Sterbehilfe für psychisch Kranke?

Was Sie in Bezug auf Ihre eigene Zukunft, oder auch die gegenwärtige Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt oder nachdenklich macht.

Waldschratin
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Beitrag Do., 27.12.2018, 11:32

mio hat geschrieben:Meint: Was, wenn Dir im Angesicht des Todes plötzlich klar würde, dass da doch ganz viel "lebenswertes" in DIR ist und BÄÄÄMMM unwiderruflich. Stelle ich mir ehrlich gesagt ziemlich gruselig vor.
Als gruselig hab ich diesen Moment nicht erlebt. Eher als "klärend" für mich.

Ich hab ja ein/zwei Nahtoderfahrungen aus Kindertagen, die nicht "selbstgewählt" waren. Von daher hatte ich schon ne gewisse "Vorerfahrung" bei meinen beiden Sui-Versuchen. Und bei dem einen wurde mir dann so richtig "glasklar" : Wenn du jetzt über diese eine Grenze gehst und sei es nur mit einem kleinen Schritt, dann ist das endgültig.
Und ja, da war alles "integriert" vorher, und es war tatsächlich Friede in mir, alles war ok so, wie es war - dennoch hat es mir ne Klarheit gebracht, dass es nicht "Tod" war, was ich haben wollte und brauchte. Dazu hatte und habe ich noch viel zu viel "Ungelebtes" und auch spürbare "Möglichkeiten" in mir.

Es war eine für mein Leben recht entscheidende Erfahrung... Hätte auch ins Auge gehen können, klar. Aber eben deshalb find ichs so verdammt schwer, da was "allgemein Gültiges" abzuleiten.

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Kaonashi
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Beitrag Do., 27.12.2018, 12:05

Waldschratin hat geschrieben: Mi., 26.12.2018, 17:20 Naja, is halt "entgültig" und nicht widerrufbar ab nem gewissen Punkt.
Deshalb ists ja auch so schwer, es "freizugeben" für nen Kranken, sei der jetzt psychisch oder körperlich schwer krank.
Ich finde, es steht gar niemandem das Recht zu, etwas für andere freizugeben. Es ist die Entscheidung jedes einzelnen selbst, sofern er zurechnungsfähig ist, da hat einfach niemand etwas zu sagen, außer in Form von Beratung, Aufklärung, Hilfe etc. aber nicht in Form von Verboten. Genau wie das Recht auf Leben muss auch das Recht auf die eigene Entscheidung über den Tod zur Selbstverständlichkeit werden.
Man müsste viel mehr in Hilfen vor dem Tod und zum Sterben selbst investieren als darin, Gesetze zu machen, die Sterbehilfe unter Strafe stellen.

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Broken Wing
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Beitrag Do., 27.12.2018, 12:07

Also ich hatte weder das Problem, dass ich plötzlich die Endgültigkeit begriffen hatte noch, dass ich plötzlich mehr fühlen konnte.

Es war eine höchst irationale Angst, die sich körperlich durch Zittern, starkes Herzklopfen u.ä. äußerte, sodass man nicht mal vernünftig das Glas zum Mund führen konnte. Von der Wirksamkeit des Mittels und an der Schmerzlosigkeit konnte ich mich schon überzeugen, da bestand kein Zweifel.

Da war es dann nur so, dass ich beschlossen habe, dann eben nicht mehr die Hoffnung in den Suizid zu setzen. Ich schaffe es ja nicht.

Diese Ängste könnten aber in einer entsprechenden Umgebung gelindert werden. Ich denke an eine freundliche Sterbeklinik wie im Film Soylent Green.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


Waldschratin
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Beitrag Do., 27.12.2018, 12:20

Kaonashi, da bin ich ganz und gar bei dir! :ja:
Wenns nach mir ginge, dürfte das wirklich ein jeder ganz für sich alleine entscheiden. Denn die Konsequenzen draus muss ja auch wieder jeder für sich alleine tragen, seien sie als positiv oder negativ erlebt.
Und ich kann wirklich jeden verstehen - und auch gelten lassen - der sich deswegen tötet, weil er einfach die Schnauze voll hat vom Leiden. Auch da wieder egal, ob da einer körperliche oder seelische Schmerzen hat.

