Seelisches Durchhalten in Bewerbungssituation

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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SamuelZ.
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Beitrag Do., 14.10.2010, 18:57

Die Beispiele von Miss-Understood zeigen, wie es in der heutigen Bewerbungssituation und Bewerberauswahl aussieht: oberflächliche Fließbandabfertigung per se.

So verletzend wie es für die Bewerber sein kann, nach kurzer Zeit nicht mehr erinnert zu werden, so kann man diejenigen, die monatlich vermutlich hunderte an Bewerbungsschreiben zu lesen und Einstellungsgespräche zu führen haben, verstehen. Jede Nachfrage, die von abgelehnten Bewerbern reinkommt, ist für sie zunächst die Aufforderung sich mit nicht mehr aktuellen Tatbeständen zu beschäftigen. Der Zeitdruck zwingt aber dazu, nur noch die Augen nach vorne zu richten, Augen zu und durch. Für sachliche Erörterungen bleibt da gar keine Zeit mehr, geschweige denn, dass man sich angesichts der Arbeitsbelastung noch konkret erinnern könnte.

Das zeigt auch, dass wirklich nur Oberflächliches bei der Auswahl zählt. Überprüfen wird es niemand. Dies kann wiederum aber auch einen Vorteil darstellen.

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Dunkle
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Beitrag Do., 14.10.2010, 21:06

Ich bedanke mich bei Euch allen...!!

Ja, ich werde Morgen abwarten und schauen, ob sich der Falsch-Sender von allein bei mir meldet. Wenn nicht, werde ich höflich noch einmal um Antwort fragen.

Ich bin zur Zeit empfindlich wie ein rohes Ei.
Wie sagte eine Freundin, die auch Therapeutin ist, so treffend zu mir: Na klar, in Zeiten der Arbeitslosigkeit ist man narzisstisch besonders bedürftig.
Woher soll jetzt "narzisstische Aufwertung" kommen? Und so sind solche Mails der einzige Anhalt, wie mich jemand findet. Solche dummen Verwechslungen treffen mich dann persönlich, obwohl das mitnichten so gemeint war. Danke für das Aufklären des Wortes "Vorsicht!".
Ich bin nun schon seit April zu Hause. Und so langsam reichts.
Ich habe zwar eine Aussicht für das nächste Jahr, die ist ziemlich verbindlich, aber das dauert ja noch Ewigkeiten...

Ich bin ja gespannt, ob ich wohl doch noch ein Fitzelchen herausbekomme, welcher "Eindruck" hier dazu geführt hat, der sich dann durch mein nochmaliges Nachfragen nach Gründen der Ablehnung erhärtet hat??
Scheint nicht gerade ein guter zu sein, aber .... vielleicht werde ich es nie wissen. Ich würde mal wetten, wenn der Personaler, der die Mail unabsichtlich an mich schickte, das merkt (vielleicht morgen) wird er sich in den Allerwertesten beißen...

Ich hake den Laden schon mal ab.
Aber: You never know...

Danke Euch allen für Eure Mühe!

Gerne können wir den Fred hier beleben und uns gegenseitig narzisstisch weiterhelfen Das meine ich ernst....

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Dunkle
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Beitrag Do., 14.10.2010, 21:23

SandyZ. hat geschrieben:Ich würde noch einmal anrufen und zwar den Personaler, der dir die Email geschickt hat und ihn um Aufklärung bitten, da du aus der Antwort nicht ganz schlau wirst. Es wäre von ihm wirklich sehr UNPROFESSIONELL würde er die Antwort des anderen Personalers einfach so weiterleiten. Auf seine Reaktion darfst du schon gespannt sein... Freue dich drauf, eine kleine Rache...
Danke Sandy, Du hast mich zum Lachen gebracht mit der "kleinen Rache". Mal sehen, ob die noch nötig ist.

RACHE ist übrigens ein wichtiges Thema während solcher Zeiten wie Arbeitslosigkeit und Bewerbungen.
Daher ja auch meine Idee mit der "Petze" der Falschmail an die Chefetage.
Es ist schon irre, wie sehr einem im Bewerberstatus (und noch dazu dem Status aus der Arbeitslosigkeit heraus) die Macht abhanden kommt....
Ich entwickle da so Rachephantasien gegenüber allen, die mich ablehnen!

