Fragen zur Übertragungsliebe

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~silence~
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 06:25

Hallo AnnaBlume

Auch ich halte es für äußerst wichtig diese VerliebtheitsGefühle bei Deinem Therapeuten anzusprechen.

Aber wie jede andere Betroffene auch kann ich sie verstehen; diese ganze Scham, die unweigerlich mit diesem 'Outing' verbunden sein wird. Bei mir war und ist es schließlich nicht anders. Ganz und gar nicht.

Deine Umschreibung dessen, was sich da verändert hat, finde ich sehr passend, um sie auch so in eine Stunde einzubringen:
AnnaBlume hat geschrieben:Ich finde, dass seine Person zuviel Raum in meinem Denken, Handeln, in meinem Leben einnimmt. Ständig habe ich das Gefühl, er befinde sich in meiner Nähe, überall "sehe" ich ihn, obwohl ich ihn außerhalb unserer Sitzung natürlich noch nie gesehen habe. Ich frage mich permanent, wie er das, was ich denke, sage, tue, finden würde. Mich interessiert die Welt um mich herum kaum noch, ich fühle mich wie ein Teenie, der unglücklich verliebt ist, weil der Angebetete schon eine Freundin hat. Mittlerweile träume ich fast jede Nacht irgendwelches wirres Zeug von ihm. Ich will das alles nicht
Selber bin ich auch nicht 'mit der Tür ins Haus gefallen'. Habe ihm zum Beispiel gesagt, dass er mir viel zu wichtig geworden ist und wie sehr mich das stört. Dass ich ihn lieber wieder neutral erleben möchte, weil meine eigenen Themen auf einmal so unwichtig erscheinen. Auch ließ ich mal den Satz fallen, dass er ganz sicher die Therapie mit mir abbrechen würde, wenn er nur wüsste, WIE wichtig er mir geworden sei.

Inzwischen geht das etwas leichter. Er weiß, dass er die derzeit wichtigste Person in meinem Umfeld ist. Diese Worte sind gefallen. Was ich allerdings gar nicht ertragen kann ist, wenn er in dem Zusammenhang von 'Verliebtheit' spricht. Da kann ich nicht anders, als das entschieden von mir zu weisen. Das klingt mir in der Tat zu klischeehaft.

Auch mein Analytiker ist eine Blackbox. Ich kenne diese unterkühlte professionelle Distanziertheit.
Trotzdem hat er sehr sensibel bei diesem Thema reagiert und (unter anderem) gesagt, dass auch diese Gefühle zu mir dazugehören; sie seien ein Teil von mir. Therapeuten können manchmal etwas annehmen und aushalten, was wir selber (noch) nicht fertig bringen.

Auf jeden Fall wünsche ich Dir ganz viel Mut. Es ist schwer, aber Du kannst es schaffen.
Deine Gefühle gehören in die Therapie; sind ein Teil davon und Du solltest nicht allein damit zurande kommen müssen.
Allein diese Offenbarung wird einigen Druck von Dir nehmen und Dir Deine Authentizität zurückbringen.

VLG
~silence~
Zuletzt geändert von ~silence~ am Fr., 27.08.2010, 10:03, insgesamt 2-mal geändert.
"Mir geht es nicht gut", sagte die Seele ~
"Aber der Mensch hört nicht auf mich".
"Dann lass mich krank werden", sagte der Körper ~
"Dann muss er auf Dich hören".

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AnnaBlume
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 08:13

