Vaterlos und die Folgen

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candle
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Beitrag Mo., 22.02.2010, 22:09

Leider hast Du zur Vaterlosigkeit auch nicht wirklich etwas geschrieben, daher schwierig vergleichbare Personen ausfindig zu machen.

Ok, ich halte mich auch mal zurück, meinte nur, dass nicht generell der Verlust eines Elternteiles ganz speziell dieses oder jenes auslöst.

Bye!
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

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Eremit
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Beitrag Di., 23.02.2010, 04:16

Ich gehe mal direkt auf Deine Fragen ein, Wanderslust:
Wanderlust hat geschrieben:Hat sich die Vaterlosigkeit bei Euch negativ ausgewirkt?
Ja und nein. Anfänglich war es schwierig, weil ich viele Jahre keine männliche Bezugsperson hatte außer zwei Großvätern, welche, wie soll ich es ausdrücken - kein Umgang für ein Kind sind. Erst viele Jahre später sollte ich auf ältere Männer treffen, die die Funktionen eines Mentors auch wirklich ausüben konnten.
Wanderlust hat geschrieben:In welchen Bereichen fühlt ihr Euch den Vaterkindern unterlegen?
Mittlerweile würde ich sogar von Überlegenheit sprechen, aber früher war ich oft darüber traurig, daß ich niemanden zum Reden hatte, niemand, der mich verstand, niemand, der mir zeigte, was es heißt, ein Mann zu sein. Nur fiktive Personen aus Büchern und Filmen, was wiederum zu einem etwas bizarren Verhalten führte und dieses wiederum zu einem Außenseitertum. Mittlerweile aber eben Überlegenheit, weil ich dadurch gelernt habe, mit mir selbst zu kommunizieren und auch meine Rolle als Mann auf eine Art und Weise kritisch hinterfragen kann, die "Vaterkindern" ungleich schwerer fällt. Ebenso kann ich dies bei den Frauen und ihrer Rolle in der Gesellschaft.
Wanderlust hat geschrieben:Wie, glaubt Ihr, hat sich die Vaterlosigkeit auf Euer Verhältnis zu Frauen ausgewirkt?
Zwiespältig. Anfänglich waren Frauen die "Norm" und ich die "Abweichung", das "Unpassende", das "schlechte Geschlecht", bis in die Pubertät. In dieser zeigte sich dann aufgrund negativer Erfahrungen mit der Mutter und im Zuge des ganz normalen Ausbrechens aus dem mütterlichen Heim eine starke Abneigung gegen Frauen und weibliche Verhaltensweisen, ihre und meine Sexualität an-sich. Mittlerweile hat sich alles zum Besseren gewendet, aber die Wendung trat erst vor fünf Jahren bei mir ein. Mal sehen, was noch kommt. Ich bin zuversichtlich.
Wanderlust hat geschrieben:Welche männlichen Eigenschaften habt ihr Euch später vielleicht in "Eigenregie" angeeignet?/Welche nie erlernt?
Ich konnte mir mittlerweile alle "männlichen" Eigenschaften in "Eigenregie" aneignen, die sich für mich als Mann auch nützlich erweisen, z.B. eine gewisse Form von Aggressivität oder lineares Denken, den für Männer typischen logischen Fokus, unabdingbar in meinem Beruf, sowie Selbstständigkeit, die Fähigkeit, seinen Weg auch allein zu gehen, gegen den Strom zu schwimmen, kreativ zu sein.
Wanderlust hat geschrieben:Sind Depressionen und Drogenkonsum ein Thema in Eurem Leben gewesen?
Leider ja. Gerade in der Pubertät und als junger Erwachsener war es sehr schwer für mich. Ich sehnte mich unterbewußt nach so vielen Dingen, aber ich wußte nie, wonach ich mich wirklich sehnte, weswegen ich dazu überging, meinen Serotonin-Haushalt mit externen "Hilfsmitteln" zu "frisieren".

Mit den Depressionen ist es besser geworden. Ich habe die Struktur meiner Familie durchleuchtet und erkannt, warum alles so kam, wie es kommen mußte. Das schuf einen großen emotionalen Abstand. Ich habe mich von ihr ab- und mich meinem eigenen Leben zugewendet.

