Gibt man als Elternteil dem Gejammer nach und holt die Kleinen zu sich, hat man zwar kurzfristig den Effekt, dass das Kind wieder bestens zufrieden ist - allerdings ist es dann übermüdet, kann später uU noch schlechter einschlafen, lernt nicht, sich selbst zu beruhigen, hat keinen festen Tag-Nacht-Turn, die Eltern haben keine Zeit für sich (klingt profan, ist aber wichtig!) und wenn sie dann irgendwann völlig entnervt/entkräftet sind, kommt es sehr viel eher zu dragonischen Erziehungsmaßnahmen. Besser: dem Kind die Grenzen fürs Abendritual früh zeigen, es lernt dann (fast) problemlos sich selbst zu beruhigen.
Hallo, Irrlicht!
Ich denke, heute fordert niemand mehr ernsthaft, die Eltern sollen allen Wünschen des Kindes nachkommen, auch ich finde das nicht ok. Denn die Bedürfnisse eines Menschen enden immer da, wo die eines anderen anfangen. Bei Kleinstkindern ist diese Grenze natürlich noch stark verschoben von Natur aus. Denn Babies kennen noch keine Moral und keine Frusttoleranz. Dein Beispiel ist ganz gut gewählt, denn daran kann man sehen, was Zuwendung und Überforderung oder gar Misshandlung ist.
Es ist völlig ok, wenn die Eltern versuchen, einen Kompromiss zwischen der Anhänglichkeit des Babies, das sich verlassen fühlt, zu finden und ihrem Bedürfnis nach "Feierabend vom harten Elternjob".
Eindeutig krank ist es - da sind wir uns wohl einig - wenn Eltern ob des natürlichen Bedürfnisses des Babies wütend werden, weil sie denken "das macht dieser Satansbraten nur aus dem Grund, weil er uns terrorisieren will" und dann wutentbrannt zum Kind zu rennen und es aus der Wiege zu nehmen, um es kräftig zu schütteln oder anzuschnauzen. Das ist nicht "Grenzen setzen", das nenne ich schwere Misshandlung.
Wenn man dagegen wie du zu dem Kind geht, um ihm in der Lernphase zu zeigen, Mami ist immer noch in der Welt, oder man lässt die Tür einen Spalt offen, damit sich das Kind nicht ganz allein fühlt und Mutters Stimme noch hören kann, dann ist das viel liebevoller und gibt dem Kind nicht Angst und Schuldgefühle. Ich empfinde das auch nicht als "Grenzen setzen", denn hier sorgen einfach alle Beteiligten des Systems Familie gut für sich und ihre Bedürfnisse. Keiner wird dabei dämonisiert und ausgegrenzt.
Allzu oft dient aber der so modische Terminus "Grenzen setzen" zur Verharmlosung von willkürlichem Machtverhalten der Eltern dem Kind gegenüber, das dazu dressiert werden soll, sich allein an den Bedürfnissen der Eltern zu orientieren. Das Kind wird in seinem natürlichen Verhalten von vornherein negativ gesehen und hass- und neidmotiviert mehr oder weniger unterdrückt.