Ich kann deine Zurückhaltung verstehen. Ich habe meine Verliebtheit schon abgewertet, bevor sie überhaupt kam. Allen Patienten passiert das, dachte ich. Und jetzt auch noch mir. Wie klischeehaft. Der wird sich bestimmt denken "Oh nein, die auch noch. Wenn es wenigstens jemand attraktives wäre. Aber diese Langweilerin denkt an mich. Iggitt."
Exakt so denke ich auch. Ich bin einige Jahre jünger als er und will einfach nicht eine von Tausenden sein. Aber so ist es wohl einfach. Dass es Dir ein "Zeichen" von ihm ermöglicht hat, Deine Gefühle mitzuteilen, kann ich absolut nachvollziehen, das würde mir sicher auch helfen. Natürlich gibt er mir das Gefühl, mich ernst zu nehmen und sich um mich zu sorgen und bestimmt gibt es (zwangsläufig) eine Grundsympathie zwischen uns, aber ich habe Angst, dass er sich vielleicht noch mehr in seine Professionalität zurückzieht, wenn ich mit ihm darüber rede. Aber so geht es definitiv nicht weiter, ich würde gerne die Menschen in meinem Umfeld wieder wahrnehmen, ohne ihn ständig im Hinterkopf auf seinem Thron sitzen zu sehen...
Und genervt oder angeekelt habe ich ihn bisher noch nicht erlebt.
Ich fürchte auch nicht, dass er sich so äußern würde, ich habe eher Sorge, dass er sowas nicht sagen, aber denken würde. Verstehst Du, was ich meine? Letztlich wünsche ich mir wohl einfach ein bisschen Einsicht in seine Gedankenwelt, weil ich es unglaublich schwer finde, mich bei einem Menschen zu öffnen, von dem ich außer dem Namen rein gar nichts weiß.
Mal sehen, vielleicht habe ich bei der nächsten Sitzung einen guten Tag und traue mich :-/
Danke Dir,
A.

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AnnaBlume
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 08:29

Selber bin ich auch nicht 'mit der Tür ins Haus gefallen'. Habe ihm zum Beispiel gesagt, dass er mir viel zu wichtig geworden ist und wie sehr mich das stört. Dass ich ihn lieber wieder neutral erleben möchte, weil meine eigenen Themen auf einmal so unwichtig erscheinen. Auch ließ ich mal den Satz fallen, dass er ganz sicher die Therapie mit mir abbrechen würde, wenn er nur wüsste, WIE wichtig er mir geworden sei.
Hallo silence,

danke für Deine Meinung.
So wie Du Deine Gefühle artikuliert hast, würde ich es wahrscheinlich auch machen. Ich versuche mir permanent einzureden, dass er ganz sicher schon unangenehmere Situationen erlebt hat, als eine Patientin, die ihm ihre Übertragungsgefühle gesteht. Mein Problem ist (in der Therapie und auch generell in meinem Leben), dass ich andere Menschen nie mit meinen Gefühlen belästige. Das kann ich nicht und das mag ich nicht, besonders wenn mir jemand wichtig ist, wende ich meine ganze Energie dafür auf, mich so zu verhalten, wie ich denke, dass es meinem Gegenüber am besten gefällt. So ein Outing fühlt sich für mich an wie eine Niederlage, ich empfinde mich dann als nackt und schutzlos und bin danach wahrscheinlich ausschließlich damit beschäftigt, mich zu fragen, was er jetzt wohl über mich denkt. Das ist so anstrengend, weil die wirklich wichtigen Dinge dadurch auf der Strecke bleiben :-/
Was ich allerdings gar nicht ertragen kann ist, wenn er in dem Zusammenhang von 'Verliebtheit' spricht. Da kann ich nicht anders, als das entschieden von mir zu weisen. Das klingt mir in der Tat zu klischeehaft.
Ja, das verstehe ich total. Irgendwie will man halt nicht eine von Tausenden sein.
Auch mein Analytiker ist eine Blackbox. Ich kenne diese unterkühlte professionelle Distanziertheit.
Trotzdem hat er sehr sensibel bei diesem Thema reagiert und (unter anderem) gesagt, dass auch diese Gefühle zu mir dazugehören; sie seien ein Teil von mir. Therapeuten können manchmal etwas annehmen und aushalten, was wir selber (noch) nicht fertig bringen.
Warst Du denn zufrieden mit seiner Reaktion? Hast Du Dich danach besser gefühlt als vorher? Wie lang ist das denn her, dass Du das thematisiert hast? Hat sich seitdem etwas verändert, sein Verhalten Dir gegenüber? Sprecht Ihr regelmäßig über Deine diesbezüglichen Gefühle, oder ist das Thema seitdem nicht mehr angesprochen worden? Geht es Dir mittlerweile besser, hast Du nach wie vor das Gefühl, er sei der wichtigste Mensch in Deinem Leben?
Ich denke, das Wichtigste, was in so einem Moment passieren muss, ist dass der Therapeut dem Patienten die Angst und die Scham nehmen muss, etwas Unpassendes, respektive Verbotenes zu empfinden. Es gibt kaum etwas Schlimmeres, als seine eigenen Gefühle nicht annehmen zu können.

