Containing in der Psychoanalyse/Psychotherapie

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 15:21

titus2 hat geschrieben:Also, ich finde das schon plausibel (wenn ich das richtig verstanden habe): Eltern sind ja dafür da, die Ängste und andere negativen Dinge im Kind an- und aufzunehmen, um ihnen den Schrecken zu nehmen..
Aber die Eltern nehmen doch nicht die Emotion von dem Kind. Sie geben dem Kind die Sicherheit damit dieses SELBST wieder zu einem Gefühl von Sicherheit und Wohlbefinden zurückfinden kann.

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pandas
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 15:22

titus2 hat geschrieben:
biber hat geschrieben: Einerseits soll die Patientin dann ganz erwachsen, dass für ein Kind doch sehr begrenzte Setting akzeptieren, anderseits soll sie sich wie ein Kind oder gar ein Baby exact 50 minuten fallen lassen und ganz dem nicht-sichtbaren Pa´ler vertrauen ... ne, das ist für mich ein Paradox.
Hm, aber genau das ist doch Psychoanalyse, oder? Sich einerseits fallen lassen und dann am Ende wieder aufstehen. Oder anders gesagt: Gleichzeitig Schauspieler und Zuschauer der 'Inszenierung' zu sein.
Was ich sagen wollte: Dass ist PA nicht nur. Ich denke auch tatsächlich, dass allein eine solche "Inszenierung" nicht regelmässig eine therapeutische Heilung haben würde. Ich denke auch, dass die psychische Problematik eines Erwachsenen nicht allein durch eine performative Behandlung in der Kindheit verorterer emotionaler Zustände gebessert werden kann. Eben auch, weil dies so gar nicht geht: Wenn wirklich regrediert werden würde, wäre zu oft der Alltag außerhalb als Erwachsene gar nicht mehr bewältbar. Eben weil ein Kind NIE selbstständig ist. Erst recht nicht ein emotional belastetes Kind.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


leberblümchen
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 15:28

Ich sagte doch: Man ist einerseits Mitspieler, andererseits aber auch sehr genauer Beobachter. Und als dieser Beobachter reflektiert man dann darüber, was man gerade 'aufgeführt' hat. Man schaut, wie sich das anfühlt, sich des Defizits bewusst zu werden, oder wie es sich anfühlt, die Aufmerksamkeit des Analytikers zu spüren und wie es ist, mit Worten und Gesten 'gehalten' zu werden. Also, bei mir hat das schon so Einiges bewirkt.

Also, es geht nicht nur um das 'Jammern' und Getröstetwerden. Aber eben auch nicht nur darum, intellektuelle Diskussionen über die menschliche Psyche zu führen. Ich glaube, Psychoanalyse funktioniert dann und nur dann, wenn beides parallel läuft.


pandas
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 15:36

Mh, mir ist eben eigentlich das eigentliche Analysieren der Problem- und Emotionslagen am wichtigsten. Trost in dem Sinne kann ein PA´ler ja gar nicht geben. Jedenfalls tröstet mich die Tatsache seiner Anwesenheit nicht. Da kommt ja auch dazu, dass diese endlich ist.

@ titus

Welche Gesten helfen Dir denn dabei, Dich "gehalten" zu fühlen?
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leberblümchen
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 15:51

Münchnerkindl: Aber die Eltern nehmen die Emotionen des Kindes doch an.

Biber: Echt? Du willst nicht gehalten werden? Dann bist du wohl nicht so eine 'Frühgestörte'?

Ich kann das nicht erklären, wie ich das fühle und ich will auch nicht so auf Pathos machen. Aber ich fühle mich einfach gehalten durch das, was er sagt; das ist so sicherheitsspendend. Natürlich ist das endlich. Deshalb reicht es ja auch nicht, sich in dieser Atmosphäre der Geborgenheit zurückzulehnen und zu entspannen, sondern man muss 'an sich arbeiten', damit man das, was der Therapeut tut, irgendwann selbst übernehmen kann. Aber nur mit einer reinen Analyse (= Deutung) käme ich da nicht voran.

