Keine Diagnostik / Behandlung trotz Betreuung

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hawi
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Beitrag Mi., 08.02.2012, 11:26

Hallo Lilly!

Wenn es vorher schon zu lesen war, dann hab ichs überlesen.
Schlaganfall! Dann kann ich mit dem Beispiel meiner Mutter immerhin ein wenig mitreden, mitfühlen, mich hineinversetzen.
Da war es nämlich auch ein Schlaganfall der alles änderte.
Allerdings „nur“ so änderte, dass sie nicht betreut werden musste, so einigermaßen wieder selbst zurecht kam. Aber, vorher und nachher, schon sehr anders, vor allem natürlich für sie selbst.
Und in gewisser Weise auch ein völlig anderes Verhalten, als du es von deiner Freundin beschreibst. Allein, nach ihrem Schlaganfall, meine Mutter wollte, musste sich beweisen, dass sie noch kann, dass sie will, und kann, was sie will. Fahrradfahren, Gardinen waschen, ab- und aufhängen, reisen, was unternehmen und und und.
Nur rein vernünftig betrachtet konnte sie eben eigentlich einiges nicht mehr so, dass es für sie ohne Bedenken möglich gewesen wäre.
Fahrrad fahren! Sie hat es dann wirklich nicht mehr versucht, aber es war immer mal nah dran.
Und weils bei dir um ne OP geht: Nach gut zwei Jahren kam der zweite Schlaganfall.
Einer, der laut Ärzten fast alles kaputt gemacht hatte. Dennoch, die Ärzte fragten mich dann schon, wie sie verfahren sollten. Alles tun, um den kleinen Rest Leben noch zu erhalten oder eben eher nicht. Meine Entscheidung damals: Variante zwei! Die dann dazu führte, dass sie nach drei Tagen starb. Richtig? Ich würde es jedenfalls wieder so entscheiden.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

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Lilly111
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Beitrag Mi., 08.02.2012, 12:51

Hallo hawi!

Das tut mir leid mit deiner Mutter!!
"Richtig?" war sicherlich richtig. Wenn die Schädigungen so schwer waren und deine Mutter immer so agil war.
Du hast das so schön beschrieben. Gardinen, reisen, Fahrrad fahren!

Es ist die Entscheidung über Leben und Tod, die niemand gern trifft.
Manchmal kann man sich dem nicht entziehen.

Man hört es so oft, dass nach einem Schlaganfall über kurz oder lang der zweite folgt. Genau davor haben wir Angst. Die Ursache für den ersten Schlaganfall konnte bei meiner Freundin nicht gefunden werden. Auch nicht mit sehr aufwändiger Diagnostik. Die für uns Laien naheliegendste Erklärung ist, dass es mit der seit Jahren notwendigen, aber nicht durchgeführten, OP zu tun hat. Soo abwegig ist der Gedanke nicht. Auch wenn das natürlich kein Arzt bestätigen würde, weil man damit frühere Versäumnisse einräumen würde.

Nun ist Risikoabwägung angesagt.
Wird nicht operiert, entstehen neue Krankheitsbilder, weil andere Organe mit geschädigt werden. Die Ärzte haben uns schon mal eine "Vorschau" gegeben, was alles in Zukunft auf meine Freundin zukommen kann. Hinzu kommt, dass wir das (s.o.) für einen möglichen Auslöser für den Schlaganfall halten und damit vllt. auch für einen zweiten.
Wird operiert, besteht das Risiko, dass sie die OP nicht überlebt. Aufgrund des Schlaganfalls (und dadurch bedingtes erhöhtes OP-Risiko) oder aufgrund der Schwere der OP. Da traut sich ohnehin nur die Uni-Klinik, nicht aber das "Wald- und Wiesenkrankenhaus" ran.
Und keiner kann sagen, welches Risiko höher ist.
Das Einfachste ist, wenn der Patient 'Nein' zur OP sagt. Dann gibt es nichts zu entscheiden.

Ich lass das mal so stehen....

Lilly
... as stubborn as a mule.

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hawi
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Beitrag Mi., 08.02.2012, 13:35

Hallo Lilly!

