Innerer Ankläger

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krabath
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 11:00

Nitrat,
vielleicht hilft es dir, wenn du den inneren Ankläger als einen Teil von dir akzeptierst? Er ist auch du, will gehört werden. Je stärker du ihn verdrängst, umso lauter wird er sich melden.
Vielleicht kannst du es ausprobieren: Hör ihm zu, lass ihn eine begrenzte Zeit reden, und dann ist ´s wieder gut. Diese Stimme aus dem Hintergrund zu hören und auf seinen von dir ausgewählten Platz verweisen kann gut tun!

So wie du den Wunsch nach Liebe deiner Eltern nicht von dir abschneiden möchtest, weil dieser Anteil zu dir gehört, gehört wohl auch der Ankläger zu dir. Er will dir etwas sagen.

So lange du ihn weghaben willst, trägst du einen, ich nenne es mal Feind in dir. Mache ihn zu deinem Freund.

Nur so eine Idee, könnte sich aber gut anfühlen. ?

lg krabath

PS: Ein wenig erinnert mich dieser Zwiespalt an "Der gute Mensch von Sezuan".

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neko
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 11:13

das ist auch für mich immer wieder mal ein thema. mir haben zwei dinge ein wenig geholfen.
ich habe festgestellt, dass mein innerer zensor, wie ich ihn nennen, immer dann zuschlägt, wenn ich "eigentlich" etwas wichtiges geschafft habe, wenn es mir "eigentlich" gut gehen müsste, ich "eigentlich" stolz auf mich sein dürfte. darauf hat mich meine therapeutin gebracht und wir haben daraus den schluss gezogen, dass die funktion darin besteht, dass ich gerade dann nicht entspannt, nicht unachtsam sein darf, dass ich nicht erfolgreich, nicht froh usw. sein darf
mir ist dann erst im umgang mit meinem vater bereits vor ein paar jahren und dann auch bei meiner mutter vor kurzem aufgefallen, dass mich beide immer dann deckeln, wenn mir etwas gelungen ist. mein anteil dabei (nicht schön zu sehen, aber wohl war): ich habe meine erfolge immer wie tote mäuse zu meinen eltern geschleppt, immer darauf gehofft, dass sie sie anerkennen und dadurch "wahr" machen, hab sie mir immer wieder von ihnen kaputt machen lassen. erst vor kurzem ist mir aufgefallen, dass gerade meine mutter mit kleinen spitzen bemerkungen, die ich oft gar nicht bemerkt habe, lange zeit die macht hatte, mich immer wieder in tiefe zweifeln zu stürzen. das letzte mal habe ich dabei das erste mal ganz deutlich gespürt, dass da hinter IHRE angst steckt, nicht zu genügen und dass sie wahnsinnig angst davor hat, ich könnte sie wirklich sehen in all IHREN ängsten. mir ist klar geworden, dass meine mutter ganz viel neid hat - auch auf mich und mich stutzen muss, amit SIE sich nicht klein fühlt. mir hat das lange zeit auf einer unbewussten ebene auch noch ein gewaltiges schuldgefüh eingeimpft, weil sie mich innerlich zu der verfolgenden, der verächtlichen gemacht hat, die sie dann glaubte bestrafen zu dürfen. und um ihr weiter nah sein zu können, habe ich das dann selber übernommen, das mich niedermachen. das hat mich sehr tief traurig gemacht, diese versrickung. ganz langsam hilft es mir - sehen zu können, all das hat ganz viel mit ihr zu tun, ihrs von meinem trennen zu können. die gedankenscheifen sind damit immer noch nicht weg. aber manchmal kann ich sie interessiert-distanziert beobachten. damit bin ich dem nicht mehr so ausgeliefert. in der letzten krise ha das geholfen.

mein rat deshalb: zu fragen, was die funktion von dem ankläger ist.

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Nitrat
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 11:16

sehr geschätzte krabath!

Leider habe ich das schon versucht und es hat sich herausgestellt, dass der Ankläger (bei mir) sich nicht zum Verbündeten machen läßt.
Das Attribut welches (meinen) Ankläger am besten charakterisiert ist "Lebensfeindlichkeit".
Und was er mir sagen/befehlen möchte ist schlicht und ergreifend "stirb!"
Er/Sie gibt sich manchmal "freundlich", doch sobald ich darauf in positiver Weise eingehe, ändert sich das ziemlich drastisch.
Dass dies jetzt das innere Kind sei, welches allen Lebensmut verloren hat, so kann ich das nicht sehen wollen! Denn letzten Endes wird dieses Bild auch durch die Realität meines tatsächlichen Lebens widerlegt.
Mein Leben ist nicht so grau und trostlos, wie sich das manchmal anhören muss.
Trotzdem ist da noch immer der Ankläger und was mein Kind/Bruder mir zu sagen versucht ist: "Leg den
+++++####@@Ankläger endlich um!"

