Zwangspause oder Abbruch?

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Wandelröschen
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Beitrag Fr., 29.06.2012, 15:38

Liebe Lovis Tochter,
ich kann vieles absolut nachempfinden, was du schreibst (hab ähnliche „Diagnose“) und einige meiner inneren Anteile führen ein gewaltiges Eigenleben, und dann diese Beukotteure…
Zu zwei Themen möchte ich dir antworten, Vertrauen und Kompetenz der Thera, aber zuvor:
Sausewind hat geschrieben:… Diese unglaublichen Schwierigkeiten, sich zu öffnen, das Blocken, das Gefühl, in der einen Stunde geht es vorwärts und dann wieder wochenlang nicht . . sehr, sehr mühselig.
Du siehst, diese Aufs und Abs (Müki sagts ja auch), sind ganz normal, auch bei mir. So gradlinig dranbleiben geht nur ganz selten bei mir. Und auch wenn mal nach einer Stunde bei mir die ganze Woche es den Eindruck hatte, dass ich an dem Punkt gerade weiter machen kann, ist es schon passiert, dass auf dem Weg zum Thera die Sache auf einmal kippte, und dann was ganz anderes anstand. Ja, ja, da muss auch der Thera ganz schön flexibel sein.
Sausewind hat geschrieben:… Diese Angst, rausgeworfen zu werden, weil ich (offenbar) nicht genug kooperiere, kenne ich ebenfalls sehr gut. Dabei ist es sicherlich so, dass sowohl du als auch ich auf bestmögliche Art versuchen mitzuarbeiten. Es ist halt einfach diese blöde Störung (komplexe PTBS), die es so verdammt schwer macht, diese Angst zu vertrauen etc.
Kann ich nur bestätigen.
Sausewind hat geschrieben: Mach dir bitte keinen Kopf, ich weiß, dass für einen Anteil von dir das Ganze vorbei ist, da es sofort massivste Verlassenheit und Im-Stich-gelassen-sein evoziert. Aber das ist alt, das sind alte Gedanken! Nicht so ernst nehmen!
Ich weiß, auch dass deine Therapeutin wohl etwas verschusselt ist, ist mühsam - aber versuche sie im Kern zu spüren! Kannst du ihr im Kern vertrauen? Dann mach deine Ängste nicht an diesen zugegebenermaßen mühsamen Außendingen fest.
Hier gibt es aber ein ABER von mir. Gerade wenn man so extrem Probleme hat mit dem Vertrauen können, ist ein absolut stabiler äußerer Rahmen notwendig, um das innere zarte Pflänzchen (Vertrauen) wachsen zu lassen. Ist der nicht (oder nur unzureichend) gegeben, wirst du dich nicht auf die 100% Vertrauen einlassen (können). Auch wenn der Kopf noch so oft sagt, die Thera ist halt verschusselt, sagt irgendeine Stimme im Innern was anderes und beukottiert letztendlich bei der Traumaaufarbeitung.
Deswegen kam auch ich letztendlich bei meiner Ex-Thera nur bis zu einem gewissen Punkt.

Lovis, dass deine Thera nicht zeitnah antwortet, dich im luftleeren Raum hängen lässt, ist eigentlich wie Öl ins Feuer der Verlassenheitsangst zu kippen, was nicht förderlich ist für Vertrauensaufbau. Hast du das schon mal mit ihr besprochen? Wenn du dich da schon nicht auf sie verlassen kannst, wie sollst du das dann können, wenn z.B. bei Traumabearbeitung später zu Hause irgendwas hochkommt, du in eine Krise kommst, Kontakt mir deiner Thera suchst … Wird sie dich da auffangen können, zeitnah, wie du es brauchst? Wenn du dich da nicht auf sie verlassen kannst, wird sich der Traumatisierte Teil in dir nicht auf 100% einlassen, auch wenn sie das fordert. Mein Thera sagte mal, Vertrauen kann man nicht herbeireden (fordern, so wie es deine Thera macht), das muss man spüren.

