Wie äußert ihr Unzufriedenheit mit dem Thera?

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stern
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Beitrag Di., 14.02.2012, 10:24

Ich bin überzeugt, dass Therapeuten und th. Schulen hier ganz unterschiedliche Ansätze haben. Mein Thera ist der Auffassung, es ist nicht gut, wenn Patienten in der Therapie alles erlaubt ist, da er denkt, jeder Therapeut ist - trotz aller Professionalität - auch ein Mensch, und wenn dieser Mensch von seinem Patienten beschimpft und beleidigt wird, dann brennt er irgendwann aus.
Eine Beleidigung o.ä. soll ja persönlich treffen (oder was sonst?)... sehe ich auch so, dass sich ein Thera nicht bieten lassen muss, dass er persönlich beschädigt wird (je mehr etwas von der Sache ("sachlich") weggeht, umso mehr soll es wohl bewusster oder unbewusster ausagierend persön-lich treffen). Bestenfalls kann man noch einen Übertragungsaspekt herausarbeiten - kommt aber wohl auch darauf an, wie persönlich es adressiert ist

Dagegen sagt ein Gefühl (und eine Gefühlsäußerung, wenn es denn wirklich eine ist... und nix pseudomäßiges) nur etwas über das Innenleben des Absenders aus... muss daher nicht verletzend sein... obwohl man "geballte" Gefühle äußert (bzw. gerade deswegen nicht).

Gibt alles so grds. gesehen ganz viel Spielraum Unzufriedenheit zu äußern oder auf wahrgenommene Kränkungen zu reagieren ohne sich zurücknehmen zu müssen.
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montagne
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Beitrag Di., 14.02.2012, 10:37

Ich denke auch, bieten lassen, muss ein Therapeut sich sowas nicht. Und sollte es auch nicht, um seiner selbst willen, aber vor allem wegend es Klienten. das würde ja signalisieren, es ist okay Leute sch.eiße zu behandeln. Also ist es im Umkehrschluss auch okay, das ich in der Kindheit sch.eiße behandelt wurde? Es würde auch signalisieren, der Therapeut hat die Kraft nicht dem Destruktiven etwas entgegenzusetzen, es zu begrenzen. Beides böse Falle.

Es ist ja ein Ringen um Grenzen. Also einerseits denke ich kann, darf man alles sagen, aber das heißt noch lange nicht, dass der Therapeut alles freundlich aufnimmt. Eine entsprechende Reaktion wird hoffentlich kommen.
Dagegen sagt ein Gefühl (und eine Gefühlsäußerung, wenn es denn wirklich eine ist... und nix pseudomäßiges) nur etwas über das Innenleben des Absenders aus... muss daher nicht verletzend sein... obwohl man "geballte" Gefühle äußert (bzw. gerade deswegen nicht).
"Ich hasse Sie." Ist ein Gefühl in Ich-Botschaft. Prima. Und doch wahrscheinlich ziemlich verletzend. und auch auf den ersten Blick noch harmlosere Dinge können treffen, würde ich mal sagen. Kommt ja auch auf die Tonlage und den Kontakt drauf an.
Letzlich ist das ja auch der gesunde Sinn von Zorn. Er soll in eiem selbst etwas bewegen, das man aktiv wird und soll im anderen auch was bewegen, das der aktiv wird oder was ändert, innerhält und vom bisherigen Gleis abkommt, um eben auf ein für einen günstigeres zu springen.
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carö
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Beitrag Di., 14.02.2012, 11:20

montagne hat geschrieben:"Ich hasse Sie." Ist ein Gefühl in Ich-Botschaft. Prima. Und doch wahrscheinlich ziemlich verletzend.
hm, ich weiss nicht. ich habe gestern auch über den anderen thread noch nachgedacht. ist es nicht so, dass das, was einen verletzen KANN, auch etwas mit einem selbst zu tun hat?