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bluest_light
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Beitrag Sa., 16.10.2010, 18:00

Hallo Dunkle und alle die ähnliches durchmachen!

Es ist wirklich nicht leicht am Arbeitsmarkt heute. Ich habe auch einen Uni-Abschluss und Weiterbildungen und Berufserfahrung.... und trotzdem ca. 10 Monate arbeitslos gewesen. Was man da alles mitmacht mit Arbeitsamt und Personalbüros da könnte man echt Bücher drüber schreiben..

Die ersten paar Monate war ich noch anspruchsvoll und musste wohl erst mal sortieren welchen Job is als nächstes wollte. Ist ja immer auch etwas mit Richtungswechsel verbunden.
Nach ca. 1/2 Jahr und 30 Bewerbungen machte sich dann aber Verzweiflung spürbar.
Das nagt schon am Selbstbewusstsein sich dauernd be-werben zu müssen und dann nicht genommen zu werden. Man fühlt sich echt besch...en wenn man für Stellen für die man alle Voraussetzungen laut Ausschreiben erfüllt nichtmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird! Oder wenn man mal doch eingeladen wird und dann wie am Fließband abgefertigt wird!
Jede/r den/die sie einladen hat ja die passenden Voraussetzungen und trotzdem "casten" sie dann tagelang und wählen nach Sympathie (?), nach Tagesverfassung (?), nach anderen Kriterien die sie wohl selbst kaum in Worte fassen können....
Die Chancen genommen zu werden fühlen sich dann an wie ein Lottospiel.

Jede Theorie über das Bewerbungsverfahren kannte ich, hab Bücher gelesen und bin auch durch ca. 10 versch. Beratern gegangen.. Kurse beim Arbeitsamt -> die ganze Palette!!!
Am Ende wurde ich unter der Hand von einem früheren Kollegen empfohlen und hab gleich 2 Stellen angeboten bekommen! Leider nur befristet aber mit Chance auf Verlängerung und Chance viele Kontakte zu knüpfen! Bezahlung okay und alles ohne Bewerbungsgespräch oder Auswahlverfahren! Hab zwar mit Chef geredet aber da war schon klar, dass ich dabei bin!!

Während ich arbeitslos war ging es mir oft sehr schlecht. Mein Selbstbewusstsein war teilweise im Keller und wollte mich kaum noch mit Bekannten treffen aus Angst sie würden fragen ob ich jetzt endlich etwas habe und wenn ich "nein" sage mich als den letzten Loser zu fühlen. Außerdem fehlen auch irgendwie Gesprächsthemen wenn man tage-, und wochenlang so wenig tut. Ständig über den Bewerbungsprozess zu lamentieren ist halt auch kein Bringer. Urlaub etc. ist auch nicht drin wenn man dauernd auf Antworten wartet und keine Zeit noch Ruhe hat sich um teures Geld irgendwo zu entspannen.
Komisch ist nun, dass ich mich mit Job gar nicht so gut fühle wie ich erwartet hätte. Am ersten Tag war ich froh, dass ich wieder gearbeitet und Geld verdient hatte. Aber komischerweise, nach ca. 2 Wochen vollzeit arbeiten bin ich schon sehr fertig und wollte von keinen weiteren Terminen was hören. Ist natürlich eine Umstellung von so viel Freizeit zu fast keiner mehr, am Abend müde und verspannt ins Bett fallen.
Nehme mal an etwas vom Unbehagen liegt auch daran, dass die Arbeit befristet ist, d.h. der Druck ist extra hoch, dass ich mich beweisen muss um dann vielleicht übernommen zu werden. Zudem ist die Bezahlung kein Anreiz und ich habe kein eigens Aufgabengebiet. Muss praktisch immer warten od. fragen, dass ich etwas tun darf. Das bin ich nicht gewöhnt, viele neue Aufgaben, neue Leute, networking... anstrengend!

