Thread zum Krieg in der Ukraine

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hawi
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 10:16

In seiner Rede vor dem israelischen Parlament erinnert der ukrainische Präsident an die Geschichte des Landes. So vergleicht Selenskyj die Invasion Russlands mit dem Holocaust, Moskau gehe es um die Auslöschung seines Volkes. Dafür erntet er Kritik unter anderem von der Gedenkstätte Yad Vashem.

In der israelischen Politik sorgten Selenskyjs Aussagen zum Holocaust jedoch für Unmut. So schrieb der Kommunikationsminister des Landes, Yoaz Hendel, auf Twitter: "Der Krieg ist schrecklich, aber der Vergleich mit den Schrecken des Holocausts und der Endlösung ist unerhört." Ähnlich äußerte sich Bezalel Smotrich von der Religiös-Zionistischen Partei in der "Jerusalem Post". "Seine Kritik an Israel war legitim", sagte der Parteichef. "Der Krieg ist schrecklich, aber der Vergleich mit den Schrecken des Holocausts und der Endlösung ist unerhört." https://www.n-tv.de/politik/Selenskyj-v ... 10404.html
Die aus meiner Sicht arg unpassenden geschichtlichen Anleihen Selenskijs in seiner an Deutschland gerichteten Rede, scheint niemanden groß zu stören.
Fortsetzung nun in seiner Israel-Rede.

Natürlich darf niemand erwarten, dass Kriegsappelle sich inhaltlich auch nur annähernd an die Wahrheit halten. Ab einem gewissem Maß von Geschichtsvergessenheit?, Anmaßung?, Unwahrheit?, muss Herr Selenskij durchaus aufpassen.
Noch ist er der Gewinner des PR Krieges zwischen ihm und Putin.
Noch mischt Herr Selenskij sehr geschickt und professionell Wünsche und Wirklichkeiten, Fakten und alternative Fakten.
Übertreibt er es, nähert er sich nach und nach zu sehr Putins Propaganda?
Dann bleibt sein Vorteil zwar in Sachen Kampf David gegen Goliath, aber das war es dann auch.

LG hawi
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stern
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 10:49

Auch ist fraglich, ob bzw. inwieweit die Sanktionen gegen die Oligarchen greifen. Exemplarsch: https://m.focus.de/politik/deutschland/ ... 34991.html

Für Erdgaslieferungen stand m.W. nie zur Debatte, dass das ein (einziges) Land (wie die USA) nun ausgleichen soll. Sondern breitere Aufstellung. Japan hat schon frühzeitiger Unterstützungen angeboten. Norwegen will mehr fördern. In Katar war Habeck kürzlich, etc. Liegt, glaube ich, auch daran, dass ein Land das auch gar nicht ausgleichen könnte. Also das vielfsch behauptete Eigeninteresse der USA kann ich diesbzgl. nicht nachvollziehen.

Mir geht es darum, dass man schon bei der Annektion der Krim (aus Sicht einiger) den Fehler machte, Sanktionen hinfällig zu machen, indem man Russland auf anderer Ebene munter weiter finanziert. Same procedure.

Weil es ja so oft Reflexhaft heißt, militärisch sind die Hände gebunden, aber dafür...


Etwas Historie:
Die Ukraine war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkrieges. Hier erreichte die rassistische Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen deutschen Regimes eine neue Dimension – Slawen wie Juden fielen millionenfach dem NS-Terror zum Opfer. Die Überlebenden leiden bis heute.

Von Annette Bräunlein | 21.06.2011
https://www.deutschlandfunk.de/warum-ha ... t-100.html

Und nun vernichtet Putin Teile der Ukraine (Land und Menschen) unter der Propaganda, entnazifizieren zu wollen. Was für ein Bullshit.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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stern
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 11:19

Gestern habe ich mal in die von Solage verlinkte Podcast-Reihe gehört. Der General leitete her, das er am ehesten Großmachtstreben Putins sieht. Wissen wird es wahrscheinlich nur Putin (und höchstens noch sein engster Kreis). Aber die Begründungen fand ich nachvollziehbar.
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hawi
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 12:04

stern,
ich hab heute mit Begriffen, Bewertungen von Vergangenem, wie „Fehler“ „Irrtum“ arge Schwierigkeiten. Gleich in mehrfacher Hinsicht.
Ganz aktuell traue ich den Bewertungen allein deshalb nicht, weil mir die nötige Distanz für eine realitätsnahe Bewertung fehlt. Zu nah und groß der Schock über diesen neuen Krieg, über die sichtbaren Folgen von Leid und Zerstörung.
Da ich da selbst mittendrin bin, glaub ich auch nicht, dass ich das nun besser könnte.
Im Moment tendiere ich weiter dazu, vergangene Entscheidungen, Handlungsweisen für halbwegs ok zu halten. Schlicht weil man meiner Meinung nach das, was nun passiert ist, nicht vorhersehen musste. Fast schon im Gegenteil. Hintergrund vieler Entscheidungen war immer (auch), genau das, was nun passiert, vermeiden zu wollen.
Hat, wie wir wissen, nicht geklappt. Heißt jedoch nicht automatisch, dass deshalb nun alles als falsch angesehen werden kann, muss. Im nachhinein immer schwer zu sagen, was gewesen wäre wenn?! Vielleicht hätte es bei anderem Herangehen den Krieg, der nun begonnen hat, schlicht früher gegeben.

