Wo fängt Integration für euch an?

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yuna
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Beitrag Di., 20.03.2012, 10:49

@ montagne:
Die Umstände sind immens wichtig, natürlich.
Aus eigener Erfahrung:
Mein Großvater kämpfte im zweiten Weltkrieg an russischer Front und geriet in deutsche Gefangenschaft. Er ist ins Bayerische geflüchtet. Meine Großmutter stammt aus Tschechien, war also ein Kriegsflüchtling. In Bayern haben sie sich kennengelernt und schließlich eine Familie gegründet... sie haben sich die deutsche Sprache angeeignet und sie fließend sprechen können.
Mein Vater ist in Bayern geboren, lustig war, dass er als staatenlos bezeichnet wurde und musste damals 300 DM hinblättern für einen deutschen Pass, während zwei russische Damen unbehelligt aus dem Amt spazieren konnten.
Wie ist es mit Respekt für dich? Ist der unangemessen, weil du nach einem 8h-Job nicht noch eine Fremdsprache fließend lernst?
Ich spreche überwiegend von jenen, die herkommen und sich auf die faule Haut legen. Es gibt einige ausländische Mitbürger, die beispielsweise ihre Eltern (im Rentenalter) herüberholen. Die Eltern bekommen hier Rente, obwohl sie nie einen Finger gerührt haben.
Und da schaufelt sich Deutschland sein eigenes Grab.
Aber nach 8-9h Arbeit, Summe 2h Fahrweg, das alles in einer ganz fremden Kultur, war ich geschlaucht genug um zwar zum Sprachunterricht zu gehen, aber hausaufgaben, Vokablen lernen, das war kaum noch drin. Und so bin ich über ein simples Smalltalk-Niveau nie hinusgekommen.
Du hast es immerhin versucht... es ist natürlich mühsam eine andere Sprache zu lernen, das habe ich nicht bestritten. Ich kenne viele Menschen, die gebrochen Deutsch sprechen. Finde ich auch in Ordnung.
In den Köpfen, beim gegenseitigen Respekt und Verstehen...
Gut, dann würde ich mir wünschen von ausländischen Mitbürgern nicht als Nazi tituliert zu werden. Denn das ist durchaus respektlos. Da geht mir echt die Hutschnur hoch... In solchen Momenten frage ich mich dann, wer wirklich der Rassist ist.

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leberblümchen
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:00

Ich spreche überwiegend von jenen, die herkommen und sich auf die faule Haut legen. Es gibt einige ausländische Mitbürger, die beispielsweise ihre Eltern (im Rentenalter) herüberholen. Die Eltern bekommen hier Rente, obwohl sie nie einen Finger gerührt haben.
Und da schaufelt sich Deutschland sein eigenes Grab.
Erst mal ist der Begriff 'ausländischer Mitbürger' immer etwas komisch, denn entweder er ist ein Mitbürger oder nicht. Aber gut, das sind die Feinheiten.

Was mich wirklich aufregt, sind deine Verallgemeinerungen: "Deutschland schaufelt sich sein eigenes Grab" - wie traurig! Ich fühl mich schon halbtot. Wo wir doch ansonsten so sparsam sind und ein Volk von ausschließlich ehrenwerten Menschen sind, die keinen Cent ins Ausland schummeln würden und die auch kein Geld verschwenden, um es ihren unfähigen Kurz-Bundespräsidenten in den Hintern zu schieben. Wir sind alle so redlich, fleißig und sparsam - und dann kommt er: der ausländische Mitbürger, der seine faulen Eltern hierher holt, obwohl diese nie einen Finger gerührt haben. Wir haben es ja schon immer geahnt: Nur wir Deutschen sind fleißig. Für die Drecksarbeit muss es dann doch der Türke sein, aber seine Familie soll er mal schön 'drüben' lassen, denn die sind ja so faul. Soll er hier unseren Müll beiseite schaffen und gefälligst ohne Familie leben. Ging bei den Sklaven früher ja auch irgendwie.

