Suizidgedanken ein Leben lang?

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Eremit
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Beitrag So., 05.06.2011, 01:59

Widow hat geschrieben:Mit "Gemüse" meine ich ganz unmetaphorisch jene zu nichts mehr fähigen menschlichen Wesen auf irgendwelchen Pflegestationen, deren basale Hirnfunktionen ausgefallen sind durch Unfälle, Hirnverschleiß (Demenz), Suizidversuche und ähnliches (evtl. abgesehen von Herzschlag, Atmung und dergleichen mehr - dem Arzt unter uns wird schon einfallen, wie das heißt).
Diese Metapher für solche Menschen ist in meinem Umfeld nicht geläufig, das war alles. Ich kenne als Metapher nur "Junges Gemüse", was ja nahezu einem vollständigen Gegensatz zu Deiner Metapher entspricht...

In meinem Umfeld nennt man solche Menschen eher "Steine", "Zombies", "Versuchskaninchen für Medikamentenversuche", etc...

Bei "Gemüse" kriege ich immer Hunger, und Gemüse steht für mich eigentlich für Leben, Lebendigkeit, Lebens-Hunger, Vitalität...

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Rezna
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Beitrag So., 05.06.2011, 10:09

Ich kann diese Suizidgedanken als eine Zuflucht die das Überleben ermöglicht durchaus verstehen.
Ich kenne Suizidgedanken auf verschiedenen Ebenen. Einerseits diese pseudo-affektiven. In ganz schlimmen unerträglichen Lebenssituationen, aus denen es im Moment keinen Ausweg gibt, war für mich der Gedanke, da jetzt sofort aus dem Fenster springen zu können, oder sofort raus laufen und vor einen LKW springen usw. sehr lindernd. Es war in einer Zeit ohne scheinbar mehrere Wege doch zumindest EIN Weg und konnte mir das Gefühl vermitteln, ich führe noch ein Leben in dem ich entscheiden kann und darf. Zumindest entscheiden, ob ich die Situation durchhalte, oder eben mich umbringe. Das hat in meinem Fall tatsächlich die Spitzen herausgenommen. Im Gespräch mit meiner Theraputin hat diese auch bestätigt, dass meine Suizidgedanken mir helfen, nicht wirklich durchzudrehen, zu überleben, eine Situation mit einigermaßen Selbstachtung zu überstehen. Ich würde nicht soweit gehen, sie dann TROST zu nennen, aber vielleicht eher die letzte Wahlfreiheit aus einem scheinbar festgefahrenen Leben. Ich denke, manche Situationen können so irrsinnig sein, dass sie wirklich die seelische Gesundheit gefährden, dahingehend, für immer "plemplem" zu sein, wirklich Sicherungen durchbrennen zu lassen. Für mich waren Suizidgedanken dahingehend auch ein gewisser Druckabbau. Und ich gestehe auch heute benutze ich sie in diesem Sinne. Nach dem Motto: Umbringen kann ich mich immer noch, erlauben sie mir ein freieres Handeln, erlauben sie mir, einen Schritt einfach mal zu gehen, ihn JETZT zu gehen... mehr als schiefgehen kann er nicht und dann kann ich immer noch entscheiden.
Dann gibt es diese Phase, in der Suizid an sich nicht mehr in Frage steht, sondern fix beschlossen wird, diese Phase, sich dazu zu entscheiden habe ich als sehr sehr Schmerzhaft empfunden, da es ja ein ziemlicher Kampf gegen einen sehr starken Impuls des Überlebenswillens ist. Das ist eine Zeit in der ich große Qualen litt, die aber immer nich viel geringer waren, als jene Qualen vor denen ich damit Abschied nehmen wollte. Und dann ist die Entscheidung durch. Und das war dann der Frieden, die Ruhe, die Nüchternheit. Auf einmal gibt es keinen Schmerz mehr, keine Qual, sondern nur noch eine Mission, ein klares Ziel, simple Logistik. Keine Fragen, kein Grübeln, nur noch Planung in die man sich Detailreich verlieren kann. In/nach dieser Phase ist die Rückkehr zum Leben die weitaus schwierigere Entscheidung, denn dan sind dann mit einem Schlag alle Qualen wieder da.
Neben dem Überlebenskampf, der freilich schmerzhalft ist, keine Frage, ist der Suizid an sich dich eigentlich deswegen eine Wahl, WEIL er eben befreit, WEIL er eben eine Wahlfreiheit ermöglich, WEIL er Ruhe verspricht, ein ende der Qual. Würde man das keinesfalls glauben, käme man nicht auf die Idee. Und (christliche) Religionen haben ja genau das - Suizid als Wahl - versucht zu verhindern, indem sie vom ewigen Fegefeuer fantasierten, damit die Menschen glauben, noch schlimmer als das gräulichste Leben ist der Freitod - ich denke, solche Leute sind dann sehr sehr krank geworden, weil das muss wirklich Wahnsinnig gemacht haben.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
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Gast
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Beitrag So., 05.06.2011, 16:51

