Kontaktabbruch zur Borderline Mutter

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montagne
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Beitrag Di., 17.01.2012, 21:54

Hi Freifrau (wird dein Name programm?)
Mir ging es ähnlich, zwar nicht mit meiner Mutter, aber mit menschen, bei denen ich als Kind lange gelebt habe, leben musste. ich schreibe mal wie ich es für michj, bei mir sah. Vielleicht hilft dir das.

Ich hatte das sichere und bestimmte Gefühl den Kontakt nicht zu wollen. Weil es mich nur runter zieht, es nur um ihre Bedürftigkeit geht, um Manipulation und ich so sehr sehr wenig aus dem Kontakt für mich haben konnte. und weil eben auch Missbrauch in der Kindheit da war.
Und dann waren Schuldgefühle da. "Sowas macht man nicht."

Ich habe es für mich auch so gesehen, der Trennungswunsch ist was erwachsenes. Die Schuldgefühle kindlich.
Ich bin jetzt aber erwachsen und lebe mein eigenes Leben.

Soll ich es mir immer wieder antun? Deren Elend, in das sie immer tiefer reingeraten? Erinnerungen an meine Leidenszeit als Kind, an das wie es mich geschädigt hat, was ich heute nachzuholen habe in meiner Entwicklung? Erinnerung und Wissen, das ich immer und immer wieder verletzt werde. Weil sie gar nicht anders können. Weil sie mich als Container missbrauchen, für ihren Selbsthass und ihre Kleinheitsgefühle. Statt dessen zeigen sie mir ihren Hass und machen mich klein, wenn sie können, wenn ich verfügbar bin.
Möchte ich dafür verfügbar sein? Möchte ich meinem Mann das antun? Dieses Drama immer wieder mit zu durchleben, an unserem Glück, das wir uns aufgebaut haben rütteln zu lassen? (Sie haben auch versucht ihn und seine Familie zu manipulieren.)
Will ich mich destabilisieren lassen?

Ich habe mich dann intuitiv für den Kontaktabbruch entschieden. Was ich immer wieder tun würde, wen mir ein Kontakt so wenig gibt und keine Hoffnung mehr da ist, das es besser wird. Und ich zwar ausgesaugt werde, aber nicht wirklich aus freien Stücken und von herzen geben kann.

Schuldgefühle habe ich keine mehr. Ich habe den Kontakt vor Jahren abgebrochen, habe sie dnan nur noch einmal auf einer Beerdigung gesehen. Mit jedem Monat der verging, mit jedem Jahr wird mir mehr klar, das ist schon gut und richtig so.
Früher hatte ich Angst. Angst vor dem wie sie mir zusetzen, aber auch Angst einer von beiden könnte sich suizidieren oder unabsichtlich mit medis töten. Traue ich denen zu.
Jetzt mit Abstand und Entwicklung ist die Angst gewichen. Es ist eher so, das ich annehmen kann was kommt. Sollten sie wieder mal Kontakt suchen, kann ich den bestimmt ablehnen ohne in panik zu geraten. Sollte einer sterben, werde ich auch damit umgehen können.

Wichtig finde ich, sich darüber im Klaren zu sein, dass man so die Chance aufgibt Dinge doch nochmal zu klären oder auszusprechen, besonders wenn der Tod über diesen Personen schwebt.
Ich zumindest kann damit leben, ich kläre das für mich und in der Therapie.
amor fati

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Freifrau
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Beitrag Di., 17.01.2012, 22:02

Hallo Dampfnudel,

Danke für Dein Verständnis, das ist voll lieb von Dir! Ignorieren und Beschimpfen ist aber auch voll gemein, oft hab ich gedacht, dass wütendes Beschimpfen fast schlimmer ist als Schläge.

Es tut mir sehr leid mit Deinem Vater, das war bestimmt schwer für Dich. Es klingt immer so schlicht - er ist an Krebs gestorben. Aber erst, wenn man das selbst erlebt hat, weiß man, was da für Leid dahinter steckt. Es freut mich für Dich, dass Deine Mutter das mit Dir getragen hat. Ich denke eben, dass so etwas sehr verbindend sein kann und wenn dann das Verbindende plötzlich weg ist, dann ändert sich manchmal schlagartig was. Gerade, wenn das Verhältnis zu Deiner Mutter verständlicherweise vorher nicht so gut war. Wie war denn Dein Verhältnis zu Deinem Vater? Wie geht es Dir jetzt, wo er weg ist? Wenn das zu schwer für Dich ist, brauchst Du nicht antworten.