Übrigens: Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber wie genau sieht das mit der Familienzusammenführung denn - deiner Meinung nach - aus? Soweit ich weiß, ist es nicht möglich, dass ein Migrant seine Eltern nach Deutschland holt, damit diese hier Transferleistungen bekommen. Wo sollte das geregelt sein? Und wieso sollte ein Elternteil eines Migranten, der sein ganzes Leben in der Türkei gelebt und gearbeitet hat, nun hier aus der deutschen Rentenversicherung Geld beziehen? Ich verstehe die Logik nicht. Aber wenn du so etwas behauptest, dann kann man das sicher irgendwo nachlesen.
dann würde ich mir wünschen von ausländischen Mitbürgern nicht als Nazi tituliert zu werden.
Möchtest du hier eigentlich wirklich über Integration reden, oder geht es eigentlich um was ganz anders? Ich bin noch nie als Nazi bezeichnet worden. Und ich wüsste auch nicht, wieso. Ich kenne aber etliche Migranten, die man beschimpft hat. Leider regt sich darüber in der Öffentlichkeit kaum mal jemand auf.
Zuletzt geändert von leberblümchen am Di., 20.03.2012, 11:20, insgesamt 2-mal geändert.

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*Dannie
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:07

titus2 hat geschrieben:Wo aber ist da jetzt das Problem dabei, wenn man erwähnt, dass viele Migranten ursprünglich als 'Gastarbeiter' ins Land geholt wurden?
Miss X hat es anders formuliert. Eine Formulierung die einen blinden Fleck beinhaltet.

Zitat Miss X: "Jahrzehntelang haben wir Mirganten wie Gäste behandelt, drückte ja auch schon der Begriff "Gastarbeiter" aus... "

Migranten = Gastarbeiter.

Ich sage dir mal wie dieser blinde Fleck in meiner Realität aussieht:

Wenn du in D kein Gastabeiterkind bist, wirst du entweder a) dazu automatisch eingeordnet im Sinne von "Aha, dunkle Haare, dunkle Augen, Akzent = Türkin, Gastarbeiter" Das sieht dann so aus: "Oh, Sie sprechen aber gut Deutsch!" (sic!) Oder :"Sie tragen Ihr Kopftuch aber sehr schick!" Nein, ich bin keine Muslima, ich habe lediglich ein bad-hair-day!

Oder, man wir aus der Diskussion Integration vollkommen ausgeblendet, man ist mit seiner Migrationsgeschichte in der öffentlichen Wahrnehmung gar nicht existent wenn man kein Gastarbeitermigrant ist.

Ja, das stört mich massiv, von Menschen die über Integration reden im gleichen Atemzug ignoriert zu werden. Und ich bin nicht die einzige!
Das ist nicht ignorant, sondern das ist ein Teil der Realität. Es gibt noch andere Realitäten. Die kann dann ja jemand anders erwähnen. Ich sehe da kein Brett vor dem Kopf - und ich hab mich auch schon mit interkultureller Pädagogik befasst.
Ja, es gibt noch andere Realitäten von Migranten. Und ich empfinde es als Ausgrenzung, dass diese nicht wahrgenommen werden.
Dannie, du bist doch nicht auch in erster Linie Migrant, oder? Du hast doch kein Schild auf der Stirn, auf dem steht: "Wenn ihr Fragen zur Migration habt, sprecht mich an".
Ja, natürlich habe ich dieses Schild um den Hals! Was denkst du denn? Man sieht es mir an, man hört es an meinem Akzent dass ich Migrantin bin. Sobald ich den Mund aufmache und mit einem ersten Satz mit einem mir noch fremden Menschen spreche kommt die Frage: "Wo kommen Sie den her?"

Im realen Leben bin ich im Erstkontakt zuallererst eine Fremde die von irgendwo her kommt.

DAS ist MEINE Realität.

