Zwangseinweisung bei Magersucht

Hier haben Sie die Möglichkeit, anderen Ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen - oder sie nach deren Erfahrungen im Kontext von klinischer Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie zu fragen.
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Nozi
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Beitrag Mi., 11.05.2011, 16:16

deine schwester ist so schwer gestört, dass du mit normalen, vernünftigen herangehens- oder verstehensweisen nicht weiter kommst. ich hab zb ein mädchen erlebt, die an einem heißen augusttag zusammengebrochen ist, nachdem sie den ganzen tag am klo verbracht hat dank der tonnen abführmittel, die sie geschluckt hat, ein skelett, vielleicht 30 kg, und im spital war das erste, was sie gesagt hat, ob sie denn nicht aufgeschwemmt aussehen wird wegen der flüssigkeitsinfusionen, die sie bekommt. ich hätte sie am liebsten an die wand geknallt vor lauter wut über so viel dummheit. da hab ich angefangen zu kapieren, dass diese mädls leiderleider wenn überhaupt, dann nur dann sowas wie geheilt werden können, wenn es total eskaliert. im grunde müsstet ihr sie alle fallen lassen und sie müsste grad so mit dem leben davon kommen, aber wirklich sehr knapp, weil sonst begreift sie immer noch nicht, dass sie wirklich sterben wird. sie können in dem zustand nicht mehr klar denken - das hirn fährt ab einem gewissen gewicht runter und es bringt keine komplexen gedanken oder schlussfolgerungen mehr zusammen. außerdem befindet sie sich ständig in der sogenannten hungereuphorie, ähnlich dem halbverhungerten löwen in der steppe, der noch einmal all seine kraft zusammen nimmt und jagen geht, obwohl es körperlich kaum mehr möglich ist. sie fühlt sich stark und unbesiegbar, überhaupt nicht wie mit einem fuß im grab. das macht es am schluss (!!!) so wahnsinnig schwierig, an die mädls ranzukommen, weil sie sich echt gesund fühlen! schrecklich ...
ich wünsch euch viel kraft! du könntest mal kontakt aufnehmen mit der therapeutin vom weidenhof http://www.therapie-weidenhof.at/ - vielleicht kann sie dort unterkommen oder du kriegst rat!
alles gute!
lg
nozi

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Ive
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Beitrag Mi., 11.05.2011, 16:49

Zorn, so verständlich er ist, hilft hier, wie bei allen suchtartigen Störungen, leider nicht weiter.

Es gibt viele gute Bücher über dieses Thema, falls sich jemand darüber näher informieren möchte: Eines, dass sich mit der ganzen Thematik näher auseinandersetzt, kann ich empfehlen, "Hunger" von Caroline Knapp.

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hungryheart
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Beitrag Mi., 11.05.2011, 18:08

hi susanna,
ich finde gut, dass du nicht einfach zuschauen willst.
ich war selbst magersüchtig und kann sagen, dass man, wenn man im schweren untergewicht ist, einfach nicht mehr ausreichend steuerungsfähig ist, um selbst wieder an gewicht zuzulegen und da rauszukommen.
kann schon sein, dass deine schwester dich erstmal hasst und sich einbildet, zwangsernährung wäre das schlimmste, was ihr geschehen kann.
im grunde ist es aber eine entlastung und ihre einzige überlebenschance.

und ziemlich sicher wird sie dir sehr sehr sehr dankbar sein, irgendwann.
(wenn man es in der klinik schafft, sie wieder auf ein halbwegs normales gewicht zu "tragen" und sie wieder normal denken kann)

schau doch mal hier http://www.psychotherapiepraxis.at/arch ... php?t=4391


hier http://de.wikipedia.org/wiki/Unterbringung

und v.a. hier http://de.wikipedia.org/wiki/Unterbringungsverfahren
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Susanna85
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Beitrag Do., 12.05.2011, 18:32

Hallo Nozi, hallo Hungryheart,

danke für eure Beiträge! Ich kann meine Schwester gut darin wiedererkennen....
So mager wie sie momentan ist, würde jeder klar denkende Mensch Todesängste empfinden.
Sie ähnelt einem Skelett;, ich wunder mich, woher sie die Energie nimmt, jeden Tag
aufzustehen und alltägliche Dinge zu tun...

