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Di., 15.09.2009, 13:14
Hey,
ich mache auch Analyse und bin jetzt am Beginn des vierten Jahres. Im Großen und Ganzen habe ich schon den Eindruck, dass sich unsere Therapieerfahrungen unterscheiden, aber vielleicht können dir ein paar von meinen Erfahrungen ein wenig helfen.
Zwar nicht unbedingt im ersten Jahr, aber ja, es gab lange Durststrecken, wo sich nichts verbessert hat und ich mich allein und unverstanden fühlte.
Es gab vor allem in den ersten zwei Jahren auch viele Deutungen, mit denen ich nichts anfangen konnte und die ich nicht als hilfreich erlebte.
Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass das meiner Analyse nicht schadet und ich trotzdem auf einem guten Weg bin mit mir selbst glücklicher zu leben.
Mir hat es geholfen, wenn ich mich über das, was mich in meiner Analyse frustriert, gestört, gekränkt, verunsichert oder gereizt hat zu sprechen. Mancmal bin ich dann draufgekommen, warum mich das so stört und wie das mit meiner Persönlichkeit, meinen Erfahrungen und Erwartungen zusammenhängt und eher selten hat es dazu geführt, dass meine Analytikerin etwas an ihrer Sichtweise oder Behandlungsweise verändert hat. Rückblickend hatte das meiste mehr mit mir als mit ihr zu tun.
Ich habe auch den Eindruck gewonnen, dass die Deutungen eigentlich nicht mal so wichtig für mich sind. Solange ich irgendwo den Wunsch in mir habe, verstanden zu werden und mich auszudrücken, kommt das, was ich vermitteln möchte, auch irgendwann und irgendwie raus. Ich kenne mich immer noch besser als meine Analytikerin und wer ich bin und wie es mir geht kann letztendlich nur ich alleine wissen, aber es hilft mir, jemanden zu haben, der mit Geduld darauf wartet, dass ich meine Angst überwinde, um mir dann zu zeigen, dass er mich weder verurteilt noch korrigiert sondern eindach nur zuhört und mich dann versteht oder missversteht, und wenn Letzteres kann ich ja korrigieren. Am Anfang meiner Analyse hatte ich ANgst, dass ich nicht schnell genug weiterkomme und von selbst nicht in der Lage bin, die wichtigen Dinge auszusprechen. Ich hatte erwartet, dass meine Analytikerin sie mehr oder minder errät. In den letzen drei Jahren habe ich langsam und stückweise das Vertrauen gewonnen, dass ich selbst, wenn ich mich sicher vor Verurteilung und Bestrafung fühle, in der Lage bin, für mich und meine Entwicklung wichtige Themen zu bringen und wenn ich über sie spreche, auch neue Erkenntnisse und Sicherheiten aus ihnen zu gewinnen. Das war ein langer und nicht immer einfacher Weg, wenn ich zurückschaue. Es hat viele, viele Stunden gegeben, in denen ich nicht in der Lage war, auch nur ein einziges Wort von dem auszusprechen, was irgendwo tief drinnen in mir vorging, manchmal, weil ich es selbst noch nicht wusste und manchmal, weil ich Angst davor hatte, es laut zu sagen. MIr hat das Vertrauen meiner Analytikerin darin, dass ich irgendwann schon mal so weit sein werde, ihr und mir diese schwierigen Konflikte zu offenbaren, damit wir gemeinsam darüber reden können, geholfen, weil ich es selbst meistens nicht hatte. Und von der großen Geduld, die sie mir in diesen drei Jahren gezeigt hat, in denen es mir eigentlich nicht schnell genug hätte gehen können, ist ganz langsam ein kleines Stück auf mich übergegangen.
Ich wünsche dir, dass du wo auch immer und wie auch immer die Hilfe kriegst die du brauchst um wieder glücklicher zu leben.. Ich kann dir nur empfehlen, mit deinem Analytiker nicht nur über dein Leben, sondern auch über deine Analyse zu reden und das zu besprechen was dich stört.
Schönen Tag noch,
Rahmen