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Sa., 05.12.2009, 21:05
Hmm. Eine schwierige Frage. Also, ich persönlich würde ja eher die Thera wechseln als mir bei Freunden "Redeverbot" erteilen zu lassen. Obwohl die Argumentation der Thera durchaus schlüssig ist, empfinde ich es als hochgradig seltsam. Ich würde da eher den Verdacht hegen, dass die Therapeuten zwischen dir und der Freundschaft steht, nicht umgekehrt.
Nur weil man sich mit der besten Freundin AUSTAUSCHT (und gleichberechtigt Sorgen und Gedanken teilt) wird diese doch nicht automatisch zur "Ersatztherapeutin". Was würde sie denn machen, wenn du ein Partner hättest? Da gälte dann doch das gleiche Argument, oder? Dass Partner nicht daheim über ihre Therapie sprechen sollen? Bestätigt wieder einmal mein kleines Vorurteil, dass Therapie dank ihrer Individualitäsfocusierungen eher auseinander statt zusammenbringen.
Oder in Partnerschaften per se. Selbes Argument angewendet hieße, dass Frau nicht mit ihren Freundinnen über Beziehungskram und Sorgen reden kann, weil es ansonsten "eine Dritte" in der Beziehung gibt. Trotzdem ist es das Normalste der Welt.
Gerade wenn die Freundin so dermaßen wichtig ist, kann doch nicht den Austausch verbieten? Da würde ich ernsthaft um die Freundschaft fürchten, wenn es zu einer solchen radikalen Veränderungen und Ungleichgewicht kommt, dass von nun an nur noch die Freundin über ihre Probleme, Leben, Gedanken erzählt, du aber nicht mehr darauf reagieren "darfst" in Form von sich einbringen.
Deine Therapeutin wird dir wohl kaum untersagen wollen, mit deiner besten Freundin über den Leben, deine Alltagssorgen, deine Gefühle zu reden. Oder? Ich vermute mal stark darum, dass es NUR darum geht, dass du nicht so viel von der Therapie erzählen sollst. Ergo: Eigentlich nur darum, dass die Therapeutin nicht möchte, dass IHRE Worte weitergetragen werden. Verstehe ich das richtig?
Irgendwie hab ich das Gefühl, dass da weniger um DICH als um sie geht. SIE fühlt sich unwohl mit einer "unsichtbaren" Dritten", weil sie diese nicht kennt.
Man kann ja wohl kaum jemanden empfehlen, der sich gerade anfängt im Freundeskreis zu öffnen... was wohl sehr wertvoll ist in diesem Fall... sich genau dort wieder zu verschließen. Nee, nee, ich glaub, es geht um was anders.
Die These mit der Schutzfunktion halte ich etwas an den Haaren herbei gezogen. Ich glaube nicht, dass die Freundin der Thera da irgendwas wegnimmt. Dass es hier ein entweder/oder gibt. ENTWEDER sie öffnet sich mir ODER der Freundin.
Ich denke viel eher, dass du wie manche Frauen vor allem kommunikativ "verarbeitest" und "denkst". Beim Reden (oder schreiben) denken. Das geht vielen so. Das ist eine - wie ich finde - durchaus legitime Art der eigenen Verarbeitung, sofern man niemanden damit belastet.
Abgesehen davon ist es sicherlich nicht das Dümmste, sich - falls es doch um Schutzfunktion geht - sich ein Hintertürchen offen zu halten und sich nicht VÖLLIG auf einen Therapeuten als "einzigen Gesprächspartner" zu verlassen. Diese können nämlich bekanntlich auch irren und die Gefahr der Abhängigkeit ist groß.
Da deine Thera sonst recht nett erscheint, würde ich noch mal mit ihr drüber reden. Vielleicht geht es gar nicht um die Freundin, sondern nur das sich mehr emotionale Reaktionen von dir wünscht und nur befürchtet, dass dies mit Freundin im Schlepptau nicht gehen wird. Da wäre dann aber ein ganz anderer Ansatz als in die Freundschaft einzugreifen. Und konstruktiver. Wie ich schon schrieb: Die Freundin nimmt der Thera ja nichts weg. Aber genau das scheint sie zu befürchten, dass du dich entweder nur da oder nur dort öffnest?
Was anders wäre es, wenn sie ernsthafte Bedenken hätte aufgrund deiner Erzählung, dass diese Freundschaft dir schadet. Aber dann sollte sie schon Butter bei die Fische packen.
Selbst wenn in irgendeinem Punkt deine Thera dir das eine sagt, du später mit der Freundin redest, und diese dir ins Gewissen redet, dass deine Thera dumm und inkompetent wäre... nun, so wäre das doch eine wunderbare Chance um zu üben eine eigene Meinung zu finden? Habe aber nicht den Eindruck gewonnen, dass es so wäre.