Danke für die Buchempfehlung, Ive. Ich hab schon einiges über Magersucht gelesen,
kann dadurch vieles auch besser verstehen, warum sich meine Schwester so und so verhält.

Ich hab nochmals mit meiner Mutter gesprochen, aber die ist absolut gegen eine Zwangseinweisung.
Das macht mich total fertig, weil sie müsste eigendlich auch dahinter stehen. Sie hat einfach zuviel Angst,
dass meine Schwester dann endgültig aufgibt und im Krankenhaus stirbt.
Also wird wohl wieder alles beim alten bleiben...Mein Bestreben wird sein, so schnell wie möglich auszuziehen und den Kontakt abzubrechen. Dann kriege ich das ganze Theater wenigstens nicht mehr mit...Es ist so schade, dass wegen dieser Krankheit auch das (sonst gute) Verhältnis zu meiner Mutter so kaputt geht.

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münchnerkindl
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Beitrag Do., 12.05.2011, 19:02

Susanna85 hat geschrieben: Ich hab nochmals mit meiner Mutter gesprochen, aber die ist absolut gegen eine Zwangseinweisung.
Das macht mich total fertig, weil sie müsste eigendlich auch dahinter stehen. Sie hat einfach zuviel Angst,
dass meine Schwester dann endgültig aufgibt und im Krankenhaus stirbt.
Also wird wohl wieder alles beim alten bleiben...Mein Bestreben wird sein, so schnell wie möglich auszuziehen und den Kontakt abzubrechen. Dann kriege ich das ganze Theater wenigstens nicht mehr mit....


Nein ist es nicht. Wie gesagt: Wende dich (ggf anonym) an das Gesundheitsamt ihrer Heimatgemeinde sobald sie wieder dort ist und veranlasse daß der Amtsarzt sich darum kümmert.

Und klar, ausziehen und dich aus der Situation rausbegeben ist eine sinnvolle Sache.

Als ob es besser wäre wenn sie zuhause plötzlich tot umkippt. Deine Mutter hat echt einen an der Klatsche, was anderes fällt mir hier nicht ein

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Elfchen
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Beitrag Do., 12.05.2011, 19:08

hallo

so sehr ich deinen kummer verstrehe, so sehr bin ich aber auch anderer meinung.
ich denke, man sollte akzeptieren, dass sie diesen weg für sich gewählt hat- so schwer das fällt. es würde mich auch zerreissen. aber sie ist mündig und nicht dumm. sie weiss wahrscheinlich ganz genau, wie sie dran ist.
entweder, es gibt bei ihr ein "heilsames erschrecken", oder es wird so weitergehen, bis zum bitteren ende. ich hab schon so kranke menschen gesehen, die angst hatten, wenn ein mandarindli auf die haut spritzt, dass das kalorien haben könnte .

irgendwann ist alles gesagt, dann fängt in meinen augen auch der respekt vor einem menschen an. es ist IHR entscheid. das gilt es zu akzeptieren.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Susanna85
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Beitrag Do., 12.05.2011, 19:41

münchnerkindl hat geschrieben: Nein ist es nicht. Wie gesagt: Wende dich (ggf anonym) an das Gesundheitsamt ihrer Heimatgemeinde sobald sie wieder dort ist und veranlasse daß der Amtsarzt sich darum kümmert.
Ja, das werde ich auf jeden Fall tun. Ich hoffe, dass ein Anruf da reichen wird.
Allerdings geht das erst in 3 Wochen, solange wollte sie nämlich hier bei uns bleiben....im Grunde müsste sofort etwas geschehen