Vom "narzistischen Gefühl" her ist es praktisch "normal", dass ich wieder so wie jeder andere einer Arbeit nachgehe. Es fühlt sich nicht extra toll an, obwohl es genau der Bereich ist, den ich am liebsten haben wollte. Auch die paar Bekannten denen ich es bereits erzählt habe, sind kaum darauf eingegangen. Wenn ich vorher ein bedauernswerter "Loser" war, fühle ich mich jetzt nicht unbedingt als "Winner" nur normal und mit weniger Zeit für mich.
Es könnte auch sein, dass die Bekannten nur neidisch sind, weil sie selbst in einem Job ausharren, den sie nicht wollen. "Besser als keinen" haben sie sich vielleicht gedacht wenn ich ihnen meine Situation schilderte. Ich arbeite jetzt genau in dem Bereich den ich haben wollte!! Deshalb auch die Erwartung, dass ich mich eigentlich SUPER fühlen sollte....
Hm, vielleicht muss ich mich erst noch mehr reinkommen bzw. meinen eigenen Bereich abstecken.
Man sollte wohl auch nicht so sehr auf Anerkennung von außen hoffen, denn die Leute haben wohl ihre eigenen Gründe warum sie wie auf etwas reagieren!

bluest
Zuletzt geändert von bluest_light am Sa., 16.10.2010, 18:23, insgesamt 1-mal geändert.

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bluest_light
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Beitrag Sa., 16.10.2010, 18:19

Meine Schwierigkeit war auch immer: bei Bewerbungsgesprächen größte Begeisterung und Einsatzbereitschaft zu signalisieren...
-> Es ist ein job, ok. Ich erfülle alle Anforderungen, ok. Sie brauchen einen Mitarbeiter, ich brauche einen Job. Es gibt eine Ausschreibung, ich antworte und sage, dass ich das übernehme....
Sich "zu verkaufen", od. "anzubieten" ist mir höchst zuwider: und trotzdem, man verkauft seine Zeit, seine Kraft, sein Können, sein Wisssen, seinen Hintergrund, seine Erfahrungen, sein Aussehen etc. etc.

Das Problem speziell bei Ausschreibung ist eben auch, dass es
erstens kein besonders guter Job ist - sonst wäre er bereits intern besetzt worden und
zweitens, dass sobald der Job ausgeschrieben wird, die Personaler meist aus einer Fülle an Bewerbern wählen können und sich dadurch erst weitere Kriterien bilden bzw. die Auswahl oft von Kleinigkeiten/Zufällen abhängt.

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Dunkle
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Beitrag Mi., 20.10.2010, 12:33

@bluest_light: was Du geschrieben hast, finde ich total wichtig und ich werde noch näher drauf eingehen.

Hier noch schnell das Ende der Story "Seltsame Email":

Ich schrieb am Freitag, nachdem von den Herren GAR NICHTS kam, dann eine höfliche Mail an beide, hing die falschgelaufene Mail dran und bemerkte, dass die mich wohl irrtümlich erreicht hätte und dass ich, so es die Zeit erlaubt, trotzdem noch dankbar für ein feedback wäre.

Am Samstag (!) noch einmal eine Mail von dem Personaler, mit dem ich zuerst in Kontakt gewesen war.
Sehr geehrte Frau D.,
grundsätzlich geben wir niemals Gründe für die Ablehnung von Initiativ- oder anderer Bewerbungen ab. Ich bitte um Ihr Verständnis, auch in Ihrem Fall nicht davon abweichen zu können.
Mit freundlichen Grüßen...Dr. F........


Tja, ich muss sagen, ich war enttäuscht. So geht es natürlich auch. Gut, die Faktenlage ist klar, sie wollen nicht, warum auch immer. Aber dass man einen Mailfauxpas, noch dazu einen, der gar nicht so ohne war, einfach totschweigt, hat mir dann doch den Rest gegeben.

