Gesundes Maß Therapiedauer

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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lavertu
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:03

Rilke hat geschrieben:
Die Moralkeule "du nimmst jemand anderem den Platz weg" mag ich hier so gar nicht auspacken, solange man innerhalb von zwei Wochen bei einem Therapeuten, der mit "W" beginnt, einen Termin bekommt, während die mit "A" - "D" über Monate ausgebucht sind.

das verstehe ich nicht so ganz aber was du davor geschrieben hast habe ich gut verstanden! Danke dafür!. Es ist nicht so, dass ich den Kontakt pseudofreundchaftlich sehe, es ist schon was anderes. Bspw. vertraue ich Freunden nicht die Dinge an die ich mit meiner Thera bespreche. Die Therapie stand immer schon außer Konkurrenz zu Freunden und Partnerin, auch deshalb, weil ich meinem Umfeld nichts "aufbürden" möchte. In Freundschaften/Partnerschaften hat man ja eine ganz andere Verantwortung als in der Therapie. So gesehen, gibt es natürlich auch schon noch einen therapeutischen Effekt. Dieser zeigt sich aber mehr durch die Art des Umgangs, durch die Stabilität etc. und weniger durch Gesprächsinhalte. Dennoch frage ich mich natürlich manchmal, werde ich Therapie machen bis wir beide in Rente gehen? (Wir sind im selben Alter), das wären dann noch gut 25 Jahre

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Stacheldraht
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:04

Rilke hat geschrieben:Die Moralkeule "du nimmst jemand anderem den Platz weg" mag ich hier so gar nicht auspacken, solange man innerhalb von zwei Wochen bei einem Therapeuten, der mit "W" beginnt, einen Termin bekommt, während die mit "A" - "D" über Monate ausgebucht sind.
Meinst Du das Ernst?

Welcher Mensch hat zu heutigen Zeiten noch ein Telefonbuch und geht das nach dem ABC durch, wenn er eigentlich auf der Suche nach einem Psychotherapeuten ist? Gerade durch das Internet gibt es Möglichkeiten zu hauf, um Umkreisbezogen zu suchen. Insofern klingt Dein Beitrag für mich ziemlich... tja nu.. an der Realität vorbei.

Zum Thema an sich:
Ich stehe zwar erst am Anfang der Therapie, aber mein Thera motiviert mich jetzt schon mir eigene Freunde zu suchen (und ja, ich hasse das einerseits, aber ich weiß, dass er Recht hat), da die Beziehung zu ihm nur eine auf Zeit ist, was er immer mal wieder betont und was in meinen Augen auch richtig ist (denn Freunde, die mich nur mochten, weil ich immer geleistet oder mich aufgeopfert habe, hatte ich bereits genug; und in die Kategorie zählt auch die bezahlte Pseudofreundschaft).

Was Du mit Deinem Thera veranstaltest hat doch absolut nichts mehr mit Therapie zu tun. Gerade dies herumphilosophieren findet normalerweise in Freundschaften statt. Willst Du Dich wirklich weiterhin an einen Menschen binden, der Geld dafür nimmt, dass er Zeit mit Dir verbringt?
Lache und die ganze Welt wird mit dir lachen. Weine und du weinst allein.
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lavertu
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:10

münchnerkindl hat geschrieben: Du gehst hin weil du dort einen für dich angenehmen sozialen Kontakt leben kannst. Selbst die Therapeutin bezeichnet es nicht mehr als Therapie sondern als Begleitung auf dem Lebensweg.
Jein, ich habe dazu Rilke auch gerade näheres geschrieben, ich kopiere das mal eben: Die Therapie stand immer schon außer Konkurrenz zu Freunden und Partnerin, auch deshalb, weil ich meinem Umfeld nichts "aufbürden" möchte. In Freundschaften/Partnerschaften hat man ja eine ganz andere Verantwortung als in der Therapie. So gesehen, gibt es natürlich auch schon noch einen therapeutischen Effekt. Dieser zeigt sich aber mehr durch die Art des Umgangs, durch die Stabilität etc. und weniger durch Gesprächsinhalte. Dennoch frage ich mich natürlich manchmal, werde ich Therapie machen bis wir beide in Rente gehen? (Wir sind im selben Alter), das wären dann noch gut 25 Jahre