Eins stimmt sicherlich, Ärzten - den meisten und grad auch denen, die operieren - wärs am liebsten, wenn sie es so weit wie möglich nicht selbst verantworten müssen, wenn das Hauptrisiko entweder der Patient oder halt jemand anders trägen würde.
Andererseits aber: Ärzte sind auch Erfolgsmenschen. Ein Chirurg operiert ja durchaus auch aus eigenem Antrieb heraus, sonst wär er nicht Chirurg.
Keine OP ist für so jemanden also auch nicht das wahre.
Nur will er halt Erfolge, etwas mit so wenig wie möglich Risiko, Risiko für ihn sowieso, aber auch generell, sprich ein Arzt geht ja auch ein Risiko ein, wenn er fälschlich nichts macht. Auch das wird ihm dann nicht nur von außen vorgeworfen werden, nen guter Arzt wird es sich auch selbst vorwerfen.
Das Einfachste?
Vielleicht aus ärztlicher Sicht doch nicht so einfach.
Und aus dieser Sicht bedeutet die mangelnde Bereitschaft des Patienten zur OP mittlerweile ja nicht allein ein juristisches Risiko. Auch medizinisch ist - so weit ich weiß - halt die Bereitschaft, der Wille des Patienten zur OP, sein Mitwirken, sein Glaube an die OP ziemlich wichtig, wohl wichtiger als es früher beachtet wurde.. Auch vom Willen des Patienten hängt der Erfolg einer OP ab. . Oder anders, wer gegen seinen Willen operiert wird, dessen Aussichten auf erfolgreiche OP sind halt geringer, als wenn der Wille da ist, wenn der Patient also die OP positiv für sich sieht.

Was da nun in welchem Maß bei dem, was dich bedrückt, beschäftigt, zählt, ne Rolle spielt? Medizinische Vorbehalte oder die Scheu vor rechtlicher Verantwortung? Oder beides?

LG hawi
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hawi
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Beitrag Mi., 08.02.2012, 14:20

Ich schon wieder:

Ich überleg grad nämlich zu Schlaganfall und dann halt deiner Freundin.
Hat der Schlaganfall sie so getroffen, dass ganz generell auch ihre Entscheidungsfähigkeit dadurch beeinträchtigt, eingeschränkt wurde?
Wie klar ist sie seit dem Schlaganfall?

Denn da hatte halt meine Mutter ziemlich Glück gehabt im Unglück. Erst mal war zwar die Sprache weg, auch die Fähigkeit, sich zu orientieren, vor allem zeitlich, und dann noch ein wenig das Kurzzeitgedächtnis, aber all das kam nach und nach wieder.
Ganz selten mal, dass sie dann später aufwachte und sich im Tag oder der Urzeit vertat. Sonst war sie aber halt geistig schon voll da.

Wie ist das bei deiner Freundin? Was hat sich da wie verändert?
-------------

ich lass das oben mal stehen, seh aber grad, dazu hast du ja schon was geschrieben. Klärt leider auch nicht grad was Manchmal ist Leben ...
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hawi
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Beitrag Mi., 08.02.2012, 15:14

Steht auch anderswo, aber ich nehm mal diesen Link:
http://www.familienratgeber.de/recht/ge ... reuung.php
Zitat:
Kontrolle der Betreuer
Betreuer werden vom Betreuungsgericht kontrolliert. Dritte oder Angehörige haben die Möglichkeit, ihre Anmerkungen und Beschwerden beim Betreuungsgericht einzureichen. Das Gericht muss dann den Hinweisen nachgehen.


Vor allem wenn so oder ähnlich wie du es hier jetzt schreibst, siehst, auch noch andere denken, spätestens dann würd ich an deiner, eurer Stelle das mal dem zuständiger Richter schreiben, sagen, vortragen.

LG hawi
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Lilly111
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Beitrag Mi., 08.02.2012, 15:19

Hallo hawi,

danke dir, dass du hier so dran bleibst.
Die letzte Kurve war ein bisschen schnell genommen. Ich bin gedanklich noch nicht ganz so weit, dass ich die Mitwirkung des Patienten obenan stelle und damit eigentlich alle Probleme (gedanklich) gelöst sind. So einfach hast du es sicherlich auch nicht gemeint. Aber es ist schon eine gute Gedankenbrücke für den Fall, dass ich das Unabänderliche akzeptieren muss.

