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Mi., 20.07.2011, 11:42
Ich glaube, es muss nicht zwangsläufig etwas mit Sicherheit und Versorgtsein zu tun haben, auch nicht mit Status. Es ist ein Gerücht, dass alle Frauen vorrangig auf die Alpha-Männchen stehen, die im Leben schon "was erreicht" haben.
Irgendwie herrscht ja das gesellschaftliche Klischee vor, dass der Mann in den Beziehungen meistens der Ältere zu sein hat. Ich schätze, das ist wohl noch so ein Relikt aus Zeiten, als es bei einer Eheschließung darum ging, ob sich ein Mann seine Frau auch leisten konnte, und er musste sich erst beruflich etabliert haben, um heiraten zu können. Das gilt wohl allerdings nur fürs Bürgertum. Das Bild haben wir noch in die heutige Zeit verschleppt, aber allgemeingültig war es nie. Trotzdem, wenn ein junger Mann mit einer älteren Frau zusammen ist, heißt es schnell doch mal "Ach, der lässt sich aushalten!" oder "Sie hat's aber nötig!" Was sein darf oder nicht, darüber bestimmen oft noch solche überkommenen Bilder. Und klar werden auch Pärchen, in denen er erheblich älter ist als sie, durch den Kakao gezogen. Aber das Bild ist schon generell positiver als beim umgekehrten Fall.
Ich glaube, viel hängt einfach am Charakter, und wenn der Altersunterschied dann etwas größer ist als üblich, ist es halt Zufall. Man verliebt sich ja in einen Menschen und nicht in eine Zahl. Aber wenn man sich öfter in erheblich ältere oder jüngere Partner verliebt und ein Muster zu erkennen ist, kann man sich schon auch fragen, woher es kommt und ob es eine Bedeutung hat.
Bei mir war es so, dass ich im Alter von 16 mit einem 30jährigen Mann zusammen war. Ich verstehe bis heute nicht, warum meine Mutter nicht eingeschritten ist. Sie hat es sogar noch gefördert. Und ich? Ich schätze, ich habe einfach das bekommen, was ich gebraucht habe. Dass ein erwachsener Mann in meinem Leben ist, der sich für mich interessiert, der mich sieht, der mich ernst nimmt und liebt. Das hat mir nämlich von meinem Vater gefehlt. Dass das alles nicht gut war und mich daran gehindert hat, mich altersgemäß zu entwickeln, habe ich damals nicht verstanden. Und auch nicht, dass die körperliche Seite an Missbrauch grenzte.
Ich habe solche Beziehungen, die ja im Grunde auch Übertragungsbeziehungen waren, später noch öfter reinszeniert mit erheblich älteren Freunden und auch mit einem Liebhaber bis zur totalen Krampfhaftigkeit. Das war definitiv nicht mehr gesund, und auch charakterlich hatten manche der älteren Männer was von meinem Vater: Unreif, narzisstisch, verantwortungslos, auf Sex fixiert und anderweitig größtenteils abwesend. Erkannt habe ich das erst sehr spät, fast zu spät. Was Wunder, dass ich mich heute in einer glücklichen Ehe befinde - er ist 3 Jahre älter und so gar nicht wie mein Vater. Zumindest fast nicht.
Ich finde, die Sache mit dem Vaterkomplex ist nicht soooo weit hergeholt. Schließlich steht die Beziehung zu unserem Vater modellhaft für alle weiteren, die wir eingehen, und dann ist es doch klar, dass wir versuchen, Defizite von früher mit "passenden" Personen wieder gut zu machen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich das Phänomen der abwesenden Väter (Geldverdienen, Fremdgehen, Scheidung, Krieg etc.) auch niederschlägt und dass viele Frauen es deshalb brauchen, die Möglichkeit zum Nachholen mit älteren Männern wahrzunehmen. Kann gut gehen, muss aber nicht. Zumal dann nicht, wenn der ältere Partner in eine elterliche Rolle gedrängt wird, in der er unverhältnismäßig viel Verantwortung trägt, während der jüngere passiv oder besonders kindlich ("lebendig") ist.
Aber das ist alles glaube ich auch nicht zu pauschalisieren. Wie gesagt, wenn der Charakter mehr im Vordergrund steht und man sich mit der betreffenden Person wohlfühlt, anstatt in der Vergangenheit festzustecken, ist das nicht unbedingt pathologisch. Und ja, auch ich finde graue Schläfen sexy!
Die Füchsin
P.S.: Kerle, die sich krampfhaft beweisen und darstellen müssen, langweilen mich elendiglich. Und es gibt sie in jedem Alter.