Elfchen,
die Krankheit meiner Schwester so hinzunehmen und zu akzeptieren kann ich nicht, aus mehreren Gründen: Sie leidet unter ihrer Krankheit, sie ist öfters depressiv, sie will gesund werden und zunehmen (sie sagt es zumindest oft), sie wünscht sich eine Zukunft, einen Partner etc. Aber da ist der Zwang, der sie andauernd beherrscht. Es heißt ja auch, Magersucht ist u. a. bzw. kann eine Zwangserkrankung sein.
Alleine gegen solch starke innere Zwänge anzukämpfen ist fast unmöglich.
Vorallem aber die Tatsache, dass Magersüchtige oft ein verzerrtes Bild von sich selbst haben, die eigene Körperwahrnehmung sehr beeinträchtigt ist, also ab einem gewissen Untergewicht die Bedrohlichkeit dessen gar nicht realisieren.
Und ich sehe, wie sie leidet. Und mit ihr die ganze Familie. Vielleicht wird sie später einmal aufgrund der Folgeschäden im Rollstuhl landen, und meine Mutter fühlt sich dann verantwortlich sie zu pflegen. Auf so eine Zukunftsaussicht würden wir alle drei aber gerne verzichten...

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hungryheart
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Beitrag Fr., 13.05.2011, 08:13

Elfchen hat geschrieben:aber sie ist mündig und nicht dumm. sie weiss wahrscheinlich ganz genau, wie sie dran ist.
.....

irgendwann ist alles gesagt, dann fängt in meinen augen auch der respekt vor einem menschen an. es ist IHR entscheid. das gilt es zu akzeptieren.

liebes elfchen,
da muss ich dir entschieden widersprechen!
aus eigener erfahrung weiß ich, dass im schweren untergewicht auch die hirnfunktion und damit auch die normale einsichts- und steuerungsfähigkeit stark beeinträchtigt ist.
in einem solchen stadium die entscheidung gegen eine behandlung hinzunehmen, wäre vergleichbar damit, jeden anderen behandlungsbedürftigen schwer selbst- oder fremdgefährdenden patienten nicht zu behandeln.

nicht umsonst werden immer wieder schwer untergewichtige magersüchtige via richterlichem beschluss zwangsbehandelt.


bei mir haben damals therapeutische strenge und eine enge struktur in der klinik ausgereicht, mich wieder in ein normales gewicht zu tragen.
eine mitpatientin in der klinik damals (mit schwerster, chronischer magersucht, die sich nicht auf das therapeutische konzept einlassen konnte und sogar weiter abnahm) haben sie damals zwangsweise in eine psychiatrie zur zwangsweisen ernährung verlegt.
das war zunächst natürlich ein albtraum für sie und wir haben alle mit ihr mitgelitten.
aber nach einigen monaten kam sie mit einem 18er BMI und als anderer mensch zurück in die psychosomatik . sie war endlich in der lage, überhaupt therapie zu machen, so wie wir sie verstehen, weil die hirnfunktion wieder einigermaßen hergestellt war und sie wieder etwas spüren konnte.
und sie hat den behandelnden ärzten quasi auf knien gedankt, dass sie sie zur zwangsernährung gezwungen hatten.
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hungryheart
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Beitrag Fr., 13.05.2011, 09:09

ich hab zwei interessante links zum thema gefunden, aus denen man so ein bisschen eine idee bekommt, wie sowas läuft

eine kasuistik
http://www.root.webdestination.de/kunde ... uistik.pdf

und eine doktorarbeit zum thema, in der auch 25 kasuistiken/fallbeispiele konkret beschrieben werden

http://edoc.ub.uni-muenchen.de/9395/1/Ortner_Marion.pdf
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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 13.05.2011, 09:50

Elfchen hat geschrieben: ich denke, man sollte akzeptieren, dass sie diesen weg für sich gewählt hat- so schwer das fällt. es würde mich auch zerreissen. aber sie ist mündig und nicht dumm. sie weiss wahrscheinlich ganz genau, wie sie dran ist.

irgendwann ist alles gesagt, dann fängt in meinen augen auch der respekt vor einem menschen an. es ist IHR entscheid. das gilt es zu akzeptieren.

