Schmerzensgeld für einen Kindsmörder!?

Was Sie in Bezug auf Ihre eigene Zukunft, oder auch die gegenwärtige Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt oder nachdenklich macht.
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Marisol
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Beitrag Do., 04.08.2011, 17:39

münchnerkindl hat geschrieben: War damals übrigens wirklich geplant ihn zu foltern? Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hätte in so einem Fall den Täter in Handschellen mit den Eltern des Kindes in ein Zimmer gesperrt und weggeguckt bei dem was dann passiert.
Durchaus eine denkenswerte Möglichkeit...
münchnerkindl hat geschrieben:
Ich meine, niemand kann ein Schmerzensgeld für die Androhung "ich schlage dir die Fresse ein" einklagen. Und man kann auch nicht für die Aussage "ich raube eine Bank aus" eingesperrt werden. Strafbar ist doch nur eine konkrete Tat.
Dann schmeiß mal einen Blick ins StGB. Z.b. § 241 StGB.
Und natürlich sind die Richter, die das Urteil gesprochen haben, juristische Vollpfosten oder was?
Überlassen wir Rechtssprechung demnächst doch PT - Forum Usern

Zur Klarstellung: subjektiv kann auch ich das Urteil nicht unbedingt gutheißen. Glücklicherweise haben wir jedoch Menschen, die objektiv gegen meine subjektive Meinung richten können.

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Ishtar
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Beitrag Do., 04.08.2011, 17:59

Dieser Mensch hat ein Kind ermodet! Der Polizist glaubte, das Kind lebe noch und der Mörder rückte nicht heraus! Der Polizist hat so gehandelt um den Jungen zu retten! Daher empfinde ich es gruselig, wenn der Täter hier auch noch teilweise zum Opfer gemacht wird und Schmerzensgeld dafür bekommt, dass der Polizist überreagiert hat, weil der Mörder seinen Mund nicht auf gemacht hat. Hätten die Eltern des Kindes ebenso an den Mörder Schmerzensgeld bezahlen müssen, wenn sie ihm mit Folter gedroht hätten um ihr Kind zu retten?

Ich gehe davon aus, dass der Täter sich über die Androhung des Polizisten beschwert hat, oder?

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Tristezza
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Beitrag Do., 04.08.2011, 18:24

Ishtar hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass der Täter sich über die Androhung des Polizisten beschwert hat, oder?
Ja klar. Er hat seit Jahren nichts Besseres zu tun, als vor diversen Gerichten gegen den Polizisten zu klagen.
Aber, was die Sache für mich erträglicher macht: Er hat sein Ziel, mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld zu bekommen , nicht erreicht. Ihm wurde entgegen der ersten Meldungen in den Medien gar kein Schmerzensgeld zugesprochen, sondern, wie ich gerade in den Nachrichten gehört habe, es ging um einen "Verfahrensfehler" bei der Vernehmung durch die Polizei, für den diese gerade stehen muss. Und da Gäfgen die Gerichtskosten tragen muss, dürfte von den 3000 Euro wenig übrig bleiben.

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Ishtar
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Beitrag Do., 04.08.2011, 18:48

Tristezza hat geschrieben:Ja klar. Er hat seit Jahren nichts Besseres zu tun, als vor diversen Gerichten gegen den Polizisten zu klagen.
(...) Er hat sein Ziel, mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld zu bekommen

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geronimos secret
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Beitrag Do., 04.08.2011, 19:08

Ich finde die heutige Entscheidung des Landgerichts, die im Wesentlichen auf dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beruht, vernünftig.
Die Grundrechte, und hier insbesondere Artikel 1 GG sind unhintergehbar und gelten bedingungslos - auch für Mörder. Und das ist gut so!
Zuletzt geändert von geronimos secret am Do., 04.08.2011, 19:13, insgesamt 1-mal geändert.
Eat Pray Love

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stern
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Beitrag Do., 04.08.2011, 19:12

