ich ja noch Zeit habe. Ich bin so verwirrt...

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Beitrag Do., 06.09.2012, 19:59

@Speranza: Könntest Du denn nicht Deine verbleibenden Stunden ausdehnen, indem Du nur noch 1-mal im Monat hingehst? Dann wären es noch 25 Monate, die Du noch hingehen könntest, wär doch viel besser. Oder alle 2-3 Wochen, so könntest Du es hinauszögern.

Mein Thera hat mir per Mail geantwortet, klang eigentlich nicht so, als wollte er mich nach 6 Terminen loswerden, sondern eher nach einer anregenden therapeutischen Arbeitssituation an meinen Baustellen.
Lieben Gruß
elana

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Anna Lüse
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Beitrag Do., 06.09.2012, 21:40

@Speranza: Ich kann das gut nachfühlen, hab auch heute gefragt, bei mir ist es umgedreht:52 noch. Dachte, es wären weit weniger. Da bei mir aber eine private Veränderung im Raum steht, kann es theoretisch sehr schnell gehen, wir haben uns schon drauf geeingt - damals in der Übermutphase, dass ich zwar ein bestimmtes Kontingent bewilligt bekommen habe, aber wir dann auch früher aufhören, wenn es sich für mich entsprechend ergibt.
Klar, es kann auch positiv sein. Beim letzten mal hatte ich das, vorallem in Nachhinein. Immer, wenn ich an der Praxis vorbei fuhr, konnte ich hoch gucken und denken "Ja, das ist jetzt okay"..........würd ich mir für heute wünschen. Wäre halt gut, wenn ich das Übertragen bis dahin im Griff hätte.
Weißt du, eigentlich ist es doch ein gutes Zeichen, ich kenne mehr und lese von mehr Menschen, die zur Therapie und zum Thera eine weitaus bescheidendere Meinung haben, die abbrechen - Ich will das jetzt überhaupt nicht werten!- und einfach nicht so gute Erfahrungen machen. Ich glaube, dass sie auch nicht so drunter leiden, wenn die therapie endet (logisch...). Im Umkehrschluß ist es dann für die, denen die Therapie im allgemeinen und Thera im Speziellen viel bedeutet eben schmerzhaft.
Ich könnte mich jetzt zu dem Vergleich mit einer Liebesbeziehung versteigen. Wenn die Gefühle groß sind, tut es eben weh, wenn es zu Ende geht und man fragt sich, wie man bitte schön die nächste Woche überleben soll. Ich weiß, ich weiß, der Vergleich hinkt dermaßen wegen Abhängigkeiten, dem Übertragungskram und dem klitzekleinen Unterschied von professioneller und privater Beziehung usw., usf. Aber letztendlich ist es doch ähnlich. Man hat jemand kennengelernt, der einem viel bedeutet und der einem über lange Zeit gut getan hat, zu dem man Vertrauen aufgebaut, der einem geholfen hat. Ich meine nur, kann es nicht auch heißen, dass ein großer Schmerz für eine sehr wertvolle Therapie steht?
Ähm, ja, ich hab auch nen Wein hier...Prost

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**AufdemWeg**
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Beitrag Do., 06.09.2012, 21:51

Doch, ich finde schon durchaus auch, dass der Schmerz für eine wertvolle Therapie steht
und ich empfinde ihn als gesund.
Aber ich kann eins sagen: es gibt ein Leben nach der Therapie.
Und es ist einfach nur unfassbar wie sehr diese Therapie in diese Leben hineinwirkt...

LG und alles Gute für den Abschied
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Anna Lüse
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Beitrag Do., 06.09.2012, 21:59

[quote="**AufdemWeg**"]
Und es ist einfach nur unfassbar wie sehr diese Therapie in diese Leben hineinwirkt...
/quote]
wohl wahr! Kann ich nicht abstreiten. Es nimmt enorm viel Raum ein, bzw. es hat sich so entwickelt, dass ich enorm viel Raum gebe. Manchmal denk ich, es ist zuviel. Und ich glaube, man darf auch nicht unterschätzen, wie SEHR man sich an Therapie bzw. das Da sein des/der Thera gewöhnt! Und das kann man sich auch wieder abgewöhnen. Das glaub ich schon.

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