Z.B. hadere ich noch mit diesem Punkt.
Arzt und Betreuer müssen sich also vom Vorliegen der Einwilligungsfähigkeit des Betreuten überzeugen. Die Einwilligungsfähigkeit muß immer im Hinblick auf den konkreten Eingriff beurteilt werden. Bei einfachen Maßnahmen kann sie vorliegen, bei komplizierten nicht.
Eine Voruntersuchung zur OP gilt wohl als einfache Maßnahme. Da wurde meiner Freundin also durchaus die Einwilligungsfähigkeit zugebilligt. Obwohl man eigentlich weiß, dass sie die OP im Ganzen nicht überblicken kann. Aber ohne Voruntersuchung keine OP. Schließlich will man (berechtigterweise) vorher wissen, was und wo man schneidet.
Wie ist das bei deiner Freundin? Was hat sich da wie verändert?
Gute Frage!
Dazu gibt es schon noch eine Menge zu schreiben. Zusätzliche Informationen zu den bisherigen. Auch nicht so ganz unwichtige. Da geh ich nochmal in mich, ob ich das hier so öffentlich möchte.

Es war schon ein ziemlich schwerer Schlag. Wenn ich es bspw. an der Sprache festmache, dann wird es als Erfolg gewertet, wenn meine Freundin heute nach gut einem halben Jahr wieder ganze einfache Sätze sprechen kann. Die Motorik bleibt dauerhaft geschädigt. Das sagte man uns aber auch gleich unmittelbar danach. Sind einmal die Nervenbahnen unterbrochen, kommt das auch nicht mehr wieder. Stichwort: Hemiparese. Kurzzeitgedächtnis? Da bin ich momentan bisschen überfragt. Ich glaube nicht, dass sie weiß, was es zum Mittag gab. Aber vllt. interessiert es sie auch einfach nicht. Wer will und kann das beurteilen, wenn man bspw. auf eine solche Frage keine Antwort bekommt? Weiß sie es nicht, will sie es nicht wissen, oder hat sie die Frage gar nicht erfasst? Schwierig.

Ach hawi, ich sehe gerade dein letztes Post. Du hilfst mir gerade so ungemein. Danke dir !!!
Ich guck mir gleich mal den Link an und melde mich dann hier wieder. Heute Abend habe ich auch wieder aktuelle Informationen, auch wenn vermutlich unverändert. Aber auch das kann schon positiv sein.

Lilly
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Lilly111
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Beitrag Mi., 08.02.2012, 21:30

Leider nicht unverändert.
Meine Freundin hat wieder Schmerzen. "Sinnigerweise" führt sie die erneuten Schmerzen auf ihre Medikamente zurück und nimmt diese seit zwei Tagen nicht mehr. Das ist noch kein Beinbruch, aber die Schmerzen sind beunruhigend. Unter anderem deswegen war sie ja erst im Krankenhaus. Was will man jetzt tun? Schmerzmittel geben? Irgendwann Morphium? Hauptsache es muss nicht operiert werden, weil es sich niemand traut? Im Falle einer Not-OP ist das Risiko nochmal erhöht, weil die blutverdünnenden Medikamente nicht abgesetzt werden können.

Gleich noch ein zweites
Aussage der Betreuerin ist, dass sich das Gericht mit der Anordnung der OP auch deshalb so zögerlich bis ablehnend verhält, weil keine Fremd- oder Selbstgefährdung vorliegt. Sehr witzig bei einer Schlaganfallpatientin mit diesen schweren Schädigungen. Dazu ist meine Freundin schlichtweg nicht mehr in der Lage, selbst wenn sie es denn wollte. Aber nun, wo sie ja so schön friedlich ist (was bleibt ihr weiter übrig), tut man sich mit der Anordnung schwer.

Das ist die Quadratur des Kreises.
Ich muss erstmal eine Nacht drüber schlafen.