Und dieses: "Reden wir (wir Deutsche mal über Integration). Wir sind ja hier unter uns." "Ja, aber wir wollen nur über die Gastarbeiter reden." ja? dieses ignoriert werden, DAS ist auch MEINE Realität!

Und ja, das ist in der Tat für mich ein Problem.

Denn ich werde nicht wahrgenommen mit meiner Migrationsgeschichte, mit allem was dazu gehört. Weder in der Öffentlichkeit, noch im realen Kontakt.
Es geht immer nur um die Migrationsgeschichte der Gastarbeiter und deren Problematik nur diese wird wahrgenommen. Nur auf diese wird der Focus gerichtet.

Aus meiner Perspektive ist das ein Problem. Denn ich werde immer fremd sein, ich werde dennoch wie eine Fremde wahrgenommen, gleichzeitig werde ich aber in der Bedeutung der Migration für die Gesellschaft des Einwanderungslandes ausgeblendet und ignoriert. Und mit mir Millionen anderer Migranten ohne Gastarbeiterhintergrund ebenso. Und zwar von Menschen die übe Integration sprechen wollen. Das ist für mich ein absolut absurder Zustand!

Dannie


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yuna
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:13

@ Rilke:
Yuna, du schreibst, die eigene Kultur MUSS ja nicht aufgegeben werden? Ich finde, sie sollte auf keinen Fall aufgegeben werden, ebenso wie die Muttersprache nicht aufgegeben werden sollte, denn dies sind doch die Wurzeln eines Menschen.
Ja, sie sollte sicher nicht aufgegeben werden.
Wie gesagt, ich finde eine zweisprachige Erziehung total super. Und es wäre wirklich schön, wenn das größtenteils gelingen würde.

Ich habe neulich einen schlauen Spruch gelesen:
Vergesst nicht, jeder der mit Akzent spricht, beherrscht immer auch eine weitere Sprache.
Ist was Wahres dran... ich habe mir einmal von einem Kind erzählen lassen, das dreisprachig unterwegs war. Eine meiner Lehrerinnen war in einem Kindergarten in dem mehrere Kinder noch nicht so gut sprechen konnten und das Kleine hat dann alles übersetzt.
Ist schon spannend.
Integration kann nur beidseitig funktionieren, ist ein Aufeinanderzugehen von beiden Seiten, und da hapert es eben auch von der deutschen Seite aus gewaltig.
Nun, wenn ich bemerke, dass es jemand wirklich ernst meint. Ich meine, ich kenne viele, die noch nicht so gut sprechen (nach nur einem Jahr kaum verwunderlich) und nachfragen, ob sie etwas falsch aussprechen und wie es richtig ausgesprochen wird, dann finde ich das total prima, dann reiche ich auch gerne eine helfende Hand.

Ich finde ja ohnehin, dass die Angst der Deutschen vor einer anderen Kultur von der Politik geschürt wird.
Es ist ja immer eine Sorte Mensch Attentäter... jetzt als Beispiel.
Das ist wirklich unmenschlich, dass dann alle direkt genauer überprüft werden, nur weil da einige aus dem Volk aus der Reihe tanzen.

Auf beiden Seiten gibt es Menschen, die einen guten Kontakt nicht zulassen wollen...
Aber mal zurück zur jüngeren Generation - meine Tochter ist seit der Grundschule sehr eng mit einem dunkelhäutigen Mädchen befreundet, und es ist haarsträubend, was ich da über die Jahre mitbekommen habe, von Verboten anderer Eltern an ihre Kinder, sich mit ihr zu verabreden bis dahin, dass mich Nachbarn angesprochen haben, ob ich das "gut finde", dass meine Tochter mit der "Schwarzen" unterwegs ist.
Das ist wirklich schrecklich.
Während eines Praktikums im Kindergarten habe ich ein farbiges (ich hoffe das kann ich so schreiben) Mädchen kennengelernt. Sie hat fließend deutsch gesprochen und es war wirklich erhebend wie stolz sie auf ihre afrikanischen Wurzeln ist. Sie hat mir so viele spannende Geschichten erzählt... unter anderem von ihrem Bruder, der in Afrika in der Armee ist und bald auf Besuch nach Deutschland kommt.
Also es ist nicht so, dass ich nicht auf die Menschen zugehe, aber wenn ich erkenne, dass jemand keinen Bock hat, dann habe ich auch keinen Bock, wenn du verstehst was ich meine.
Glaub mir, ich habe auch mit Anfeindungen zu kämpfen, denn ich bin für einige Deutsche ein "sch.... Russe", nur weil ich einen russischen Nachnamen trage.