Eremit hat geschrieben:Gemüse steht für mich eigentlich für Leben, Lebendigkeit, Lebens-Hunger, Vitalität...
In diesen Zeiten... Ich glaube, fehlende Bindungsfähigkeit läßt leichter Suizidgedanken aufkommen. Bevor sich mein Vater suizidierte, war er immer verschlossener geworden. Er wollte sich nicht helfen lassen, denn das hätte ihn in die Hand Anderer gegeben.

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Peewie
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Beitrag So., 05.06.2011, 17:42

Also alles hin und her gibt es für dich nur eins, mit deiner Therapeutin kontakt aufnehnen egal wie!

lass dir von deinen Suizidgedanken nicht vor machen das es keinen sinn macht hilfe zu suchen, dein Kopf weis Telefoniren kann nicht schaden und deine Therapeutin weis Rat , weil du Ihr Vertraust.

Peewie

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geronimos secret
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Beitrag So., 05.06.2011, 19:26

Suizidgedanken kenne ich seit meinem Teenageralter. Der Tod (als Möglichkeit) begleitet mich seither. Weil ich mir aber immer sicher war, niemals den Mut für eine so definite Tat zu haben, habe ich diese Gedanken nie ernst genommen (und übrigens auch nie mit jemandem darüber geredet). Jetzt, wo ich einen Sohn habe und ich mich dabei ertappe, dass diese Gedanken wieder kommen, erschrecken sie mich.
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Beitrag So., 05.06.2011, 21:02

geronimos secret hat geschrieben:Jetzt, wo ich einen Sohn habe und ich mich dabei ertappe, dass diese Gedanken wieder kommen, erschrecken sie mich.
Erschreckend ist, daß man sich für derart gewalttätig hält.

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geronimos secret
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Beitrag Mo., 06.06.2011, 06:24

Sir hat geschrieben:Erschreckend ist, daß man sich für derart gewalttätig hält.
Versteh ich nicht.
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blumen_mädchen
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Beitrag Mo., 06.06.2011, 08:46

Ich denke dass, Der erste gute Schritt, bei ständigen Suizidgedanken, der Weg zu einem Psychologen oder Psychotherapeuten sein sollte.
Solche Gedanken sind Ausdruck einer psychischen Krankheit, Störung oder eben eines Problems. wie am Beispiel von Produkt sieht man dass sie vergehen können , find ich übrigens total super dass du die Therapie durchgezogen hast und noch dazu erfolgreich abgeschlossen.
Es gibt wohl einen oder mehrere Auslöser , dass solche Gedanken nun wieder beginnen.
Vl kann dir die alte Therapeutin eine neue in deiner Umgebung empfehlen und sonst musst du auf die Suche gehen. Ist zwar nicht leicht aber die Zeit ohne diese Gedanken sicher wert. Vor allem wenn man schon mal gesehen hat das es auch ohne geht..
Vl hilft es dir auch anzufangen alles niederzuschreiben.. Alles ist aufjeden fall besser als nichts dagegen zu tun.

lg


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Beitrag Mo., 06.06.2011, 13:47

geronimos secret hat geschrieben:
Sir hat geschrieben:Erschreckend ist, daß man sich für derart gewalttätig hält.
Versteh ich nicht.
Mordgedanken...