Ich glaub, wenn man das von Kind auf kennt, dass man die "Mutterrolle" hat, dann ist das ganz schwer, da wieder raus zu kommen. Mir passierte es auch immer automatisch, dass ich meine Mutter getröstet hab und nicht umgekehrt. Manchmal hatte ich das Gefühl, wenn ich diese Rolle nicht mehr nehme, dann bleibt gar nichts mehr übrig.

Sei lieb gegrüßt
von Freifrau
"Bei den Frauen gibt es zwei Möglichkeiten, entweder sie sind Engel, oder sie leben noch." (Charles Baudelaire)

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Emi2010
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Beitrag Di., 17.01.2012, 22:18

Mich berührt das gerade alles sehr,denn es geht mir ähnlich.Seit 2008 habe ich keinen Kontakt mehr zu meinem Vater.Er hat mich jahrelang,körperlich und seelisch mißbraucht und geschlagen.Er hat gedroht meine Mutter umzubringen Vor einigen Monaten erfuhr ich,daß er an Prostata/Blasenkrebs erkrankt ist und das es ihm sehr schlecht geht.Ich fühle mich hin und her gerissen und habe Angst davor das er stirbt und nie etwas geklärt werden konnte. Auf der anderen Seite ist die große Angst vor ihm und der Hass. Ich habe mich entschieden nicht zu ihm zu fahren,weil ich es nicht aushalten könnte ihn zu sehen und die ganzen Erinnerungen von früher wieder hochkommen würden.Ob es ein Fehler ist? Ich weiß es nicht.Vielleicht werde ich mir später große Vorwürfe machen Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist es die richtige Entscheidung


Waldschratin
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Beitrag Mi., 18.01.2012, 06:18

Freifrau hat geschrieben:Ich glaub, wenn man das von Kind auf kennt, dass man die "Mutterrolle" hat, dann ist das ganz schwer, da wieder raus zu kommen. Mir passierte es auch immer automatisch, dass ich meine Mutter getröstet hab und nicht umgekehrt. Manchmal hatte ich das Gefühl, wenn ich diese Rolle nicht mehr nehme, dann bleibt gar nichts mehr übrig.
Das kann gut sein,daß dann wirklich gar nichts mehr sonst übrigbleibt...

Als mein Vater vor 13 Jahren recht überraschend starb,kam bei mir auch nochmal die eigentlich schon bearbeitete Geschichte mit dem Mb hoch.Weil da halt auch immer noch die Hoffnung in mir gewesen war,eines Tages ergibt es sich vielleicht doch nochmal,daß wir drüber reden könnten.Nicht,daß er was "einsehen" sollte oder sich entschuldigen/bereuen oder so.Es war das,was ich mir immer als Unterstützung von meinen Eltern noch gewünscht hatte bei der Verarbeiterei von dem Ganzen,daß sie sich einfach mal damit auseinandersetzen,nicht mehr alles schlichtweg abstreiten und weiter hergehen und mich als "Zerstörerin der Familie" hernehmen,weil ich mir "Geschichten ausdenke",um ihnen was Böses anzutun.

Das hatte auch mein Vater immer angelehnt,so ne Aussprache - und dann war er "weg",es gab ihn nicht mehr und damit war auch da was nicht mehr möglich.

Mit Muttern ist das jetzt schon,zu ihren Lebzeiten,nicht mehr möglich,weil sie sich ja immer mehr statt weniger Richtung "psychotisch" einläßt und da wohl ihre Wahl getroffen hat.
Da nutzt bei mir auch der räumliche Abstand nix.Seit ich mit Anfang 20 weiter weggezogen bin,waren mindestens immer 200 km zwischen uns,meist erheblich mehr - es nutzte nix,ihre Fixierung auf mich mal ein bissl wegzubekommen.