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Thread-EröffnerIn
Wanderlust
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Beitrag Di., 23.02.2010, 12:10

Hallo Eremit, danke für Deine ausführliche Antwort! Hat mir Freude gemacht sie zu lesen und ich habe mich an vielen Stellen wiedergefunden und auch geschmunzelt! Hier zum Beispiel:
Eremit hat geschrieben:Nur fiktive Personen aus Büchern und Filmen, was wiederum zu einem etwas bizarren Verhalten führte und dieses wiederum zu einem Außenseitertum.
Das habe ich genauso erlebt! Ich habe mich in jüngeren Jahren auf die Bücher von Castaneda gestürzt und darin irgendwie Zuflucht genommen! Heute muss ich über meine eigene Realitätsferne schmunzeln, bzw. würde ich mein Verhalten damals auch als etwas bizarr beschreiben. Ich habe mich erst Jahre später gefragt, ob diese Neigung, sich auf ein Konstrukt/einen Meister einzulassen, etwas mit der Vaterlosigkeit zu tun hat. Ich habe dann zwar die Kurve gekriegt, aber es kostet alles unsagbar mehr Zeit als bei anderen. Alles "Trial and Error" sozusagen.
Eremit hat geschrieben:weil ich dadurch gelernt habe, mit mir selbst zu kommunizieren und auch meine Rolle als Mann auf eine Art und Weise kritisch hinterfragen kann, die "Vaterkindern" ungleich schwerer fällt.
Kann ich so auch bestätigen. Nur kostet das eben enorm Kraft. Und während ich bei meinen Vaterkinderfreunden oft das Gefühl habe, die kommen mit "Autopilot" durchs Leben, frage ich mich an jeder Kreuzung, war das jetzt links oder rechts. Berufswahl ist da zum Beispiel ein Thema. Ich weiß, auch wenn ich sonst nichts über ihn weiß, was mein Vater für einen Beruf hat. Was meine Talente betrifft wäre ich in diesem technischen Beruf sicher gut aufgehoben. Als "Suchender" landet man aber eher in kreativen Berufen, so auch ich. Mit Erfolg sogar. Aber ich werde das Gefühl nicht los, das diese Berufswahl eher ein Symptom meiner Orientierungslosigkeit war als ein Ausdruck wirklicher Interessen und Wünsche.

Was Frauen betrifft, war ich bis Mitte zwanzig ziemlich sorglos und habe einfach meine Interessen bei Ihnen durchgesetzt. Was viele Frauen auch schön fanden. Stichwort Durchsetzungsvermögen, Der weiß, was er will usw. Seitdem geht es aber ein bisschen in eine andere Richtung. In der Definition der Frauen werde ich zwar langsam der bessere Mann, also verständnisvoller, einfühlsamer, weniger egoistisch usw. Zu mehr Glück in der Beziehung hat das aber nicht geführt. Eher dazu, dass ich mehr "tschudigung" gestörte Frauen kennengelernt habe und für sie attraktiv war.
Eremit hat geschrieben:Ich sehnte mich unterbewußt nach so vielen Dingen, aber ich wußte nie, wonach ich mich wirklich sehnte, weswegen ich dazu überging, meinen Serotonin-Haushalt mit externen "Hilfsmitteln" zu "frisieren"
Das habe ich auch durch, allerdings ging es mir damit gut -bis es nicht mehr gut ging. Aber da habe ich dann sofort mit Drogen/Parties usw. aufgehört. Was geblieben ist sind depressive Verstimmungen. Keine ausgewachsenen Depression, bis auf die große Krise mit Mitte/Ende zwanzig, aber ein deutlicher Hang zu Grübeln, Zweifel usw. Allerdings auch viele viele glückliche Momente.
Eremit hat geschrieben:Selbstständigkeit, die Fähigkeit, seinen Weg auch allein zu gehen, gegen den Strom zu schwimmen, kreativ zu sein.
Als Kind/Jugendlicher habe ich das oft gehört von anderen: man du machst immer alles, was Du Dir vornimmst! Geil! Rückblickend sehe ich darin auch verzweifeltes Suchen und Flucht. Dieses fast wahnartige Verfolgen von Zielen, das mich in Kindheit und Jugend auszeichnete, ist fast völlig verschwunden. Vielleicht unter der Depression begraben worden. Keine Ahnung. Allerdings ist das eine der dringendsten Lebensfragen für mich im Moment, ob und wie ich diesen Willen zurückerobern kann. Dieses Verhalten, das mich eigentlich erfüllte als junger Mensch, resultiert heute eher in Schuldgefühlen. Ich habe mir auch zu einer bestimmten Zeit nichts so sehr zu Herzen genommen, wie den Vorwurf egoistisch zu sein (so ab Mitte zwanzig).
Eremit hat geschrieben:Ich habe mich von ihr ab- und mich meinem eigenen Leben zugewendet.
Ich habe meine Heimatstadt vor ein paar Jahren verlassen und auch von diesem Abstand profitiert. Allerdings noch keine wirkliche neue Basis, eher etwas entwurzelt um Moment.

