Expositionsübungen - wie überlebt ihr sie?

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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stern
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Beitrag Sa., 26.11.2011, 12:14

Fortsetzung: Und du hast schon recht, ein Kritikpunkt an dieser Methode ist zum Bleistift, dass z.B. auch shame-attacks teils etwas überspannter als die realitäre Situation sein können (was sie im Fall von shame-attacks auch sollen, dass man durch ungewöhnliches bis bewusst norm-verletzendes Verhalten auch noch möglichst viel Aufmerksamkeit auf sich zieht). Einschränkung: Auf die Situation selbst kann das (Übersteigerung der Realität) als je nach Übung in der Tat zutreffen... auf das Gefühl aber nicht unbedingt, sprich: das dabei erlebte Gefühl (auf das es eher ankommt als auf die Situation selbst) dürfte allerdings i.d.R. ein hochvertrautes, und somit (im Innenleben) sehr realitäres Gefühl sein... so, dass es eben bis zum Exzess vermieden wird. Für die wertvolle Erfahrung in dem Kontext halte ich dann nicht, die: Aha, so stark ist also das Gefühl, dass ich es bisher nicht aushalten konnte... sondern eher die: Ich kann es jetzt aushalten... es bleibt auch nicht so, sondern flaut wieder ab... und sich allmählich auch ein Transfer auf Alltagssituationen einstellt à la: passiert nix, wenn ich xy mache. Ganz unumstritten ist es also in der Tat nicht (wenn es z.B. als sich massiv lächerlich machend, grenzüberschreitend empfunden wird... soll nicht so sein, aber der Effekt kann IMO eintreten). Ich halte auch nur bedingt etwas davon.

Um auf die Expostion bei Zwängen/Ängsten zurückzukommen: So gibt es so "Dinger" bei Leuten mit Ordnungszwang, dass dann in der ganzen Wohnung alles in anderer Ordung ("unordentlich") hingestellt wird (für manche wäre das schlichtweg nicht schön, für anderen vielleicht sogar Gewohnheit)... für jemand mit Ordnungszwang natürlich sauschwer auszuhalten. Wenn dann die Wohnung (wegen starker Gefühle) vermieden werden muss, würde ich auch sagen, ist es too much... bei anderen setzt eine gewünschter Therapieeffekt sein (wobei sich die Therapie natürlich nicht nur darauf beschränkt... und es auch Abstufungen im Sinne von "heranführen" gibt). Bei Leuten mit Reinungszwang/Kontaminationsangst z.B. kann die ganze Wohnung "kontaminiert" werden (indem z.B. jetzt alles mit Händen abgegriffen wird, was vorher bloss nicht berührt werden durfte, meinetwegen auch mit Straßenschuhen, die vorher mit Strassenschmutz oder der vermeintlichen Kontamationsquelle in Kontakt gekommen sind). Oder habe eben noch eine Übung (lt. Lehrbuch) recherchiert: Ein öffentliche Bahnhofsklo abgreifen ink. Toilette selbst, Passanden die Handgeben... mit diesen Händen noch ein Brötchen essen. Ziel sind gem. der methode, möglichst schwere Situationen... aber auch, dass daraufhin keine Vermeidung einsetzt (z.B. anderweitige Wasserquellen erschließen, etc. pp.). Realitäre Situation?: Auch nicht wirklich... ist aber wohl so vorgesehen (wobei es ja freisteht, lieber eine andere Methode zu wählen... wobei hohe Effektivität durchaus zugesprochen wird. Vermutlich Geschmachssache, die auch nur eingeschränkt meinen Geschmack trifft).
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montagne
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Beitrag Sa., 26.11.2011, 13:12

Puh, find ich super interessant, ist aber für die TE schon OT....

Meine Therapeutin hat mit mir auch nie sowas zur Übung gemacht. hat schon gefoirdert, dass ich die Dinge tue, die ich zwingend tun muss, die ich zu Beginn der Therapie aber mied. (Zu Profs in Sprechstunde gehen, zum Arzt gehen, usw.) ich habe das shcon geschafft mit der externen Motivation/Druck. Aber es war eine so große Anstregung. Ich habe die Übungen dann für mich gemacht und sie haben mir wirklich geholfen Ängste, Scham zu reduzieren. shame-attack iss übrigens ein cooles Wort, merk ich mir.
Ich glaube auch rein die Übungen bringen kaum was, vllt. symptomverschiebung. Das wichtigste ist, sich mit den Ursachen und den gefühlen an sich auseinanderzu setzen.

Dennoch, ich fand manche Übungen schon gut. Unter anderem eben Faxen machen in einem Vortrag. Klar, nicht wenns um was geht wie benotung oder Vertragsverlängerung.