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leberblümchen
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:14

Gut, dannie, das verstehe ich schon. Aber ich finde es wirklich nicht dramatisch, wenn jemand sich einen bestimmten Aspekt herauspickt, an dem er etwas zeigen will. In dem Falle waren es halt die 'Gastarbeiter' - weil sie eben zeigen wollte, dass der ursprüngliche Status dieser Migranten der Status eines Gastes war. Das heißt doch nicht, dass derjenige automatisch andere Identitäten und andere Biographien leugnet, oder? Das macht denjenigen ja nun nicht gleich zum 'Gar-nix-Versteher'.


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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:16

Yuna, was ist denn daran so spektakulär, dass ein schwarzes Mädchen fließend Deutsch spricht?

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*Dannie
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:21

yuna hat geschrieben:
Ich spreche überwiegend von jenen, die herkommen und sich auf die faule Haut legen. Es gibt einige ausländische Mitbürger, die beispielsweise ihre Eltern (im Rentenalter) herüberholen. Die Eltern bekommen hier Rente, obwohl sie nie einen Finger gerührt haben.
Und da schaufelt sich Deutschland sein eigenes Grab.
Siehst du titus? Genau das meine ich.

Yuna möchte was Integration betrifft "überwiegend von jenen" sprechen, "die, die herkommen" und "faule Haut" usw., usf.

Sie könnte aber auch unmittelbar mit mir, einer waschechten Migrantin, in Kontakt treten und mit ihr kommunizieren.

Kein Interesse.

Die Diskussion um Integration wird nicht mit Migranten geführt. Es bleibt eine theoretische Diskussion ohne realen Kontakt. Diese Diskussion wird nur über diejenigen ohne ausreichende Deutschkenntnisse geführt.

Denn diese können sich in einer Diskussion rhetorisch nicht wehren!

Dannie


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yuna
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:21

@ TwoFace:
Was ist an "Anpassung" falsch? Es muss ja Gründe geben, sich eine
Wahlheimat auszusuchen. Und nicht nur der Empfang von Sozialleistungen
muss ausschlaggeben sein. Eine gewisse Anpassung zeugt von Höflichkeit
dem Gastgeber gegenüber.
Du sprichst mir aus der Seele.

@ MissX:
Für mich bedeutet Integration auch, dass die Aufnahmegesellschaft überhaupt bereit dafür ist. Und da sehe ich immer noch erhebliche Defizite.
Natürlich sehe ich Menschen in dieser Aufnahmegesellschaft, die Migranten misstrauisch gegenüberstehen. Und das ist definitiv falsch... so kann es nicht funktionieren.
Jahrzehntelang haben wir Mirganten wie Gäste behandelt, drückte ja auch schon der Begriff "Gastarbeiter" aus... Haben nicht genug darauf geachtet, dass sie eine gute Ausbildungen erhalten, die deutsche Sprache lernen = "Sie sind ja eh bald wieder weg."
Und da liegt ein Fehler in der Politik, denn für die Chancengleichheit wird nicht viel getan... es wird geredet und geredet... einen wirklichen Fortschritt gibt es meines Erachtens nicht wirklich.

@ schmetterling:
Meine persönliche Meinung dazu ist, wenn sich beide Seiten Mühe geben und es auch wollen, kann man in vielen Gruppen - sagen wir mal- zugehörig werden.
Ja, beide Seiten müssen was tun und da hapert es in den meisten Fällen.