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estelle
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Beitrag Mo., 06.06.2011, 13:55

Sir hat geschrieben:Mordgedanken...




Mord gegen sich selber, woher kommt das?

Glaub aus irgendwelchen Schuldgefühlen,

die sollte man dann doch versuchen loszuwerden,

meistens gelingt das ja auch in einer guten Therapie.


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Beitrag Mo., 06.06.2011, 14:01

Violetta 2009 hat geschrieben:meistens gelingt das ja auch in einer guten Therapie.
Wie - der Therapeut soll einem die Schuldvorwürfe gegen sich selbst für den geplanten Suizid nehmen?

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estelle
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Beitrag Mo., 06.06.2011, 14:37

Tschuldigung-mein Internet ist grad 3 mal abgestürzt, kann erst jetzt antworten
Sir hat geschrieben:Wie - der Therapeut soll einem die Schuldvorwürfe gegen sich selbst für den geplanten Suizid nehmen?
Hab ich mich so verkehrt ausgedrückt, das macht wohl die Wärme.

Nein ich meinte, dass es doch häufig vorkommt, dass einem andere Leute Schuldgefühle einreden
oder man sich selber oder unbewußt wegen irgendwelchen Sachen ( ich meinte damit nicht einen
geplanten Suizid) und man dann die Aggressionen gegen sich selber richtet, anstatt auf andere
wütend zu sein und dann daraus Suizidgedanken entstehen. Und eine Therapie dieses dann ja
aufklären und beseitigen hilft.
Bist du vielleicht auf deinen Vater wütend, weil er eure Familie verlassen hat?

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geronimos secret
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Beiträge: 917

Beitrag Mo., 06.06.2011, 14:57

Einer Selbsttötung liegt nicht immer das Motiv von Schuldgefühlen zugrunde. Es ist - übrigens auch juristisch - falsch in diesem Zusammenhang von "Mord" zu sprechen. Wer sich selbst tötet, begeht alles, aber gewiss keinen Mord.
Eat Pray Love

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The Universal
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Beitrag Mo., 06.06.2011, 15:27

Ich werde auch mein gesamtes Leben lang Suizidgedanken haben, aber ich glaube nicht, dass diese einen anderen Sinn haben, als den, dass mir mein Inneres sagen will, ich hätte selbst Schuld, dass es mir schlecht geht, eben weil ich noch am Leben bleibe. (Suizid=keine Probleme mehr). Die große Frage lautet in meinem Fall, wieviel Wert so ein Leben am Ende gehabt haben wird, und ich bilanziere negativ - es wird keinen Wert gehabt haben, und damit meine ich nicht den Wert meiner Person, sondern so wie ich es schreibe: inwiefern konnte ich vom Leben profitieren? Wieviel Spaß hat es mir gemacht? Mehr oder weniger null.
The Ultimate Way III - 01.10.2012


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Beitrag Mo., 06.06.2011, 17:42

Violetta 2009 hat geschrieben: Bist du vielleicht auf deinen Vater wütend, weil er eure Familie verlassen hat?
Er war schon lange nicht mehr zugänglich. Seine Geliebte (Sekretärin) hatte sich scheiden lassen und übte nun Druck auf ihn aus (hat dann ihren Mann wieder geheiratet...). Meine Mutter war nur erleichtert - mir (17) war's weitgehend egal.
@ geronimus, ja, Selbstmord ist ein überkommener Begriff. Dennoch gehört ein Mindestmaß an Gewalttätigkeit dazu, sich umzubringen.

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