Frag nicht, was mein jetziger Thera (bei dem ich nach dem Wechsel seit über einem Jahr bin) alles gemacht hat, um verlässliche, stabile äußere Bedingungen zu schaffen, damit das Pflänzchen Vertrauen wachsen konnte, und ja, irgendwann verspürte ich auf einmal dieses 100% Vertrauen, war auch irgendwie etwas beängstigend, wie tief ich ihn da auf einmal in mich hab hineinsehen lassen – und ich konnte ihm das sagen. In diese Sphären bin ich mit meiner Ex-Thera nie gekommen. Erst da war es möglich (da bin ich jetzt gerade) an die wirklich harten Brocken zu gehen, vorher bei meiner Ex-Thera war es eigentlich nur ein Kratzen an der Schale. Aber das Arbeiten ist jetzt wie oben beschrieben ein Auf und Ab, er muss nehmen, was kommt, extrem flexibel reagieren, mal geht was, mal nicht.

Das zweite, wo ich dich drauf ansprechen wollte, ist die Kompetenz der Thera.

Ich zäum mal das Pferd von hinten auf.
LovisTochter hat geschrieben: Ein Teil in mir sieht die Aussagen meiner Therapeutin auch eher als Ansporn, als Ars**tritt, dagegen handelt allerdings der Teil der die Flinte schon ins Korn geschmissen hat, bzw. das ganze Therapiegetue schon immer dämlich fand.
Dementsprechend ist eigentlich mein innerer Kampf, meine unentschlossenheit etc. wohl das größte Problem. Mal sehen ob ich ne Lösung dafür finde.
Arbeitet deine Thera eigentlich mit deinen verschiedenen Anteilen, macht sie eigentlich so ne Art „Gruppentherapie“? Denn letztendlich müssen alle irgendwie an einem Strick ziehen, damit du weiter kommst.
LovisTochter hat geschrieben: Nur als kurze Anmerkung, sie ist nicht mehr Mitte 30 sondern eher so Anfang 60 und nutzt wirklich jede Möglichkeit sich bei renomierten Kollegen (Niejnhus / van der Kolk / Reddemann / Hofmann etc) weiter zu bilden. Auch ist sie ausgebildete EMDR- und Hypnotherapeutin sowie systemische und Verhaltenstherapeutin. Ich zweifel also in keinem Fall an ihren Kompetenzen
Mh, … Kompetenz ist nicht alles. Auch meine Ex-Thera war auch Trauma-Thera, bildete sich selber bei renomierten Kollegen weiter, bildet selber aus, hat Lehrpraxis, ist zusätzlich an einem Ausbildungsinstitut, hat schon Bücher veröffentlicht, unter Kollegen sehr geschätzt … (das machte mir die Suche nach einem anderen Thera extrem schwierig, weil, wenn DIE schon nicht mit mir klar kommt, muss ich ja ein extrem schwieriger Fall sein, lieber die Finger davon lassen).
Klar, deine Thera hat wie meine Ex-Thera wohl viel Wissen, wie es im Leerbuche steht, bestimmt auch viel Erfahrung mit vielen Patienten, von denen vielleicht auch viele wie im Leerbuche beschrieben funktionieren. Die kann man dann in Schubladen packen und nach den „üblichen Regeln“ behandeln. Und was ist mit denen wie dir oder mir, die schon wieder ganz anders ticken? Wahrscheinlich hat sie dich auch in eine Schublade gepackt (wie meine Ex) und jetzt festgestellt, dass die üblichen Regeln für diese Schublade nicht greifen. Herr Niejnhus sagt im Fall A nach Methode a behandeln, Frau Reddemann sagt im Fall B nach Methode b behandeln, … Das macht wohl deine Thera und musste feststellen, dass es bei dir nicht funktioniert, dass es sie an den Rand der Verzweiflung treibt und sie ans Ende ihres Lateins bringt.