ich weiss, dass es schwer auszuhalten ist, auch für therapeuten, immer wieder mit geballter aggression umzugehen, die ihnen entgegenschlägt. und klar ist auch, dass sie sich nicht demütigen lassen dürfen schon um des patienten willen, denn dieser muss auch lernen, dass es grenzen gibt. wie du ja auch schreibst, montagne, wenn sich der therapeut treten lässt, könnte man meinen, dass man sich selbst auch so behandeln lassen muss. er muss also grenzen setzen.. sprich keine tätliche gewalt, keine persönliche beleidigungen. aber ob es den therapeuten tatsächlich im innern verletzt hat AUCH etwas mit seiner fähigkeit zu tun, darüber hinaus zu denken und zu fühlen... denk ich. wenn es ihn verletzt, was sein kann, dann wird er sich damit beschäftigen müssen... für sich! es ist seine aufgabe, nicht die des patienten sich angepasst zu verhalten.

wenn man kleine kinder beobachtet, wie sie voller zorn auf die mutter einprügeln, dann ist klar, dass die mutter das schlagen unterbinden wird oder klar auch, dass sie nicht zulassen wird, sich a... nennen zu lassen. aber es wäre schlimm, wenn sie sich von dem kindlichen zorn im inneren verletzen liesse. sie würde sich auf die kinderebene begeben und dem kind keinen halt geben können und keinen raum für seine gefühlsausbrüche.

genauso denke ich könnte das auch ein therapeut handhaben... ich kann das z.B. aus meiner erfahrung heraus nachvollziehen. ich war sehr aggressiv in der therapie - immer und immer wieder - habe meine therapeuten auch mal beleidigt. worauf er nur ganz klar feststellte "sie sind unverschämt!" auch mit erkennbarer tonlage, also nicht gerade amused... aber deswegen eine stunde ausfallen zu lassen. nein, um himmels willen. viel später hat er mir gesagt, dass ihn das auch ziemlich mitgenommen hat und es schwer war für ihn, dass er sich aber immer wieder klar gemacht hat, dass ich aus ganz großer not heraus, aus angst etc.. so agiert habe... damit konnte er umgehen und musste eben nicht zurückschlagen.

ich glaube, dass es gerade wichtig ist in einer therapeutischen beziehung zu erleben, dass auch hass gehalten werden kann. das ist für beide seiten nicht gerade lustig. aber wenn es überwunden werden kann... sprich die spaltung zwischen dem tollen idealen therapeuten und dem therapeuten der etwas versagt, was man sich wünscht und den man dann mit aller kraft hassen MUSS und aus seinem herzen herauswerfen muss, der dann aber zu einem verfolgenden objekt wird in der phantasie, der einem böse ist und einen aus der stunde werfen will etc... also wenn diese spaltung überwunden wird und der therapeut, genauso wie die mutter früher zB als mensch mit guten und weniger guten seiten erkannt werden kann, dann ist sehr viel an entwicklung gewonnen.
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)


montagne
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Beitrag Di., 14.02.2012, 11:38

"sie sind unverschämt!" auch mit erkennbarer tonlage, also nicht gerade amused... aber deswegen eine stunde ausfallen zu lassen. nein, um himmels willen. viel später hat er mir gesagt, dass ihn das auch ziemlich mitgenommen hat und es schwer war für ihn, dass er sich aber immer wieder klar gemacht hat, dass ich aus ganz großer not heraus, aus angst etc.. so agiert habe... damit konnte er umgehen und musste eben nicht zurückschlagen.
So kenne ich es aus meiner Therapie auch.
Und so meine ich das auch mit nicht bieten lassen müssen und entsprechend reagieren seitens des Therapeuten.
Nur In der Situation, so kenne ich es, war so eine Äußerung auch für michd ann wieder bedrohlich. zwar irgednwie auch gleich gut als Grenze, aber auch erschreckend und bedrohlich. Musste ich erstmal verdauen. in dem Moment hab ich das Wohlwollen meienr Therapeutin 8schion lange) nicht mehr gefühlt, auch wenn es sicher da war, aber auch meiner Perspektive war es erstmal weg.

Auch würde ich klar unterschieden zwischen den Agressionen eines kleinen Kindes und eines Erwachsenen. Ich kenne es so, selbst bei einem 6jährigen fühle ich mich weniger angegriffen, kann anders, gleich besser damit umgehen. Bei einem 16jährigen ist das schon was anderes. Da sind ganz andere psychische und auch körperliche Kräfte dahinter, das wirkt ganz anders. da hab ich schon mal nachhaltig zu schlucken gehabt.