Du schreibst : "Sofern er zurechnungsfähig ist" - und an sowas geht's dann los, das "Allgemeingültige".
Wer legt das fest und darf drüber befinden, ob einer zurechnungsfähig ist oder nicht? Ob er nicht nur denen um sich rum als "gestört" vorkommt, weil die grade nicht nachvollziehen können, was und wie er erlebt?
Da gibt es nunmal jede Menge Grauzonen und Grenzbereiche. Und da seh ich das Schwierige.

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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 27.12.2018, 12:32

Waldschratin hat geschrieben: Do., 27.12.2018, 12:20 Kaonashi, da bin ich ganz und gar bei dir! :ja:
Wenns nach mir ginge, dürfte das wirklich ein jeder ganz für sich alleine entscheiden. Denn die Konsequenzen draus muss ja auch wieder jeder für sich alleine tragen, seien sie als positiv oder negativ erlebt.
Das finde ich schwierig. Würde sich nicht eine Vielzahl von gesunden Menschen dafür entscheiden, dass man ihm in Krisenzeiten oder Zuständen tiefer Verzweifelung helfen möge, dass Leben wieder zu schätzen? Ich finde nicht, dass eine Sechzehnjährige (meinetwegen auch Achtzehnjährige) nach dem tiefempfundenen Liebeskummer selber für sich alleine entscheiden kann, dass sie aus dem Leben gehen möchte.

Wobei: Tatsächlich kann jeder die Entscheidung selber treffen. Jemand, der nicht mehr leben will, kann seinem Leben auch ein Ende setzen, ohne dass jemand das verhindern könnte.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)


Waldschratin
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Beitrag Do., 27.12.2018, 13:22

Anna-Luisa hat geschrieben:Wobei: Tatsächlich kann jeder die Entscheidung selber treffen. Jemand, der nicht mehr leben will, kann seinem Leben auch ein Ende setzen, ohne dass jemand das verhindern könnte.
Eben! :ja:
Anna-Luisa hat geschrieben:Würde sich nicht eine Vielzahl von gesunden Menschen dafür entscheiden, dass man ihm in Krisenzeiten oder Zuständen tiefer Verzweifelung helfen möge, dass Leben wieder zu schätzen? Ich finde nicht, dass eine Sechzehnjährige (meinetwegen auch Achtzehnjährige) nach dem tiefempfundenen Liebeskummer selber für sich alleine entscheiden kann, dass sie aus dem Leben gehen möchte.
Da sind wir wieder am Anfang : Wer "darf" festlegen, was gesund, was krank ist? Was erträglich, was unerträglich?
Wer "darf" überhaupt festlegen, dass Leben "besser" ist als Sterben und Tod?
Wer "darf" über die Reife eines/einer 16- oder 18Jährigen befinden?

Ich finde das einfach viel zu kurz bedacht. Zu sehr im "Besserwissenwollen".

Wenn ich da was zu verankern versuche, dann guck ich in die Natur. Und ins Zwischenmenschliche, die Beziehungen. Da drüber definiert sich doch das Menschliche.
Heutzutage mache ich es da dran fest, ob ichs denen um mich rum antun möchte oder nicht und welche Verantwortung ich da trage und auch übernehmen will. Und ob es meine Natur hergibt, mit wie viel Schmerz, wie viel Leid und als schwerste Stufe wie viel Qual ich fertigwerden mir zutraue - oder eben auch nicht.