Mein jetziger Thera ist kein extra Trauma-Thera, (VT-ler und Ausbildung in Schematherapie) hat insgesamt noch nicht so viele Jahre mit Patienten auf dem Buckel (ist deutlich jünger als meine Ex und hatte erst eine andere Ausbildung), nur wenige Trauma-Patienten. Und so jemand fragmentiertes wie mich hatte er eigentlich nur in seiner Ausbildungszeit in einer Klinik mal kurz kennen gelernt, noch nicht richtig Erfahrung mit.
Aber: Er wagt es, mit mir Neuland zu begehen, dazuzulernen, ja, auch mit mir, bildet sich auch in dieser Richtung weiter, ist in Supervision und in Intervision, ist absolut lernfähig. Und ganz wichtig: Er nimmt mich so, so wie ich bin, mit meiner Andersartigkeit, meiner Unberechenbarkeit, meiner Viel-Seitigkeit, meinem Aliengefühl. Ich darf bei ihm so sein, wie ich bin und mich dahingehend entwickeln, wo ich hin will. Er hält mich aus (auch wenn ihm schon manches Mal die Kinnlade runtergefallen ist), arbeitet nicht nur strickt nach Lehrbuch, experimentiert selber (aber ist auch mal froh, wenn mal etwas „einfach“ nach Lehrbuch funktioniert), lässt vieles zu. Auch wenn sich das jetzt für einige gewagt anhört, so nach dem Motto, wie ich nur bei der Schwere meiner Symptomatik zu einen „unerfahrenen“ Thera gehen kann, kann ich nur sagen, er ist genau der richtige.
Vielleicht sind ja auch einige der kompetenten, erfahrenen, älteren Theras inzwischen nur routiniert, können alte Bahnen nicht mehr verlassen, also nicht mehr so flexibel agieren, sind vielleicht auch etwas betriebsblind geworden und wagen sich vielleicht auch nicht mehr so an Neuland heran.

Einen Rat habe ich nicht für dich, aber vielleicht konnte ich dir einige Denkanstöße geben. Und zum Schluss noch:
LovisTochter hat geschrieben: und dann nach zwei Jahren feststellen musste, dass ich es ohne Therapie nicht schaffe, war für mich klar, dass dies nun der letzte Versuch ist.
Dazu kommt mir ganz spontan in den Kopf: James Bond, sag niemals nie.
Nein, es ist nicht dein letzter Versuch, es geht immer noch was. Kopf hoch!

Zu guter Letzt:
Abigail hat geschrieben: Sich über ein etwaiges eigenes ungutes Gefühl hinwegzusetzen ist nicht ratsam, weil man sich damit in der Konsequenz selbst schaden würde.
Ja, absolut. Die Erfahrung der letzten Zeit mit mir: wenn ich nicht auf meinen Bauch gehört habe, wenn er also was anderes sagte als mein Kopf (wenn auch nur leise), habe ich immer (!) Schiffbruch erlitten. Inzwischen höre ich konsequent auf meinen Bauch.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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Sausewind
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Beitrag Fr., 29.06.2012, 16:03

Hallo Wandelröschen,
aber ist es denn bei deinem jetzigen Thera nicht so, dass er manchmal Fehler macht? Oder dass du denkst, ups, ich kann ihm doch nicht vertrauen? Also solche *Täter*-Inszenierungen sind doch eigentlich extrem häufig in Traumatherapien . .ich kann mir gar nicht vorstellen, dass man die umgehen kann . . . . vielleicht magst du was dazu sagen?
LG

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Chakotay
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Beiträge: 243

Beitrag Fr., 29.06.2012, 17:24

Liebes Wandelröschen,
ich wollte mich gerne bei dir mit einem Klick auf den Danke-Button bedanken, aber die Technik streikt - es kommt eine Serverfehler-Meldung.
Tja - wofür Fehler in der verflixten Technik gut sind: Jetzt bekommst du ein etwas ausführlicheres Dankeschön für deinen Beitrag von mir und ich hoffe, dass ich dir,
liebe Lovis-Tochter,
zumindest auch ein Stück von dem Gefühl geben kann, dass du nicht alleine mit deinen Schwierigkeiten bist.

Ich muss gestehen, auch ich empfinde die Aussage deiner Therapeutin als sehr druckauslösend und meine Reaktion ist in solchen Fällen ebenfalls: völliges Zubetonierung aller Emotionen und Resonanzen. Und ich kriege darüber immer wieder eine neue Krise, weil ich diese Reaktion einfach NICHT WILL. Aber sie ist da - zur Zeit noch unbeeinflussbar von mir, aber erste Anzeichen eines Bröckelns des Zurückziehbetons machen sich breit.
Der Grund? Eine Vorgehensweise meines Therapeuten, die sich grundsätzlich mit der deckt, die Wandelröschen beschrieben hat: Experimentierfreude, Flexibilität, Sicherheit in Rahmenbedingungen (ohne dabei total fixiert zu sein, kleinere Pannen kommen auch vor, aber eben nur kleine!), Annehmen meiner Selbst und meiner oftmals auftretenden Widerspenstigkeit.
Manchmal gibt es mutige Sprünge vorwärts, dann wiederum falle ich in ein Loch und bin 5 Schritte rückwärts gegangen; aber wichtig: in allem geht er zuverlässig mit und übt keinen Druck aus. Er ermuntert und motiviert, manchmal provoziert er mich auf eine humorvolle Art, aber er drängt nicht.