Ich habe mit einer Freundin, die diesen "Laden" auch kennt und mit ebenjenem Personaler auch schon Kontakt hatte, überlegt, ob ich nich doch noch mal insistiere, so nach dem Motto "Das hat mich irritiert, was mich da erreichte, da hätte ich gern ein Wort von Ihnen dazu...".
Aber ich lasse es.
Ich fand das alles schon eisig genug. Und ich habe nichts mehr zu erwarten.

So läuft das beim Bewerben.

Die Doppelfalle: Man sollte ein "dickes Fell" haben um solchen Dingen gut begegnen zu können. Frage ist nur: Wie bekommt man dieses dicke Fell, wenn man zu Hause sitzt, die Zeit vergeht, man nur Ablehnungen bekommt und sonst keine (berufliche) Bestätigung, also "narzisstisch bedürftig" ist????

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bluest_light
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Beitrag Mi., 20.10.2010, 13:28

Hallo Dunkle,

Deine story hat mir auch zu denken gegeben. Solche anweisungen von kollegen hängen bei emails oft irgendwo dran und man muss schon aufpassen, dass alles weggelöscht ist bevor man antwortet. Leider kann es passieren, dass man es übersieht... ist peinlich für ihn und ärgerlich für dich, v.a. weil du schon so sensibel bist und auf antwort wartest...
Ich würde es jetzt aber auch dabei belassen. Du solltest das einfach nicht persönlich nehmen: Das ist eben ihre Vorgehensweise. Leg es einfach beiseite und kannst du ja auch froh sein, dass du nichts mehr mit dem Laden zu tun haben musst

Dickes Fell kriegen, wenn man sosehr auf eine positive Antwort und Bestätigung wartet ist nicht leicht. Ich kann nur sagen, dass es mir besser gegangen ist als ich mich wieder intensiv meinen Hobbies zugewandt habe. Zuerst habe ich sie ruhen gelassen, weil ich mich nur auf jobsuche konzentrieren wollte. Aber zu einseitig ist auch nicht gut. Ist schon was wahres dran, dass man zwischen zwei jobs mal endlich viel zeit hat und die auch nutzen kann und soll. Das gab mir auch Kraft und Bestätigung - was nebenbei sicher Vorteile im Bewerbungsprozess gibt.

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bluest_light
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Beitrag Mi., 20.10.2010, 13:44

Übrigens habe ich bei meinen 30 Bewerbungen, 29 Standardabsagen bekommen. Egal ob ich bis zum Bewerbungsgespräch vorgekommen war oder nicht. Es hieß immer nur in etwa: "Danke... wir haben uns für eine/n andere/n KandidatIn entschieden." Sogar bei einer großen Firma für die ich schon gearbeitet hatte kam diese Antwort.
Ein einziges Mal bekam ich eine persönl. Zeile, von wegen: Meine Qualifikationen sind gut, aber sie brauchen momentan niemanden.
Das war 1x nicht copy und paste!
...

Ich denke, das schlimmste an dem ganzen Bewerbungszeug ist das Gefühl der Ablehnung, des Nicht-Gewollt-Seins. So ging es mir jedenfalls. Ich will den job, ich denke, das würd passen, aber die wollen mich nicht, obwohl ich alles Voraussetzungen erfülle. und dann noch diese Ungewissheit, warum das so ist...
Oft wissen sie halt selbst nicht warum sie einen von ca. 80 od. so Bewerbern auswählen und die Konkurrenz ist auch groß. Irgendwer hat oft diese und jene Zusatzausbilung od. Arbeitserfahrung mehr und das gefällt ihnen obwohl es nicht in der Ausschreibung steht und der Job auch so gut zu machen wäre... Wie gesagt, da spielen auch Kleinigkeiten od. Zufälle eine Rolle. Den einen stört vielleicht etwas, was den anderen gefällt.
Jedenfalls, das Gefühl des Abgewiesen und Übergangen-Werdens ist etwas das ich wohl schon aus der Kindheit kenne. Vielleicht muss man da durch und lernt irgendwann damit umzugehen....