Es ist ne rein menschliche "Vorstellung", also Phantasie!, ob mit dem Tod tatsächlich "alles aus" ist. Und ob und wenn ja, was dann danach kommt oder auch nicht.
Die Natur sagt uns eigentlich nur, dass Leben wie Sterben zum Dasein gleichermaßen gehört, da wird nicht "wertig" unterschieden. Da kann man eigentlich nur den Trieb nach "Lebendigkeit" als im wahrsten Sinn des Wortes "Trieb"feder hernehmen.


shesmovedon
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Beitrag Do., 27.12.2018, 13:29

Ich habe mal eine Doku über Sterbehilfe bei psychisch Kranken in der Schweiz gesehen. Ein bipolarer Patient empfand sich als unzumutbar mit seinen Phasen und schluckte dann die Pille.
Das hat mich sehr betroffen gemacht. Ich kann mir Sterbehilfe für psychisch Kranke nicht vorstellen, auch wenn das Leiden sehr hoch sein kann. Das kenne ich ja selbst durch die DIS und Schizophrenie. Aber es ist dann immer nur "ein Moment" in dem die Todessehnsucht oder eher "das nicht Aushalten können des Lebens" so stark ist, dass ein Suizid überhaupt möglich wird.
Die meiste Zeit hat man ja nur Gedanken oder sogar gar keine Gedanken daran.
Ich bin dagegen, dass es Sterbehilfe für psychisch Kranke gibt.

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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 27.12.2018, 13:30

Vielleicht ist auch das zu kurz gedacht, aber ich denke die meisten Menschen, die versuchen sich das Leben zu nehmen, es im Grunde nicht wirklich wollen. Es würde sichere Methoden geben. Von daher denke ich, dass die meisten eigentlich Hilfe suchen (und natürlich bekommen sollten),
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
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mio
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Beitrag Do., 27.12.2018, 13:38

Broken Wing hat geschrieben: Do., 27.12.2018, 12:07 Ich schaffe es ja nicht.
Und weil Du es nicht "schaffst" soll es jemand anders für Dich machen? Dir abnehmen?

Ich kann mich nicht töten, also tu Du es?

Das lass ich durchgehen wenn jemand die körperlichen Möglichkeiten nicht mehr hat sich selbst zu töten, aber wenn sich jemand nicht töten kann weil er TodesANGST hat, dann hätte die Angst vor dem Sterben für mich mehr Bedeutung als der Wunsch danach. Angst ist meiner Meinung nach ein Gefühl was sehr ernst genommen werden sollte.


Waldschratin
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Beitrag Do., 27.12.2018, 13:55

Ich bin gegen alles "Generelle", also auch für ne allgemein gültige Erlaubnis zur Sterbehilfe. Ich maße mir nur nicht an, über das Erleben eines anderen dermaßen zu befinden, dass ich meine "besser zu wissen", was und wie der erlebt und empfindet und wo dessen Grenzen erreicht sind oder auch noch nicht.

Dass jemand Hilfe bekommen soll, der Hilfe will : Ja, ist doch ganz klar!
Ob das jetzt "die meisten" sind, kann ich nicht beurteilen. Ich kann mir meine eigenen Gedanken und meine Meinung dazu bilden, aber "wissen" kann ich nicht. Niemand kann das.
Und deshalb kann da auch keiner "drüber befinden" und was "allgemein Gültiges" diesbezüglich bestimmen und festlegen.

Und gleich mal weitergedacht : Genauso klar ist mir aber auch, dass es ohne "Allgemeingültiges", das für alle festgelegt wird, auch nicht gehen kann. Dass das soziale Miteinander nur mit abgesprochenen, gemeingültigen Regeln halbwegs in geordneten Bahnen laufen kann.