Also der therapeutische Effekt wäre einfach "bedingungslose und beständige Zuverlässigkeit" zu erfahren. Über diese Erfahrung findet immer noch sehr viel Heilung in meinem inneren statt. Und ich glaube diese "bedingungslose und beständige Zuverlässigkeit"-Erfahrung ist etwas künstliches was man in Alltagsbeziehungen eben nicht finden kann. So gesehen mach wir doch noch Therapie.

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lavertu
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:14

Stacheldraht hat geschrieben:
Rilke hat geschrieben:
Was Du mit Deinem Thera veranstaltest hat doch absolut nichts mehr mit Therapie zu tun. Gerade dies herumphilosophieren findet normalerweise in Freundschaften statt. Willst Du Dich wirklich weiterhin an einen Menschen binden, der Geld dafür nimmt, dass er Zeit mit Dir verbringt?
Ich binde mich an niemanden, ich weiß für mich absolut sicher, dass der finanzielle Aspekt keine Rolle zwischen uns spielt (wir haben beide finanziell keine Probleme, und das was sie von mir nimmt ist lächerlich), und schön, dass DU weißt wie eine "ordentliche" Therapie auszusehen hat Das mit dem Bezahlen gehört zum Rahmen, ebenso wie die zeitliche Begrenzung, das ist für uns beide wichtig.

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candle.
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:15

Zumindest in der Partnerschaft solltest du schon genau das finden, auch mit Freunden. Und das du andere nicht belasten willst, stimmt insofern leider nicht, weil man Partner und Freunde immer belastet, auch wenn es nur durch das Verhalten ist- nicht durch die Ursachen, aber eben dein Verhalten. Partner werden ja auch normalerweise in die Therapie mit einbezogen streckenweise. Da wundere ich mich hier oft was da für seltsame Beziehungen geführt werden, ist aber OT.

Aber warum diskutieren? Es ist dir doch von Herzen gegönnt das zu tun solange es dir möglich ist.

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Hamna
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:16

Natürlich, lavertu, dass die Beziehung zur Therapeutin nochmal eine ganz andere ist als zu Freunden und Partner/in, das habe ich schon auch verstanden. Darum: wenn es dir gut tut (und finanziell nicht in Schwierigkeiten bringt), dann erhalte dir das doch.


Und zu dem anderen: nicht nur in den guten alten Telefonbüchern, sondern auch im Internet sind Therapeuten in der Regel nach dem Alphabet gelistet, und es ist schon erstaunlich (und praxiserprobt!), dass man im hinteren Teil des Alphabets schneller zu einem Termin kommt. Das ist nicht realitätsfern, sondern eine schlichte Tatsache. Mein Therapeut beginnt auch nicht nur zufällig mit "S"

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lavertu
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:22

candle. hat geschrieben:Zumindest in der Partnerschaft solltest du schon genau das finden, auch mit Freunden. Und das du andere nicht belasten willst, stimmt insofern leider nicht, weil man Partner und Freunde immer belastet, auch wenn es nur durch das Verhalten ist- nicht durch die Ursachen, aber eben dein Verhalten. Partner werden ja auch normalerweise in die Therapie mit einbezogen streckenweise. Da wundere ich mich hier oft was da für seltsame Beziehungen geführt werden, ist aber OT.