Und so sehe ich es auch in der Therapie. Letzlich ist die Therapeutin nicht meine Mutter, die ihr Kind über alles liebt und daher die Situation schon anders wahrnimmt. Und letzlich bin ich nicht 3, sondern eine erwachsene Frau mit erheblichen psychischen, körperlichen Kräften und entsprechend treffender, verbaler und gestischer Ausdrucksweise, die ein Kind gar nicht hat.
Das ist ja auch das problematische und gar gefährliche, wenn in dem Erwachsenen noch die Aggressionen des Kleinkindes stecken.


Klar denke ich, es hat IMMER auch was mit einem zu tun. Aber letzlich, denke ich gibt es für jeden menschen, auch für Therapeuten einen Punkt, wo ein Angriff zu einer Verunsicherung und gar Verletzung führt. Und das sicher nicht erst im körperlichen Bereich.
Nur eben, wie du sagst, der Therapeut sollte anders damit umgehen als es im Alltag getan wird. Und kanns ja auch schon durch das Setting besser.
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Sunny girl
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Beitrag Di., 14.02.2012, 12:04

Sausewind hat geschrieben:Es kann natürlich auch sein, dass man mal ausrastet oder sehr wütend wird.
Heißt das, dass du dann auch laut wirst? Aber deinen Thera anschreien tust du nicht, oder?
Ich frage, weil andere auch davon schreiben, dass sie ihre Wut rauslassen, aber das kann vieles bedeuten, ich weiß ja nicht wie es dann konkret aussieht.
Woman hat geschrieben:Wenn mein T. sich über mich ärgert und das auch zeigt, entschuldigte er sich hinterher dafür, weil das unprofessionell sei. Ich mag aber diese Emotionen bei ihm und provoziere sie auch manchmal.
Ich finde es sehr gut, dass dein Thera sich Fehler eingestehen kann und sich entschuldigen kann. Aber ehrlich gesagt würde ich dann erwarten, dass er nicht wieder denselben Fehler macht, bzw., dass er sich das nächste Mal anders verhält. Wenn er immer die gleichen Fehler macht und sich später entschuldigt, frage ich mich warum er es trotzdem tut. Oder waren das ganz unterschiedliche Situationen?

Du magst es, wenn dein Th. wütend auf dich ist und dir Dinge sagt die er selbst hinterher schlecht findet? Ich finde das seltsam.
Waldschratin hat geschrieben:Generell geh ich selber immer davon aus,daß es aus dem Wald rausschallt,wie man reinbrüllt.Auch aus dem "Thera-Wald".
Ja, das erwarte ich auch, sogar wahrscheinlich etwas vertärkt. Ich versuche so wenig wie möglich zu kritisieren oder etwas unangenehmes zu sagen, da ich befürchte dann wird sich auch der Th. nicht zurückhalten. Ich fühle mich leider sehr schnell persönlich angegriffen und gekränkt. Daher übe ich Kritik möglichst nur dann, wenn es etwas wirklich wichtiges ist und es anders nicht geht. Das ist wohl nicht das optimale Vorgehen in einer Therapie.

montagne hat geschrieben:Meiner Erfahrung nach: temporär ja.
Ja, es wäre erträglich, wenn der Thera in dem Moment, also in der Sitzung oder auch in der darauffolgenden Sitzung nicht so nett ist. Das ist menschlich verständlich, wenn auch manchmal wohl schwer zu ertragen. Schlimm fände ich es dagegen, wenn er sich grundsätzlich distanzieren würde und nur noch wie ein Geschäftspartner mit einem sprechen sürde. Das könnte man dann auch schlecht ansprechen, denn rein formell wäre ja alles in Ordnung.