Ich danke Dir für´s Mutmachen. Rational betrachtet sehe ich es genauso, dass ich es unbedingt ansprechen muss, damit die Therapie überhaupt noch einen Sinn macht. Aber kaum sitze ich ihm gegenüber, hat alles die Oberhand, nur nicht mein Verstand :-/
Schönen Tag,
A.

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CrazyChild
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 17:50

Hallo AnnaBlume,
ich habe vor einigen Jahren eine VT bei einem Therapeuten gemacht. Innerhalb kürzester Zeit war sie da, die Übertragungsliebe. Das war mir damals nicht bewusst, habe furchtbar drunter gelitten, wusste nicht was plötzlich mit mir los war und habe mir nur gedacht "...toll, jetzt hast Du dich auch noch in ihn verliebt". Da mir das so unendlich peinlich war habe ich es bis zum Ende nicht geschafft das Thema anzusprechen und mir nichts anmerken lassen obwohl es mich innerlich fast zerissen hat. Ich habe Jahre (!) danach der Therapie und meinem Therapeuten nachgeweint.

Aus aktuellem Anlass mache ich nun seit fast einem Jahr wieder eine VT. Während der Therapeutensuche habe ich mir geschworen "nie mehr einen männlichen Therapeuten" und habe mir gezielt eine Therapeutin gesucht. Und... was soll ich sagen, es ist das gleich wie in meiner vorherigen Therapie. Meine Therapeutin wurde rasend schnell zur wichtigsten Person meines Lebens und ich kann an nichts anderes mehr denken als an sie, von morgens bis abends, immer. Es wurde so quälend und sie hat es gemerkt und angesprochen. Sie hat so unbefangen drüber gesprochen als ob es das normalste der Welt wäre. Das hat mir geholfen mich diesbezüglich auch ihr gegenüber zu öffnen, die Scheu zu verlieren, ihr meine Gefühle zu schildern. Und sie findet das völlig ok und normal. Das hat mich am meisten überrascht, das mir das in keinster Weise peinlich sein muss. Nun ist das für mich seit Wochen das zentrale Thema während der Stunden. Es ist teilweise so schlimm, daß ich gar nicht weiß wie ich die Woche bis zum nächsten Termin überstehen soll. Ich weiß jetzt, daß das ok ist, wie es ist, obwohl ich manchmal auch Angst habe wie das weitergehen soll. Bei mir hängt das mit massiver Verlustangst zusammen, wir wollen versuchen das mit Imaginationsübungen aufzulösen. Mal sehen ob es klappt.

Momentan ist sie 3 Wochen in Urlaub, für mich eine halbe Ewigkeit. Die ersten Tage war ich fix und alle, habe viel geweint. Aber sie ist wohl die beste Therapeutin der Welt, denn ich kann ihr e-mails schreiben wenn ich es nicht mehr aushalte, sowohl jetzt während des Urlaubs als auch sonst während der Termine. Und sie antwortet IMMER und respektiert meine Gefühle, findet das ok, auch wenn ich jeden Tag schreibe. Das hilft mir sehr mit dem Thema und meinen Gefühlen umzugehen, es gibt mir sehr viel Sicherheit.

…weiß nicht ob Dir das hilft… Du bist nicht allein.

