an MüKi,
münchnerkindl hat geschrieben: Und meiner Meinung nach ist es was ganz anderes ob man Ängste rein als Phobie hat (also zB Flugangst, Spinnenangst) oder ob es Ängste aufgrund erheblicher schlechter Erfahrungen wie einer Traumatisierung sind.
Was auch anders zu betrachten sind sind Ängste die entstehen wenn man zB unter einem Burn Out oder genereller Überlastung leidet, hier ist generell Ängstlichkeit ein Resultat des völlig überforderten und gestressten Hirns.
Da sind wir ja noch einer Meinung.
münchnerkindl hat geschrieben: Ich bin nicht sicher ob bei einer Traumatisierung eine Konfrontationsbehandlung nützlich ist. Man riskiert dabei nämlich eine Retraumatisierung. Ob das bei Traumatisierungen überhaupt funktioniert halte ich für fragwürdig. Ich würde mir da auf jeden Fall noch einen Traumaspezialisten hinzuziehen.
Ja, da scheiden sich die Geister. Als reine „Traumabehandlung“ würde ich auch eine Konfrontationsbehandlung als nicht nützlich erachten. Aber du kennst natürlich die Vorgeschichte nicht. Das Trauma, das eigentlich die Ursache der konkreten Angst ist, ist ausführlich behandelt. Alle Facetten sind zusammengetragen worden, ich kann inzwischen dieses Trauma als Teil meiner Biografie ansehen, da triggert schon ne Weile nichts mehr. Nur diese Angst hat hartnäckig überlebt, läuft praktisch automatisch ab, wenn ich mich an ähnlichen Räumlichkeiten für längere Zeit aufhalte, was sich aber arbeitstechnisch bei mir nicht vermeiden lässt. Ein Pilot mit Höhenangst hat auch ein Problem.
Das mit der Konfrontation wurde im Vorfeld ausgiebig besprochen, erklärt, auch andere Vorgehensweisen wurden aufgezeigt. Auch die Risiken wurden klar dargestellt. Und ich hätte es auch nicht machen müssen, die Entscheidung lag durchaus bei mir. Ich war durchaus gut aufgeklärt. Den Ort und den Zeitpunkt habe ich frei gewählt, ich befand mich (und bin es immer noch) in einen stabilen Zustand (kann natürlich durchaus demnächst mal wieder ganz anders sein). Aber ich bin auch ein Schaffer, der auch durchaus im RL Dinge macht, die andere nicht unbedingt machen. Und mein Thera kennt mich inzwischen schon sehr genau. Diese Konfrontation hat durchaus Mut verlangt, hat mich persönlich aber enorm weiter gebracht. Ich kann da weiter machen.
Bei vielen mag es nicht passen, da sind die Rahmenbedingungen anders, und auch bei mir passt dieses Vorgehen bestimmt nicht immer und bei jeder meiner Ängste. Das ist immer eine Fall zu Fall Abwägung. In diesem Fall hat es gepasst und mich weiter gebracht.
münchnerkindl hat geschrieben: Der Mann hat sich grenzüberschreitend und autonomieverletzend verhalten. (…) Das was der Mann da treibt hört sich für mich jedenfalls ziemlich autokratisch und auch dilletantisch an.
Da muss ich dir aber jetzt deutlich wiedersprechen, aber du kennst meinen Thera nicht, nicht unsere Arbeitsbeziehung, nicht meinen momentanen Zustand (wenn der jetzt nicht so gut wäre, könnte ich mich hier gar nicht so gut verbal „verteidigen“, würde eher den Kopf in den Sand stecken). Und ich sehe mich auch nicht in eine subtile Opferrolle, in der ich kusche und dem "Täter" auch noch dankbar bin.
Um die Situation und sein Verhalten mir gegenüber zu beurteilen, bräuchtest du natürlich mehr Infos, und das ein oder andere im Thread habe ich auch nicht konkret genug beschrieben. So ein paar Infos will ich mal nachschieben.
Ich erwarte von meinem Thera, dass er mir hin und wieder mal den Spiegel vorhält und Tacheles redet, so nach dem Motto: „Wenn Sie sich so, wie jetzt mir gegenüber, auch im RL verhalten, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn sich ihr Gegenüber das nicht gefallen lässt und so und so reagiert.“ Ich sehe ja nur, wie meine Mitmenschen auf mich reagieren, erkenne aber nicht, warum, welche Signale ich vielleicht selber aussende. Das sagen nur die allerwenigsten, die meisten wenden sich ab, wenn ich es aber nicht weiß, wie soll ich es dann angehen und ändern. Nur diese Erkenntnis tut natürlich weh, wer mag schon gerne seine eigenen Unzulänglichkeiten gesagt bekommen. Das macht mein Thera aber nicht, wenn es mir nicht gut geht und ich fertig am Boden liege – das wäre dann eine Nichtwahrung meiner Grenzen.