Ich finde es toll, dass du und deine Th. trotz allem eine gute gemeinsame Basis für die Therapie finden konntet. Ich frage mich nur, ob du glück hattes mit deiner Th. oder ob man dies grundsätzlich von Therapeuten erwarten kann.
montagne hat geschrieben:Was ich glaube ich auch denke, die Therapie ist keine Geschäftsbeziehung, in der ich richtig, vernünftig und aalglatt kommuniziere.
In meiner Therapie die ich letzes Jahr beenden musste, habe ich das ungefär so verstanden. Dass ich zum Th. wie zum Rechtsanwalt gehe und mich in Sachen Zwischenmenschliches beraten lasse. Vlt. hat mir die Therapie auch deshalb nichts gebracht.
weidenkatz hat geschrieben:eine wirkliche Beziehung zum Therapeuten einzugehen, trotz der Gefahr der Verletzung.
Ich bin nicht sicher, ob ich das riskieren will, also verletzt zu werden.
Waldschratin hat geschrieben:Andererseits darf ich als Klient ja auch "rumüben" und Fehler machen,es ist ja ne "Lernbeziehung".
Das ist sehr interessant. Bisher konnte ich das kaum so sehen. Aber woher weißt man, dass es so ist? Hat dir dein Thera das explizit gesagt oder hast du es selbst intuitiv herausgefunden? Wie gesagt war dies in meiner Therapie kaum erkennbar. Deshalb wusste ich auch nicht, dass ich den Thera für Übungen nutzen darf.

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Sunny girl
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Beitrag Di., 14.02.2012, 12:40

Sausewind hat geschrieben: Er ist dann nicht weich und sanft und sagt "ach die arme Patientin, sie kann ja nichts dafür, gut dass sie es rauslässt", sondern er fightet zurück.
carö hat geschrieben:habe meine therapeuten auch mal beleidigt. worauf er nur ganz klar feststellte "sie sind unverschämt!"
carö hat geschrieben:damit konnte er umgehen und musste eben nicht zurückschlagen.
Wie passt das denn zusammen?

Was soll man nun in einer Therapie erwarten bzw. womit muss man sich abfinden, dass der Th. zurckschlägt und ebenfalls verletzend wird oder darf er seine Rolle nicht verlassen und gelassen und therapeutisch überlegt reagieren?

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carö
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Beitrag Di., 14.02.2012, 12:51

wenn er feststellt, dass man unverschämt ist, dann halte ich das nicht für zurückschlagen. du ? oder was meinst du, dass da nicht zusammenpasst?

für mich wäre zB ein zurückschlagen gewesen, wenn er ebenfalls aggressiv reagiert hätte. (also im sinne von zurückfighten, aber vielleicht ist damit auch was anderes gemeint, als ich es verstehen) aber dass er auch angespannt war und konsequent mit grenzsetzung reagiert hat... also DAS kann ich auf jeden fall zugestehen.
und dass er nicht gerade in begeisterungsstürme ausbricht ist doch auch klar. authentizität halte ich dabei für wichtig...
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münchnerkindl
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Beitrag Di., 14.02.2012, 13:04

Sausewind hat geschrieben: Er ist dann nicht weich und sanft und sagt "ach die arme Patientin, sie kann ja nichts dafür, gut dass sie es rauslässt", sondern er fightet zurück.

ich denke gerade wenn ein Klient aggressiv kann ein Therapeut durch sanft und verständnisvoll bleiben ohne einzuknicken hier eine Veränderung initiieren.

Weil daß Menschen auf Aggressivität mit Aggressivität reagieren ist überhaupt nichts gewonnen. Weil das ist genau das was ja im realen Leben überall passiert? Und? Reduziert das die Aggressivität in der Welt? Nein, das einzige was passiert ist ein Machtkampf in dem es einen Sieger und einen Verlierer gibt. Was soll daran therapeutisch wertvoll sein?

Hier mal ein ausgesprochen wahres Zitat das 2500 Jahre alt ist und von Gautama Siddharta, genannt Buddha stammt.



Wir sind, was wir denken.

Alles, was wir sind, entsteht in unseren Gedanken.

Mit unseren Gedanken erschaffen wir die Welt.

Sprich oder handele mit einem unreinen Geist,

Und Schwierigkeiten werden Dir folgen,

Wie das Rad dem Ochsen, der den Karren zieht.



Wir sind, was wir denken.

Alles, was wir sind, entsteht in unseren Gedanken.

Mit unseren Gedanken erschaffen wir die Welt.

Sprich oder handele mit einem reinen Geist,

Und Glück wird Dir folgen.