Das was der Ankläger mir zuwispert oder in's Ohr brüllt ist alles andere als nett, freundlich, gerecht oder auch nur akzeptabel.
Sorry, aber so siehts aus.

mfG

PS: Brecht, Valentin, nordamerikanische Ureinwohner
Du, ich,........... wie gesagt, ist nicht die schlechteste Gesellschaft.

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debussy
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 11:41

ich halte deinen ankläger ja bei weitem nicht für so gefährlich. ein bisschen zahnlos das ganze, wenn du mich fragst. aber er nervt!!

gehen wir es doch einmal strategisch an:

er ist dein feind. ok.

was kann man tun, um sich seines feindes zu entledigen?
umbringen? funktioniert offensichtlich nicht.
überlaufen? halte ich nicht für zielführend.
das territorium verlassen (flucht)? nicht möglich.

mir ist aber ein strategie eingefallen, die möglichweise langfristig hinhauen könnte.
bring ihn dazu, dass ER überläuft.

wie könnte das aussehen. hast du eine idee?
was müsstest du als erstes tun?

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Nitrat
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 11:59

debussy

Du denkst fast schon sardonisch! Gefällt mir.
Tja, in der Tat, eine Idee dazu habe ich.
Auf meiner Seite gibt's wesentlich mehr Spass.
Und es ist dazu nicht erforderlich andere zu verletzen oder herabzusetzen oder gar auszubeuten.
So ganz überzeugen konnte ich ihn nicht.
Seine Frage: Was wenn jemand kommt der.........
(wie kann man in Frieden leben, wenn es dem "bösen" Nachbarn nicht gefällt? Antwort: Es geht nicht.)

Dieser Ansatz klingt in der Tat vielversprechend....
jedoch was wenn die Natur des Anklägers ihm Freude nicht erstrebenswert macht?
Er wird zum Schein darauf eingehen und dann.......

somit wäre es notwendig nicht einen rückhaltlosen Sprung in's Vertrauen zu tun, sondern etwas vorsichtiger und kontrollierter vorzugehen.

Leider habe ich auch das schon versucht.
Hat nicht geklappt (bei der nächsten realen Frustration, welche im Leben einfach unvermeidlich vorkommen, war der Ankläger brutaler denn je)

mfG

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krabath
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 12:04

Nitrat hat geschrieben:Trotzdem ist da noch immer der Ankläger und was mein Kind/Bruder mir zu sagen versucht ist: "Leg den
+++++####@@Ankläger endlich um!"
Das verstehe ich nicht ganz: In welchem Verhältnis stehen bei dir Ankläger vs. Kind/Bruder und der erwachsene Jetzt-Nitrat?

Das was der Ankläger mir zuwispert oder in's Ohr brüllt ist alles andere als nett, freundlich, gerecht oder auch nur akzeptabel.
Genau das ist ja seine Rolle. Würdest du dich im Alltag eher als nett, freundlich und gerecht sehen? Nur so eine Idee.

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Nitrat
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 12:58

krabath

ich sehe, dass Du der Meinung sein könntest, der Ankläger sei in Wahrheit die Stimme des inneren Kindes.
Ich sehe dies nicht so.
Und ja ich bin nett, freundlich und strebe nach Gerechtigkeit im Alltag (ohne dies unter allen Umständen sein zu müssen)

Was der Ankläger ist?
Nina Hagen hätte dazu vielleicht eine bessere Antwort, als ich.
Ich glaube er ist tatsächlich ein polymorpher, rücksichtsloser Feind, der schon mal als inneres Kind auftritt, bloss er ist es nicht.
ein Feind, der versucht unsere grundlegende Gutartigkeit gegen uns zu verwenden.
was es ist? vielleicht die Essenz der schwarzen pädagogik?

mfG

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krabath
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 13:28

Nein, ich habe mit dem inneren Kind nicht so viel am Hut.
Ich kann mich wohl nicht verständlich machen.

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Nitrat
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 13:39

krabath

ähem! na dann hoffe ich ehrlich, dass Du nach angemessener Rekreation einen zweiten Versuch unternimmst.

mfg
und ebenso (vorerst) ratlosen Grüßen

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krabath
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 14:06

Ich probiere es kurz mit völlig unempathischen Gedanken: Stell dir vor du bist das dir bekannte Bienchen, 6 Wochen Lebensdauer Maximum. Wie schnell ist das 3 Wochen alte Bienchen mit empörten inneren Stimmen fertig, die ihr die letzten 3 Wochen vermiesen wollen?
Es wird denken "Haltet die Klappe ich habe Besseres zu tun."