Lilly
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Lilly111
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Beitrag Do., 09.02.2012, 08:04

Eine Nacht geschlafen, morgens wach werden, der erste Gedanke ist der richtige.
Ich treffe wichtige Entscheidungen oft auf diese Art.
Bisher habe ich eine so getroffene Entscheidung noch nie bereut.



Lilly
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hawi
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Beitrag Do., 09.02.2012, 09:07

Hallo Lilly!

Es ist wie es ist. Leider ist es oft nicht so, wie es sein sollte. Und grad auch besser?
Was ich in so einer Situation heute könnte, selbst könnte?
Womöglich nur ein frommer Wunsch, aus meiner eigenen Rückschau……?
Mein Agieren, Machen, Tun, das finde, fand ich in Ordnung, das sollte, musste so sein.
Und was ich von dir lese, fühlt sich für mich auch ziemlich richtig an.
Das ist wichtig, wohl auch um selbst das Gefühl zu haben, etwas tun zu können.
Womit ich wohl schon ein sehr großes Problem hatte:
Die eigene Ohnmacht dabei besser zu sehen, zu händeln, zum Teil auch einfach zu akzeptieren. Auch so was wie eine emotionale Lastverteilung hinzukriegen.
Ganz unbewusst, ich selbst neige dann schon dazu, emotional ziemlich allein mit so was zu sein, mich eigensinnig zu fordern und irgendwann zu überfordern.
Nicht wahr haben zu wollen und sei es nur, dass auch das beste von mir (in so einer Situation ohnehin schon ziemlich wenig, da ich nicht Arzt, Chirurg etc. bin), etwas ist, das allein nicht reicht, dass mein Wunsch, nein fast meine Pflicht mir und anderen gegenüber, es doch gefälligst zu bessern, zu groß für meine Fahigkeiten ist und ein wenig wohl auch für die aller sonst noch Beteiligten.
Sich und andere in die Pflicht nehmen: Ich selbst wünsch mir, hoffe, ich bin dabei nicht so maßlos wie ich es mal war. Und auch deshalb wünsch ich das auch anderen.
Wünsch mir, sie können es gleich besser als ich es mal konnte.

Zurück zur Sache:
http://wiki.btprax.de/Genehmigung_der_Heilbehandlung

Der Link ist nur noch ein wenig Ergänzung.
Mit ihm und dem was in deinem Thread schon steht, meine ich, vel mehr sollte es für Nichtfachleute nicht werden.

Zumal all das ja eher juristische und ein wenig auch medizinische Rahmen, Inhalte, Grenzen aufzeigt, definiert.

Wie am besten ausfüllen, damit umgehen?
Was mich immer mal wieder erschreckt, ist mangelnde Kommunikation.
Alle tun was für sich, denken was, aber so, dass vielfach jeweils Informationen, Fakten entweder ganz fehlen oder verfälscht ankommen, z.B. weil „stille Post“ gespielt wird.

Was jeweils mit wem geht, weiß ich nicht. Völlig ideal wäre, wenn es wie auch immer gelänge, alle Beteiligten an einen Tisch zu kriegen. Und sei es nur einmalig ziemlich kurz. Am Ende ist so was ein Projekt, aber halt eins ohne Projektmanager.
Jeder macht seins, nimmt seine Position wahr. Das kann funktionieren, ist aber fehleranfällig, grad auch weil halt doch sehr verschiedene Kompetenzen aufeinander treffen. Menschlich soziale, juristische, medizinische, jede einzelne Sicht wichtig, aber in der Addition oft verkehrt. Noch nicht mal vorwerfbar verkehrt. Jeder sieht halt aus seiner Sicht. Freunde, Verwandte, Betreuer, Betreuungsrichter, Internist, Chirurg und womöglich, wenn nötig auch noch Psychiater.

Wenn all die gut sind, dann versuchen sie soweit möglich, zusammen was zu erreichen.
Oft machen sie es am Ende aber eben nicht.

Wille?!
Beim Willen bzw. Unwillen deiner Freundin waren wir schon.
Vielleicht hier viel wichtiger, dass erst mal alle anderen nen Willen bilden. Je mehr den gleichen Willen haben, desto besser. Und eigentlich ja einfach: Alle agieren ja, weil es deiner Freundin schlecht geht. Es soll ihr mindestens nicht schlechter gehen, wenns geht, besser. Das ist der Grund, warum überhaupt so viele agieren, beteiligt sind.