Mal bis hierher... und danke nochmals für Dein ausführliches Statement"

Wanderlust

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00paloma00vl
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Beitrag Sa., 29.05.2010, 20:30

Hallo!

Erstmal bin ich froh, hier Leute mit dem selben Problem zu finden..

Ich bin zwar nicht männlich, dennoch denke ich, dass einige Aspekte durchaus ähnlich sein können.
Ich halt mich aber erstmal zurück.
Bei Interesse antworte ich dann gern ausführlicher...

Bei mir(17) ist es so, dass ich nie Kontakt zu meinem Vater hatte und auch nie ein Ersatzvater vorhanden war.
Früher hat es mir nie viel ausgemacht aber seit ca. einem Vierteljahr leide ich sehr darunter.
Auslöser war ein Treffen mit einem Bekannten, durch welches mir der Mangel sehr deutlich wurde.

Was Drogenkonsum anbelangt hab ich mich einigermaßen im Griff.
Am Anfang war es schlimmer, aber ich habe nur ein paar Monate geraucht, dann aber wieder aufgehört, und ein paar mal ein übern Durst getrunken...

Vaterkindern unterlegen fühle ich mich im Umgang mit den männlichen Zeitgenossen, da ich immer so das Gefühl habe, es könnte mir von der Seite nur komplettes Desinteresse entgegenschlagen.
Außerdem weiß ich nicht, ob ich nicht später meine eigenen Kinder um ihren Vater beneiden werde,
und frage mich, ob es überhaupt erträglich wäre, da mich so ein Anblick enorm runterzieht.

Habt ihr jemals versucht, euren Vater mal zu treffen?
Wenn ja, wie war es?
Das steht mir nämlich noch bevor, da ich ihn in meiner Verzweiflung mal angeschrieben habe.

Oder habt ihr andere "Ersatzfiguren" gefunden?
Und, habt ihr es denen gesagt?

Liebe Grüße

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Eremit
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Beitrag Sa., 29.05.2010, 20:40

00paloma00vl hat geschrieben:Habt ihr jemals versucht, euren Vater mal zu treffen?
Wenn ja, wie war es?
Ich habe meinen Vater nach vielen Jahren wieder mal zufällig getroffen. War eigenartig. Ein fremder Mensch für mich. Damit hat sich auch alles für mich erledigt. Wir kennen uns nicht, haben nichts miteinander zu tun.
00paloma00vl hat geschrieben:Oder habt ihr andere "Ersatzfiguren" gefunden?
Meine "Ersatzfiguren" waren eben größtenteils fiktive Personen aus Geschichten. Einen Vaterersatz gab es nie für mich...

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Mamamaus
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Beitrag So., 30.05.2010, 09:42

Hallo, also meine Therapeutin meinte, dass man bei mir merken würde, dass ich ohne Vater aufgewachsen bin. Meine Mutter war seit meiner Geburt allein, da war sie 19. Ich habe es nie erlebt wie es ist einen Vater zu haben. Sie meinte auch man merkt es jetzt wo ich selber Kinder habe würde man es sehr merken, weil ich es einfach nie erfahren durfte wie eine intakte Familie abläuft. Also nicht nur die Jungs sind davon negativ beeinträchtigt.


Eremit
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Beiträge: 8876

Beitrag So., 30.05.2010, 14:17

Mamamaus hat geschrieben:Sie meinte auch man merkt es jetzt wo ich selber Kinder habe würde man es sehr merken, weil ich es einfach nie erfahren durfte wie eine intakte Familie abläuft.
Darf ich fragen, wie sich das genau zeigt? Und wie das mit dem Vater Deiner Kinder ist?