Wie Dein Schatten, unerschütterlich.



'Schau, wie er mich beschimpfte und schlug,

Wie er mich niederwarf und ausraubte.'

Leben mit solchen Gedanken und Du lebst im Hass.



'Schau, wie er mich beschimpfte und schlug,

Wie er mich niederwarf und ausraubte.'

Lasse solche Gedanken hinter Dir und Du lebst in Liebe.



In dieser Welt konnte Hass noch nie durch Hass überwunden werden.

Nur Liebe überwindet Hass.

So ist das Gesetz,

Uralt und unerschöpflich.



Ich denke nun nicht daß das bedeutet sich zum Fussabstreifer machen zu lassen. Aber ich denke daß eine aggressiv-defensive Haltung des Therapeuten hier niemanden weiterbringt.

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stern
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Beitrag Di., 14.02.2012, 13:15

Meiner Erfahrung nach ist das "schlimmste" (soweit man von schlimm reden kann) dass sich Thera mal (temporär) ärgert, genervt über etwas ist... war bei mir einmal der Fall als ich mich reichlich kindisch-trotzig benahm. Nun ja, wenn mein Verhalten Anlass dazu gab, finde ich das auch o.k., menschliche Reaktion (manche Theras sind bzgl. der Gegenübertragung allerdings abstinenter... wäre aber nicht mein Ding). Wichtiger ist mir, dass ein Thera "echt" reagiert... wenn die Reaktion "Gelassenheit" ist, dann auch o.k., wenn so empfunden. Absurd empfände ich (für mich) eher, wenn ich mir alles rausnehmen dürfte (meine Grenzen sind eher weiter gesteckt, gab bisher keinen Grund den Spielraum auszuschöpfen), dem Thera aber nur best. Reaktionen zubilligen würde, die mir gerade in den Kram passen oder die für mich besser "aushaltbar" sind.
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Beitrag Di., 14.02.2012, 13:42

stern hat geschrieben:das "schlimmste" (soweit man von schlimm reden kann)
Na ja, einige hier berichten von sehr unangenehmen Erfahrungen, die für sie sehr schlimm waren, auch durchaus längere Zeit.
stern hat geschrieben:Absurd empfände ich (für mich) eher, wenn ich mir alles rausnehmen dürfte (meine Grenzen sind eher weiter gesteckt, gab bisher keinen Grund den Spielraum auszuschöpfen), dem Thera aber nur best. Reaktionen zubilligen würde, die mir gerade in den Kram passen oder die für mich besser "aushaltbar" sind.
Ich finde ein Th. muss schon deutliche Worte sprechen können. Aber er muss auf die Situation und die Verfassung des Klienten Rücksicht nehmen. Denn der Klient ist meistens in der schwächeren Position- er ist derjenige dem es nicht gut geht, er ist derjenige der die Therapie braucht. Er sollte sich Gedanken darüber machen was seine Worte beim Klienten verursachen, auch wenn sie aus seiner Sicht "richtig" sind.

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stern
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Beitrag Di., 14.02.2012, 13:52

ich denke gerade wenn ein Klient aggressiv kann ein Therapeut durch sanft und verständnisvoll bleiben ohne einzuknicken hier eine Veränderung initiieren.

Weil daß Menschen auf Aggressivität mit Aggressivität reagieren ist überhaupt nichts gewonnen. Weil das ist genau das was ja im realen Leben überall passiert? Und? Reduziert das die Aggressivität in der Welt? Nein, das einzige was passiert ist ein Machtkampf in dem es einen Sieger und einen Verlierer gibt. Was soll daran therapeutisch wertvoll sein?
Von Aggression mit Aggression zu begegnen halte ich auch nichts, auch nichts von Machtkämpfen oder wie ich "zurückfighten" verstehe (was evtl. auch Ausagieren seitens des Therapeuten sein könnte)... würde aber tendenziell sagen, der Spielraum eines angemessenen Umgangs damit ist weiter, und steckt nicht nur besonders sanft-mild-gestimmte Reaktionen (wobei ein Thera natürlich auch so reagieren kann, wenn er eine sanftmütige Postion einnehmen kann).