Warum schreibe ich das alles? Es geht ja um dich und die Beziehung zu DEINER Therapeutin.
Mein Hintergrund ist, dass "wir PTBSler" sehr darauf angewiesen sind, müüüüühhhsam Vertrauen fassen zu lernen. Wenn das Vertrauen jetzt so sehr angeknackst ist durch ihre Vorgehensweise, dann würde ich persönlich genau dieses thematisieren. Unbedingt. Auch, dass es so unendlich schwer ist, Vertrauen zu fassen und dies zu lernen. Müssen es 100 % sein????? Ich glaube, selbst ich - obwohl ich mich in meiner therapeutischen Beziehung so aufgefangen fühle - habe keine 100 % Vertrauen zu meinem Thera. Und wenn, dann nur minutenweise... Aber ist es nicht auch Ziel einer Therapie, Vertrauenfassen zu lernen? Und jeder weiß heute: Richtig Lernen kann man nicht unter Druck.

Ich drücke dir fest die Daumen!
Chakotay
Wenn ich mich niederwerfen würde,weinen u.erzählen,was wüßtest Du v. mir mehr als v. der Hölle,wenn jmd erzählt,sie ist fürchterlich.Darum sollten wir voreinander so ehrfürchtig,nachdenklich,liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.(Kafka,gekürzt)

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 29.06.2012, 17:51

Abigail hat geschrieben:Ich habe eine einfache Regel angesetzt, um nicht in solche Zwiespälte zu kommen: Ich frage mich immer, ob ich mich so, wie der Therapeut mich behandelt, auch im "normalen" Leben behandeln lassen würde.
Also bei Freunden bin ich da eher lässig und lasse sowas durchaus auch mal durchgehen ohne mich aufzuregen so lange es nicht zur Gewohnheit wird, aber wenn ich eine Dienstleistung in Anspruch nehme weniger, da kommt dieses Hickhack mit der Vereinbarung der Termine für mich nicht in die Tüte.

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münchnerkindl
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Beiträge: 9792

Beitrag Fr., 29.06.2012, 18:07

Wandelröschen hat geschrieben: Zu guter Letzt:
Abigail hat geschrieben: Sich über ein etwaiges eigenes ungutes Gefühl hinwegzusetzen ist nicht ratsam, weil man sich damit in der Konsequenz selbst schaden würde.
Ja, absolut. Die Erfahrung der letzten Zeit mit mir: wenn ich nicht auf meinen Bauch gehört habe, wenn er also was anderes sagte als mein Kopf (wenn auch nur leise), habe ich immer (!) Schiffbruch erlitten. Inzwischen höre ich konsequent auf meinen Bauch.

Jupp, definitiv. Beschäftigung mit Traumata ist nicht wie Bungee Jumping, wo man sich einfach nur zusammenreissen muss um da runterzuspringen und dann geht der Rest von alleine. Oder beim Aufstechen eines Abszesses wo man nur die Angst vor dem Skalpell überwinden muss

Es geht ja hauptsächlich darum, sich den traumatischen Erfahrungen in einem Rahmen von Sicherheit, Akzeptanz und Zuwendung zu stellen. Erst im Rahmen der Beziehung zu der Person mit der du das ganze teilst hat das Anschauen einen positiven Effekt. Also in seinem aktualisierten Leid bedingungslose Zuwendung und Akzeptanz zu erleben. Um diese Erfahrung geht es.

Und so lange du das nicht zu 100% aus Vertrauen und eigenem Willen tust ist meiner Meinung nach die Gefahr einer Retraumatisierung oder daß das zumindest rein garnichts bringt ziemlich gross.

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Nachtauge
Helferlein
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Beitrag Fr., 29.06.2012, 18:22