(Das Bienchen zu den Stimmen, nicht falsch verstehen! )

In diesem Sinne halte ich jetzt die Klappe und genieße Sonne, Kaffee, Wasser und Aussicht! D.h. Ich fahr zum See, schauen, was die neue Saison und die Strandbar wenn offen so bietet . Das war jetzt OT, ich bitte um Verzeihung, aber so hält der Ankläger schnell die Schnauze.

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Nitrat
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 14:08

krabath

very cool!!!!

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chandelle
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 14:35

Ich vermute, dass der innere Ankläger ein Mensch aus Deinem engen Erziehung- bzw. Beziehungsfeld ist, der sich in Dir manifestiert hat. Ich schreibe das jetzt aus mir ohne Hintergrundwissen, falls es zur Kritik kommt.

Ich mag es so erklären: Als ich meinen Führerschein bestand, "hörte" ich noch die Stimme meines Fahrlehrers mit seinen Anweisungen bzw. "sah" ihn neben mir auf dem Beifahrersitz . Das ging einige Wochen so bis ich meine eigene Fahrsicherheit gewonnen hatte.

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Elfchen
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 14:44

chandelle hat geschrieben:in Mensch aus Deinem engen Erziehung- bzw. Beziehungsfeld ist, der sich in Dir manifestiert hat
das kann ich gut nachvollziehen, und das macht auch irgendwie sinn.
grad dein beispiel mit dem autofahren. ich hab damals mit 18 jahren als erste im damaligen jahr bis ende april die prüfung beim ersten mal bestanden im kanton zürich.
was in mir zurückgeblieben ist: das war zufall, das war nicht rechtens, das kannst du eigentlich nicht, weil du sowieso nichts kannst. anstatt mich zu freuen und stolz auf mich zu sein.
obwohl ich nun schon 44 bin hab ich immer noch angst vor dem autofahren und fahre eigentlich nur mir bekannte strecken (die dafür recht rasant ). sobald ich was unbekanntes fahren muss, bekomme ich panikattacken.
mein innerer ankläger sagt mir dann, dass ich eigentlich eine dilettantin bin, die nichts kann und sowieso einen unfall bauen wird.
es war sicher mein fahrlehrer, der nicht an mich glaubte, aber es sitzt viel, viel tiefer. es waren schon von anfang an die menschen, die einem immer wieder sagten, dass man eigentlich ein nichtsnutz ist und nichts kann.

nur so ein bespiel...
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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chandelle
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 14:52

Wie gesagt, vom Ankläger bzw. Literatur habe ich auch keine Ahnung. Und ich bin mir sicher, dass es nicht das innere Kind ist, welches einen selbst anklagt. Das innere Kind sehe ich als stark verunsichert an. In meiner Therapie damals hatte ich es so beschrieben: Ich saß ganz klein auf der einen Schulterseite. Auf der anderen Seite saß ein großer Teufel. Der Teufel war meine Mutter. Der Teufel schrumpfte mit der Therapie. So wollte ich ausdrücken, dass der Nachhall der Begenung mit dem Fahrlehrer kurz andauerte, der Einfluß meiner Mutter aber noch nachhalt. Das wird sicher bei niemanden ganz weggehen.

Obwohl ich auch niedergemacht wurde, dass ich zu blöd für alles bin, war Autofahren ein Selbstgänger. Ich liebe das! Für mich ist das Freiheit und ein wichtiges Lebenselexier. Der Teufel hatte darauf keinen Zugriff- ein Glück!

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Nitrat
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Beitrag Sa., 09.04.2011, 15:22

chandelle

Nö.
Der Ankläger ist nicht meine Mutter, er ist nicht meine Schwester, er ist nicht mein Vater, er ist nicht mein Fahrschullehrer.
Lediglich macht er sich diese Stimmen zunutze.
Ich hoffe ich treffe sie dann wieder.
meinen Vater, wenn er nicht mehr das ist, was dieses Leben aus ihm gemacht hat
meine Mutter, wenn sie ihre Angst und ihr Grauen überwunden hat
meine Schwester, wenn sie erkennt, dass ich ihr Bruder bin, nicht mehr und nicht weniger
meine Ahnenreihe
wenn der Ankläger gefallen ist
gefällt durch meine Hand
oder die Hand eines/einer anderen

mfG

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