Liebe Grüße
CrazyChild
LG, CrazyChild

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~silence~
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 18:31

Hallo AnnaBlume
AnnaBlume hat geschrieben:Ich versuche mir permanent einzureden, dass er ganz sicher schon unangenehmere Situationen erlebt hat, als eine Patientin, die ihm ihre Übertragungsgefühle gesteht.
Ich sage mir oft, dass er 'mein Arzt' ist; dies zu wissen für ihn wichtig sein könnte, um mir zu helfen und er ganz sicher schon viel schlimmere Dinge von seinen Analysanden gehört hat. Bei mir hilft diese Vorstellung bei schwierigen Themen.
AnnaBlume hat geschrieben:Warst Du denn zufrieden mit seiner Reaktion?
Seine Reaktion insgesamt war einwandfrei und hat mir geholfen auch etwas entspannter mit meinen Gefühlen ihm gegenüber umzugehen.
AnnaBlume hat geschrieben:Hast Du Dich danach besser gefühlt als vorher?
Auf jeden Fall. Ich habe nicht mehr das Gefühl ihm als 'Geheimnisträger' unter die Augen zu treten.
AnnaBlume hat geschrieben:Wie lang ist das denn her, dass Du das thematisiert hast?
So genau kann ich das gar nicht sagen. Es war ein Prozess. Und es wird auch immer wieder aufgegriffen. Das ist jetzt einfach ein Fakt, aus dem viele andere Gefühle erwachsen, über die wir sprechen. Diese Gefühle für ihn haben ja auch so unglaublich viele Aspekte.
AnnaBlume hat geschrieben:Geht es Dir mittlerweile besser, hast Du nach wie vor das Gefühl, er sei der wichtigste Mensch in Deinem Leben?
Er ist noch immer die wichtigste Person meines derzeitigen Lebens und er weiß das.

Um diesen Schritt der Offenbarung zu wagen, wirst Du Deinem Therapeuten einen Vertrauensvorschuss geben müssen.
Du musst Dir sicher sein, dass er in seiner Eigenschaft als Therapeut gelernt hat die Menschen in ihrer Gesamtheit anzunehmen - mit allen ihren Gefühlen.

Viel Glück

~silence~
"Mir geht es nicht gut", sagte die Seele ~
"Aber der Mensch hört nicht auf mich".
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minimouse
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 21:11

zu CrazyChild: krass, dann passiert diese Übertragungsliebe vielleicht immer wieder, auch mit neuen Theras? Was ist dann daran so besonderes? ich hab das auch grade erst an mir bewusst wahrgenommen, vorher hab ich solche Impulse verdrängt, hab mich geschämt etc. Jetzt weiß ich nicht, ob ich umziehen soll bzw. ob ich die Analyse mit jemand anderem weiter machen soll. dachte eigentlich, wenn das jetzt "Liebe" ist, kann ich das doch nicht abbrechen ... aber wenn sich die Liebe dann einfach auf jemand anderen übertragen lässt? Immerhin hat es bei mir fast 1,5 Jahre gedauert, bis ich mir das eingestehen konnte...

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AnnaBlume
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 22:27

minimouse hat geschrieben:aber wenn sich die Liebe dann einfach auf jemand anderen übertragen lässt? Immerhin hat es bei mir fast 1,5 Jahre gedauert, bis ich mir das eingestehen konnte...
Das ist es ja, man liebt diese Person nicht so, wie man das von einer Person aus dem "realen" Leben kennt. Man kennt den Therapeuten nicht als Privatperson, sondern ausschließlich in seiner Rolle als behandelnder Arzt, man kommt also nicht in Kontakt mit seinen Macken, Schwächen und anderen menschlichen Zügen. Vielmehr überträgt man seine Wünsche und Sehnsüchte auf diese Person. Immerhin ist der Therapeut immer geduldig, aufmerksam, wohlwollend und man hat das Gefühl, dass er der einzige Mensch sei, dem man völlig vertrauen kann. Da ist ein Verliebtheitsgefühl meistens die logische Konsequenz...

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CrazyChild
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 22:36