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Tristezza
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 15:57

Widow hat geschrieben:Sorry, ich dachte, in der kindlichen Entwicklungspsychologie würde das Containing-Modell deutlich früher angesetzt, nämlich in den ersten 6 Lebensmonaten
Das ist auch ein Grund dafür, dass ich so meine Bedenken in Bezug auf die Umsetzbarkeit der Containing-Theorie habe. Wie soll z.B. bei jemandem, der auf die 50 zugeht, quasi nachgeholt werden können, was in den ersten sechs Monaten hätte passieren sollen?
carö hat geschrieben:aber schnöde ist jede theorie...
Darf ich fragen, wie die Praxis bei dir ausgesehen hat?
biber hat geschrieben:De facto scheint das auch mit dem Schweigen zusammenzuhängen: Das Ausgesprochene steht im Raum und soll dann wohl metapsychisch verdaut werden, gemeinsam, angeleitet ...
Hab gerade "metaphysisch" gelesen. Das wäre eine Erklärung für die langen Schweigeeinlagen meiner Analytikerin (die momentan allerdings wieder sehr gesprächig ist).
titus2 hat geschrieben:           biber schrieb:
Einerseits soll die Patientin dann ganz erwachsen, dass für ein Kind doch sehr begrenzte Setting akzeptieren, anderseits soll sie sich wie ein Kind oder gar ein Baby exact 50 minuten fallen lassen und ganz dem nicht-sichtbaren Pa´ler vertrauen ... ne, das ist für mich ein Paradox.


Hm, aber genau das ist doch Psychoanalyse, oder? Sich einerseits fallen lassen und dann am Ende wieder aufstehen. Oder anders gesagt: Gleichzeitig Schauspieler, Kritker und Zuschauer der 'Inszenierung' zu sein.
Ja, aber das ist besonders auch emotional total schwierig. So eine Stunde wirkt doch schließlich in einem nach, zumindest, wenn es sehr tief gegangen ist. Ich kann manchmal nicht so schnell von einer Rolle in die andere wechseln.


leberblümchen
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 16:08

Es kann ja nicht ALLES nachgeholt werden, aber ein bisschen schon, meine ich. Bei mir wirkt es jedenfalls wirklich tröstlich und heilsam, zum ersten Mal wahrgenommen zu werden. Da kann man doch nicht sagen, dass sich das mit knapp über 40 nicht mehr lohnt. Natürlich wäre es besser, das schon als Säugling erfahren zu haben, aber alleine das Gespräch darüber, was fehlt, würde mir jetzt auch nichts bringen.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 16:09

titus2 hat geschrieben:Münchnerkindl: Aber die Eltern nehmen die Emotionen des Kindes doch an..

Ja, im Sinne von sich darauf empathisch einschwingen auf den Zustand des Kindes, nicht indem sie dem Kind die Emotion irgendwie abnehmen. Die Veränderung des emotionalen Zustands muss immer noch im Geist des Kindes, unterstützt von aussen durch die positive Stimulation durch die Bezugsperson stattfinden.

Niemand kann einem anderen Menschen dessen Emotion abnehmen und stellvertretend prozessieren.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 16:12

wenn das so einfach ginge
dann wäre das ja auch ein regelrechter Therapiebeschleuniger und dann ginge es doch vielen Klienten auch zwischen den Stunden nicht so hundsmiserabel?

Auf der anderen Seite: vielleicht ist es genau das, was du münchnerkindl beschreibst: ein empathisches Einschwingen auf den Zustand der Klienten und das ist doch schon verdammt viel
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carö
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 16:15

Tristezza hat geschrieben:Darf ich fragen, wie die Praxis bei dir ausgesehen hat?
phu, das kann ich nicht so wirklich gut beschreiben fürchte ich. mir fallen da die vielfältigsten situationen ein... zuviel, um das hier zu schildern... und ich würde ja auch nicht sagen, dass bei mir nun allein dieses modell in reinform zur anwendung kam. sicher nicht. ich kann dem aber was abgewinnen so ganz intuitiv und habe viele situationen erlebt, wo mir die ruhige und unaufgeregte anwesenheit und sich von meinen "zuständen" nicht aus der fassung zu bringende wesen auf mich sehr beruhigend und haltgebend wirkte. vielmehr habe ich mich dann auch irgendwann anstecken lassen können von der unaufgeregtheit. aber auch die manchmal für mich so andersartige sichtweise bzw. so manche deutung, die ja auch irritierend und aufwühlend sein konnte, hatten dasselbe potential.. eben eine neue perspektive zu bieten, die mich entlastet hat...
nur mal so als versuch, das zu fassen... ich glaube in dieses modell kann man viel einordnen bzw. gibt es viele parallelen zu ähnlichen denkansätzen. und .. das sind ja immer nur theoretische konstrukte, denkmodelle, hypothesen, die es zu hinterfragen gilt und die nie vollständig passen müssen oder können... darf man nie vergessen.