Hallo LovisTochter,

Dein Thread hat mich total aufhorchen lassen, kommen mir doch einige Dinge die Du beschreibst mehr als bekannt vor. Auch bei mir gibt es die PTBS als Diagnose und es scheinen leider häufig ähnliche Probleme auf einen einzuprasseln.
Dennoch ist bei mir im Moment dieses Satzes: "Kommen sie wieder wenn sie sich zu 100% für die Traumatherapie entschieden haben" (so ähnlich), bei mir die Klappe gefallen. Der Teil in mir, der schon immer gegen die Therapie war hat seine Bestätigung bekommen : "Der kannst Du nicht trauen, lass Dich nicht auf das ein, was sie dir sagt, mach da nicht mit etc." Dieser Teil hat grad wirklich die Überhand und für diesen ist natürlich die bis heute nicht erfolgte Rückmeldung Öl auf dem Feuer.
Daß dieser Satz bei Dir erstmal Verstörung ausgelöst hat, kann Dir wohl keiner vorhalten. Das ist ja nun auch nicht wirklich ein Satz der das Vertrauen fördert. Ich denke, daß man in den wenigstens Situationen zu 100 % entscheiden kann. Wäre ja super wenn dem so wäre, aber das wäre letztlich auch zu einfach. In meinen Augen versuchst Du schon sehr viel mehr zu geben, als Du im Grunde genommen geben kannst. Du versuchst Dich Deinem Trauma zu stellen, daß ist schon eine Höchstleistung. Daß dies aber nicht immer zu 100 % möglich ist, ist doch nur zu verständlich. Allein das "Daraufeinlassen" wenn es um das Trauma geht ist ja ein Riesenschritt. Und daß man dabei auch mal wieder Schritte zurück macht und nicht immer zu 100 % vorwärts gehen kann ist denke ich auch traumatypisch. Von daher finde ich es wirklich schade, daß Deine Thera Dir so einen Satz von sich gegeben hat. Das ist wohl eher kontraproduktiv gewesen. Mein Vertrauen würde an so einer Stelle auch wieder zu auf einen Level sinken, wo ich selbst die Thera auch anzweifeln würde. Allerdings gibt es ja auch die andere Seite von ihr, welche Dich vorwärts bringt, welche Dein Vertrauen bereits gewonnen hat. Das würde ich ihr zumindest zugute halten wollen.
Mein eigener Thera kennt es auch von mir, daß ich immer wieder neu schauen muß, ob ich ihm vertraue oder nicht und vor allem, daß das einmal wirklich gut klappt, in der Woche drauf aber vielleicht gar nicht. Dann kann es sein, daß wir eine Stunde wirklich an das Trauma rankommen, ich auch versuche darüber zu reden und meine Gefühle zuzulassen und in der nächsten Woche blocke ich ihn so sehr ab, daß wir nur über "Belanglosigkeiten" sprechen. Nicht weil ich nicht über das Trauma reden möchte, sondern weil ich es einfach nicht kann. Und da habe ich schon selbst genug mit meinen Zweifeln zu kämpfen, da muß ich nicht auch noch von ihm eine negative Äußerung hören. Bislang ist er da aber dann immer schweigsam oder versucht aufzubauen, wenn ich es schaffe ihm meine negativen Gefühle mitzuteilen. Ist aber immer wieder eine echte Gradwanderung. Fast jede Stunde aufs neue und daß obwohl ich ihn auch bereits seit einer langen Zeit kenne.

Ich hoffe, daß Du das mit Deiner Thera klären kannst und drücke Dir dafür ganz fest beide Daumen.

LG
Nachtauge

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Wandelröschen
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Beitrag Fr., 29.06.2012, 23:40

Hallo Sausewind,
(liebe Lovis, entschuldige, dass ich hier jetzt konkret auf Sausewinds Fragen antworte, aber vielleicht sind die Atworten für dich auch interessant)
Sausewind hat geschrieben: aber ist es denn bei deinem jetzigen Thera nicht so, dass er manchmal Fehler macht?
Ja, auch er hat schon Fehler gemacht. Aber: von Anfang an hat er mich aufgefordert, dass er Rückmeldung wünscht, ich auch ruhig Kritik üben dürfe. Gut, er hat Rückmeldung bekommen, sowohl ich positiver Richtung (was mir gut getan hatte), als auch Kritik, was mir nicht gut bekommen ist und wo er also aus meiner Sicht echt ein Fehler gemacht hatte, was auch erst einmal zu einem kleinen Rückschritt in punkto Vertrauen führte. Er hat diesen Fehler bei sich gesehen, ihn eingestanden, sich entschuldigt, und mit mir überlegt, was zu tun ist. Das war bei meiner Ex-Thera nicht so, mit Kritik konnte sie nicht umgehen (sie wisse schon, was langfristig gut für mich sei…) und wenn es aus meiner Sicht wirklich ein Fehler von ihr war, hieß es nur, ich blockiere, öffne mich nicht, arbeite nicht entsprechend mit, könne ja nicht erkennen, was wirklich dahinter stecke, … Das heißt im Endeffekt schob sie den Schwarzen Peter mir zu. So traute ich mich dann irgendwann auch nicht mehr, überhaupt Kritik zu üben.