Meinen Bruder idealisiert sie - ihr "Prinz",ihr ein und alles - und ich hab den "Gegenpol" dazu abbekommen,das andere Extrem,weil ich halt "nur ein Mädel" geworden bin und ihr noch dazu "den Rest ihres Lebens versaut" hab,weil ich mich erdreistet hatte zu entstehen und sogar ihre versuchte Abtreibung überstanden hatte.

Ich hab bei Muttern keine Hoffnung mehr auf irgend etwas an "Beziehung" zwischen uns,was nicht absolut zu meinen negativen Lasten gehen würde.
Von daher weiß ich : da war nie was und kann demzufolge auch nix übrigbleiben zwischen uns,außer,ich spiele ihre perversen Spielchen mit.
Und dazu bin ich nicht bereit.

Das ist schwer,grade bei der Mutter,denn es bleibt ja mein inneres Kind "übrig",das seine Bedürfnisse ja nicht einfach "abstellen" kann.
Aber grade dem bin ich es irgendwie am meisten "schuldig",diesen emotionalen Mb nicht mehr weiter zuzulassen und lieber auf "Mutter" zu verzichten und diese Rolle meiner inneren Kleinen gegenüber selbst zu übernehmen.

Ich fahr damit recht gut,krieg damit schon länger all diese unerfüllten kindlichen Bedürfnisse recht gut gestillt.Und krieg damit auch jedes Mal ein bißchen mehr inneren Frieden,auch meiner Mutter gegenüber,in mein Herz.

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Beitrag Mi., 18.01.2012, 09:09

Hallo Montagne,

Dein Beitrag hat mir wirklich sehr geholfen, vielen Dank dafür! Die Gefühle, die Du beschreibst, kenn ich auch, ich hatte und habe oft ganz ähnliche Gedanken.

Momentan tendiere ich wieder dazu, dass ich meine Mutter nicht besuchen werde. Zumindest auf keinen Fall beim nächsten Besuch in der Heimat am 28.01. Denn ich weiß, dass ich dann deprimiert bin und mir das die wenige kostbare Zeit mit meiner Schwester verdirbt. Wieder wird das Thema "Mutter" im Mittelpunkt stehen und das möchte ich nicht.

Ich möchte eben auch gerne nach vorne sehen, mein Leben leben ohne den Schatten der Vergangenheit und der falschen Pflichtgefühle, einfach zufrieden sein.

Nun werde ich eben versuchen, nach meinem Gefühl zu handeln und mich nicht von den Schuldgefühlen treiben zu lassen.

Liebe Grüße
Freifrau
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Beitrag Mi., 18.01.2012, 09:20

Hallo Emi2010,

das ist ja auch eine ziemliche Zwickmühle, in der Du da gesteckt hast. Ich kann Dich gut verstehen, dass Du Dich dem lieber doch nicht aussetzen willst.

Weißt Du, ich glaube daran, dass es nach dem Tod für uns weitergeht. Ich hab keine Idee, was dann kommt, aber ich glaube, dass meine Mutter dann an einem Ort sein wird, an dem sie ganz viel verstehen wird und an dem sie auch verstehen wird, dass ich nicht anders handeln konnte.

Manchmal ist eben die Gefahr einfach zu groß, dass man sich, seinem innersten Kern schadet, wenn man sich zu etwas zwingt, was einem das Gewissen aufträgt. Wir wollen unsere Eltern ja nicht strafen oder ihnen was Böses tun. Wir möchten nur unsere Ruhe haben und glücklich sein und das ist völlig in Ordnung.

Mein Vater hat zu mir gesagt, bevor er gestorben ist, dass ihm alles leid tut und dass er mir hätte helfen müssen, wenn er nur etwas mehr A... in der Hose gehabt hätte. Ich hab das in dem Moment gar nicht annehmen können und war davon total überfordert. Ich hab nur gestammelt, es sei schon ok und er sagte dann, nein es ist nicht ok.

Bei meiner Mutter bin ich mir sicher, dass sie nichts klären würde. Sie würde wieder sagen, wie unendlich sie mich liebt und sich selbst vormachen, dass alles ganz harmonisch war. Und da hab ich eben auch keinen Bock mehr mitzuspielen bei diesem Lügenkonstrukt.