Natürlich leiden nicht nur Jungs unter der Vaterlosigkeit! Zum Beispiel ist die fehlerhafte Ausprägung der sexuellen Identität bei Jungs und Mädchen ziemlich ähnlich. Auch das Problem mit der Selbstständigkeit tritt genauso häufig auf. Ich habe eine Schwester, sie hat diesbezüglich genau die selben Probleme wie ich...

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00paloma00vl
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Beitrag So., 30.05.2010, 18:21

Hallo!

Ok, ich weiß das ist nicht mein Thread...
aber meint ihr, dass es etwas ändern kann, wenn es mir gelingt, ein einigermaßen gutes Verhältnis zu meinem Vater aufzubauen?
Vielleicht irgendwelche Defizite ausgleichen?
Weil es für viele Dinge meiner Meinung nach schon zu spät ist...
Oder macht der Kontakt es eher noch schlimmer?
Eremit hat geschrieben:
Wanderlust hat geschrieben:Welche männlichen Eigenschaften habt ihr Euch später vielleicht in "Eigenregie" angeeignet?/Welche nie erlernt?
Ich konnte mir mittlerweile alle "männlichen" Eigenschaften in "Eigenregie" aneignen, die sich für mich als Mann auch nützlich erweisen, z.B. eine gewisse Form von Aggressivität oder lineares Denken, den für Männer typischen logischen Fokus, unabdingbar in meinem Beruf, sowie Selbstständigkeit, die Fähigkeit, seinen Weg auch allein zu gehen, gegen den Strom zu schwimmen, kreativ zu sein.
Eremit hat geschrieben: Auch das Problem mit der Selbstständigkeit tritt genauso häufig auf. Ich habe eine Schwester, sie hat diesbezüglich genau die selben Probleme wie ich...

Mit Selbstständigkeit habe ich überhaupt keine Probleme.
Ich glaube, das ist davon abhängig, wie sehr sich die Mutter dann an die Kinder klammert.
Bei anderen Leuten sehe ich da durchaus größere Probleme, trotzdem sie einen Vater haben.

Ich denke, die Fähigkeit, seinen Weg auch alleine zu gehen wird durch Vaterlosigkeit eher noch unterstützt,
da man eben darauf angewiesen ist.
Das selbe trifft auf das "gegen den Strom schwimmen" zu, da man das durch Dinge wie eine alleinerziehende Mutter etc. sozusagen automatisch tut.

hmm, kreativ bin ich auch^^
Wanderlust hat geschrieben: Noch ein paar Aspekte zu Anregung:

Berufswahl. Hattet ihr Problem Euch zu entscheiden/oder habt ihr Eure Entscheidung bereut/korrigiert

Was das Thema Berufswahl anbelangt habe ich keine Entscheidungsprobleme.
Ob ich es bereuen werde werde ich wohl noch merken, denke ich aber nicht,
da das momentan das einzige ist, was mir den Sinn am Leben gibt.

Eremit hat geschrieben: Mit den Depressionen ist es besser geworden. Ich habe die Struktur meiner Familie durchleuchtet und erkannt, warum alles so kam, wie es kommen mußte. Das schuf einen großen emotionalen Abstand. Ich habe mich von ihr ab- und mich meinem eigenen Leben zugewendet.

Also hast du es quasi eher verdrängt?

Lg


Eremit
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Beitrag So., 30.05.2010, 18:44