Sausewind, ich weiß inzwischen, was ich für ein Goldstück an Therapeut gefunden habe. Den gebe ich nicht mehr her. Und ja, er kann sogar „Gedanken lesen“. Es kam schon öfters vor, dass ich ihn was fragen wollte, und er mir diese Frage beantwortete, bevor ich sie überhaupt gestellt hatte.
Da ist so viel Passung, da schwingt so viel mit, dass mir eher schon der Gedanke kommt, das kann´s doch gar nicht geben, womit habe ich das (den Thera) nur verdient – nach all dem, was ich auf meinen Thera-Suchen so erlebt habe.
Sausewind hat geschrieben: Also solche *Täter*-Inszenierungen sind doch eigentlich extrem häufig in Traumatherapien . .ich kann mir gar nicht vorstellen, dass man die umgehen kann . .
Was meinst du mit *Täter*-Inszenierungen? Darunter kann ich mir gar nichts vorstellen.

Wo ich in der Absoluten Anfangszeit (die ersten 2-3 Stunden) erst etwas Probleme hatte, ist, dass er ein Mann war, dachte, damit käme ich nicht klar, hatte es dann aber doch gewagt, es auszuprobieren. Na ja, geb ja zu, hatte auch nicht mehr allzu viele Wahlmöglichkeiten mehr, die potentiellen weiblichen Kandidaten hatte ich schon fast alle durch, und sie fielen durchs Raster.

Mein ehemaliger Chef brachte mal den Spruch (als ein Kunde mich nur skeptisch betrachtete, mich als kompetente Frau in einem absoluten Männerjob): „sometimes the best man for a job is a woman.“

Inzwischen ändere ich diesen Spruch ab, passend auf meinem Thera: „sometimes the best woman for a job is a man.“
Gruß
Wandelröschen

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 30.06.2012, 06:16

Hallo liebe Tochter Lovis',

deine Not kann ich sehr gut verstehen.

Die Worte deiner Therapeutin fühlen sich (für mich...ich weiß....) trotzdem sehr warm, Sicherheit vermittelnd und stimmig an.
(Ich habe von meiner Ähnliches gehört)
LovisTochter hat geschrieben: "Liebe LovisTochter, so kommen wir nicht weiter. Ich will Ihnen nicht das Geld aus der Tasche ziehen! Wie stehen Sie zur Traumatherapie, wollen sie diese zu 100%?" Zu 75% denn der Rest zweifelt. Will nicht mit der Sprache rausrücken, die Familie nicht beschmutzen, schämt sich, schämt sich auch um die Gefühle die beim EMDR zutage treten. "Sie müssen sich einlassen, mir vertrauen und auch schambesetzte Gefühle zulassen. Sie sitzen schon immer so, dass sie ihren G******bereich auf dem Stuhl gar nicht spüren können, aber genau diese Gefühle und die Gefühle aus diesem Bereich müssen sie zulassen, sie spüren um sie verarbeiten zu können. So lange sie dies verhindern hat die Therapie keinen Zweck! Bitte lassen sie sich Zeit um zu überlegen ob sie bereit sind mit mir durch diese Gefühle hindurch zu gehen und wenn sie dazu bereit sind, vereinbaren wir einen neuen Termin."
Bums!
Das wollte ich dir nur sagen, weil jetzt so viel Kritisches zu hören war und man ja so leicht das Vertrauen (das aber doch so wichtig ist) verlieren kann.

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Thread-EröffnerIn
LovisTochter
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Beitrag Sa., 30.06.2012, 18:07