Liebe Grüße
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candle.
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Beitrag Mi., 18.01.2012, 09:28

Das Problem ist, dass deine gefühle mit dem Tod nicht verschwinden, das siehst du ja an dem Tod deines Vaters.

Ich bin nun einige jahre los von meinen Eltern und bin einen langen weg gegangen über Jahre um es zu erreichen, dass es mich nicht mehr kümmert.

Zudem hast du noch deine Schwester, die dich auch immer wieder mit reinzieht.

Irgendwie mußt du in deinem Inneren Ruhe finden, welchen Weg du dafür auch immer gehen magst.

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Beitrag Mi., 18.01.2012, 09:35

Hallo Waldschratin,

ich stell mir das noch mal ein Stück weit schwieriger vor, wenn Deine Eltern bis zum Schluss Dir den schwarzen Peter zuschieben. Ich glaub, das würde mich ziemlich sauer machen und ich hätte wahrscheinlich ständig den Wunsch, dass sie doch endlich mal nachdenken und merken sollen, was sie mir antun. Es ist bestimmt sehr schwer anzunehmen, dass das nicht passiert ist bei deinem Vater und bei Deiner Mutter nicht passieren wird.

Bei mir ist es so, dass ich schon glaube, dass beide immer tief innen drin wussten, was los war. Wenn ich meine Mutter drauf angesprochen hab, hat sie immer ganz entsetzt gesagt, dass das doch gar nicht wahr ist und wie ich sowas sagen kann. Sie zimmert sich da ihre völlig eigene Vergangenheit zurecht.

Aber einmal hat sie beim Jugendamt aushelfen müssen (sie hat bei der Stadt gearbeitet). Dann sagte sie plötzlich mal zu mir: Wenn damals das Jugendamt mitbekommen hätte, wie ich Dich behandelt hab, dann hätten sie Dich mir weg genommen. Hast Du mich liiieeb?
Den letzten Satz hat sie wieder so fordernd gesagt, immer wollte sie Liebe von mir und ich hab mich gewunden und gesagt, Mama lass mich in Ruhe. Ich hätte kotzen können.

Aber ich hab immer irgendwie gespürt, dass sie wissen, dass es schlecht ist, was sie da tun.

Ich versuch auch, mich um mich zu kümmern und meine Bedürfnisse zu erfüllen. Ich hab zum Glück einen lieben Partner, der mir zuhört und lieb zu mir ist. Früher hab ich immer Partner angezogen, die mir nicht gut getan haben. Das war am Anfang ganz ungewohnt, dass jemand so Rücksicht auf mich nimmt und sich wirklich für mich interessiert und ich genieße das total. Echte Liebe zu erfahren, dafür bin ich sehr dankbar und ihm geb ich sie gerne zurück.

Liebe Grüße
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Beitrag Mi., 18.01.2012, 09:40

Hallo candle,

ja das stimmt, die Gefühle bleiben. Und ja, meine Schwester zieht mich wirklich immer wieder mit rein.

Ich hatte mir schon überlegt, dass ich sie bitte, mir nichts mehr von Mutter zu erzählen, wenn ich mich definitiv gegen Kontakt entschieden hab und danach sieht es im Moment aus. Ich will dann auch nicht wissen, wenn sie im Sterben liegt.

Seit mein Vater tot ist, kommen oft ganz ungewohnte Wutgefühle, die ich vorher nicht hatte oder nicht so wahrgenommen habe. Ich finde das aber ganz gut so.

Liebe Grüße
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candle.
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Beitrag Mi., 18.01.2012, 09:46

Dein vorletztes posting hat mir gezeigt, dass unsere geschichten doch arg unterschiedlich sind. immerhin machte deine Mutter Zugeständnisse, auch wenn sie sehr plump waren. Dein Vater hat sich auch geäußert. Das sind Dinge, die ich nicht erleben werde!

Es ist jedenfalls ein guter Ansatz wenigstens mit deiner Schwester endlich mal auf die Erwachsenenebene zu kommen, auch dies hat bei mir und den Geschwistern nicht geklappt.

Und du hast einen tollen Partner. Ich hatte auch das nicht, dass ein Mann hinter mir steht.