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Dunkle
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Beitrag Mi., 20.10.2010, 14:15

bluest_light hat geschrieben:Während ich arbeitslos war ging es mir oft sehr schlecht. Mein Selbstbewusstsein war teilweise im Keller und wollte mich kaum noch mit Bekannten treffen aus Angst sie würden fragen ob ich jetzt endlich etwas habe und wenn ich "nein" sage mich als den letzten Loser zu fühlen. Außerdem fehlen auch irgendwie Gesprächsthemen wenn man tage-, und wochenlang so wenig tut. Ständig über den Bewerbungsprozess zu lamentieren ist halt auch kein Bringer.
Ach jaaa, da steck ich nun mittendrin...
Ich weiß noch, als eine Freundin von mir ein halbes Jahr zu Hause war, dachte ich auch, na Mensch, warum findet die nichts? Und sie schien in meinen Ohren immer wieder dasselbe zu erzählen und ich machte mir Sorgen, ob sie es noch mal schafft... Jetzt ist es umgekehrt... Ich habe nichts Neues zu erzählen und ich denke manchmal eben doch, wenn ich jetzt, nach 6 Monaten sage, ich habe noch immer nichts, dann wird eben doch über mich gedacht, dass ich nicht so ganz "koscher" bin, warum auch immer. Denn dieses "Wer Arbeit will, der findet auch" ist doch sehr fest verankert in den Köpfen und wer dem zuwiderläuft, der fällt schon mal auf....

Die Zähigkeit, die dieser ganze Prozess hat, dass man an manchen grauen Vormittagen zu Hause einfach die Zeit tropfen hört, draußen die Strasse und man denkt unwillkürlich: Da draußen ist das Leben und ICH bin ich hier und nehme nicht daran teil....

Du schreibst über Hobbies, bluest_light, da muss ich sagen, dass mir das nicht so leicht fällt, denn ich erliege dem, was wohl auch typisch ist für die Arbeitslosigkeit: Ich schaffe nichts mehr. Es gibt Tage mit etwas mehr Schub, da fühle ich mich am Ende auch endlich mal wieder gut, dann gibt es Tage, da kostet es mich schon enorme Anstrengung, zur Post zu gehen. Früher habe ich als Alleinerziehende mit 70%-Job, Therapie viermal in der Woche, Haushalt und Grundschulkind so einiges geschafft, jetzt fühle ich mich wie um Jahre gealtert, wie frühzeitig berentet... Die kleinen Dinge sind ganz groß geworden und ich vertrödele einfach SO VIEL ZEIT....

Gut, ich mache Fahrschule, ich gehe in die Schwimmhalle, ich habe grundsätzlich mehr Ordnung in der Wohnung, erledige alle Einkäufe und Sonstiges mit dem Fahrrad, um in Bewegung zu bleiben....aber trotzdem, dieses Gefühl, zu verblöden und sich aufzulösen, das nimmt in letzter Zeit zu... Und Fantasien, dass ich doch zu nichts tauge, dass ich irgendwo einen "Haken" habe, dass mit mir was nicht stimmt, warum mich wohl keiner will etc.

Ich habe mir nun selbst beim Arbeitsamt einen Termin geben lassen. Ich will mit denen besprechen, ob ich nicht einen Übergangsjob suchen soll und mit welcher Strategie ich das am besten machen. Ende März 2011 kann ich an einem Assessment teilnehmen, das kann, wenn ich durchkomme (es sind nur vier Bewerber, von denen alle genommen werden KÖNNTEN, wenn alle geeignet erscheinen), mir einen guten Job in etwa einem Jahr beschert. Aber bis dahin geht es so, wie es jetzt ist, nicht weiter.

Ich finde alles in allem, es ist eine sehr harte Prüfung, arbeitslos zu sein. Es verlangt einem ALLES ab. Man wird auf sich selbst reduziert, auf das, was übrig bleibt, wenn das berufliche Umfeld und die beruflichen Sicherheiten wegfallen...

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Elle
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Beitrag Mi., 20.10.2010, 18:26

Bist Du denn darauf angewiesen, eine Angestelltenstelle zu finden, oder könntest Du auch selbstständig arbeiten?