Du schreibst, was die Betreuerin sagt!
Das lässt mich dann schon ein wenig mit dem Kopf schütteln, weils für mich typisch klingt. Stille Post. Was meint denn erst mal die Betreuerin selbst? Was meinen die Mediziner, meint ein Chirurg und/oder ein Internist? Schon wenn die alle von was ähnlichem überzeugt wären…….? Nen Jurist ist zwar nen Fachmann, aber zu aller erst mal nen Mensch. Wie alle anderen Beteiligten auch. Und für mich war und ist das ne Ebene, auf der sich auch alle treffen können. Erst mal.
Bedenken? Klar, die gibt es immer. Doch gehören sie für mich ans Ende, nicht an den Anfang. Und wenn es sachlich menschlich gemeinsam anfängt, dann sind oft am Ende gar keine Bedenken mehr da.

Eigentlich sehr einfach! Wenn alle was ähnliches Wollen, menschlich, dann lösen sich meist Bedenken auf, werden kleiner.

Ein wenig sollte da dann aber auch jeder bei sich bleiben. Ne Betreuerin ist kein Betreuungsgericht! Sie hat eine eigene Funktion, Aufgabe. Und darin auch ne eigene Meinung. Wie lautet die? Passt die zu deiner, zu der der Mediziner?
Würde sie passen, müsste sich auch ein noch so von Bedenken geplagter Jurist ganz schön mühen, um sich gegen diese gemeinsame Überzeugung zu stellen!

LG hawi

Noch ne Frage: Weshalb eigentlich eine OP? Was soll da (muss da?) operiert werden?
Unterstellt es gelänge, was wäre dann besser, behoben, welches Risiko reduziert o.ä.?
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münchnerkindl
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Beitrag Do., 09.02.2012, 11:09

Lilly111 hat geschrieben: Gleich noch ein zweites
Aussage der Betreuerin ist, dass sich das Gericht mit der Anordnung der OP auch deshalb so zögerlich bis ablehnend verhält, weil keine Fremd- oder Selbstgefährdung vorliegt. Sehr witzig bei einer Schlaganfallpatientin mit diesen schweren Schädigungen. Dazu ist meine Freundin schlichtweg nicht mehr in der Lage, selbst wenn sie es denn wollte. Aber nun, wo sie ja so schön friedlich ist (was bleibt ihr weiter übrig), tut man sich mit der Anordnung schwer.

Das ist die Quadratur des Kreises.
Ich muss erstmal eine Nacht drüber schlafen.

Wie wäre es mit Loslassen? Der Frau die Erlaubnis zu geben, ihr Leben auch ggf durch Verweigerung von medizinischen Eingriffen zu beenden wenn sie dies wünscht?

Weil es IST ihr Leben. Wer bist du daß du ihr vorzuschreiben hast wie sie es zu führen hat?


Ich finde dein Insistieren hat auch was übergriffiges. Und zwar weil mir scheint daß es nicht so sehr darum geht daß du dich um sie sorgst, sondern weil DU es nicht ertragen kannst was dort vor sich geht. Und das ist für mich eine egoistische Motivation für dieses Handeln, keine altruistische.

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Lilly111
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Beitrag Do., 09.02.2012, 11:26

Hallo hawi !

Du hilfst mir sehr mit deinen Gedanken. Danke.
.... und schreibst vieles was ich so ähnlich denke.

Ich habe gerade mit der Betreuerin telefoniert und gleich mal deinen Gedanken (alle an einen Tisch) aufgegriffen und dem Nachdruck verliehen. Die Reaktion war wie erwartet. Wir als Angehörige, Freunde können da sowieso nichts zu beitragen, das entscheiden die Ärzte und sie. *tief Luft hol* Aber da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Anfang nächster Woche haben wir wieder Telefontermin. Ansonsten hat sie mir nochmal lang und breit erklärt, was alles nicht geht und warum nicht. Und dass sie nichts machen könne gegen den Willen der Patientin. Sie hatte in 10 Jahren nur eine Zwangsbehandlung. (War wohl als Erklärung gedacht wie abwegig sie meinen Gedanken findet.)