Es sieht so aus als hättest du sehr gute Vorraussetzungen dich zu lösen.

VG candle
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Beitrag Mi., 18.01.2012, 10:03

Hi candle,

ja, das war allerdings nur einmal vor zwanzig Jahren, dass sie so etwas gesagt hat, und es hatte meiner Meinung nach nur den Zweck, ihr schlechtes Gewissen zu erleichtern und von mir Absolution zu fordern, ohne dass sie sich jetzt wirklich für irgendwas entschuldigt hätte. Aber immerhin hat es mir gezeigt, dass sie schon genau wusste, was sie mir angetan hat. Danach hat sie aber weiterhin alles abgestritten. Nicht, dass ich ihr was vorgeworfen hätte, aber wenn sie wieder ihre harmonischen Vergangenheitsmärchen erzählt hat, hab ich halt gesagt, wie es wirklich war und das wollte sie nie hören.

Bevor mein Vater krank wurde, führte ich kein sehr schönes Leben, alles sehr unruhig und unzufrieden, immer die falschen Partner. Nach dem Tod meines Vaters hörte ich auf zu rauchen, wurde ruhiger und hab kurz darauf meinen jetzigen Freund kennen gelernt. Seit ca. ein einhalb Jahren ist mein Leben endlich stabiler, ich bin zufrieden. Deshalb habe ich aber auch umso mehr Angst, dass alles wieder kippt, wenn ich nicht auf mich aufpasse.

Liebe Grüße
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montagne
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Beitrag Mi., 18.01.2012, 10:59

Ja ich glaube drin, innen drin wissen sie, dass es schlecht war/ist. Ich glauber wirklich jeder, auch der kränkste Psychopath hat eine Moralinstanz. Bei einigen leuten ist diese Instanz nur so sehr verschüttet, das die damit gar keinen Kontakt mehr haben und je älter sie werden, umso schwieriger wird es.

Und wenn sie dann richtig alt werden, so wie die Mütter und menschen, über die wir hier sprechen, dann wird die psychische Abwehr wieder schwächer. In jedem Altern liegt auch eine Regression. Und dann fangen sie an Blitze aus der Moralinstanz zu spüren. Manchmal fangen sie an zu spüren, wenn auch nur kurz, welch immense Schuld sie auf sich geladen haben.

Ich glaube daran kann man nur zerbrechen, bzw. psychotisch werden oder schwerst Suchtkrank, was ja auch, gerade bei Frauen schnell mit Dilirium einher geht. Diese Desintegration der Psyche, ermöglicht es, die schlimmen Dinge aus dem Inneren zu übertönen.


Im Falle der Leute, um die es bei ir geht, ist es eine "Dauermedikation" mit Benzos. Wahnhafte Einbrüche waren immer mal wieder da, als ich noch Kontakt hatte, in denen die Person sich eben, wie es dann so ist, so extrem um sich selbst und die eigene Bedrohung gedreht hat, das für nichts anderes mehr Platzt war. Schon in der interpersonellen Dynamik ja nicht, da sie so groteske Dinge erzählt hat, das ich situativ mit starker Verwirrung und Gefühlen zu kämpfen hatte, das mir auch nach allem möglichen war, nur nicht, mich und sie mit der Vergangenheit zu konfronieren. Wieder allein mit mir, kam dieser Wunsch dann aber hoch.. nach einer Konfrontation oder Bearbeitung.
amor fati

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Beitrag Mi., 18.01.2012, 11:24

Ja, diese Verwirrung kenn ich auch, ich hab so manches Mal an mir selbst gezweifelt. Der Wunsch nach Bearbeitung ist bei mir schon viele Jahre da, aber zum Glück brauch ich meine Eltern dafür nicht zwingend.

Auch bei meiner Mutter ist der Zug eigentlich schon abgefahren. Sie ist noch nicht alt (57), aber mittlerweile in der Psychiatrie derart mit Medis vollgepumpt, dass sie laut meiner Schwester wohl nur noch selten klare Momente hat. Oft bekommt sie auch Tobsuchtsanfälle und will sich die Magensonde rausreißen, deshalb ist sie meist am Bett festgebunden.

