ich kann vieles absolut nachempfinden, was du schreibst (hab ähnliche „Diagnose“) und einige meiner inneren Anteile führen ein gewaltiges Eigenleben, und dann diese Beukotteure…
Zu zwei Themen möchte ich dir antworten, Vertrauen und Kompetenz der Thera, aber zuvor:
Du siehst, diese Aufs und Abs (Müki sagts ja auch), sind ganz normal, auch bei mir. So gradlinig dranbleiben geht nur ganz selten bei mir. Und auch wenn mal nach einer Stunde bei mir die ganze Woche es den Eindruck hatte, dass ich an dem Punkt gerade weiter machen kann, ist es schon passiert, dass auf dem Weg zum Thera die Sache auf einmal kippte, und dann was ganz anderes anstand. Ja, ja, da muss auch der Thera ganz schön flexibel sein.Sausewind hat geschrieben:… Diese unglaublichen Schwierigkeiten, sich zu öffnen, das Blocken, das Gefühl, in der einen Stunde geht es vorwärts und dann wieder wochenlang nicht . . sehr, sehr mühselig.
Kann ich nur bestätigen.Sausewind hat geschrieben:… Diese Angst, rausgeworfen zu werden, weil ich (offenbar) nicht genug kooperiere, kenne ich ebenfalls sehr gut. Dabei ist es sicherlich so, dass sowohl du als auch ich auf bestmögliche Art versuchen mitzuarbeiten. Es ist halt einfach diese blöde Störung (komplexe PTBS), die es so verdammt schwer macht, diese Angst zu vertrauen etc.
Hier gibt es aber ein ABER von mir. Gerade wenn man so extrem Probleme hat mit dem Vertrauen können, ist ein absolut stabiler äußerer Rahmen notwendig, um das innere zarte Pflänzchen (Vertrauen) wachsen zu lassen. Ist der nicht (oder nur unzureichend) gegeben, wirst du dich nicht auf die 100% Vertrauen einlassen (können). Auch wenn der Kopf noch so oft sagt, die Thera ist halt verschusselt, sagt irgendeine Stimme im Innern was anderes und beukottiert letztendlich bei der Traumaaufarbeitung.Sausewind hat geschrieben: Mach dir bitte keinen Kopf, ich weiß, dass für einen Anteil von dir das Ganze vorbei ist, da es sofort massivste Verlassenheit und Im-Stich-gelassen-sein evoziert. Aber das ist alt, das sind alte Gedanken! Nicht so ernst nehmen!
Ich weiß, auch dass deine Therapeutin wohl etwas verschusselt ist, ist mühsam - aber versuche sie im Kern zu spüren! Kannst du ihr im Kern vertrauen? Dann mach deine Ängste nicht an diesen zugegebenermaßen mühsamen Außendingen fest.
Deswegen kam auch ich letztendlich bei meiner Ex-Thera nur bis zu einem gewissen Punkt.
Lovis, dass deine Thera nicht zeitnah antwortet, dich im luftleeren Raum hängen lässt, ist eigentlich wie Öl ins Feuer der Verlassenheitsangst zu kippen, was nicht förderlich ist für Vertrauensaufbau. Hast du das schon mal mit ihr besprochen? Wenn du dich da schon nicht auf sie verlassen kannst, wie sollst du das dann können, wenn z.B. bei Traumabearbeitung später zu Hause irgendwas hochkommt, du in eine Krise kommst, Kontakt mir deiner Thera suchst … Wird sie dich da auffangen können, zeitnah, wie du es brauchst? Wenn du dich da nicht auf sie verlassen kannst, wird sich der Traumatisierte Teil in dir nicht auf 100% einlassen, auch wenn sie das fordert. Mein Thera sagte mal, Vertrauen kann man nicht herbeireden (fordern, so wie es deine Thera macht), das muss man spüren.
Frag nicht, was mein jetziger Thera (bei dem ich nach dem Wechsel seit über einem Jahr bin) alles gemacht hat, um verlässliche, stabile äußere Bedingungen zu schaffen, damit das Pflänzchen Vertrauen wachsen konnte, und ja, irgendwann verspürte ich auf einmal dieses 100% Vertrauen, war auch irgendwie etwas beängstigend, wie tief ich ihn da auf einmal in mich hab hineinsehen lassen – und ich konnte ihm das sagen. In diese Sphären bin ich mit meiner Ex-Thera nie gekommen. Erst da war es möglich (da bin ich jetzt gerade) an die wirklich harten Brocken zu gehen, vorher bei meiner Ex-Thera war es eigentlich nur ein Kratzen an der Schale. Aber das Arbeiten ist jetzt wie oben beschrieben ein Auf und Ab, er muss nehmen, was kommt, extrem flexibel reagieren, mal geht was, mal nicht.
Das zweite, wo ich dich drauf ansprechen wollte, ist die Kompetenz der Thera.
Ich zäum mal das Pferd von hinten auf.
Arbeitet deine Thera eigentlich mit deinen verschiedenen Anteilen, macht sie eigentlich so ne Art „Gruppentherapie“? Denn letztendlich müssen alle irgendwie an einem Strick ziehen, damit du weiter kommst.LovisTochter hat geschrieben: Ein Teil in mir sieht die Aussagen meiner Therapeutin auch eher als Ansporn, als Ars**tritt, dagegen handelt allerdings der Teil der die Flinte schon ins Korn geschmissen hat, bzw. das ganze Therapiegetue schon immer dämlich fand.