Mir geht's nicht drum, dass eine Meinung hier "siegen" muss oder man sich für eine Meinung/Haltung entscheiden muss/sollte. Mir geht's drum, dass es ganz einfach schwierig bis unmöglich ist, was Allgemeingültiges, das allen gleichermaßen gerecht wird, festgelegt zu bekommen.
Und dass es damit letztlich wieder die eigene Verantwortung ist, wie man mit seinen Suizidgedanken und -absichten umgehen will.


mio
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Beitrag Do., 27.12.2018, 14:02

Waldschratin hat geschrieben: Do., 27.12.2018, 13:55 Dass jemand Hilfe bekommen soll, der Hilfe will : Ja, ist doch ganz klar!
Fragt sich eben Hilfe wobei? Hilfe um bestehende Probleme lebend lösen zu können? Oder Hilfe dabei die Probleme dadurch zu lösen dass dem Leben ein Ende bereitet wird?

Im ersten Fall würde ich klar JA sagen, im zweiteren darf der Mensch das für sich entscheiden, aber zu verlangen dass ihm dann dabei von "fremder Hand" geholfen wird finde ich schon ziemlich vermessen.

Ich kenne mindestens 3 Menschen die sich selbst und allein das Leben genommen haben, erfolgreich. Wer das wirklich will schaffst das auch allein.

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blade
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Beitrag Do., 27.12.2018, 14:12

Liebe Frau mio
tja, sie haben Recht. Das ist es, worum es mir geht.


KLar ist das Leben oft......nicht so toll (Euphemismus)

Und ja es sollte jeder/jede sagen und auch entscheiden dürfen: Darauf kann ich gut und gerne verzichten.

Aber


es sollte kein Mord daraus werden, niemals, auch und schon gar nicht ein Selbstmord.


an Broken Wing: Sie schrieben die Angst wäre irrational gewesen, ich behaupte jetzt einmal diese war transrational
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Nico
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Beitrag Do., 27.12.2018, 14:35

Für mich sind Sterbehilfe und Suizidhilfe ( um die es hier jetzt ja zu gehen scheint) zwei verschiedene Dinge.
Sterbehilfe für psychisch kranke gibts daher mMn eigentlich gar nicht.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Reini42
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Beitrag Do., 27.12.2018, 17:38

Ich bin auch gegen jede Art von Sterbehilfe. Zudem finde ich, dass wir uns nicht zu sehr auf das Thema Suizid fokussieren sollten. Nach meiner Berechnung verüben lediglich 0,1 % des Depressiven Suizid. Die Rauchertoten betragen 0,8 %. An den Zigaretten zu krepieren wäre demnach achtmal wahrscheinlicher als Selbstmord aus Depression. Wir müssten hier vielleicht eine andere Sprache finden. Weil eigentlich wollen wir sehr, sehr leben. Nur irgendetwas ist ziemlich scheizze. Als würden wir in unserer Sehnsucht zu leben gebremst werden. So empfinde ich es zumindest.

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Kaonashi
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Beitrag Do., 27.12.2018, 17:46

Anna-Luisa hat geschrieben: Do., 27.12.2018, 13:30 Vielleicht ist auch das zu kurz gedacht, aber ich denke die meisten Menschen, die versuchen sich das Leben zu nehmen, es im Grunde nicht wirklich wollen. Es würde sichere Methoden geben. Von daher denke ich, dass die meisten eigentlich Hilfe suchen (und natürlich bekommen sollten),
Ja, als erstes sollten die Menschen Hilfe bekommen. Aber wenn sie sich trotzdem oder danach entscheiden, sterben zu wollen, dann sollte das legal sein, es mit sanften Methoden unter ärztlichem Beistand zu tun.
Es ist ein verdammtes Menschenrecht, und da hilft auch alle (scheinheilige) Moralisiererei nicht weiter. Scheinheilig deshalb, weil es den Moralisierern (CDU, Kirche und alle, die diese Linie vertreten) gar nicht darum geht, die Leute zu verstehen oder ihnen zu helfen, sondern sie wollen einfach nur ihre eigenen moralischen Vorstellungen durchdrücken, wobei sie die Rechte anderer mit Füßen treten.
Das macht mich so wütend, dass ich normalerweise gar nicht darüber diskutiere. Regt mich zu sehr auf.

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