Es ginge eben darum, ob ich sie besuche, um mein Gewissen zu erleichtern und auch ihres, da sie ja oft nach mir fragt und scheinbar von einem Streit nix mehr weiß. Aber der Preis ist eben hoch und ich hab einfach gerade keine Lust auf dieses ewige Elend in meinem Leben.

Meine Mutter schiebt ihren verschlechterten Zustand auf die Trauer wegen dem Verlust meines Vaters, aber das glaub ich nicht so recht. Sie hat ihn ziemlich mies behandelt und er hat sie lang schon nicht mehr geliebt, was sie auch gespürt hat. Aber auch da hat sie alles schön gemalt. In seinen letzten Tagen hat er sie gar nicht mehr gern gesehen und meine Mutter hat sich ja auch lieber um sich selbst als um ihn gekümmert und ihm vorgeworfen, dass er nun zu krank ist, um für sie da zu sein.

Ich denk mal, sie hat jetzt nur niemanden mehr, an dem sie ihren Druck ablassen kann und nun richtet sie alles gegen sich selbst.

Für mich ist es übrigens sehr wahrscheinlich, dass mein Vater nicht ohne Grund krank geworden ist. Er hat einmal versucht, sie zu verlassen, da hat sie ihm mit Selbstmord gedroht und er hats nicht fertig gebracht. Also hat er still weiter gelitten. Er hat immer geträumt vom Auswandern, aber ich glaub, er wollte nur von ihr weg. Dann wurde er krank und dann konnte er endlich weg.

Seit ein paar Monaten hat nun auch meine Schwester, seit sie vermehrt von meiner Mutter für alles mögliche eingespannt wurde, eine Autoimmunkrankheit diagnostiziert bekommen. Sie hat Wasser im Herzen und in der Lunge und es besteht der Verdacht auf systemischen Lupus. Das hat sie dann erstmal gezwungen, sich mehr um sich selber zu kümmern und abzugrenzen.

Ich habe nicht die Absicht, auch noch krank zu werden, echt nicht! Es kommt mir manchmal vor, als würde meine Mutter mit ihrer destruktiven, leidenden und bedürftigen Art alles vergiften.

Viele Grüße
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Waldschratin
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Beitrag Mi., 18.01.2012, 15:24

Freiraum hat geschrieben:Es kommt mir manchmal vor, als würde meine Mutter mit ihrer destruktiven, leidenden und bedürftigen Art alles vergiften.
Das kann sie aber nur in dem Maß,wie ihr Umfeld bereit ist,sich diesem "Gift" auszusetzen.

Wie destruktiv nicht nur für sie selber,sondern auch für jeden um sie rum ihr Verhalten ist,das erleb ich auch an meiner Mutter.Ja,das ist wie ätzendes Gift...
Ich hab z.B. jede Menge damit zu tun,da meine Nichte ein gut Teil davor zu schützen.Mein Bruder ist nicht konsequent in so ner Richtung,er schützt da seine Tochter weder vor der Mutter noch vor der Schwiegermutter,die ähnlich drauf ist,aber weit mehr ins Narzißtische tendiert.

Für meine Mutter selbst wird es auch mit jedem Jahr belastender,daß sie nie drangegangen ist,mal an ihren Problemen selber zu arbeiten.Es rächt sich irgendwie und irgendwann immer,wenn man das einfach "auslagert",die Verantwortung für sein Eigenes nicht übernimmt und lieber überträgt statt reflektiert.

Meine Mutter ist jetzt 76 und quält sich von Tag zu Tag mehr mit Alpträumen und den "alten Gespenstern" in ihrem Inneren.Ihr bleibt gar nix anderes mehr,als sich mehr und mehr solchen Phantasie- und Wahngedanken hinzugeben.

Ich hab in meinem Job öfters Menschen dabei erlebt,wie sie alt wurden mit "unaufgeräumtem" Innenleben,wie sie starben und wie schwer dieses Sterben war,weil sie alte Schuld und nicht übernommene Verantwortlichkeit nicht hat loslassen lassen.Und wie sie mit ner wahnsinns Panik dann doch irgendwann sich "davonquälen" mußten.