Manches hab ich auch als Strategie wirklich übernommen und es wirkt. Vor manchen Gruppen wische ich mir schon vorher Kreide an die Kleidung mit der lauten Bemerkung, jetzt können alle kicher, das hätten wir damit schon mal. Selbst wenn ich mir später noch mehr kreise rigendwo ranschmiere, einmal auch ins gesicht, ist einfach sowas von die Möglichkeit raus, das gekichert wird und ich unsicher werde und dadurch noch mehr gekichert wird und ich noch unsicherer werde.
Oder ich sage selbst: Oh krass, voll der Tippfehler auf der Folie. dann ist die Luft aus dem eigenen gednakenkarusel "Hat das jetzt jemand mitgekriegt? Oh Gott, hofentlich nicht, warum guckt der da so, der sieht das bestimmt grad" usw.
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stern
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Beitrag Sa., 26.11.2011, 13:36

. shame-attack iss übrigens ein cooles Wort, merk ich mir.
iss, meine ich, sogar der Fachausdruck für eine best. Art von Übungen (gibt ja eine weite Palette an Übungen, nicht alle sind solche).
Ich glaube auch rein die Übungen bringen kaum was, vllt. symptomverschiebung. Das wichtigste ist, sich mit den Ursachen und den gefühlen an sich auseinanderzu setzen.
Ja, Selbstzweck soll das auch nicht sein... sondern insges. kann auch eine wesentliche Facette der Therapie Emotionsmanagement und pipapo sein (je nach dem, wo sich Baustellen abzeichnen)... bringt nur etwas, wenn es in einen umfassenderen Therapierahmen eingebettet ist (umso mehr, wenn das Vermeidungsverhalten schon enorme Ausmaße angenommen hat bzw. die Emotionen regelrecht explodieren - hatte ja auch mal eine Auseinandersetzung mit einer Zwangspatienten in einem Punkt, was für mich eine normale Alltagshandlung war, und sie wegen ihre Zwänge zudem missachtete, dass ich in die Liste eingetragen war, was sie für sich in Anspruch nahm... na ja, so schafften wir für zwei Theras gerne angenommenes Futter, weil mich dieser Vorfall auch in unvorhersehbare Wallungen versetzte. Sie nicht minder - nur in anderer Art und Weise ). Sondern es soll eigentlich schon darum gehen, an den Kern zu kommen... und den dann auch zu bearbeiten (nicht nur Symptombekämpfung). So nahm ich zumindest in der Klinik auch war (bei mir in jedem Fall... auch auch aus der ein oder anderen Erzählung anderer. Z.B. auch eine Zwangspatienten auf meinem Zimmer, die vordergründig mit irgendwelchen Mülltonnen, begleitet von einem Thera, hantieren musste... was genau, weiß ich nicht. Sie deutete grob an, dass während der Exposition auch ganz deutlich ein bisher nicht zugängliches lebensgeschichtliches Ereignis hochkam, das jetzt auch nicht unmittelbar mit Mülltonnen zu tun hatte, wenn ich das richtig verstanden hatte. Das nahm dann natürlich auch einigen Raum in der Therapie ein). Der VT wird es ja gerne nachgesagt, also die Beschränkung auf Symptombekämpfung... aber die, die es wirklich so praktizieren würden (so sieht es die VT auch nicht vor, sondern sehr wohl Ursachenbehebung... nur dass die Ursächlichkeiten TEILS etwas abweichend erklärt werden... oder der Zugangsweg ein anderer ist), die würden dann auch meiner Meinung in Gefahr laufen, Symptomverschiebung zu fördern... weiß aber natürlich nicht, wie die Therapie der TE konzipiert ist.
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 27.11.2011, 07:20

Hallo.

Ich bin froh, dass hier doch so viele ihre wertvolle Meinung eingebracht haben.

Die Methode wurde hier ja nicht nur von mir, sondern auch von anderen als etwas sehr "hardcore" angesehen, und das stimmt sicherlich auch. Mein Theraoeut ist für mich der Beste, den es gibt. Er ist professionell, er ist gleichzeitig sehr menschlich, er setzt sich absolut überdurchschnittlich für seine Patienten ein ... Und er ist, nach allem, was ich mitgekriegt habe (auch etwa von einer guten Freundin von mir), in seinen Methoden manchmal etwas unsanft. Erfolgreich, dennoch oder gerade deshalb, und er hat auch viel Einfühlungsvermögen.

Na ja. Ich nehme an, am Ende stecke ich in dieser Übung, weil die Wirkung schnell erfolgen muss (ich hätte den Alltag nicht eine Woche länger bewältigen können, und eine Klinik ist und war nie ein Thema), weil ich mich gut genug kenne, um zu wissen, dass ich bei einer sanften Steigerung der Ängste alles tun würde, um am Punkt einer geringen Angst zu bleiben - und weil er von seiner Methode überzeugt ist. Und ich vertraue ihm.

Konkret zur Expo: Ich habe die Regelungen (die Wohnung nicht putzen, den verschmutzten Tisch trotzdem benutzen, nicht duschen etc.) eingehalten. Der Knackpunkt war ja die tote Spinne (die ich, nachdem ich den Leichnam entdeckt habe, eingehüllt in x Tücher und mit Handschuhen aus dem Haus gebracht habe) - und das Spinnennetz - mit dem Strassenschmutz - im Bett. IM Bett habe ich dann bisher einmal geschlafen, wobei ich mich furchtbar durchringen musste, mich hinein zu legen. Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, war ich stolz, und das Ekelgefühl war auch nicht mit dem vorherigen Abend vergleichbar.

Das Problem: Ich habe nun seit zwei Tagen nicht geschlafen. Das liegt meines Erachtens aber nicht am schmutzigen Bett (darin habe ich es schliesslich ausgehalten), sondern daran, dass ich enorm zappelig bin in den letzten Wochen. Ich brauche mehr Bewegung, als ich kriegen kann, und wenn ich mich tagsüber nicht ausreichend bewege, "büxe" ich eben in der Nacht aus.

Und wenn es hier viele Satzschreibfehler hat, wisst ihr, weshalb.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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