Sondern meinetwegen auch eine bestimmte Grenzsetzung. Die Äußerung von Ärger, etc. Rückmeldung zum Verhalten und dessen Wirkung... all das kann auch Verständnis im Sinne von Verstehen beinhalten, was im Patienten vorging (sei es, dass der Patient dies eh kommunizierte... sei es, dass man es später oder in dem Zuge erkundet). Aggressiv wäre all das nicht. Denke aber, es kann wiederum verletztend von Patienten aufgefasst werden, so dass es vielleicht in noch eine Runde geht.
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Beitrag Di., 14.02.2012, 14:06

stern hat geschrieben:würde aber tendenziell sagen, der Spielraum eines angemessenen Umgangs damit ist weiter, und steckt nicht nur besonders sanft-mild-gestimmte Reaktionen (wobei ein Thera natürlich auch so reagieren kann, wenn er eine sanftmütige Postion einnehmen kann)..


ich bin der Meinung daß ein Therapeut die Wahl haben sollte wie er reagiert, also ob es in der Situation angemesen ist freundlich zu blieben und überhaupt nicht auf die Aggressivität einzusteigen oder Grenzen zu setzen. Wie es eben der jeweilige Klient benötigt.

Von einem Therapeuten der selbst in seinen emotionalen Reaktionen gefangen ist erwarte ich mir nicht lernen zu können wie ich mit meinen eigenen emotionalen Impulsen besser klarkommen kann.

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stern
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Beitrag Di., 14.02.2012, 14:20

Meiner Erfahrung nach ist das "schlimmste" (soweit man von schlimm reden kann) dass sich Thera mal (temporär) ärgert, genervt über etwas ist...
Na ja, einige hier berichten von sehr unangenehmen Erfahrungen, die für sie sehr schlimm waren, auch durchaus längere Zeit.

Ich blieb bei meinen eigenen ... und habe es auch schon erlebt, dass Thera (z.B. auch stat.) die therapeutische Distanz nicht mehr so wahren konnte (und sichtlich verärgert war, plus unpassende Bemerkung, die daneben war und das eigentlich üble war, weniger der Ärger an sich)... und sicherlich ist das alles andere als angenehm (für mich gewesen). Aggressives Verhalten (was ich darunter verstehe) war es (vom Thera aus) dennoch nicht, trotz eines gewissen Distanzverlustes (der natürlich nicht sein sollte, aber nun ja...).
Aber er muss auf die Situation und die Verfassung des Klienten Rücksicht nehmen. Denn der Klient ist meistens in der schwächeren Position- er ist derjenige dem es nicht gut geht, er ist derjenige der die Therapie braucht. Er sollte sich Gedanken darüber machen was seine Worte beim Klienten verursachen, auch wenn sie aus seiner Sicht "richtig" sind.
sicherlich... allerdings mit der Einschränkung: soweit man das überhaupt antizipieren kann. Individuelle Verletzlichkeit kann an so vielen Stellen liegen, dass man das nicht immer hellsehen kann.

Wenn ein Patient z.B. verbal um sich schlägt (um Unzufriedenheit zu äußern), aber mit z.B. daraufhin erfolgten Grenzsetzungen partout nicht klar kommt, sich dann umso gekränkter fühlt o.ä... dann kann IMO der Weg nicht sein, dieselben absolut zu vermeiden... denn wie sollte man sonst lernen, damit umzugehen... gerade wenn man Therapie als Übungsfeld begreift? Verstehen schließt das nicht aus. So in die Richtung meine ich das... Aggressivität, Machtkämpfe, etc. finde ich auch daneben.
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Woman
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Beitrag Di., 14.02.2012, 14:35

Sunna girl hat geschrieben:Ich finde es sehr gut, dass dein Thera sich Fehler eingestehen kann und sich entschuldigen kann. Aber ehrlich gesagt würde ich dann erwarten, dass er nicht wieder denselben Fehler macht, bzw., dass er sich das nächste Mal anders verhält. Wenn er immer die gleichen Fehler macht und sich später entschuldigt, frage ich mich warum er es trotzdem tut. Oder waren das ganz unterschiedliche Situationen?


Ich habe nicht geschrieben, dass er immer denselben Fehler macht! Es waren 2-3mal unterschiedliche Situationen.