Ne Weile war mir das ein guter Trost.Dieses Wissen,auch sie wird trotz ihres ewigen Drückebergertums nicht "ungeschoren" davonkommen.
Inzwischen seh ich es halt als logische Konsequenz ihrer Entscheidungen in ihrem Leben.
Und es war mir schon immer ein Ansporn,mein eigenes Innenleben möglichst aufgeräumt zu bekommen,weil ich so mal nicht enden will.Ich wünsch mir ein friedliches,versöhntes Sterben nach nem "lebendigen" Leben.Das "lebendige" Leben hab ich inzwischen.

Ich seh das übrigens auch so,daß unsere Mütter/Erzieher sehr wohl wissen,was sie da verbrochen haben.Sie machen es sich nur nicht bewußt.Und das ist etwas,das man sich aneignet : verdrängen,ausblenden.Und das man "umlernen" kann.

Also in so fern weiß ich zwar auch,daß meine Mutter ihre Störung nicht aus dem Nichts hat,sondern sie selber auch schon Schlimmes erlebt hat.
Aber das entbindet sie in keinster Weise von ihrer Verantwortung sich selbst,ihrem Umfeld,ihrer Familie und letztlich mir als ihrem Kind gegenüber!
Sie ist schließlich erwachsen,voll geschäftsfähig und selbstständig denkend.
Sie kann Entscheidungen treffen - wenn sie es nur möchte.

Da mal zu erfahren,welche Art Störung sie hat und weshalb,das war zwar gut für mich,weil ichs dadurch besser verstehen und einordnen konnte.
Aber mehr auch nicht.

Sie muß genauso gradestehen für das,was sie verzapft hat in ihrem Leben,wie ich dafür gradestehen muß,was ich aus dem mache,was sie mir da an "Erbe" migtegeben hat.Ich schone sie auch da nicht mehr.

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Beitrag Mi., 18.01.2012, 15:50

Hmm.. Ich wollte früher, nachdem ich ausgezogen war, nicht, dass mein Vater sich dem Gift aussetzt. Ich hab immer gesagt, er soll sich doch von ihr trennen und wenn sie will, dann soll sie sich halt umbringen. Und ich war ganz verzweifelt, weil er nicht auf mich gehört und sich gerettet hat. Und nun, wo es mich selber betrifft, tue ich mich auch schwer.

Ich denk auch oft, dass meine Mutter nichts dafür kann und so eine schlechte Kindheit hatte. Es ist auch so, dass sie - und das ist typisch für Borderliner - wie ein kleines hilfloses Kind ist. Es ist, als wäre sie irgendwo mit 10 Jahren stehen geblieben. Auch ihre Wutanfälle sind im Grunde die eines Kindes.

Deswegen tu ich mich dann manchmal schwer, den Spagat hinzubekommen zwischen meinem Mitleid, das durch ihre kindliche Hilflosigkeit angerührt wird und meiner Wut über die erlittenen Misshandlungen. Auch ist es so, dass ich früher geholfen hab, weil ich wollte, dass sie mich liebt. Das hab ich inzwischen gemerkt, dass das dahinter steckt.

Für mich bestehen auch nur zwei Möglichkeiten, wenn ich sie wieder besuche. Entweder die, dass ich auch so tu, als wär nix gewesen und sie weiter besuche, damit sie den Rest ihres Lebens ihren Scheinfrieden haben kann. Da hab ich keine Lust drauf. Ich würde dann ja wieder meine Bedürfnisse hinter ihre stellen.

Oder ich konfrontier sie mit dem Streit und mit meinen Gefühlen. Das wird erstens allein dadurch schwer, dass sie von Medis zugedröhnt ist und zweitens glaub ich nicht, dass das bei ihr ankommt oder dass sie es zulässt, da mal hinzuschauen. Dafür ist sie gerade viel zu labil.

Ich denk mal, dass es halt ein Prozess ist, mir einzugestehen, dass ich so wie bisher nicht weiter machen will und es anders eben gar nicht geht. Und ich denk auch, dass es eigentlich eher ein gutes Zeichen ist, dass ich mich nicht mehr verstellen möchte, sondern zu mir und meinen Gefühlen stehen, also mich wichtig nehmen will. Auch wenns sehr schwer ist.

Viele Grüße
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