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global_thinker
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Beiträge: 61

Beitrag Mi., 20.10.2010, 21:00

Ich kann mich in Dunkle total einfühlen - ich hatte einmal eine Zeit, wo es ein wenig ähnlich war. Allerdings nicht ganz so lange wie bei Dunkle. Bei mir waren es etwa 2,5 Monate der Ungewissheit. Das war aber belastend genug obwohl ich in dieser Zeit sogar so etwas wie einen "Teilzeit-job" hatte, der für sich alleine grundsätzlich zu einem bescheidenen Leben gereicht hätte.
Ich kann nur sagen "Kopf-hoch", kreativ denken, massenhaft Bewerbungen schreiben - auch wenn es mühsam und frustrierend ist. Auch Bewerbungen für Jobs schreiben, die scheinbar nicht passen und für die du nicht die Qualifikationen hast. Oft weiß man nicht was kommt und manchmal denken Leute in Firmen anders an man selbst.
Dunkle hat geschrieben:Du schreibst über Hobbies, bluest_light, da muss ich sagen, dass mir das nicht so leicht fällt, denn ich erliege dem, was wohl auch typisch ist für die Arbeitslosigkeit: Ich schaffe nichts mehr. Es gibt Tage mit etwas mehr Schub, da fühle ich mich am Ende auch endlich mal wieder gut, dann gibt es Tage, da kostet es mich schon enorme Anstrengung, zur Post zu gehen. Früher habe ich als Alleinerziehende mit 70%-Job, Therapie viermal in der Woche, Haushalt und Grundschulkind so einiges geschafft, jetzt fühle ich mich wie um Jahre gealtert, wie frühzeitig berentet... Die kleinen Dinge sind ganz groß geworden und ich vertrödele einfach SO VIEL ZEIT....
Dieser Absatz hat mich an etwas erinnert, das mich schon seit Jahren fasziniert.
Die berühmte "Marienthal-Studie"

Die Marienthal-Studie war in den 1930er Jahren quasi das Grundstein für die moderne Sozialforschung und Soziologie.

http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Arbeit ... Marienthal
http://de.wikipedia.org/wiki/Einstweilen_wird_es_Mittag
(ein hervorragender, grenzgenialer Film über diese Studie von der (bereits verstorbenen) Frau des Schauspielers Klaus-Maria Brandauer)
http://www.sozpsy.uni-hannover.de/marienthal/
http://agso.uni-graz.at/marienthal/00/einfuehrung.htm

Kurz der Background: Marienthal war ein Dorf in Niederösterreich, süd-östlich von Wien, das durch eine Textilfabrik stark gewachsen ist. Im Zuge der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren waren dann plötzlich alle mehr als 1000 Mitarbeiter inkl. ihrer Familien arbeitslos - und hatten dann dort auch keine andere Möglichkeit auf Beschäftigung.

Ein Team der Universität Wien hat dann dort eine Felduntersuchung gemacht wie sich Arbeitslosigkeit auf Menschen auswirkt. Das war in den 1930er Jahren eine bahnbrechende Forschung.

Eines der Ergebnisse war auch das, was Dunkle beschreibt. Obwohl man theoretisch viel mehr Zeit hat, macht man viel weniger mit seiner (Frei)Zeit.
In Marienthal hat es eine Reihe von Einrichtungen gegeben, die kostenlos waren; z.B. Bibliotheken, Theatervereine etc. Und obwohl die Menschen Gelegenheit hatten, sich z.B. ganz viele Bücher auszuleihen (Zeit und keine Kosten), ist die Nutzung der Bibliothek mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit drastisch gesunken.
Der Titel des Films "Einsweilen wird es Mittag" sagt ja einiges aus - anstelle z.B. zu lesen, sind die Männer nur herum gestanden und haben gewartet bis es Mittag wird.

Die Conclusio glaube ich ist, dass man in Phasen von Arbeitslosigkeit sehr, sehr stark und aktiv gegen diese aufkommende Lethargie ankämpfen muss.