00paloma00vl hat geschrieben:Ok, ich weiß das ist nicht mein Thread...
Das ist kein User-Blog. Hier geht es ja um's Thema und nicht um User. Schreibe, was immer Dir zum Thema einfällt...
00paloma00vl hat geschrieben:aber meint ihr, dass es etwas ändern kann, wenn es mir gelingt, ein einigermaßen gutes Verhältnis zu meinem Vater aufzubauen?
Vielleicht irgendwelche Defizite ausgleichen?
Ändern kann es sicher etwas. Aber Defizite können schon allein deswegen nicht ausgeglichen werden, weil es für alles im Leben nur eine Gelegenheit gibt. Es gibt kein Zurück. Aber wenn ein positives Vorwärts möglich ist, warum nicht?
00paloma00vl hat geschrieben:Weil es für viele Dinge meiner Meinung nach schon zu spät ist...
Eben...
00paloma00vl hat geschrieben:Oder macht der Kontakt es eher noch schlimmer?
Nur, wenn der Kontaktabbruch emotional noch nicht verdaut wurde.
00paloma00vl hat geschrieben:Ich glaube, das ist davon abhängig, wie sehr sich die Mutter dann an die Kinder klammert.
Das ist leider ein sehr oft auftretendes Problem, weil viele Mütter ihre Kinder emotional als Partnerersatz missbrauchen, gleichzeitig aber ihre Kinder aus Angst vor dem Verlassenwerden so stark umklammern, daß diese unselbsständig werden. Ist gut, daß das auf Dich nicht zutrifft. Aber ich wollte es hier dennoch anführen.
00paloma00vl hat geschrieben:Ich denke, die Fähigkeit, seinen Weg auch alleine zu gehen wird durch Vaterlosigkeit eher noch unterstützt,
da man eben darauf angewiesen ist.
Nur, wenn die Mutter ihre Ängste eben nicht auf die Kinder überträgt, wohlgemerkt...
00paloma00vl hat geschrieben:Also hast du es quasi eher verdrängt?
Da gibt es nichts zu verdrängen. Das sind hochgestörte Menschen. Das trifft auch auf meinen Vater zu. Seine Mutter hat ihn als Partnerersatz für ihren Mann missbraucht, der fast gänzlich beruflich auf Reisen war, praktisch nie zuhause. Dadurch ist er emotional korrumpiert, selbst noch ein Kind im Kern, dabei aber sehr roboterhaft. Und kann auch keine entsprechende emotionale Bindung zu seinen Partnerinnen oder seinen Kindern herstellen.

Es gibt für mich einfach keinen Grund für einen Kontakt. Es gibt keinen Gewöhnungs-Faktor, wir haben nichts, absolut nichts gemeinsam. Er ist mir fremd, emotional wie logisch.

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00paloma00vl
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Beitrag So., 30.05.2010, 19:18

Eremit hat geschrieben:
00paloma00vl hat geschrieben:aber meint ihr, dass es etwas ändern kann, wenn es mir gelingt, ein einigermaßen gutes Verhältnis zu meinem Vater aufzubauen?
Vielleicht irgendwelche Defizite ausgleichen?
Ändern kann es sicher etwas. Aber Defizite können schon allein deswegen nicht ausgeglichen werden, weil es für alles im Leben nur eine Gelegenheit gibt. Es gibt kein Zurück. Aber wenn ein positives Vorwärts möglich ist, warum nicht?
00paloma00vl hat geschrieben:Oder macht der Kontakt es eher noch schlimmer?
Nur, wenn der Kontaktabbruch emotional noch nicht verdaut wurde.
Es gab keinen Kontaktabbruch.
Ich habe keine Erinnerung an ihn.

Warum ich meine, dass es eher noch schlimmer sein könnte ist,
da er eigentlich mein "Vater" ist, aber dann auch irgendwie doch nicht.
Und mir das immer vor Augen geführt wird.
Auch im Gegensatz zu seinem Sohn/meinem Halbbruder.
Aber ich werde es testen.


Eremit
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Beitrag So., 30.05.2010, 21:56

00paloma00vl hat geschrieben:Es gab keinen Kontaktabbruch.
Ich habe keine Erinnerung an ihn.
Also beschränkt sich seine Vaterschaft auf Deine biologische Zeugung. Hm...

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Mamamaus
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Beitrag Mo., 31.05.2010, 21:34