Und auch noch dies: Wie bei jedem Krieg gibt es viel viel Leid, Zerstörung.
Wenn ich lese, höre, „die Ukraine wird vernichtet“, dann versteh ich die Wortwahl emotional.
Wirklich zu passen scheint sie mir nicht. Könnten Kriege Länder vernichten, dann gäbe es die Ukraine und viele andere Länder spätestens seit dem 2.Weltkrieg nicht mehr.
Mir (als Zeitzeuge) näher der Irak. Räumlich weiter weg, aber ein Land, das ähnlich viele Bürger, Einwohner/Bürger, wie die Ukraine hat. Seit 1980 tobten dort und in der Umgebung gleich vier Kriege, wenn ich mich nicht verzählt habe. Ganz friedlich gehts dort immer noch nicht zu. Aber das Land, wenn auch arg, arg geschunden, gibt es weiterhin.
Ich kann nur hoffen, dass der Ukraine das, was alles im Irak passierte, erspart bleibt.
Sicher bin ich mir keineswegs.

LG hawi
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 12:18

hawi hat geschrieben: Mo., 21.03.2022, 09:42 Vielleicht täusche ich mich, aber mir scheint grad, alle gehen (heute) so selbstverständlich von solchen Abhängigkeiten aus, dass sie gar nicht mehr auf die Idee kommen, es könnte auch anders sein.
Deutschland kann seinen Bedarf an fossilen Energieträgern nicht selbst decken. Daran lässt sich nichts ändern, wenn die Rohstoffe schlicht nicht im Land verfügbar sind. Insofern bestehen natürlich Abhängigkeiten... und mir ging es nicht darum, diese als per se problematisch zu sehen. Sind oft win-win (sonst würde man sich nicht einlassen)... zumindes solange es läuft.

Aber ein Teil der Erdgas-Misere ist auch haushrmacht (und dazu kann auch länger zurückblicken). Ich bin nun wirklich nicht als Trump-Fan bekannt und hätte zeitwise selbst gesagt: Höhö, er will selbst einen Gas-Deal mit D
Aber ruchblickend hat es sich bewahrheitet, in welche Abhängigkeit man sich begab.
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 12:27

stern, du hast dazu selbst grad neu was geschrieben, dennoch dies, das ich schon formuliert hatte:
stern hat geschrieben: Mo., 21.03.2022, 10:49 Für Erdgaslieferungen stand m.W. nie zur Debatte, dass das ein (einziges) Land (wie die USA) nun ausgleichen soll..
Nö, vor dem Ukraine Krieg sah die Interessenlage der USA zu „Nordstream 2“ vor allem so aus, auch wenn es anders „verkauft“ wurde.
Deutschland ist aufgrund seiner Lage zum geostrategischen Spielball zwischen USA und Russland geworden. Beide Supermächte wollen Ost- und Nordseeküste als Einfallstor für ihre Gasexporte nach Europa nutzen.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/men ... bb7abd0cd1
die USA und Rußland waren Konkurrenten, wollten beide viel Gas nach D exportieren.

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Beitrag Mo., 21.03.2022, 12:38

hawi hat geschrieben: Mo., 21.03.2022, 12:04 stern,
ich hab heute mit Begriffen, Bewertungen von Vergangenem, wie „Fehler“ „Irrtum“ arge Schwierigkeiten. Gleich in mehrfacher Hinsicht.
Ganz aktuell traue ich den Bewertungen allein deshalb nicht, weil mir die nötige Distanz für eine realitätsnahe Bewertung fehlt. Zu nah und groß der Schock über diesen neuen Krieg, über die sichtbaren Folgen von Leid und Zerstörung.
Da ich da selbst mittendrin bin, glaub ich auch nicht, dass ich das nun besser könnte.

Was du dir zutraust, muss du selbst wissen. Aber z.B. hochrangige Militärs, die rückblickend die Lage neu bewerten, erscheinen mir jetzt zumindest nicht über-emotionalisiert.
Solche Analysen vielleicht auch deshalb, weil ich die allermeisten Fachleute nicht davon ausgingen, dass die Invasion vollzogen wird (der General in Solages Podcasr erwähnt manches, das dagegen sprach).