Aber warum diskutieren? Es ist dir doch von Herzen gegönnt das zu tun solange es dir möglich ist.

candle
das sehe ich komplett anders: Angenommen ich habe es etwas sehr traumatisches erlebt, dann ist es für meine Heilung wichtig, dass ich detailliert über alle Bilder, Empfindungen etc. sprechen kann. Natürlich weiß vielleicht auch mein Umfeld vom erlittenen Trauma aber die Details möchte ich meinem Umfeld ersparen, denn jede Beschreibung löst auch BIlder in einem anderen Menschen aus, die vielleicht überfordern. In einer Therapie habe ich die Gewissheit, dass meine Thera sich abgrenzen kann und mit diesen Bildern umgehen kann in einer Freudnschaft oder Partnerschaft können diese Bilder den geliebten Menschen irriteren und da trage ich einfach auch mehr Verantwortung für das seelische Wohlbefinden meines Gegenübers als in der Therapie.

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candle.
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:24

Es ging mit nicht um traumatische Details, sondern um dein Verhalten Menschen gegenüber, das ja sicherlich vielleicht bei dir nicht so einfach war (weiß ich ja nicht) und immer Auswirkungen auf das gesamte Umfeld hat.

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lavertu
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:29

@candle das mit den Auswirkungen stimmt natürlich schon, dennoch ersetzt meiner Meinung nach Therapie niemals eine Freundschaft und eine Freundschaft niemals Therapie. Die Gefühle vermischen sich nur manchmal, so habe ich das Gefühl, und deshalb womöglich auch die Angst vor der Pseudofreundschaft.......anyway, ich werde sie einfach mal drauf ansprechen, mal sehen was sie dazu sagt. Danke für deine Antworten!

LG
LV

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Stacheldraht
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:33

lavertu hat geschrieben:..., und das was sie von mir nimmt ist lächerlich), und schön, dass DU weißt wie eine "ordentliche" Therapie auszusehen hat Das mit dem Bezahlen gehört zum Rahmen, ebenso wie die zeitliche Begrenzung, das ist für uns beide wichtig.
Ich habe nie gesagt, dass ich weiß wie eine ordentliche Therapie aussieht.
Mein Gefühl sagt mir aber, dass es schon ziemlich dreist ist eine Patientin weiterhin auszunehmen, für die eine Krankenkasse nicht mehr zaheln würde, nur um weiter nette Gespräche zu führen.

Und natürlich hat die Beziehung zum Thera seine Vorteile. Man selbst steht die ganze Zeit im Mittelpunkt der Beachtung, kann insofern vorgeben, worum sich alles drehen soll. Welcher Freund würde das schon mitmachen?

Wärst Du ohne Deine Therapeutin denn wirklich nicht lebensfähig? Oder scheust Du nicht einfach nur den Abnabelungsprozess, obwohl Du längst auf eigenen Beinen stehen könntest?
Lache und die ganze Welt wird mit dir lachen. Weine und du weinst allein.
Oldboy

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lavertu
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Beitrag So., 17.06.2012, 00:40

Stacheldraht hat geschrieben:

Und natürlich hat die Beziehung zum Thera seine Vorteile. Man selbst steht die ganze Zeit im Mittelpunkt der Beachtung, kann insofern vorgeben, worum sich alles drehen soll. Welcher Freund würde das schon mitmachen?

Wärst Du ohne Deine Therapeutin denn wirklich nicht lebensfähig? Oder scheust Du nicht einfach nur den Abnabelungsprozess, obwohl Du längst auf eigenen Beinen stehen könntest?
Ich fühle mich nicht abhängig und kann problemlos ohne meine Thera leben, darum geht es mir gar nicht.
Und sorry, auch die Interpretation deines ersten Teiles lässt vermuten, dass Du womöglich nicht verstanden hast worum es mir geht.

Aber was ich fast schon witzig finde ist dein Kommentar zur Krankenkasse. Meinst Du das wirklich ernst? Also ein Mensch "braucht" deiner Meinung nach keine Therapie mehr, weil die Kasse nicht mehr bezahlt? Das ist angesichts des Leides der Menschen die jahrelang um eine weitere Kostenübernahme kämpfen fast schon Hohn.