Hallo minimouse,
ich denke, die Übertragungsliebe "trifft" dich so lange bis die Ursache dafür erkannt, bearbeitet und verändert wurde. Da dies bei mir in der ersten Therapie nicht der Fall war, hatte ich zwar danach meine Ängste ganz gut im Griff aber eben dieses Thema nicht. Eigentlich sind wir, die wir Therapie machen, wahrscheinlich fast alle ausgehungert nach Zuneigung, Sicherheit und Geborgenheit. Da dies feste Bestandteile der therapeutischen Beziehung sind, sind wir dafür extrem empfänglich und geniessen es, endlich mal bedingungslos akzeptiert und gemocht zu werden, so wie wir sind. Die Ursachen für diese Defizite in unserer Persönlichkeit liegen meist weit zurück. Dies zu erkennen, zu erarbeiten und durch die Therapie letztendlich zu lernen, aus sich selbst heraus zu leben, ist das Ziel. Dann kann man wahrscheinlich auch mit dieser Übertragungsliebe rationaler umgehen. So hat es mir meine Therapeutin erklärt. Es tut schon mal einfach gut zu wissen, daß diese Gefühle normal sind und man sich nicht zu schämen braucht.
Dadurch wurde es für mich zumindest logischer, wenn auch nur manchmal leichter. Aber ich stehe noch am Anfang und bin selbst gespannt, wie es weiter geht, ob sich dieses Thema wirklich, wenn auch vielleicht nicht vollständig, auflösen lässt.

Du solltest das Thema bei Deinem Therapeuten unbedingt ansprechen, es nimmt sehr viel Druck wenn alles ausgesprochen wurde. Er wird es aushalten können und Du musst Dich nicht schämen, ganz sicher nicht. Wechseln würde ich auf keinen Fall, Du bist schon so weit, es wäre doch schade, deswegen aufzugeben. Könnte mir vorstellen daß das bei einem anderen Therapeuten wieder auftaucht, bei mir hätte ich das auch nie gedacht... hab geglaubt, ich bin vollkommen übergeschnappt als das wieder anfing...

Liebe Grüße
CrazyChild
LG, CrazyChild

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AnnaBlume
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Beitrag Fr., 27.08.2010, 22:50

Hallo CrazyChild,

Danke für das Schildern Deiner Erfahrungen. Ich finde mich in Deinen Worten echt wieder, ich schätze, dass ich es wie Du anfangs auch nicht schaffe, meine Gefühle in Worte zu fassen. Und wahrscheinlich werde ich das dann auch jahrelang bereuen :-/

Ich kann mir zur Zeit überhaupt nicht vorstellen, dass es gar nicht um ihn persönlich geht. Oft bin ich mir ganz sicher, dass er nicht austauschbar ist und meine Gefühle tatsächlich ihm persönlich gelten. Das macht es irgendwie nicht so banal und unverbindlich. Aber mein Verstand holt mich dann doch immer wieder ein. Von außen betrachtet sehe ich das Ganze sehr realistisch, ich hab in der letzten Zeit soviel über Übertragung in der Psychotherapie gelesen, dass ich voll bin mit Fakten und laienhaftem Halbwissen. Trotzdem bringt das alles nix
Ich glaube mittlerweile, mein Therapeut kann für mein Empfinden nur falsch reagieren. Bei völliger Entspanntheit und übertriebenem Verständnis würde ich ihm wahrscheinlich unterstellen, dass er sowas ständig erlebt und quasi routiniert ist, was das angeht. Eine solch banale Färbung fänd ich schlimm, wobei es mir langfristig wahrscheinlich helfen würde.

Ich weiß, wie lang drei Wochen Urlaub sein können :-/ Sehr lang!
Aber dass Du Ihr E-Mails schreiben kannst und sie auch noch darauf antwortet, erleichtert wahrscheinlich die Warterei ein wenig. Das würde mein Therapeut mir niemals anbieten und das ist wohl in meinem Fall auch besser so, wahrscheinlich würde ich gar nichts anderes mehr tun, als Mails zu schreiben.
Die Gewissheit, mit diesem Wirrwarr nicht allein zu sein, macht es tatsächlich ein wenig erträglicher.
Dankeschön

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CrazyChild
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Beitrag Sa., 28.08.2010, 16:52