Ihr Lieben,

ganz herzlichen Dank für Eure zahlreichen Rückmeldungen.
Es hilft mir schon ein Stückchen weiter, zu lesen, dass auch bei Euch die Therapie manchmal ein Eiertanz mit vor und zurück und rechts und links etc ist.
Ich glaube allerdings, dass genau diese Worte von Wandelröschen den Nagel auf den Kopf treffen.
Wandelröschen hat geschrieben: Gerade wenn man so extrem Probleme hat mit dem Vertrauen können, ist ein absolut stabiler äußerer Rahmen notwendig, um das innere zarte Pflänzchen (Vertrauen) wachsen zu lassen. Ist der nicht (oder nur unzureichend) gegeben, wirst du dich nicht auf die 100% Vertrauen einlassen (können). Auch wenn der Kopf noch so oft sagt, die Thera ist halt verschusselt, sagt irgendeine Stimme im Innern was anderes und beukottiert letztendlich bei der Traumaaufarbeitung.
Nachdem ich bis jetzt immer noch nichts von ihr gehört habe, ist es grade so, als ob dieses kleine Pflänzchen in den letzten Tagen komplett zertreten worden ist.
Über diese Angst, dass sie mich verlässt, mich wegschickt, haben wir schon mehrfach gesprochen. Sie hat mir immer wieder versichert, dass dies nicht passieren wird. Sie mich nicht im Stich lassen wird. Leider empfinde ich dies grade ganz anders.
Eigentlich ist sie wirklich auch ein sehr warmherziger Mensch, die mir immer wieder die Hand gereicht hat, wenn ich mal wieder auf Rückzug war.

Problematisch finde ich momentan, dass ich ja um Kontakt gebeten habe. Es war in keinster Weise so, dass wir uns im Streit o.ä. getrennt haben. Sie hat gesehen, dass es mir ziemlich schlecht ging und gab mir noch mit auf den Weg: "Sehen sie dies jetzt bitte nicht als Bestrafung." Darauf konnte ich sie nur fragen, wie ich das denn bitte anstellen soll. Daraufhin meinte sie, dass wir darüber dann unbedingt sprechen sollten. Aber wie denn wenn es keine Rückmeldung gibt??

Ich bin grad einfach total verunsichert und weiß nicht wie ich die Situation einschätzen soll. Das Warten ist total zermürbend und Unsicherheit ist so wahnsinnig schwer zu ertragen. Eigentlich wollte sie an diesem Wochenende die Quartalsabrechnungen machen. Dafür müsste sie ja eigentlich am Rechner sitzen. Vielleicht liest sie dann ja auch mal ihre Mails.
Ich berichte mal, wie es weiter geht.
Ganz lieben Dank an Euch,
LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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**AufdemWeg**
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Beitrag Sa., 30.06.2012, 18:15

Hallo Lovis Tochter,

du hast geschrieben, dass sie die Tage Oma wird wenn ich mich richtig erinnere
vielleicht ist sie sehr beschäftigt gerade
zudem ich ein schönes, sonniges WE
überhaupt es ist WE

Hat nichts mit dir zu tun, dass sie sich nicht gemeldet hat bis jetzt

LG ADW
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LovisTochter
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Beitrag Sa., 30.06.2012, 18:18

Liebe AdW,
**AufdemWeg** hat geschrieben: du hast geschrieben, dass sie die Tage Oma wird wenn ich mich richtig erinnere
vielleicht ist sie sehr beschäftigt gerade
genau damit halte ich momentan auch über Wasser.

Ich wünsche Dir auch ein schönes WE.

Liebe Grüße
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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**AufdemWeg**
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Beitrag Sa., 30.06.2012, 18:20

Doch, halte dich
ich meine es ist alles gut
sie wird sich melden
und dass sie es bisher nicht geschafft hat
hat nichts mit deiner Person oder dem was in der letzten Stunde geschehen ist zu tun
ganz bestimmt.
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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 30.06.2012, 18:44

LovisTochter hat geschrieben: Ich bin grad einfach total verunsichert und weiß nicht wie ich die Situation einschätzen soll. Das Warten ist total zermürbend und Unsicherheit ist so wahnsinnig schwer zu ertragen. Eigentlich wollte sie an diesem Wochenende die Quartalsabrechnungen machen. Dafür müsste sie ja eigentlich am Rechner sitzen. Vielleicht liest sie dann ja auch mal ihre Mails.
Ich berichte mal, wie es weiter geht.
Also sorry, aber eine Trauma-Espositionstherapie würde ich bei einem Therapeuten der bei Problemen, stärkeren Flashbacks etc nicht zumindest einigermasssen zeitnah und zuverlässig erreichbar ist auf garkeinen Fall machen wollen.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Sa., 30.06.2012, 18:49

was bedeutet zeitnah?
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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 30.06.2012, 19:46

Naja, am nächsten Werktag (die hören ja wohl täglich ihren GeschäftsAB ab,auch schon wegen Absagen auf dem Band), am Montag nach dem Wochenende.

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