LG
carö

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Tristezza
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 16:18

**AufdemWeg** hat geschrieben:wenn das so einfach ginge
dann wäre das ja auch ein regelrechter Therapiebeschleuniger
Also einfach geht das bestimmt nicht und dieses "Verfahren" scheint mir eher eine besonders lange Therapie zu erfordern.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 16:21

Warum?
Gefühle werden zu Hauf transportiert in den Therapiestunden
also müssten sie doch dann quasi abgegeben sein und damit schon mal nicht mehr belastend.
Der Therapeut "verdaut" und gibt zurück...

aber ich habe da vielleicht auch einfach einen zu mechanischen Blick drauf
und bin ohnehin immer recht schnell in Vielem
oft zu schnell...

ich kenne es aber auch nicht, glaub ich, aus meiner Therapie.
Zumindest habe ich das Gefühl, dass ich das verdaue...
es ist dann eher so wie von münchnerkindl formuliert.
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pandas
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 16:27

Tristezza hat geschrieben:
biber hat geschrieben:De facto scheint das auch mit dem Schweigen zusammenzuhängen: Das Ausgesprochene steht im Raum und soll dann wohl metapsychisch verdaut werden, gemeinsam, angeleitet ...
Hab gerade "metaphysisch" gelesen. Das wäre eine Erklärung für die langen Schweigeeinlagen meiner Analytikerin (die momentan allerdings wieder sehr gesprächig ist).
Ja, ich denke, es kann tatsächlich vom Verständnis mancher PA´ler auch so gelesen werden ... ich finde, dass mit dem Schweigen eine schwierige Sache, es scheint aber so gedacht zu sein, meistens. Nja, der meine hat schon mitbekommen, dass ich davon nicht soviel halte ... und wahrscheinlich werde ich es auch jeweils ansprechen, wenn es passiert ... ich habe manchmal schon gefühlt, da wird gesendet: "Und jetzt schweigen."
Wobei ich anderseits auch sehe, dass er das braucht, um zu refkletieren, zu sortieren etc. Meine Problematik ist sicher schon seehr komplex.
Aber dann soll er´s auch sagen, wenn ich ihn frage, und das Schweigen nicht so mystifizieren. Ich denke auch nicht, dass ich das je als halten empfinden kann, ich komme mir durch das NichtSehen da dann eher an der Nase herumgeführt vor ... und denke dann auch: "Dafür zahlt also die Gesellschaft, für anderes nicht ..."

Wobei ich ihm in der Auseinandersetzung und im Dialog als sehr angenehm empfinde, ich habe aber die Befürchtung, als Dauerzustand ist´s ihm zu anstrengend.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


pandas
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 16:30

titus2 hat geschrieben: Biber: Echt? Du willst nicht gehalten werden? Dann bist du wohl nicht so eine 'Frühgestörte'?
Doch, sicher auch.

Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich durch die Methodik der PA gehalten werden kann in dem Sinne.

Dennoch kann ich von der PA in anderer Weise profitieren.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


montagne
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 17:38

Hi, Tristezza, weiß nicht obs dich beruhigt.
Esotherisch ist die Theorie gar nicht. Es ist eine der anerkanntesten Theorien überhaupt, die im Gegensatz zu so manch anderem Konstrukt breite Anwendung in Psychotherapie und auch Pädagogik erfährt.

Es ist nicht als verfahren an sich zu sehen, sondern eher eine Einstellung, wie ein Therapeut oder Pädagoge auf seine Klienten zugeht, wie er/sie arbeitet. Es kann im Rahmen einer langen Therapie genutzt und gesehen werden, aber auch in einer einzigen Situation.
Containing gibt es auch im Alltag. Jeder von uns hat das sicher schon erlebt, sowohl als jemand, der Containing brauchte, als auch als jemand der contained hat. Mütter tun es sowieso (meistens). PartnerInnen, FreundInnen. Ohne zu wissen wie Psychologen das nun nennen.

Schon im Erstgespräch kann es Containing geben, egal ob daraus eine Therapie wird oder ob sich Klient und Therapeut nie wieder sehen. Natürlich wird der nachhaltige Effekt auf den Klienten da nicht so groß sein (kann aber), im Vergleich dazu, wenn jemand eine längere Therapie macht und immer wieder Containing-Erfahrungen macht.

Einen Effekt wird es aber sicher haben und es passiert halt. Wobei eine der Schwierigkeiten eben darin besteht, dass manche KlientInnen (viele? keine Ahnung), Interaktionen, die Containing möglich machen würden bewusst oder unbewusst verbauen, sowohl in der Therapie, als auch im Leben. Weil sie es so sehr brauchen, wünsche, aber dennoch große Angst davor haben, eben aus schlechter Erfahrung heraus.
Lieber selbst etwas verbauen, als feststellen zu müssen, das der andere meine Gefühle wieder nicht halten konnte, mir wieder nicht zugänglich machen konnte. etwas, das viele in der Kindheit sicher zu genüge erlebt haben.

Also esotherisch ist es echt gar nicht, eher so eine der handfesteren und etablierteren Sachen. Große, anerkannte Namen der Analyse stehen dahinter (Bion, Winnicott u.a.).
amor fati

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