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Dunkle
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Beitrag Mi., 20.10.2010, 21:37

Elle hat geschrieben:Bist Du denn darauf angewiesen, eine Angestelltenstelle zu finden, oder könntest Du auch selbstständig arbeiten?
Hi Elle, das habe ich mir schon überlegt...
Mein ehemaliger Chef hat sich selbstständig gemacht. Er sagte mir, er habe insgesamt 2 Jahre Arbeit gebraucht, bevor etwas an Honorar hängenblieb. Konnte er sich auch leisten, denn er hatte in unserem vormaligen Betrieb als Abteilungsleiter in acht Dienstjahren ca. das Dreifache von mir verdient, seine Frau in Vollzeit in einem guten Job und beide ohne Kinder... Außerdem hatte er viel von seiner Arbeitszeit mit Networking verbracht, war auf jede Einladung gegangen, hatte Wochenendtermine wahrnehmen können, hatte Fach-Stammtische besucht und und und. Er arbeitet nun für die, mit denen er früher beruflich Kontakt hatte. Also, um Nägel mit Köpfen zu machen: wir sind von der schreibenden Zunft und da ist die Konkurrenz einfach so dermaßen groß, dass man rund um die Uhr unterwegs sein muss und seine Artikel so geschickt vermarkten muss, damit man auch nur annähernd davon leben kann.

Ich bin allein mit meiner neunjährigen Tochter, ich lebe in einer Scheidungssituation, in der ich meine Tochter nicht immer nur der immer ätzender werdenden Ex-Schwiegermutter überlassen will. Der Ex lebt 500 km von mir entfernt, ich leider hier bei seiner Mutter um die Ecke, meine Mutter 700 km entfernt.

Das Berufsrisiko bei Selbstständigen ist mir einfach zu hoch, da ich aufgrund Ost-Herkunft und spätem Berufsstart nicht die mindesten Rücklagen habe. Ich brauche schon regelmäßige Einkünfte. Ich war mal ein Jahr freiberuflich, da war ich zwar liiert, aber ohne Kind, und ich habe teilweise rund um die Uhr gearbeitet und konnte mein Leben nach den Aufträgen richten. Das geht jetzt einfach nicht.

Ich mag einfach nicht in die selbstständige Mühle rein, dafür bringe ich viel zu wenig mit und habe zu wenig Sicherheiten. Das AA sieht es gern, denn dann ist man "vom Tisch"...
Ich habs noch nicht aufgegeben, ne ordentliche regelrechte Stelle zu finden.

Jetzt muss ich erst mal von zu Hause weg. Sonst löse ich mich auf.
Mal sehen, ob ich leichter an einen Aushilfs- als an einen qualifizierten Job komme.

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Miss_Understood
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Beitrag Do., 28.10.2010, 12:26

Ich hänge durch. Völlig. Ja, das aus mit meinem Freund tut sein übriges. Im verhassten Nebenjob mache ich nun Vollzeit bis er ausläuft Mitte Dezember und meine Motivation ist nach einigen Ablehnungen so im Keller, dass ich gerade eine Arbeitsprobe, die ich abliefern soll bis Ende der Woche am Versemmeln bin und mich dafür hasse.

Hinzu kam eine absolut floskelhafte Standardabsage einer Personalabteilung wo ich vor etlichen Wochen mit der Vorgestzten ein total nettes Telefonat hatte und sie mich bat etwas einzureichen, das schiene ja sehr gut zu passen und da man sehr dringend suche, einfach Lebenlauf würde genügen, keine Arbeitsproben. ich tat DOCH welche dabei, schnell zusammengewürfelt, weil ich das wichtig finde und es ja eben auch GENAU DER Indikator war, dass es passte, denn ich hatte genau diese Tätigkeit bereits woanders gemacht - vielleicht war DAS der Fehler und genau daran grübele ich jetzt herum. Es gibt diese Stellen so so selten und jetzt fühle ich mich völlig resigniert. Mein Umfeld hier habe ich damit abgegrast. Ich wollte an sich hier bleiben ...