Liebe AnnaBlume,

...ja... das ist wirklich nicht einfach, sich diese Übertragungsliebe erstens einzugestehen und zweitens offen zu formulieren. Grade bei der Konstellation Therapeut/PatientIN steht auch immer die Peinlichkeit der vermeintlich ECHTEN Liebe zwischen Mann und Frau im Raum. Vielleicht ist es ja auch ein bißchen so. Wäre ja auch kein Wunder. Man hat ein, vielleicht übersteigertes, Bedürfnis nach Zuneigung und Sicherheit und genau das bekommt man während der Therapie. Das man da voll drauf "abfährt" ist wahrscheinlich wirklich normal. Daß aber auch große Anteile des kindlichen Bedürfnis nach Geborgenheit etc. dabei sind, kommt einem gar nicht in den Sinn. In der Konstellation TherapeutIN/PatientIN ist dieses Outing wahrscheinlich einfacher, so habe ich es empfunden, man spricht von Frau zu Frau, das geht leichter.
AnnaBlume hat geschrieben:Bei völliger Entspanntheit und übertriebenem Verständnis würde ich ihm wahrscheinlich unterstellen, dass er sowas ständig erlebt und quasi routiniert ist, was das angeht. Eine solch banale Färbung fänd ich schlimm, wobei es mir langfristig wahrscheinlich helfen würde.
Das ist auch so ein Problem...man spürt während der Stunden, daß einem der Therapeut/in doch so nahe ist und nach 50 min ist alles vorbei. Ich habe hier auch sehr oft dieses Nähe/Distanz Problem und frage mich, ob ich irgendwas falsch verstanden habe. Es tut weh nach der Stunde einfach oft zu spüren, daß der Therapeut nur einfach seinen Job macht und nach 50 min ist dieses "Spiel" dann wieder vorbei. Es fühlt sich so unehrlich an. Das tut zwar weh aber mir hilt es dann doch immer etwas auf dem Teppich zu bleiben.

... und ja... Dein Therapeut erlebt diese Übertragungsliebe ständig und wird routiniert damit umgehen können. Wenn es Dir leichter fällt, dann mach doch einfach mal nur so Andeutungen, wie, Du konntest es kaum erwarten bis zur nächsten Stunde,weil Du das Gefühl hast, daß er für Dich sehr wichtig geworden ist. Das sagt erst mal gar nichts und wenn er professionell ist wird er verstehen was Du meinst und drauf eingehen. Dann siehst Du schon wie es läuft.

Ich kann Dir nur sagen daß es sehr erleichternd ist, das endlich aussprechen zu können, denn sonst macht das Druck ohne Ende. Ich finde es sehr schön, wenn ich zu meiner Therapeutin sagen kann "ich vermisse Sie so sehr, daß ich es kaum aushalten kann, weil ich Sie so gerne habe, " Sie reagiert daraufhin mit einem lieben Lächeln und wir sprechen darüber warum das so ist. Spätestens dann merke ich jedesmal daß es nur bedingt mit ihrer Person zu tun hat. Aber es tut total gut das ausleben zu dürfen, Gefühle zu zeigen und zu können, ohne Angst, deswegen abgelehnt zu werden. Das ist ein Prozeß der dauert, bei mir hat das ca. 5 Monate gedauert bis ich es, anfangs noch mit Scham, aussprechen konnte.

Liebe Grüße
CrazyChild
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metropolis
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Sa., 28.08.2010, 16:59

CrazyChild hat geschrieben: In der Konstellation TherapeutIN/PatientIN ist dieses Outing wahrscheinlich einfacher, so habe ich es empfunden, man spricht von Frau zu Frau, das geht leichter.
Sag das nicht. Da haben sich schon viele Frauen panisch mit dem Gedanken beschäftigen müssen, ob sie nun lesbisch sind. Und schon allein um nicht den Eindruck zu vermittelt sie seien homosexuell, verschweigen viele Patientinnen ihre Gefühle. Es ist bestimmt nicht leichter.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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CrazyChild
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Beitrag Sa., 28.08.2010, 17:16

[quote="metropolis"]
Sag das nicht. Da haben sich schon viele Frauen panisch mit dem Gedanken beschäftigen müssen, ob sie nun lesbisch sind. Und schon allein um nicht den Eindruck zu vermittelt sie seien homosexuell, verschweigen viele Patientinnen ihre Gefühle. Es ist bestimmt nicht leichter.

Du hast recht...glaub ich gerne...kann ich auch nachvollziehen...vielleicht dachte ich das am Anfang auch mal einen kurzen Moment...habe aber relativ schnell gemerkt daß es nicht so ist und andere Gründe hat...

Hattest/hast Du dieses Problem ?

CrazyChild
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metropolis
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Beitrag Sa., 28.08.2010, 17:17

Nö, ich habe einen TherapeutEN.