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Stacheldraht
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Beitrag So., 17.06.2012, 01:07

Ja, Selbstverleugnung hat sowas schönes Beruhigendes...
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Tigerkind
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Beitrag So., 17.06.2012, 02:14

lavertu, geht es Dir darum, dass Du Bestätigung brauchst, das es in Ordnung ist, solange Therapie zu machen wie Du möchtest? Und eben nicht solange wie die KK oder irgendwer anders meint?

Also, ich sehe das ebenso wie Du, dann dauert es eben so lange wie es dauert.

Ich habe auch sehr lange die Therapie selbst finanziert (wenn es nicht geht, geht es eben nicht, finde ich aber traurig).

Ich bin der Meinung das manchmal auch eine bis zu 30Jahre lange Therapiedauer nötig sein kann, ich sehe das so!
Und ich stehe dazu, auch wenn mir jetzt vielleicht einige Forumsteilnehmer den Kopf abreißen wollen.

Zum Thema Abhängigkeit, ich finde es auch wichtig das die Therapie nicht der einzige Lebensinhalt ist, aber Du schreibst ja, das dass bei Dir nicht der Fall ist, also dann....

Sehe ich kein Problem weiterzumachen, warum solltest Du aufhören, wenn es Dir gut tut?

Wenn Du auch andere befriedigende soziale Kontakte hast oder wenn sie Dir ab und zu hilft diese aufrechtzuerhalten (ist nur ein Beispiel), was sollte daran schlimm sein?

Liebe Grüße

Tigerkind
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-


leberblümchen
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Beiträge: 6034

Beitrag So., 17.06.2012, 06:12

lavertu, ich bin da eher skeptisch: Du selbst nennst es ja Therapie, aber dann müsste sich diese Behandlung - ob privat finanziert oder nicht - dennoch an gewissen Standards messen lassen. Ansonsten wäre es erstens keine Therapie und zweitens tatsächlich so was wie ein Selbstbetrug.

Was ich mit 'Standard' meine: Man hat ein Ziel im Auge, auf das man hinarbeitet. Ziele haben die Eigenschaft, dass sie erreicht werden wollen. Davon lese ich in deinen Beiträgen nichts. Also handelt es sich nicht um eine Therapie. Ich wüsste auch nicht, wie man das sonst nennen sollte: Sie unterhält sich mit dir über alle möglichen Themen und du zahlst dafür. Natürlich tut dir das auch gut, aber das Problem, das ich dabei sehe, ist, dass ich mich frage, wieso die Therapeutin es nicht geschafft hat, dich in drei Jahren so weit auf die Beine zu stellen, dass du sie nicht mehr benötigst (das ist das Ziel eines jeden seriösen Therapeuten). Und ich frage mich, ob sie mit anderen Leuten auch so arbeitet, so nach dem Motto: "Wir verbringen hier 100 gemeinsame Stunden, und wem ich bis dahin nicht helfen konnte, der muss halt privat zahlen" - das wirkt auf mich leicht unprofessionell.

Wobei es nicht das Privatzahlen ist, was mich irritiert; es ist eher so, dass mir da die professionelle Arbeitshaltung fehlt.

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mitsuko
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Beitrag So., 17.06.2012, 07:25

Für mich ist die Länge eher unerheblich. Solange ich das Gefühl hätte, ich habe einen therapeutischen Nutzen, würde ich dabei bleiben, sofern ich das Geld für eine Privatzahlung hätte.
Allerdings glaube ich, dass ich persönlich ein Problem damit hätte, wenn ich merken würde, da gibt es eigentlich diesen therapeutischen Nutzen schon seit einiger Zeit nicht mehr. Denn dann wäre es quasi ein Gesprächskontakt einfach nur der netten Unterhaltung wegen und ich glaube, das wäre der Punkt, an dem es mich traurig machen würde, dass so ein Kontakt einer ist, für den ich bezahle. Klar, das kann man dann besprechen und dann ist man auch wieder im therapeutischen Bereich, ich kann mir aber vorstellen, dass am Ende der Auseinandersetzung mit diesen Gefühlen mir klar würde, dass ich nicht mehr hingehe.

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