Am Boden - wie zum Teufel motiviert man sich von dort? Zumal ich wahnsinnig müde bin. ...
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Ive
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Beitrag Do., 28.10.2010, 12:45

O wei, ätzend ... hab gerade erst diesen Thread entdeckt und durchgelesen, was Dir, liebe Dunkle, da passiert ist. Obwohl nun sicher längst abgehakt von Dir: Ich dachte spontan, ob sich da eine Sekretärin den "Spaß" gemacht hat, diese Korrespondenz an Dich als rätselnde Bewerberin zu schicken ... ? Inzwischen dürfte sie dann wohl "eins drübergekriegt" haben

Ich finde auch, mehr konntest Du nicht tun.

Könnte selbst Romane schreiben über meine Arbeitswelt-Erlebnisse, als Suchende und Findende und Ausbadende des Gefundenen ... Viel Gutes war nicht mehr dabei in den letzten 20 Jahren.

Miss, Du dauerst mich, echt. Ich erinnere mich noch zu gut an den Kräfteverschleiß in dieser Lage. Wie kommt man wieder hoch, tja ... "einfach" tun, meine ich: Kopf hoch, tief Luft holen, hübsch machen, eine tapfere Miene aufsetzen - und weitermachen, immer weitermachen. Die gute Nachricht: Es GEHT immer weiter.

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Woman
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Beitrag Do., 28.10.2010, 13:02

Hallo Dunkle und alle Anderen,

ich kann diese Situation so gut verstehen, da ich mich auch gerade in diesem Bewerbungskarussell befinde. Wie die Arbeitsmarktlage tatsächlich aussieht, obwohl es angeblich mit der Wirtschaft aufwärts geht, wissen nur die, die hunderte von Bewerbungen ohne Erfolg geschrieben haben.

Standardabsagen nehme ich schon länger nicht mehr persönlich, da ich auch die andere Seite verstehe, wenn auf ein interessantes Stellenangebot bis zu 500 Bewerbungen einlaufen. Da sind Personler und Entscheider oft selbst überfordert. Da landet die Bewerbung schnell in die Ablage "P". Eine Bewerbung, die man mit viel Sorgfalt, Mühe und Aufwand erarbeitet hat.

Ich war nach langjähriger Berufstätigkeit auch einige Jahre selbständig, was letztendlich zu einem totalen physischen und psychischen Zusammenbruch führte.

Die Situation, ohne Arbeit zu sein oder sich aus einer unbefriedigenden Arbeit wegzubewerben, ist ohnehin schon sehr belastend. Erfolglosigkeit führt dazu, dass man mit der Zeit die Motivation, die Kraft, die Ausdauer und die Stabilität verliert, darum ist es verdammt schwer,
Am Boden - wie zum Teufel motiviert man sich von dort? Zumal ich wahnsinnig müde bin. ...
sich immer wieder selbst zu motivieren und die Hoffnung nicht zu verlieren, zumal die zermürbende Suche unendlich müde und wenn man es noch nicht ist, krank macht. Wenn es dann zu einem Vorstellungsgespräch kommt, muss man alle seine Kräfte mobilisieren, um sich zu 'verkaufen', zittert bis zur endgültigen Entscheidung und plagt sich erneut mit Selbstzweifeln - bis zur nächsten Runde.

Wie man sich selbst motiviert, dafür gibt es leider keine gültige Allgemeinregel, bei mir ist es alleine die Hoffnung, der Überlebenswille und den Willen, dass ich nicht bereit bin, mich selbst aufzugeben. Wenn ich nicht an mich glaube, wie soll ein potentieller Arbeitgeber an mich glauben?

Es gibt Zeiten, da geht bei mir gar nichts mehr, dann lege ich eine kurze Pause ein mit der Suche. Es dauert ein paar Tage, bis ich mich wieder vom Boden aufsammle und mich dieser Situation wieder stelle. Das alles ist unendlich kräftezehrend.

Ich konnte jetzt nicht wirklich Hilfe leisten, aber es tut doch gut, wenn man weiß, dass man damit nicht alleine steht.
Und seit jeher war es so, daß die Liebe erst in der Stunde der Trennung ihre eigene Tiefe erkennt.

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