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yuna
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:24

@ titus:
Yuna, was ist denn daran so spektakulär, dass ein schwarzes Mädchen fließend Deutsch spricht?
Diese Frage ist mir direkt aufgefallen... spektakulär? Gar nichts... sie konnte auch afrikanisch sprechen... und ich bewundere es, wenn ein Kind zweisprachig aufwächst. Darauf haben ihre Eltern sehr viel Wert gelegt und davor ziehe ich meinen Hut.


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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:29

Dannie, ich verstehe dich schon. Das muss aber nicht an deinem Status als Migrantin liegen - mir antwortet sie ja auch nicht

Es gibt immer verschiedene Perspektiven - es gibt natürlich nicht DEN Migranten. Manchmal nimmt das absurde Züge an: Als ich im Grunschulalter war, hatte ich in meiner Klasse (Arbeiterviertel) sieben Kinder von 'Gastarbeitern'. Das war die klassische Definition eines 'Ausländers' - und das scheint auch heute noch so zu sein. Als mein Sohn eingeschult wurde, waren da auch sieben Kinder mit Migrationshintergrund. Die waren aber bunt zusammengewürfelt: Briten, Spanier, Türken, Russen, Australier, Portugiesen. Aber zumindest die Familien mit christlich-westlichem Hintergrund wurden da gar nicht als 'die Ausländer' gesehen. Ich finde das komisch: Wenn also der britische Freund meines Sohnes zu Hause nur Englisch spricht, dann ist das offensichtlich normal. Der taucht dann auch nicht als Problemfall auf. Bei dem türkischen Klassenkameraden wird dasselbe Phänomen, dass man zu Hause Türkisch spricht, gleich zum Problem erklärt. Da taugt die Mutter allenfalls, um Gebäck beim folkloristischen Klassenfest mitzubringen.

Aber so ist es bei 'den Behinderten' ja auch. Es gibt in den Augen vieler Menschen offenbar nur den 'klassischen Behinderten', so wie es eben auch nur den klassischen Schwarzen gibt.


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yuna
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:29

@ Dannie:
Oder wie Yuna hier vermittelt, sich möchte sich über Integration unterhalten, blendet dabei vollkommen die Ausländer selbst aus. Sie denkt, sie unterhält sich hier nur mit waschechten deutschen Bürger in ihrem rein deutsches Grüppchen. Sie möchte sich aber über Integration unterhalten
Das ist doch gar nicht wahr, was du hier schreibst... wieso blende ich die "Ausländer" aus? Ich habe doch bereits geschrieben, dass mich Erfahrungsberichte interessieren, aber anscheinend möchtest du lieber auf mir herumhacken...


leberblümchen
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:33

yuna hat geschrieben:@ titus:
Yuna, was ist denn daran so spektakulär, dass ein schwarzes Mädchen fließend Deutsch spricht?
Diese Frage ist mir direkt aufgefallen... spektakulär? Gar nichts... sie konnte auch afrikanisch sprechen... und ich bewundere es, wenn ein Kind zweisprachig aufwächst. Darauf haben ihre Eltern sehr viel Wert gelegt und davor ziehe ich meinen Hut.
Yuna, aber vielleicht ist das Kind einfach 'nur' eine Deutsche, wie ich es auch bin? Man weiß doch nicht bei jedem Schwarzen, ob er Deutsch als Muttersprache hat oder nicht. Du weißt doch vielleicht gar nicht, vor welchem Kontext die bilinguale Erziehung stattfindet. Bei Akademikern ist das z.B. leichter als bei Arbeitern. Ich kenne Menschen, die sich ein chinesisches Kindermädchen engagieren, damit das Kind Chinesisch lernen möge. Das ist dann nicht so sehr das Verdienst der Eltern.