Ich denke nicht daß jemand mit einer starken Zwangserkrankung oder nicht stoffgebundenen Sucht das selbst entscheidet. Auch jemand mit einem weniger gefährlichen Zwang, sagen wir Waschzwan hat in dem Moment des Zwangs nicht wirklich die Entscheidungsfreiheit dem Zwang zu folgen und das Aussteigen aus einer starken Zwangskrankheit ist meist nur mit professioneller Hilfe möglich und das tun auch hier viele Betroffenen aus Angst vor der Konkfrontation nicht.

Sie ist in dem Zustand in dem sie jetzt ist nicht mündig.

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Susanna85
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Beitrag Fr., 13.05.2011, 17:25

Hungryheart,
vielen Dank für die Adressen! Nach so detalierten Infos hab ich gesucht.
Hab mir die ersten Seiten schon durchgelesen, und bin jetzt umso mehr der festen Überzeugung,
dass eine solche Zwangsbehandlung unbedingt notwendig wäre.
Aber sowohl meine Schwester als auch meine Mutter reagieren agressiv, sobald ein Wort mit "zwang" anfängt.
Es ist echt zum k***...Ich glaube sie muss erst wirklich umfallen, damit dann der Notarzt sie mitnimmt...
Ich brächte jemanden, der sie kennt und der genauso ihren schlechten Zustand sieht wie ich und auch der Meinung ist, dass dringend etwas getan werden muss.

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 13.05.2011, 17:27

Susanna85 hat geschrieben: Aber sowohl meine Schwester als auch meine Mutter reagieren agressiv, sobald ein Wort mit "zwang" anfängt.
Das ist bei deiner Schwester Teil der Erkrankung und deine Mutter ist vermutlich co-Abhängig. Das ist ein Phänomen das von Alkoholikerangehörigen bekannst ist, aber das gibt es auch bei allen anderen Arten von Süchten.

Googel mal den Begriff Co-Abhängig.

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Susanna85
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Beitrag Sa., 14.05.2011, 15:23

Hallo münchnerkindl,

meine Mutter ist sehr wahrscheinlich Co-abhängig, ja.
Ihr ist es auch bewusst, aber leider ändert das trotzdem nichts an ihrer Einstellung.

Ich überlege andauernd, was wohl das Beste wäre jetzt in dieser Situation, aber ich werd mit
meiner Family da nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen.
Manchmal denke ich mir, ich sollte einfach dem Gemeindearzt hier bzw. der Polizei einen Hinweis geben,
aber ich zweifel natürlich auch daran, ob das ganze dann so richtig ablaufen wird. Außerdem hab ich auch die "Befürchtung", dass die sich gar nicht zuständig fühlen für diesen Fall, weil meine Schwester geistig ja einen ganz normalen Eindruck macht und denen ganz klar sagen wird, dass sie niemals mitgehen wird. Wenn sie dann mal bei einem Arzt wäre, würde der aber sicher die Notwendigkeit einer Behandlung sehen.

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 14.05.2011, 19:13

Susanna85 hat geschrieben: Manchmal denke ich mir, ich sollte einfach dem Gemeindearzt hier bzw. der Polizei einen Hinweis geben,
aber ich zweifel natürlich auch daran, ob das ganze dann so richtig ablaufen wird.

Du kannst dich ja vor der Anzeige erst mal erkundigen ob und was sie bei einer solchen Anzeige überhaupt machen.

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Ive
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Beitrag Sa., 14.05.2011, 19:21

Ich glaube sie muss erst wirklich umfallen, damit dann der Notarzt sie mitnimmt...
Wenn sie so uneinsichtig sind, beide, dann muss dass wohl so kommen.

Die Polizei macht gar nichts in so einem Fall, da nicht zuständig. Sie würden sich das nur anhören und raten, sich an den Hausarzt und / oder an eine übergeordnete Stelle zu wenden.

Ich würde jetzt im Vorfeld mal beim Arzt, der Deine Schwester kennt, nachfragen, wie er sie bzw. die Sachlage einschätzt.

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