hawi, weil du nach der Meinung der Betreuerin gefragt hast.... Hat sie eine eigene? Ich bin mir nicht sicher. Als ich sie heute nach ihrer Meinung gefragt habe, hat sie mir erklärt, dass sie in Abstimmung mit den Ärzten alles rechtlich mögliche getan hätte und mehr nicht ginge. Das war nicht meine Frage! Sie rechtfertigt sich, fühlt sich angegriffen, weil es ist wie es ist. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht die Vergangenheit bewältigen will, sondern in die Zukunft schauen. Da wurde sie hektisch, jetzt keine Zeit, ist ja eine noch ganz neue aktuelle Entwicklung, wir müssen sehen. Vom Gucken allein lösen sich die Probleme auch nicht. (sorry, ich muss mir das hier gerade mal so runter schreiben.)

Emotionale Lastverteilung ist ein schönes Stichwort. Und sicher eine gute Idee. Nur erscheint es mir momentan wie eine Illusion. Ich schütze eher noch andere, als das ich von meinem Kummer etwas abgeben würde.

hawi, kann man sich selbst zu sehr in die Pflicht nehmen? Kann man? Ja, vllt. schon. Aber ein zu wenig könnte man sich selbst später vorwerfen. Nicht genug, nicht alles, getan zu haben.
hawi hat geschrieben:Noch ne Frage: Weshalb eigentlich eine OP? Was soll da (muss da?) operiert werden?
Unterstellt es gelänge, was wäre dann besser, behoben, welches Risiko reduziert o.ä.?
Hast du Verständnis, wenn ich es hier nicht öffentlich schreibe?
Dazu gibt es auch noch eine Vorgeschichte, die ich hier auch nicht so ausbreiten möchte.
münchnerkindl hat geschrieben:Wie wäre es mit Loslassen? Der Frau die Erlaubnis zu geben, ihr Leben auch ggf durch Verweigerung von medizinischen Eingriffen zu beenden wenn sie dies wünscht?
Kein Problem.
Wenn wir uns denn alle miteinander sicher sein könnten, dass es tatsächlich ihr Wunsch ist.
Genau daran bestehen aber berechtigte Zweifel.

müki, ich nehme es dir nicht übel, wenn du hier so auf mich losgehst. Du beurteilst den Teil der Geschichte, den du kennst. Vllt. würde ich aussenstehend ähnlich urteilen wie du, wer weiß. Aber du kannst sicher sein, dass es (noch) nicht die ganze Geschichte ist.

Lilly
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hawi
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Beitrag Do., 09.02.2012, 14:23

Hallo Lilly!

Nur ganz grob versuch ich mal, aus all dem hier ein Projekt zu machen, zu gliedern etc.

Projekt: Operation deiner Freundin!

Das muss hier nicht im Thread stehen, aber der Beginn, der Kern, das, worum es sich dreht, ist medizinisch.

Es gibt einen Ist Zustand. Beschreibung
Es soll eine OP geschehen. Beschreibung
Es soll dadurch ein besserer Ist Zustand erreicht werden. Beschreibung.

Allein schon aus ärztlicher Sicht sollte Zustand nach der OP erheblich besser Sein als vor der OP!

Denn, wie du ja schon geschrieben hast, die OP selbst ist sehr riskant!
Verbietet sich somit von allein, wenn
- der Ist Zustand eher nicht absehbar lebensbedrohend ist und/oder
- der durch OP angestrebte Zustand nicht erheblich besser als der jetzige ist

Das Projekt braucht also erst mal einen Mediziner, der selbst ans Projekt glaubt
Und klar, der müsste auch für Angehörige ansprechbar sein, nicht nur für die Betreuerin.
Am besten nicht nur, weil es sein Pflicht ist, nahen Verwandten Auskunft zu geben, sich mit ihnen zu besprechen.

Wenn es den gibt, braucht das medizinische Projekt Unterstützer!
Familie, Freunde deiner Freundin, die möglichst alle sagen, wir wollen das so.

