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Fr., 14.05.2010, 12:46
@ nww:
Gerade darum geht es hier nicht, medizinische Massnahmen abzuurteilen. Im Grundsatz haben sie ihre Berechtigung ( und in vielen Fällen wird leider auf der Seite der Medizin viel falsch gemacht aus Fahrlässigkeit, aus Nichtwissen, aus der eigenen Drucksituation am Arbeitsplatz heraus).
Aber meinen Thread habe ich ganz bewusst hier eröffnet, weil ich es um das subjektive Erleben geht. Und das ist absolut gleichzusetzen. Da spielt dieser Gedanke von "Sinnvoll", von "Legal" etca.. mitunter gar keine Rolle.
Hier will keiner zurück ins Mittelalter, aber ich würde mir wünschen, dass Ärzte bessere Arbeitsbedinungen haben (UND DAS IST SEHR TEUER) und eine bessere Ausbildung dahingehend, dass sie sensibler für die möglichen psychischen Folgeprobleme sind. Im Umgang mit Patienten, kleinen wie großen, könnte man sehr, sehr viel besser machen, wenn die Medizin-Leute überhaupt dafür mal ein paar Gedanken verschwenden würden. Viele denken da immer noch: Ich Körper behandeln. Rest macht: Entweder macht's Patient nichts aus, oder Patient soll anschließend zum Psychiater/Psychotherapeut rennen.
Das kann's ja nicht sein, vieles würde gar nicht traumatisch wirken, wenn die, die die Therapie durchführen, anders mit den Patienten umgehen würden. Das spielt nämlich eine große Rolle. Man kann sehr viel schlecht und falsch machen.
Und traumatisch heißt: Es wird im Gehirn eingestanzt. Es merkt sich das Ganze sehr wohl der Körper und nicht nur die Psyche. Später im Rahmen von EMDR erzählt der Körper dann oft nochmal die ganze medizinisch notwendige Misshandlung. Und wer sowas mal erlebt hat, dem wird die dort wirkende Gewalt sehr schnell klar.
Aber ich spüre in Deinem Beitrag, wie angegriffen Du Dich fühlst und dagegen wird eine Mauer aus Zynismus geknallt.
Das ist das Problem: Alle im Medizinbereich sehen sich als Helfer und blenden den Rest auch. Ich sehe sie auch als Helfer, aber ich blende den Rest nicht aus.
Für Betroffene ist es aber ganz wichtig, diese verzerrte Wahrnehmung, die man mitgeteilt bekommt, diesen Konflikt "Es wird als Hilfe bezeichnet, in Wirklichkeit erleben Körper und Seele massive Eingriffe, Grenzverletzungen." aber bekommt der Adressat dieser Maßnahmen und der dazugehörigen Benennungen aber nicht aufgelöst. Ein Kind, das von vier Leuten festgehalten wird und Schmerzen zugefügt bekommt, kann das nicht als Hilfe wahrnehmen, sondern als Zwang und pure Gewalt. Und es dauert ganz lange, bis man aus diesen Verstrickungen und Fehlinfos heraustreten kann, geht selten ohne Traumatherapie.
Was Du hier machst, ist das, was ich immer in Medizin erlebt habe:
Runterspielen! Rechtfertigen!!
Es hat niemand hier wirklich ärztliche oder medizinische Arbeit angegriffen, wir kennen nur auch die Negativeffekte daraus und die sind mitunter schrecklich!!
Dieser Thread ist nicht gedacht, Medizin zu verurteilen, aber er ist gedacht, um dem Leid der Patienten in und durch die Medizin klar zu machen.
Ich wäre heute wahrscheinlich nicht traumatisiert, wenn man mich anders damals behandelt hätte. Hat man aber nicht. Und das Ergebnis: BL, Suizidversuche, SvV etca.. pp. Als ich in der Psychosomatik behandelt wurde und man noch nicht viel von mir wusste, war's für die Therapeuten aufgrund der Symptomatik ganz klar, dass ich sex. Gewalt erlebt haben müsste. Die haben nicht schlecht gestaunt, als es sich erklärt hat, was es wirklich wahr: Medizin. Dass die Arbeit von Ärzten verantwortlich sein sollten für SV, die mit über 10 Stichen genäht werden mussten, für Rekordversuche, wo ich mir Hunderte von Schnitten am Tag beigebracht habe, hat sie geschockt.
Aber für mich war's gut: Endlich hatte ich Gewalt über meinen Körper und nicht andere. Es ist meiner, und ich kann ihn zurichten, wie ich mag und ich kann ihn auch einfach umbringen. Das war die Ausübung meiner Autonomie, die man mir als Kind nicht gelassen hat. Und es war ein grandioses, starkes Gefühl, wie die einst mächtigen Weißkittel vor mir standen, auf die Schnitte kuckten und einfach nur ohnmächtig und hilflos waren. Da hatten sie ihre Macht über mich verloren.
Der Körper lügt nicht und meine Arme und sonstige Verletzungen und Narben sprechen eine sehr eindeutige Sprache.
LG
Jesusechse