Hmm, na gut, ich war in drei meiner Lehrerinnen verliebt. Aber ich wusste immer sehr sicher, dass ich nicht lesbisch bin.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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AmEnde
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Beitrag Mi., 08.09.2010, 15:45

Liebe AnnBlume,

nach langer Zeit habe ich heute mal wieder hier reingeschaut und deinen Thread gefunden.
Ich schaue immer, wenn ich hier lese, als erstes in die Rubrik "Erfahrungen PT", oft speziell nach Themen wie Übertragungsliebe etc, weil sich meine Gedanken seit Jahren dazu drehen. Sich einfach nicht auflösen wollen (oder dürfen/oder sollen???)

Dein Beitrag hat mich sehr berührt. Es tut gut, zu sehen, dass ich damit nicht allein zu kämpfen habe und gerade auch hier, in deinem Thread, habe ich innerlich gaaaanz sehr genickt und gestaunt, dass doch viele genau diese Empfindungen haben. Und dann diese furchtbare Scheu, etwas davon zu offenbaren. Das Wissen, es wäre sicher gut, sich offen und ehrlich zu zeigen, dann wieder die Angst, abgelehnt zu werden oder mit seiner ganzen Bedürftigkeit sich lächerlich zu machen.

Ich habe meiner Thera nach ewig langem Gewissenskampf dann nach etwa 4 Jahren (!) einen ausführlichen Brief gegeben, um ihr meine Gedanken und Gefühle (wenigstens teilsweise) nahezubringen. Ich kann jedoch nach wie vor nicht mit ihr darüber reden. Im besten Fall mal eine kleine Andeutung wie gestern. Da sagte ich ihr (gewollt locker), als sie mich nach meinem Urlaub fragte, dass ich sie mit DABEI gehabt habe und ihr beim Schnorcheln die bunten Fische gezeigt habe ) Das kostete mich aber schon eine große Überwindung.
Schriftlich finde ich es etwas leichter. In meinen (wenigen) Mails während meiner Therapiepause hab ich immer anklingen lassen, dass ich täglich innere Gespräche mit ihr führe, dass mir das auch hilft, wenn meine Probleme nicht zu groß sind.

Es geht mir genauso, wie du schreibst, das Thema Therapie und die "Person" Thera (oder besser das, was ich da alles hineinprojiziere) nimmt in meinem Leben einen riesengroßen Raum ein. Ich glaube auch nicht, dass das nochmal anders wird.

Es gab und gibt in mir auch oft Gedanken, ob diese Anziehung auch sexuell ist, da bin ich mir jedoch nicht sicher. Ich denke beim Sex zwar wirklich manchmal an sie, das ist dann aber eher so ein Gefühl, als ob ich selbst dort ihre "mentale Nähe" spüren wöllte, oder ich habe so seltsame Gedanken, wie sie dieses oder jenes wohl jetzt an meiner Stelle empfinden würde. Das ist wie eine Suche nach einer stabilen Identität (oder wie eine Ausleihe "ihrer" Identität) oder nach einer Bestätigung meiner Gefühle oder Nicht-Gefühle.
Ich denke, es zeigt mir, wie wenig ich mir und meinen Gefühlen oft selber traue.

Zeitweise machte mir das auch ziemliche Angst, ob ich evtl. lesbisch sein könnte. (Insbesondere letztes Jahr, als sich meine Tochter als lesbisch outete. Da war alles in mir gründlich durcheinander.) Soviel auch von mir dazu, dass es in einer Therapie bei einer Frau leichter wäre...

In der Zeit, wo ich ihr den Brief gab, war ich mir bewusst, dass es sich wohl um Übertragungsliebe handeln wird, aber ich habe das nicht direkt thematisiert, eher so durch die Blume. Ich scheue mich manchmal, oder habe Angst, dass meine Thera denkt, ich wolle so wirken, als wüsste ich viel zum Thema oder wöllte das raushängen lassen.

Ich habe in den letzten Jahren auch einen guten Meter Bücher verschlungen, aber alles Lesen kann wohl ein offenes Gespräch mit der Thera und die evtl. mögliche Entlastung dadurch nicht ersetzen....
Dennoch bin ich bis heute so gehemmt...und bewundere, wie viel Offenheit manche hier beschreiben. Hut ab!