Spätestens hier wird dann deine Freundin und ihr Wille, Unwille, mutmaßlicher Wille maßgebend.
Wie war sie vor ihrem Schlaganfall zu solchen Dingen eingestellt?
Wollte sie da für sich oder ganz allgemein Ärzte, wollte sie dass eingegriffen wird, auch bei hohem Risiko, oder hätte sie lieber gehabt, auch schon vor ihrem Schlaganfall, dass Ärzte dann nicht an ihr „rumpfuschen“? Wollte sie wenigstens allgemein jede Art von Leben oder sagte sie eher, nee lieber sterben als so leben?

Wenn das Projekt bis hierhin immer noch überzeugt, all die, die bis hierher beteiligt sind, die auch halbwegs eine gemeinsame Überzeugung haben sollten, dann wäre es zwar gut, die Betreuerin mit im Boot zu haben, aber ….

Wenn nicht, geht durchaus, dass das Projekt dem Betreuungsrichter erst mal selbst vorgetragen wird, dass erst mal der einerseits von der Notwendigkeit Mitteilung erhält, aber auch womöglich davon, dass halt deine Freundin vor ihrem Schlaganfall die riskante OP gewählt hätte. Klar, Theorie, aber zählen würde grad so etwas.

Hapert es an der Notwendigkeit, auch schon daran, dass sich nach der OP im Vergleich zum vorherigen Zustand gar nicht viel verbessern kann, dann wäre schon da das Projekt gestorben. Ähnliches gilt, wenn das, was du für deine Freundin jetzt möchtest, nicht andere auch wollen und vor allem, wenn dazu deine Freundin schon immer ne völlig andere Position gehabt hat, als du sie hast, jetzt hast.

Viele wenn/abers! Die wichtigen. Die Betreuerin wird eigentlich erst wichtig, wenn sich überhaupt ein Grundprojekt formulieren, denken lässt.

Auch deshalb, eine wirklich eigene Meinung dazu hab ich nicht und womöglich würd ich sie auch nicht hier eindeutig einbringen, wenn ich sie denn hätte.
Viele Köche…….

LG hawi
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Lilly111
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Beitrag Do., 09.02.2012, 15:37

Hallo hawi !

Ich bin dir unendlich dankbar, dass du mir hilfst.
Gerade auch diese sehr sachliche Herangehensweise hilft mir. Emotionen habe ich allein schon genug, da ist es hilfreich das Thema aus einer gewissen Distanz heraus zu betrachten.

Vllt. gehe ich heute Abend noch detailliert auf die ganzen Punkte / Fragen ein, aber ich kann jetzt schon sagen, dass ich nicht jede Frage mit einem eindeutigen Ja beantworten kann. Es bleiben Zweifel bei dem Projekt.

Also kehre es jetzt mal um und nenne das Projekt "Nicht-OP meiner Freundin".
Was ist dann?....

- Es ist Konsens (nicht nur meine Meinung, sondern auch der Betreuerin und mindestens zweier Ärzte), dass sie die OP nicht überblicken kann, also nicht sicher weiß was und warum da geschehen soll. Das heißt dann auch, dass die Entscheidung möglicherweise an einer nicht durchgeführten OP zu sterben keine bewußte, freiwillige Entscheidung ist.

- Aktuell hat sie wieder Schmerzen. Die werden voraussichtlich immer wieder auftreten und auch an Intensität zunehmen. Keine OP, also bleiben nur Schmerzmittel. Wenn sie Medikamente verweigert (wie aktuell) bleibt nur invasiv. Das ist ein körperlicher Eingriff und setzt somit die Einwilligung voraus. Die lehnt sie ab. Also leiden lassen. Vllt., wenn die Schmerzen zu stark werden, kann / darf ihr doch was gespritzt werden.

- und... (später)

Dein Projektentwurf ist gut. Es war eh schon beschlossene Sache gemeinsam mit den Angehörigen dem Gericht ein Schreiben zukommen zu lassen. Die von dir genannten Punkte helfen bei der Struktur und dass ich nichts Wichtiges vergesse. Wenn ich das richtig verstehe, ist das Gericht dann verpflichtet den Sachverhalt zu prüfen. Dazu gehört wohl auch, dass alle Beteiligten angehört werden bzw. ihre Standpunkte darlegen können/müssen.