Tristezza hat geschrieben:Aber hier geht es um jemanden, der als Folge seiner Straftat eine kleine Unannehmlichkeit erfahren hat - ohne sein unsägliches Verbrechen hätte der Polizist nie mit Schmerzen gedroht - und dann daraus ein großes Ding macht, das in überhaupt keinem Verhältnis zum Auslöser, nämlich dem von ihm verübten Mord, steht. Und da hab ich mehr das Bedürfnis ihm ins Gesicht zu spucken als auf seine Menschenwürde zu achten. Hätte er in einem ganz anderen Zusammenhang Unrecht erfahren, würde ich anders dazu stehen.
Den Gedankengang kann ich nach meinen subjektive Rechtsempfinden auch sehr gut nachvollziehen... wissend dass das, was ich subjektiv für recht und billig erachte, nicht immer auch (objektives) Recht sein muss.

Wie es genau zu dem Urteil kam bzw. wie es begründet wurde, weiß ich nun nicht wirklich: Nur eine juristische Logik ist gerne mal, dass man Sachverhalte strikt trennt... hier also den Kindsmord auf der einen Seite (für den er verurteilt wurde), und auf der andere Seite die Umstände des Verhörs. Also wer Unrecht oder einen Mord begangen hat, dem kann trotzdem auf der anderen Seite auch Unrecht (z.B. durch unzulässige Verhörmethoden) erfahren (worüber ggf. auch/getrennt zu urteilen ist). Rechtsstaatsgedanke, den ich auch irgendwo nachvollziehen kann.

Allerdings frage ich mich nach meinem Empfinden (auch), ob man es nicht so sehen hätte können, dass die Methoden der Polizei insofern verhältnismäßig waren als sie dazu dienen sollten einen Mord zu verhindern. Insofern hinterlässt der Schmerzengeldsanspruch wirklich einen sehr schalen und faden Beigeschmack. Aber wohl wahr: Da er einen Grossteil der Prozesskosten tragen muss, wird insofern wieder ein bissi "Gerechtigkeit" hergestellt, da ihm in der Tat nicht viel davon übrig bleiben dürfte.
sondern, wie ich gerade in den Nachrichten gehört habe, es ging um einen "Verfahrensfehler" bei der Vernehmung durch die Polizei
Ja gut, aber wäre ein Verfahrensfehler nicht auch unzlässige Verhörmethoden (z.B. Androhung von Folter/Gewalt)? Ja, dafür muss die Polizei dann auch aufkommen, für die Spätfolgen, die Gäfgen entstanden sein sollen. Wobei es sich angeblich lt. Gutachter eh nicht wirklich sagen lässt, ob Gäfgens angebliche Spätfolgen daraus resultieren (also aus dem Verhör)... oder in seiner Tat begründet sind, die sein Kartenhaus zusammenfallen ließen. Und ja, WENN jemand seine Schuld spürt (weiß ich allerdings nicht, wie das bei Gäfgen ist), dann kann's schwer auzuhalten sein, mit einer solchen Schuld zu leben... macht nix gut, klar, was aber sicher auch ein gewisse "Strafe" ist, allerdings keine juristische.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)

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Ishtar
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Beitrag Do., 04.08.2011, 19:31

Ich bin auch für die gleichberechtigte Behandlung von Menschen, natürlich!
Aber ich meine, man sollte die Androhung des Polzisten im Kontext beurteilen.
Dieser Mensch hat ein Kind mißbraucht und umgebracht und fordert Schmerzensgeld für eine Androhung mit der versucht wurde ein Menschen-und Familienleben zu retten.

Der Polizist hat sein Bestes gegeben um ein Kind zu retten! In welchem Verhältnis steht das Eine zum Anderen?

Ich möchte an Alle, die das Verfahren für gerechtfertigt halten, nochmals fragen, ob Ihr es auch dann noch für gerechtfertigt hieltet, wenn es die Eltern des Kindes gewesen wären, die dem Mörder mit Folter gedroht hätten? Denn da müßtest Ihr doch ebenso für die gleichberechtigte Behandlung plädieren, da dies, so wie ich es verstanden habe, Euer Argument ist?