Liebe AnnaBlume, dein letzter Beitrag ist ja nun ein paar Tage her. Hast du inzwischen den Mut für ein Gespräch gehabt? Wenn ja, wie ist es gelaufen? Berichtest du uns davon?

Ganz liebe Grüße. A.
"Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts." Sören Kierkegard

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AnnaBlume
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Beitrag Do., 09.09.2010, 22:01

Hallo und danke für Deine Worte!

Du hast recht, es hilft durchaus zu wissen, dass man nicht die/der Einzige ist, den solche Gefühle plagen. Ich kann mich ja schon selbst gar nicht mehr ernst nehmen, wenn ich mich dabei ertappe, wie ich viel zu oft an ihn denke, manchmal den ganzen Tag lang. Eigentlich neige ich dazu, mit meinen Emotionen sehr sparsam umzugehen, ich bin oberflächlich ziemlich offen und wenn es "an´s Eingemachte" geht, sehr distanziert. Bis ich mich zu jemandem wirklich hingezogen fühle, dauert es normalerweise sehr lange. Und dann empfinde ich plötzlich eine ziemlich starke Verliebtheit für jemanden, den ich nicht kenne.
Deine Gedanken zum Thema Sex kann ich sehr gut nachvollziehen, ich frage mich auch oft, ob ich mich von ihm sexuell angezogen fühle, oder ausschließlich süchtig bin nach dieser Stärke und Sicherheit, die er ausstrahlt. Das Problem ist, dass ich seit Längerem überhaupt keine Lust auf irgendwas in der Richtung habe, weil ich tatsächlich mit jeder Faser meines Körpers und meines Gehirns bei ihm bin und jeder Kontakt zu einem anderen Mann sich falsch anfühlt. Daran sehe ich, dass das Ganze einfach zu weit geht, mich lähmt das alles so und wenn sogar "reale" Beziehungen darunter zu leiden beginnen, muss ich etwas dagegen tun.
Wie lang ist es denn her, dass Du Deiner Therapeutin den Brief gegeben hast? Hast Du das während der Sitzung getan, oder hast Du ihn eingeworfen? Und was hat sie gesagt, als Ihr Euch zum ersten Mal wieder gesehen habt? Hatte sie Dir denn im Vorfeld mal angeboten, ihr Briefe zu schreiben?
Ich finde es total mutig von Dir, dass Du ihr Deine Gefühle mitgeteilt hast und wie Du schreibst, kannst Du doch mittlerweile ein wenig lockerer damit umgehen. Damit bist Du doch schon einen großen Schritt weiter gekommen!

Nein, ich habe mein emotionales Durcheinander immer noch nicht in der Therapie angesprochen, im Gegenteil, ich bin meilenweit davon entfernt Ich habe ihm einen Brief geschrieben, in dem (sinngemäß und in Kurzform) steht, dass ich nicht mehr zu ihm kommen kann, weil mich meine Gefühle umbringen. Distanz scheint mir die einzige Chance auf den Hauch einer Besserung meines Zustands zu sein. Allerdings hab ich auch große Angst davor, ihm überhaupt diesen Brief zukommen zu lassen. Ich fürchte, dass er darin eine Verletzung des therapeutischen Rahmens meinerseits sehen könnte und das letzte, was ich möchte, ist eine Grenze zu überschreiten. Ich will ihm keinesfalls zu nahe treten, deshalb bleibt mir wohl nichts anderes, als mich von ihm fernzuhalten, um meine emotionale Autonomie wieder zu erlangen. Andererseits könnte ich in Tränen ausbrechen bei dem Gedanken, ihn nicht mehr sehen zu können.
Ich weiß noch nicht wirklich, was ich machen soll. Wahrscheinlich sitze ich ihm nächste Woche wieder gegenüber, erzähle irgendwelches banales Zeug und ärgere mich halbtot, dass ich mir selbst so im Weg stehe.
Ich wünsche Dir alles Liebe & würde mich freuen, wieder von Dir zu lesen,
A.

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