Ich ziehe meinen Hut übrigens auch vor Deutschen, die halbwegs passabel ihre Muttersprache beherrschen. Sooooooooooo viele gibt es davon nämlich auch nicht. Die müssten nicht mal zweisprachig aufwachsen - eine Sprache hätte schon gereicht. Aber selbst dazu langt es oft nicht.


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yuna
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:36

Also entschuldigt mal:

Ich bin kein Roboter, ich muss ja auch noch auf andere Postings eingehen... einer nach dem anderen, sorry, dass ich so lahm bin.


leberblümchen
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:37

Ich kenne den Begriff des Integrierens eigentlich im Alltag auch eher aus der Perspektive der aufnehmenden Gemeinschaft: Jemand wird in eine bestehende Gruppe (Schulklasse, Verein) integriert. Da würde auch niemand behaupten, derjenige müsse sich ausschließlich selbst integrieren. Und das ist nicht immer nur eine Frage der Politik. Integration setzt zunächst mal Toleranz (kann ich auch das dulden, was ich nicht verstehe und was mir fremd und womöglich unheimlich ist?), Offenheit (vielleicht kann ich vom Anderen noch was lernen?) und Respekt (wenn ich andere Menschen erst dann respektiere, wenn sie etwas geleistet haben, muss ich mich über mangelnden Einsatz nicht wundern) bei der aufnehmenden Gesellschaft voraus.

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*Dannie
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Beitrag Di., 20.03.2012, 11:43

titus2 hat geschrieben:Gut, dannie, das verstehe ich schon. Aber ich finde es wirklich nicht dramatisch, wenn jemand sich einen bestimmten Aspekt herauspickt, an dem er etwas zeigen will. In dem Falle waren es halt die 'Gastarbeiter' - weil sie eben zeigen wollte, dass der ursprüngliche Status dieser Migranten der Status eines Gastes war. Das heißt doch nicht, dass derjenige automatisch andere Identitäten und andere Biographien leugnet, oder? Das macht denjenigen ja nun nicht gleich zum 'Gar-nix-Versteher'.
Doch titus, es ist dramatisch, denn meine Migrantenbiografie wird geleugnet, sie ist in der öffentlichen Diskussion nicht präsent, wir Nicht-Gastarbeiter sind in der öffentlichen Wahrnehmung quasi nicht existent. Es ist immer nur die Migrantenbiografie einer bestimmten kulturellen Gruppe präsent.

Ein Beispiel:

Für mich oder für meine Familie stand niemals zur Debatte ob und wie wir uns integrieren.

Uns fragt keiner wie schwer das war, wie schwer es nach wie vor ist.

Und warum nicht?!

Weil wir nicht zu der kulturellen Gruppe gehören, die immer und für alle Ewigkeit als die einzig wahren Migranten wahrgenommen werden.

Unsere Integrationsprobleme sind wie du sagst: "nicht so dramatisch". Wenn wir mit Rassismus und Ausländerfeindlichkeit konfrontiert werden, müssen wir das mit uns ausmachen, weil wir keine Lobby haben die "Ausländerhass!!" schreit. Wir existieren überhaupt nicht! Ja, wir sind keine VIP - Migranten. Uns fragt keiner, über uns redet keiner, wir werden zwar jeden Tag als Fremde wahrgenommen und so behandelt, aber thematisch setzt man sich nie mit uns auseinander!

Käme meine Familie jetzt aus einem Land mit muslimischen Hintergrund, oohhhh, ja dann!!!!! Dann würde man sich um mich Gedanken machen, wie es mir geht, wie ich mich hier fühle, ob ich gut behandelt werde, ob ich in der Schule ein Anrecht auf ein Gebetsraum habe ob man mir zuliebe in der Kantine auf Schweinefleisch verzichtet, man wäre vorsichtig, dass ich nicht sofort beleidigt bin, man würde für mich im Bundestag ein Islamkonferenz veranstalten.......

Selbst in dieser Diskussion hier, geht es immer nur um die Gastarbeiter und wie schwer es die haben, bla, bla, bla….

Das ist zum Kotzen!

Dannie

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