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Beitrag Do., 04.08.2011, 19:57

Ishtar hat geschrieben:Ich bin auch für die gleichberechtigte Behandlung von Menschen, natürlich!
Aber ich meine, man sollte die Androhung des Polzisten im Kontext beurteilen.
...
Du machst einen Denkfehler.
Die Bösen dürfen alles - den Guten sind Grenzen gesetzt,
und wären diese nicht, wo beginnt das das Böse?

Nun, das diese Grenzen Hindernisse darstellen, das sei dahingestellt, dann muß man gegef. novellieren oder anpassen, aber auch die Folgen absehen.

In dem Teil der Welt, in dem wir leben, erleben wir auch einen gewissen Komfort -gerade auch durch diese Grenzen. Da mag es durchaus die eine Sache geben, die einem "nicht schmeckt",
nur, auf der anderne Seite steht die Frage: Wer will freiwillig in ein Land wechseln, wo ein "Polizeiton" an der Tagesordnung ist?
Klar, man hat "nen Täter/Verdächtigen/jemanden der ins Bild paßt", da wird auch nicht lange gefackelt, und zur Not vor laufenden Kameras - damit der schnellen Aufklärung genüge getan ist.
Klingt prima
Auf den ersten Blick,
bis man selber mal zur falschen Zeit, am falschen Ort ist

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geronimos secret
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Beitrag Do., 04.08.2011, 20:07

Ishtar hat geschrieben: ob Ihr es auch dann noch für gerechtfertigt hieltet, wenn es die Eltern des Kindes gewesen wären, die dem Mörder mit Folter gedroht hätten? Denn da müßtest Ihr doch ebenso für die gleichberechtigte Behandlung plädieren, da dies, so wie ich es verstanden habe, Euer Argument ist?
Wenn die Eltern mit Folter gedroht hätten, so wäre es aus moralischer Sicht völlig verständlich, aber trotzdem falsch und u.U. sogar strafbar. Wenn aber eine behördliche Staatsgewalt (!) Folter androht, dann wiegt dies schwerer.
Die Grundrechte dürfen unter keinen Umständen aufgeweicht werden, insbesondere nicht vom Staat, weil dieser der Hüter und Wächter dieser Grundrechte ist!
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Ishtar
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Beitrag Do., 04.08.2011, 20:38

Einige von Euch mögen das als Gerechtigkeit empfinden, aber mir kommt das zynisch vor. Ausserdem ist es doch nicht unüblich, Urteile immer von den Bedingungen abhängig zu machen. Das ist doch Gang und Gebe, auch und gerade im Rechtsstaat.
Ganter hat geschrieben:Klar, man hat "nen Täter/Verdächtigen/jemanden der ins Bild paßt", da wird auch nicht lange gefackelt, und zur Not vor laufenden Kameras - damit der schnellen Aufklärung genüge getan ist.
Klingt prima
Auf den ersten Blick,
Nicht, dass Du mich falsch verstanden hast, ich bin nicht für solche Maßnahmen! Auch nicht für Androhungen! Ich heisse das auch nicht gut, dass der Polizist ihm gedroht hat, aber es hätte genauso gut sein können, dass er nach seinem Glauben das Leben des Kindes gerettet hätte. Insofern würde ich darüber weniger hart urteilen.

Im Endeffekt ist es mir wurscht, ob der Täter Schmerzensgeld bekommen hat oder nicht, denn seine Tat bleibt dieselbe. Meinetwegen hätte er auch 10.000 Euro bekommen können. Was hätte er damit im Gefängnis angefangen können?!

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sofa-held
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Beitrag Do., 04.08.2011, 20:44

Tätergesellschaft! Hauptsache die Rechte des Täters bleiben gewahrt. Die Opfer sind meist die Angeschmierten.