Dementsprechend ist eigentlich mein innerer Kampf, meine unentschlossenheit etc. wohl das größte Problem. Mal sehen ob ich ne Lösung dafür finde.
Mh, … Kompetenz ist nicht alles. Auch meine Ex-Thera war auch Trauma-Thera, bildete sich selber bei renomierten Kollegen weiter, bildet selber aus, hat Lehrpraxis, ist zusätzlich an einem Ausbildungsinstitut, hat schon Bücher veröffentlicht, unter Kollegen sehr geschätzt … (das machte mir die Suche nach einem anderen Thera extrem schwierig, weil, wenn DIE schon nicht mit mir klar kommt, muss ich ja ein extrem schwieriger Fall sein, lieber die Finger davon lassen).LovisTochter hat geschrieben: Nur als kurze Anmerkung, sie ist nicht mehr Mitte 30 sondern eher so Anfang 60 und nutzt wirklich jede Möglichkeit sich bei renomierten Kollegen (Niejnhus / van der Kolk / Reddemann / Hofmann etc) weiter zu bilden. Auch ist sie ausgebildete EMDR- und Hypnotherapeutin sowie systemische und Verhaltenstherapeutin. Ich zweifel also in keinem Fall an ihren Kompetenzen
Klar, deine Thera hat wie meine Ex-Thera wohl viel Wissen, wie es im Leerbuche steht, bestimmt auch viel Erfahrung mit vielen Patienten, von denen vielleicht auch viele wie im Leerbuche beschrieben funktionieren. Die kann man dann in Schubladen packen und nach den „üblichen Regeln“ behandeln. Und was ist mit denen wie dir oder mir, die schon wieder ganz anders ticken? Wahrscheinlich hat sie dich auch in eine Schublade gepackt (wie meine Ex) und jetzt festgestellt, dass die üblichen Regeln für diese Schublade nicht greifen. Herr Niejnhus sagt im Fall A nach Methode a behandeln, Frau Reddemann sagt im Fall B nach Methode b behandeln, … Das macht wohl deine Thera und musste feststellen, dass es bei dir nicht funktioniert, dass es sie an den Rand der Verzweiflung treibt und sie ans Ende ihres Lateins bringt.
Mein jetziger Thera ist kein extra Trauma-Thera, (VT-ler und Ausbildung in Schematherapie) hat insgesamt noch nicht so viele Jahre mit Patienten auf dem Buckel (ist deutlich jünger als meine Ex und hatte erst eine andere Ausbildung), nur wenige Trauma-Patienten. Und so jemand fragmentiertes wie mich hatte er eigentlich nur in seiner Ausbildungszeit in einer Klinik mal kurz kennen gelernt, noch nicht richtig Erfahrung mit.
Aber: Er wagt es, mit mir Neuland zu begehen, dazuzulernen, ja, auch mit mir, bildet sich auch in dieser Richtung weiter, ist in Supervision und in Intervision, ist absolut lernfähig. Und ganz wichtig: Er nimmt mich so, so wie ich bin, mit meiner Andersartigkeit, meiner Unberechenbarkeit, meiner Viel-Seitigkeit, meinem Aliengefühl. Ich darf bei ihm so sein, wie ich bin und mich dahingehend entwickeln, wo ich hin will. Er hält mich aus (auch wenn ihm schon manches Mal die Kinnlade runtergefallen ist), arbeitet nicht nur strickt nach Lehrbuch, experimentiert selber (aber ist auch mal froh, wenn mal etwas „einfach“ nach Lehrbuch funktioniert), lässt vieles zu. Auch wenn sich das jetzt für einige gewagt anhört, so nach dem Motto, wie ich nur bei der Schwere meiner Symptomatik zu einen „unerfahrenen“ Thera gehen kann, kann ich nur sagen, er ist genau der richtige.
Vielleicht sind ja auch einige der kompetenten, erfahrenen, älteren Theras inzwischen nur routiniert, können alte Bahnen nicht mehr verlassen, also nicht mehr so flexibel agieren, sind vielleicht auch etwas betriebsblind geworden und wagen sich vielleicht auch nicht mehr so an Neuland heran.
Einen Rat habe ich nicht für dich, aber vielleicht konnte ich dir einige Denkanstöße geben. Und zum Schluss noch:
Dazu kommt mir ganz spontan in den Kopf: James Bond, sag niemals nie.LovisTochter hat geschrieben: und dann nach zwei Jahren feststellen musste, dass ich es ohne Therapie nicht schaffe, war für mich klar, dass dies nun der letzte Versuch ist.
Nein, es ist nicht dein letzter Versuch, es geht immer noch was. Kopf hoch!
Zu guter Letzt:
Ja, absolut. Die Erfahrung der letzten Zeit mit mir: wenn ich nicht auf meinen Bauch gehört habe, wenn er also was anderes sagte als mein Kopf (wenn auch nur leise), habe ich immer (!) Schiffbruch erlitten. Inzwischen höre ich konsequent auf meinen Bauch.Abigail hat geschrieben: Sich über ein etwaiges eigenes ungutes Gefühl hinwegzusetzen ist nicht ratsam, weil man sich damit in der Konsequenz selbst schaden würde.