Eremit hat geschrieben:Darf ich fragen, wie sich das genau zeigt? Und wie das mit dem Vater Deiner Kinder ist?
Natürlich darfst Du. Meine Mutter war immer sehr ängstlich auch im Bezug auf mich gesehen, diese Angst überträgt sich auch auf das Kind. Meine Mutter hat nie wieder einen Partner gehabt und im erwachsenen Alter hatte ich lange das Gefühl was ich ihr antue wenn ich ausziehe und ich fühle mich heute noch für sie verantwortlich, ich war ja der Unfall, der ihr junges Leben aus der Bahn geworfen hat, meine Oma hat mir immer wieder gesagt, was sie alles hätte machen können wenn ich nicht gewesen wäre, aber ich kann doch nichts dafür, dass ich da in. In meiner Therapie habe ich gelernt besser damit umzugehen. Im Bezug auf meine Kinder, war ich natürlich am Anfang auch sehr überängstlich, ich wollte immer perfekt sein, meine Mutter hat mir immer gezeigt, dass man funktionieren muss egal wie es einem geht, dann hab ich nach der Geburt vor 4 Jahren schlimme Depressionen bekommen, weil ich diesen Perfektionismus nicht aufrecht erhalten konnte, ich war total überfordert mit meinem Schreibaby.
Und natürlich habe ich keine normale Familiendynamik gesehen, es waren bei uns immer nur ich und meine Mutter, Oma und Opa haben viel auf mich aufgepasst, aber die waren ja vom ganz alten Schlag, das kann man mit einer heutigen modernen Familie nicht vergleichen. Ich musste selber erst lernen wie es ist delber eine familie zu haben.
und die Therapeutin und mein Mann meinten schon ich wäre überhaupt nicht durchsetzungsfähig und viel zu weich und sensibel, die männliche Seite der Erzeihung hat einfach gefehlt.
Allgemein fehlt mir ein Teil von dem woher ich komme. Ich habe meinen Vater noch nie gesehen, meine Mutter hat nie drüber gesprochen und meine Oma meinte nur es sei besser dass ich ihn nie kennengelernt habe, er war Alkoholiker und war andscheinend schon mal im Gefängnis wegen Körperverletzung. Trotz allem hat man ein schkechtes Selbstwertgefühl und fragt sich immer was ist an mir so schlecht, dass er nie was von mir wissen wollte. Für mich als Kind war es schlimm in der Schule sagen zu müssen, dass mein Vater nichts von mir wissen will und ich ihn auch nicht kenne, ich war dadurch immer sehr verletzlich.

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00paloma00vl
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Beitrag Mi., 09.06.2010, 20:16

Moin....
In der Hoffnung, dass das jetzt nicht zu weit führt...

hmmm bin gerade echt verzweifelt.

Mein "lieber Vater", mit dem ich in E-mail Kontakt stand hat sich seit fast vier Wochen nicht mehr gemeldet.
Er hat eh nicht oft geschrieben. Er meinte zwar, wir könnten mal essen gehen.
Aber er würde "ausführlicher bzw. überhaupt" antworten, wenn er wegen der Arbeit nicht mehr so in Stress sei. Aber das ist ja nun schon ein bisschen her. Und ich hab das Gefühl, dass ich ihm komplett egal bin, genauso wie bevor wir schrieben und dass er mich nur hinhalten will.
Mein Problem ist nun: Soll ich warten, dass er sich meldet, oder nochmal schreiben, und wenn dann, ihm irgendwas erzählen, oder da nochmal drauf eingehen?
hmm er hat mir zum Beispiel immer noch nicht gesagt, wie alt mein Bruder ist....
Naja, ist er jetzt ein fieses Arsch oder einfach nur faul oder was sonst???

Ich glaube, er ist schon ein guter Vater...nur eben nicht meiner.

hmm nochmal nen paar Fragen:

Glaubt ihr an Gott?
Ich für meinen Teil nicht.
...Ich habe nämlich im Internet die Vermutung gefunden, dass man durch Vaterlosigkeit nicht an einen väterlichen Gott glauben kann, da er sozusagen eine Art Vater wiederspiegelt.
Wäre ja mal interessant, ob es stimmt..

Und...fühlt ihr auch den Schmerz, wenn euch das, was ihr nie hattet auf der Straße begegnet?
Also z.B. eben so typische Väter....

...Seid ihr noch auf der Suche? Also sozusagen nach einem "psychischen Vater"? Habe gelesen, dass die Meisten das ihr ganzes Leben sind....auf der Suche nach etwas Unerreichbarem.