Du magst es, wenn dein Th. wütend auf dich ist und dir Dinge sagt die er selbst hinterher schlecht findet? Ich finde das seltsam.


Habe ich auch nicht geschrieben! Ich schrieb:

Woman hat geschrieben:Wenn mein T. sich über mich ärgert und das auch zeigt, entschuldigte er sich hinterher dafür, weil das unprofessionell sei. Ich mag aber diese Emotionen bei ihm und provoziere sie auch manchmal.


Er entschuldigt sich dafür, dass er mir als Klientin seinen Ärger zeigt. (was auch nur 2-3mal in zwei Jahren vorgekommen ist). Er meint, dass stünde ihm als Therapeut nicht zu, seine Gefühle nach außen zu zeigen und sei unprofessionell. Ich habe auch nicht geschrieben, dass er, wenn er wütend oder ärgerlich ist, Dinge sagt, die er hinterher schlecht findet. Auf dieser Ebene kommunizieren wir nicht, weder habe ich ihn jemals noch er mich verbal unter der Gürtellinie angegriffen Ich mag seine Emotionen und finde ein T. ist auch ein Mensch und darf Gefühle zeigen und muss sich nicht immer 'stocksteif' verhalten.

P.S. Sorry, für den verunstalteten Text, man sollte nicht drei Dinge gleichzeitig machen
Zuletzt geändert von Woman am Di., 14.02.2012, 14:44, insgesamt 5-mal geändert.
Und seit jeher war es so, daß die Liebe erst in der Stunde der Trennung ihre eigene Tiefe erkennt.


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Beitrag Di., 14.02.2012, 14:36

Mal eine blöde Frage: Was genau ist denn hier mit Aggressivität gemeint? Ich frage das, weil es doch möglich ist, seine Aggressionen auch auf subtile Art zu äußern. Wäre das dann besser, als zu sagen: "Ich hasse Sie!"? Ich meine, geht es jetzt darum, stilistisch möglichst elaboriert zu sprechen? Doch eher nicht, oder? Das heißt, ein "ich hasse Sie" muss doch nicht aggressiver sein als irgendeine andere Äußerung, die eigentlich denselben Inhalt transportiert, nur eben 'gesellschaftstauglicher'.

Ist es nicht gerade der Witz, diese infantilen Gefühle zu- und rauszulassen, anstatt sich möglichst taktvoll zu verhalten? Ich dachte immer, es geht darum, Zugang zu seinen Gefühlen zu bekommen, weil die Heilung auf diese Weise eher eintritt, als wenn man alles nur auf der rationalen Ebene ausspricht ("ich darf nicht zu deutlich werden, weil das den Therapeuten verletzen wurde, und das tut man ja nicht. Also rede ich so, dass man mir auf keinen Fall etwas vorwerfen kann").

Ich selbst bin dafür bekannt, durchaus verbal ziemlich aggressiv sein zu können, aber ich hab noch nie jemanden beschimpft oder beleidigt. Ich merke das auch oft gar nicht, dass Andere mein Verhalten als aggressiv bewerten. Wenn ich jetzt in der Therapie auch noch aufpassen müsste, möglichst höflich zu sein und möglichst wenig von meinen wahren negativen Gefühlen rauszulassen, wäre das wohl nicht so effektiv. Also, wenn ich so was wie Hass empfinde - warum sollte man das dann nicht äußern dürfen? Ist es die Aussage, die so verstört, oder ist es das Gefühl? Wenn es aber das Gefühl ist, welches sozusagen nicht in Ordnung ist, dann ist es doch gerade wichtig, das auch auszudrücken, oder?

Ich persönlich würde die Grenze vielleicht bei Drohungen ziehen. Also, ich würde mir als Therapeut auch nur ungerne sagen lassen: "Ich schlachte Sie ab!" Ich denke, das muss man sich dann auch nicht bieten lassen, weil es da eben tatsächlich um die eigene Unversehrtheit geht, die schon gewährleistet sein muss. Alles Andere muss man m.E. lernen, auszuhalten. Was nicht bedeutet, dass man es kommentarlos und gleichmütig schlucken muss.

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