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sofa-held
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Beitrag Do., 04.08.2011, 21:13

Weshalb sollte Gäfgen es verdient haben, Folter angedroht zu bekommen?
Es ging ja schließlich darum, den Aufenthaltsort des entführten Kindes herauszufinden. Ich möchte dich sehen, wie es dir geht, wenn da ein Täter hockt, der weiß wo deine kleine Tochter gefangen ist, die möglicherweise in dem Moment stirbt weil ihr nicht geholfen werden kann, aber dem Täter darf kein Haar gekrümmt werden und er hat ein Recht darauf zu schweigen. Für mich ist es eine Pervertierung des Rechtssystems.

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Ishtar
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Beitrag Do., 04.08.2011, 21:37

sofa-held hat geschrieben:Für mich ist es eine Pervertierung des Rechtssystems.
Pervertierung ist das richtige Wort!
Vermutlich würde der Täter den Polizisten selbst dann noch auf Schmerzensgeld verklagen, wenn der Polizist vor Ort dem Täter in die Fresse gehauen hätte um sich Zugang zum Kind zu verschaffen. Menschenrechte und so...Und da hätte er dann vermutlich sogar seine 10.000 Euro bekommen, da es nicht mal bei einer Androhung geblieben wäre! Dummer Polizist!

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münchnerkindl
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Beitrag Do., 04.08.2011, 22:54

Ishtar hat geschrieben: Nicht, dass Du mich falsch verstanden hast, ich bin nicht für solche Maßnahmen! Auch nicht für Androhungen! Ich heisse das auch nicht gut, dass der Polizist ihm gedroht hat, aber es hätte genauso gut sein können, dass er nach seinem Glauben das Leben des Kindes gerettet hätte. !
Und wenn es um die Rettung von Menschenleben geht ist es doch auch anderweitig gestattet Freiheitsrechte von Menschen einzuchränken. Nimm nur die Unterbringung in der Psychiatrie und Zwangsbehandlung bei Eigen- oder Fremdgefährdung. Eine Zwangsbehandlung mit Medikamenten ist auch Körperverletzung. Oder die Sicherungsverwahrung von gefährlichen Straftätern.

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münchnerkindl
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Beitrag Do., 04.08.2011, 22:58

Ishtar hat geschrieben: Nicht, dass Du mich falsch verstanden hast, ich bin nicht für solche Maßnahmen! Auch nicht für Androhungen! Ich heisse das auch nicht gut, dass der Polizist ihm gedroht hat, aber es hätte genauso gut sein können, dass er nach seinem Glauben das Leben des Kindes gerettet hätte. !


Unser Gesetzessystem beruht doch darauf daß die eigenen Freiheiten da enden wo die Freiheiten einer anderen Person angetastet werden. Hier wurden doch die Freiheiten des Opfers bis auf die äusserst mögliche Weise angetastet. Wenn es um die Verhinderung dieses Geschehens geht ist von daher auch die äusserste Einschränkung der Freiheitsrechte des Täters für mich legitim. Ich würde es vermutlich sogar selbst tun und mich garantiert nicht schuldig fühlen dafür.

Weil ja, in vereinzelten Fällen heiligt der Zweck das Mittel. Siehe zB Attentate auf Hitler. Selbstverständlich ist die Tötung eines Menschen durch ein Attentat nicht legitim. Aber wenn das Opfer Hitler heisst dann auf einmal aber doch und die hingerichteten Attentäter sind Helden. Der Polizist der versucht hat das Opfer eines Verbrechens zu retten indem er zu dem äussersten Mittel greifen wollte ist dann ein Verbrecher? Hatte Hitler ein Anrecht auf Schmerzensgeld von den Attentätern für das eingetretene Ungemach?

Wie viele Opfer müssen es denn sein das man sowas "darf"? Langt ein Kind das man retten möchte? Oder ein paar hundert? Oder müssen es Millionen an den Fronten und in den KZs sein?
Zuletzt geändert von münchnerkindl am Do., 04.08.2011, 23:05, insgesamt 2-mal geändert.

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