....nochmal zu den Nachteilen gegenüber anderen:
Ich würde schon sagen, ich bin nachhaltig geprägt...
Also ich KANN keine Kleider oder so anziehen, auch wenn es jetzt banal klingt, aber zu so Bällen oder so Tanzveranstaltungen gehe ich nicht...das ist für mich einfach nur schrecklich.
Und das hängt meiner Meinung nach damit zusammen.
Ich versuche mir das was mir durch ihn fehlt sozusagen selbst zu geben.
Durch eine tiefe Stimme...etc......

nja....
*soo traurig alles*


Eremit
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Beitrag Do., 10.06.2010, 20:21

00paloma00vl hat geschrieben:Mein Problem ist nun: Soll ich warten, dass er sich meldet, oder nochmal schreiben, und wenn dann, ihm irgendwas erzählen, oder da nochmal drauf eingehen?
Nun, Du hast Dich bereits auf ihn zubewegt. Er hat angegeben, daß er aufgrund von "Stress in der Arbeit" keine Zeit für Dich findet. Meine Empfehlung: Laß es dabei. Du hast getan, was Du tun konntest. Wenn er nicht will, dann eben nicht...
00paloma00vl hat geschrieben:Naja, ist er jetzt ein fieses ar*** oder einfach nur faul oder was sonst???
Ich formuliere diese Frage einfach mal um: Ist er nun charakterschwach, charakterschwach oder was sonst?

Meine Frage nun an Dich: Was würde es Dir geben, Kontakt zu Deinem charakterschwachen Vater herzustellen?
00paloma00vl hat geschrieben:Und...fühlt ihr auch den Schmerz, wenn euch das, was ihr nie hattet auf der Straße begegnet?
"Vater" steht nur für den biologischen Erzeuger, ebenso wie "Mutter" für die biologische Erzeugerin. Dahinter verbirgt sich keine wie auch immer geartete besondere Lebensphilosophie oder Einstellung. Kinder zu bekommen führt nicht zwangsläufig dazu, Menschen besser zu behandeln - auch nicht die eigenen Kinder. Das ist ein Mythos.
00paloma00vl hat geschrieben:...Seid ihr noch auf der Suche? Also sozusagen nach einem "psychischen Vater"? Habe gelesen, dass die Meisten das ihr ganzes Leben sind....auf der Suche nach etwas Unerreichbarem.
Ein "Vater" und ein "Mentor" sind zwei verschiedene Dinge. Einen guten Mentor kann man sehr wohl finden, ein guter Vater mit Mentorqualitäten wird gegeben, kann also nicht "gefunden" werden. So gesehen ist es weit realistischer, sich auf die Suche nach einem Mentor zu begeben, mit welchem man eben nicht verwandt ist.

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00paloma00vl
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Beitrag Do., 10.06.2010, 21:11

Eremit hat geschrieben: Meine Frage nun an Dich: Was würde es Dir geben, Kontakt zu Deinem charakterschwachen Vater herzustellen?

"Vater" steht nur für den biologischen Erzeuger, ebenso wie "Mutter" für die biologische Erzeugerin. Dahinter verbirgt sich keine wie auch immer geartete besondere Lebensphilosophie oder Einstellung. Kinder zu bekommen führt nicht zwangsläufig dazu, Menschen besser zu behandeln - auch nicht die eigenen Kinder. Das ist ein Mythos.

Ein "Vater" und ein "Mentor" sind zwei verschiedene Dinge. Einen guten Mentor kann man sehr wohl finden, ein guter Vater mit Mentorqualitäten wird gegeben, kann also nicht "gefunden" werden. So gesehen ist es weit realistischer, sich auf die Suche nach einem Mentor zu begeben, mit welchem man eben nicht verwandt ist.
Nunja, ich glaube, ich suche etwas mehr, als einen Mentor.
Ich bin mir aber nicht ganz sicher, dass ich weiß, was du damit meinst.
So wie ich das verstehe bezieht sich das aber mehr auf eine Art Ratgeber oder so.
So einen Mentor habe ich glaube ich -zwar nur auf E-Mail-Ebene- aber immerhin.

Aber ich suche auch soetwas wie Geborgenheit und Zuneigung, nicht nur Ratschläge...

Ich habe sozusagen einen Wunschvater.
Aber den seh ich auch nicht oft.

Und da ich ihn ja jetzt auch nicht dauernd besuchen kann...
Also, das würde ja sehr komisch kommen--ich mein, wie ist das möglich??--

Naja, auf jeden Fall wollte ich eben meinen Vater auch gleichzeitig als Wunschvater gewinnen,
da es da sozusagen "legal" ist, wenn ich dauernd vorbeigeschneit komme und man mal was unternimmt.

Deswegen war das für mich der einzige ersichtbare Weg, der möglich ist.--

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