Draußen hat geschrieben:Liebe Soley,
ich antworte dir als Frau, die nach 3 Fehlgeburten die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, doch noch Mutter werden zu dürfen.
Liebe Draußen,
ich hoffe, du wirst doch noch Mutter und ich auch (irgendwann).
Ich bin mit dir einer Meinung, dass es sich um ein Trauma handelt. Du hast an anderer Stelle geschrieben, dass dir die Abtreibungen passiert sind. Das ist nicht so. Du hast die machen lassen. Du hast dich bewusst gegen die zwei Kinder, die in dir wuchsen entschieden. Du hast sie töten lassen. Dem hast du dich nicht gestellt, es waren ja nur "Zellhaufen" [...] In deinem Unterbewusstsein ist die Gewissheit, dass es deine Kinder waren aber vorhanden, nicht das was du dir rational überlegt hast und diese Gewissheit kämpft um Gehör. Jetzt triggert dich, was dich wieder in so eine Situation bringen könnte. Du versuchst zu verdrängen, was dir Angst macht, ich weiß nicht, ob du das kannst. Meist gelingt es nur für kurze Zeit. Viele Frauen leiden wegen einer Abtreibung oder wie ich zum Beispiel wegen den Fehlgeburten unter Schuldgefühlen.
Wenn es ein Trauma ist, sollte ich wohl eine Therapie machen. Das hatte ich eh schon länger vor.
Gut, ich habe die Abtreibungen machen lassen und bin verantwortlich, aber ich habe trotzdem das Gefühl, das ganze ist ein ,,Schicksalsschlag"...gewissermaßen ein Charakterdrama: Mir passiert so etwas, weil irgendein ,,Teufel" in mir steckt, ein Saboteur, der mich in solche Situationen bringt, einer, der mich bestraft...ich bestrafe mich selbst, ohne es zu wollen. Ich bin nicht dumm, aber manchmal verhalte ich mich extrem dumm und das erweckt in mir eben jenes Gefühl, ich bestrafe mich selbst.
Ich empfinde es als Bestrafung, dass ich überhaupt in die situation geraten bin, entscheiden zu müssen über Leben und Tod, die Abtreibung selbst - da sehe ich mich voll verantwortlich. Aber die Ursache erscheint mir wie ,,zugestoßen", ,,passiert".
Mein stärkstes Gefühl ist,glaube ich, nicht Schuldgefühl, sondern das Gefühl, in eine Situation zu geraten, in der es keine guten Alternativen gibt. Ich war in einer Sackgasse, ich konnte keine gute Entscheidung fällen, ich konnte nur das scheinbar kleinere Übel wählen. Und die Angst, noch einmal in eine solche Situation zu geraten, ist auch da.
Schuldgefühle habe ich ein wenig, obwohl ich es eher ,,Bedauern" nennen würde. Ich hätte gerne gewusst, wer diese Kinder geworden wären, dieser Gedanke kommt mir aber erst jetzt nach und nach.
Außerdem habe ich Angst, dass ich für diese Abtreibungen auch irgendwie ,,bestraft" werde...zB, indem ich, wenn ich Kinder haben will, keine mehr bekommen kann, oder so etwas. Ich bin nicht abergläubisch, diese Gedanken könnten aus meiner Erziehung und von den kirchlichen Lehren kommen, denen ich ausgesetzt war.
Soley hat geschrieben:
Das kannst du erst beantworten (und nur du) wenn dir klar ist, was du möchtest.
Willst du deine Beziehung so wie sie ist oder wie sie vorher war weiterführen?
Willst du verstehen, was gerade mit dir passiert?
Willst du dir über deine eigene Verantwortung für dein Leben (und das Leben anderer) klar werden?
Willst du diese Verantwortung übernehmen?
Je nachdem, welche Fragen sich dir stellen, wird sich dein Weg gestalten.
Das ist ein guter Gedanke, mit den Fragen...ja, anhand der von innen auftauchenden Fragen werde ich erkennen, was meine eigentlichen Gefühle sind.
Wie du sagst, ich muss mir darüber klar werden, was ich möchte...dann werde ich auch einen Weg dahin finden. Ich habe gestern und heute darüber nachgedacht, was meine Bedürfnisse sind, was ich meinem Freund sagen würde...was er tun könnte, damit ich diese unbewusste (und auch nur partielle) Abneigung gegen ihn fallenlassen kann, ihm wieder vertrauen kann. Und ich glaube, ich hätte gerne etwas sehr einfaches: Dass er erkennt, dass diese Entscheidungen Folgen haben, dass er Verantwortung übernimmt und dass er - das wichtigste - erkennt, dass ich daran leide und mitfühlt. Sonst bin ich ganz alleine mit diesen inneren Zweifeln. Dass er versteht, was in mir vorgeht und dass er es, auch wenn es nicht logisch ist, annimmt.
Ich weiß nur nicht, ob er das kann, weil er...wahrscheinlich...Asperger Syndrom hat und ihm das ,,mitfühlen" eher nicht so liegt, sondern das ,,mitdenken". Er ist sehr sensibel, aber das ,,Mitfühlen" bereitet ihm Schwierigkeiten, denke ich. Diese Diagnose ist allerdings nicht gesichert, sondern von ihm vermutet. Naja, ich will auch nicht zu weit ausschweifen, aber das könnte es schwierig machen, das zu bekommen, was ich von ihm haben will. Mitgefühl. Allerdings ist er anstattdessen seit einigen Tagen superlieb zu mir, was mir auch schon hilft...ich fühl mich geschützter, ihm vertrauter, wärmer.
Naja, ich weiß gerade nichts mehr, bin etwas wirr in der Birne.
lg Soley