Gleichzeitig werde ich weiter darauf dringen, dass mal alle an einem Tisch sitzen. Vor allem auch deshalb, damit ein grundlegender Informationsaustausch stattfindet. Eigentlich sollten die ganzen Informationen bei der Betreuerin zusammenlaufen und dann zu einem guten Ergebnis führen, aber dem ist eher nicht so. Also müssen wir es gemeinsam versuchen. Es ist wirklich so wie du schreibst: jeder weiß was, denkt sich seinen Teil dazu, zieht Schlußfolgerungen, und agiert in die vermeintlich richtige Richtung. Nur jeder in eine andere. Das kann langfristig nicht funktionieren.

Danke hawi.

Lilly
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Anne1997
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Beitrag Do., 09.02.2012, 17:07

Hallo Lilly und hawi,

spontan habe ich diesen Thread fast atemlos gelesen (obwohl ich gerade wenig Zeit "habe") und möchte euch einfach für euren Austausch hier danken.
Dieser ist für mich sehr wertvoll!
Auch ich finde das Betreuungsrecht eine - im Vergleich zu früher - gute Einrichtung, mit allen Problemen, die es auch dadurch wieder geben mag, vor allem aber mit vielen Verbesserungen.
Ja, soweit der Mensch die Tragweite der Erkrankung, deren Folgen und seiner Entscheidungen zu überblicken vermag, darf er selbst entscheiden.
So sehr uns dies auch schmerzt. Mein Vater ist z.B. schwer alkoholkrank, aber kognitiv noch mehr oder minder entscheidungsfähig. Wir als Familie greifen dann ein, wenn wir denken, dass sein Verhalten jetzt eine Gefahr für ihn oder auch für andere wäre (Autosicherung abklemmen, Polizei rufen ...). Ansonsten führt er ein eigenständiges, selbstbestimmtes, "sein" Leben. Wenn ich damit Probleme habe (und die hatte und habe ich öfter ....), dann liegt es an mir, daran zu arbeiten.
Diese Gedanken (und noch etliche mehr .... ) kamen mir beim Lesen eures Austauschs. Es tut so "verdammt" weh (ich wollte [und will?] ja als Kind auch immer so viel an ihm verändern) und ich war schon so wütend über Ärzte, Kollegen etc., dass sie nicht "eingegriffen" haben bzw. mehr eingreifen - mittlerweile bin ich da viel milder geworden und dennoch....
Dir, liebe Lilly, alles Gute und viel Kraft für Deinen Umgang mit Betreuungsrecht und vor allem mit Deiner Freundin!

Ganz einfach danke für eure für mich sehr wertvollen Beiträge!
Anne
Zuletzt geändert von Anne1997 am Do., 09.02.2012, 17:38, insgesamt 1-mal geändert.

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Lilly111
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Beitrag Do., 09.02.2012, 17:37

Hallo Anne,

Danke dir!
Es tut gut zu lesen, dass ich mit dem Problem und den ganzen Emotionen nicht alleine bin.
Es ist ein Prozess und ich bin noch mittendrin.
Zu lernen, damit umzugehen, gleichzeitig aber nicht in Hoffnungslosigkeit zu verfallen.
Zu wissen, wo die eigenen Grenzen sind, aber nicht daran zu verzweifeln.
Zu akzeptieren, dass alles manchmal nicht genug ist.
Anne1997 hat geschrieben:soweit der Mensch die Tragweite der Erkrankung, deren Folgen und seiner Entscheidungen zu überblicken vermag, darf er selbst entscheiden.
Das soll bitte auch so sein. Ich denke da kein bisschen anders.
Nur ist genau das der Punkt, über den sich alle Beteiligten nicht so ganz im Klaren sind.
Ich gehe vllt. später noch näher drauf ein....
mittlerweile bin ich da viel milder geworden und dennoch....
Das wünsche ich mir für mich auch. Das "dennoch" darf dann gelegentlich trotzdem mal sein.

Anne, für dich auch ein
(extra editiert, aber ist wichtig!)

Lilly
... as stubborn as a mule.

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