Diese gezielte Provokation in der letzten Stunde, von der ich schrieb (die eigentlich nicht so richtig zu dem ursprünglichen Thema gehört, gebe ich zu, war halt nur auch Konfrontation und in der Stunde zusätzlich, also Teil zwei) war eine Maßnahme, um ein bestimmtes Verhalten, dass nach Schema F bei mir abläuft, hervorzurufen und auf den Tisch zu bringen. Das tat mir – natürlich – in dem Moment weh. Wenn ich es vorher gewusst hätte, hätte er es nicht mehr hervorrufen können, um es mir zu zeigen. Daher der „Überfall“, und der kam in einem Moment, in dem ich dem Überfall auch gewachsen war. Danach wurde es in der Stunde thematisiert, erklärt wieso und weshalb, nur halt noch nicht alle Aspekte. Jemand in mir hatte aber nicht zugehört, daher war nachmittags noch ein Telefongespräch notwendig. Seitdem geht es mir immer noch richtig gut. Es liegt jetzt auf dem Tisch und kann angegangen werden. Er erklärt verdammt viel, ist absolut transparent bei dem, was er tut. Bloß manchmal kommt die Erklärung erst hinterher, weil sonst der beabsichtigte Effekt, der mich weiterbringen soll, nicht so zum Vorschein kommt. Und er hat mich schon viel voran gebracht. Ja, und ich gebe zu, er macht manchmal Sachen, die andere Theras nicht machen oder die viele hier als absolutes NoGo halten (z.B. Körperkontakt) oder als grenzüberschreitend oder als unprofessionell, weil es vielleicht nicht im Lehrbuch steht. Er experimentiert durchaus. Aber er hat meine Grenzen durchaus immer gewahrt und ich habe sie, wo ich es für notwendig erachtete, auch eingefordert, und ich habe mich mit ihm auch schon „gezofft“.
Ich habe ihn sehr lange und intensiv ausgetestet, er genießt inzwischen sehr viel vertrauen. Er ist nicht mein erster Thera. Meine Ex-Thera war u.a. auch Traumatherapeutin. Bei ihr war ich in zwei Phasen recht lange, bis ich erkennen musste, dass sie für meine noch anstehenden Probleme nicht die richtige ist (was sie mir dann auch bestätigte, nur sie hatte das von sich aus nicht (!) angesprochen). Ich habe bei ihr einiges erlebt und erduldet, mich nicht getraut, es zu klären, was ich mir jetzt nicht mehr bieten lasse. Auch auf der langwierigen und extrem stressigen Suche nach einem neuen Thera habe ich mit potentiellen Kandidaten unschöne, grenzüberschreitende Sachen erlebt. MüKi, du darfst mir ruhig vertrauen, dass ich inzwischen meine Grenzen kenne und sehr auf die Einhaltung achte, ich will das nicht mehr erleben, was ich bei anderen Theras schon erfahren habe, da bin ich extrem misstrauisch und wachsam.
Meine Ex-Thera (Traumatherapeutin) war auch selber Supervisorin, hatte eine eigene Lehrpraxis, unterrichtete an einem Ausbildungsinstitut, war älter als ich und war kein unbeschriebenes Blatt (hat auch schon einiges veröffentlicht). Vielleicht war sie aber inzwischen zu unflexibel und von ihren eigenen Fähigkeiten zu überzeugt? All das kann mir mein jetziger Thera nicht bieten. Er ist „nur“ so alt wie ich, hat auch nicht gleich Psychologie studiert, kann nicht auf eine ewige Erfahrung zurückgreifen (Kassenzulassung hat er erst seit Herbst, davor war er nur Privat). Er ist auch kein Traumatherapeut, ich bin aber auch nicht seine erste Traumapatientin, er geht aber in Supervision, betreibt Intervision (inzwischen weiß ich auch, was das ist, hat er mir auf Nachfrage auch erklärt), ist sich nicht zu stolz, sich Hilfe zu holen, falls er doch mal nicht so direkt weiter weiß. Ja, er betritt auch Neuland, hat zugegeben, dass er mit der einen Sache nicht groß Erfahrung hat, ist aber auch lernfähig, merke ich. Er geht extrem achtsam mit mir um. Bei ihm bin ich bislang immer gut aufgestellt nach Hause gegangen, und wenn dann später doch noch mal was hochkam, konnte das idR noch vor dem nächsten Termin per Mail geklärt werden, anrufen tue ich halt nur im großen Ausnahmefall, will ja auch nicht nerven. Da bin ich bei meiner Ex und bei dem ein oder anderen Probekandidat schon ganz anders nach Hause gegangen (zum Glück gibt es ja schutzengel). Glaube mir, ich achte inzwischen sehr auf meine Grenzen und kann sie einfordern.
münchnerkindl hat geschrieben: Also warum schluckst du die berechtigte Kritik an ihm einfach so runter.
Das tue ich gewiss nicht. Von Anfang an hat er von sich aus mich aufgefordert, ihm Rückmeldung zu geben. Ich habe ihm schon gewaltig gegen das Bein gepinkelt, wir haben Konflikte geklärt, und er hat dabei nicht immer Recht. Und er bekommt auch mal positive Rückmeldung, wenn mir mal was ganz gut getan hat.
Du siehst, MüKi, inzwischen kann ich auch hier meine Grenzen wahren, vertreten, konnte ich zum Anfang, als ich hier auftauchte noch nicht. Und natürlich passiert es mir auch, dass ich irgendwas nicht so ganz klar verständlich schreibe, oder einige wichtige Aspekte für euch fehlen, um Sachverhalte genau zu beurteilen. So erscheinen einige Sachverhalte einfach anders, als sie für mich sind. Kann halt passieren, muss ich dann versuchen zu klären. Manchmal sehe ich aber vielleicht auch etwas nicht und bin dann auch froh, von dir/euch anderen Rückmeldung zu bekommen, um das dann auch zu überdenken. Das ist ja das gute hier.
Mein jetziger Thera hat mich wirklich schon ein großes Stück weiter gebracht, wenn ich mal zurück blicke, wie es war, als ich bei ihm anfing. Ich gebe den so schnell nicht wieder her!
Ist jetzt ein bisschen lang geworden.