Ferner sind Ratio und Emotio nicht für jeden etwas, dass sich ausschließt. Zumindest nicht für die meisten Menschen.
Wenn ich lese, höre, „die Ukraine wird vernichtet“, dann versteh ich die Wortwahl emotional.
Was machen Bomben denn, wenn nicht etwas vernichten? Selbst schrieb ich btw. "Teile des Landes". Dazu gehören für mich auch Gebäude in diesem Land (und vieles mehr).
Und ja, einen Krieg (wie diesen, wahrscheinlich jeden) empfinde ich als destruktiven Akt (im Gegesatz zu "konstruktiv")
Ja, ich sehe es so, dass vieles vernichtet wird, das über Jahre hinweg aufgebaut wurde.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 21.03.2022, 13:19, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 12:40

stern hat geschrieben: Mo., 21.03.2022, 12:18 Aber ein Teil der Erdgas-Misere ist auch haushrmacht (und dazu kann auch länger zurückblicken). Ich bin nun wirklich nicht als Trump-Fan bekannt und hätte zeitwise selbst gesagt: Höhö, er will selbst einen Gas-Deal mit D
Aber ruchblickend hat es sich bewahrheitet, in welche Abhängigkeit man sich begab.
Auch heute glaub ich, dass es den USA vor allem ums Geschäft ging.
Thema „Abhängigkeit“?! Was da aktuell sehr wirkt, beeindruckt ist, wie ich finde, die moralische Seite. Die zählte aber jahrzentelang, auch zu Zeiten der UdSSR eher wenig.
Sogar zu Zeiten des kalten Krieges lieferte Rußland verlässlich Energie und D zahlte dafür.
Die Argumentation von heute bedeutet am Ende auch: D finanzierte die UdSSR, den Warschauer Pakt. In welchem Umfang, müsste man recherchieren. Kohle, Öl, Gas, wieviel kriegte D aus der UdSSR und wieviel wurde gezahlt?

Das alles ist, war jedenfalls nicht neu, begann nicht mit „nordstream 2“.

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Beitrag Mo., 21.03.2022, 12:51

hawi hat geschrieben: Mo., 21.03.2022, 12:27
Nö, vor dem Ukraine Krieg sah die Interessenlage der USA zu „Nordstream 2“ vor allem so aus, auch wenn es anders „verkauft“ wurde.
Mein Kontext dieser Aussage "Also das vielfsch behauptete Eigeninteresse der USA kann ich diesbzgl. nicht nachvollziehen" sollte sich auf die Zeit nach der Invasion beziehen. Die Lage erfordert ja nun eine Neubewertung.

Mein letzter Stand war, dass der Bedarf Deutschlands für kommenden Winter noch nicht gedeckt ist ist. Ich weiß nicht, inwieweit das noch aktuel ist.

Wenn es möglich wäre, dass die USA das weitgehend abdecken könnte, dann würde man es wohl aktuell nutzen. Hätte aktuell jeder etwas davon. Aber sie kann es halt auch nicht. Es werden vielmehr mehrere Quellen (Länder) angezapft.

Ich nahm auch mal zur Kenntnis, das der Bedarf kurzfristig nicht so einfach zu decken ist. Auf die Schnelle:
Auch im Gassektor sollte Europa nicht zu große Hoffnungen auf die Vereinigten Staaten setzen. Theoretisch könnten die USA ihre Erdgasförderung deutlich ausweiten. Der Engpass sind aber nicht die Vorkommen, sondern die Flüssiggas-Terminals: Sie verflüssigen das über Pipelines angelieferte Erdgas für den Transport auf Spezialschiffen nach Übersee.
https://m.faz.net/aktuell/wirtschaft/we ... 25166.html

Insofern sehe ich die USA hier nicht so sehr als Profiteur neuer Deals, die nun eingegangen werden müssen, um die Abhängigkeit vom russ. Gas zu reduzieren.
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 13:01

Die Geschichte zur Abhängigkeit Deutschlands (und wohl auch Teilen Europas) scheint beim Gas am längsten zu sein, die Geschichte begann am 1. 2.1970, hier ganz gut nachlesbar
https://www.ost-ausschuss.de/de/trotz-g ... tnerschaft

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stern
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Beitrag Mo., 21.03.2022, 17:02

hawi hat geschrieben: Mo., 21.03.2022, 12:04
Hat, wie wir wissen, nicht geklappt. Heißt jedoch nicht automatisch, dass deshalb nun alles als falsch angesehen werden kann, muss. Im nachhinein immer schwer zu sagen, was gewesen wäre wenn?! Vielleicht hätte es bei anderem Herangehen den Krieg, der nun begonnen hat, schlicht früher gegeben.
Kannst jeder sehen, wie er mag.

Selbst sehe ich es so es sich nicht ausschließt, etwas aus der damaligen Sicht als passende Entscheidung zu werten, aus heutiger Sicht aber gleichzeitig als Fehler anzusehen (Neubewertung aus aktuellerer Perspektive).

Und die laschen Sanktionen nach der Krim-Annektion sehen manche ernstzunehmenden Leute aus heutiger Sicht als kritisch an. Oder auch, dass der Georgienkrieg und anderes zu wenig beachtet wurde. Oder dass die starke Abhängigkeit von R (die keine Zwangsläufig ist) nun den Spielraum begrenzt.

Hat nichts mit "im nachhinein ist man immer schlauer" und "jetzt will es jeder besser gewusst haben" zu tun. Sondern ich fände es fatal, wenn hochrangige Militärs, Sicherheitsberater oder sonstige Berater eines Landes nicht hinterfragen würden, ob man vllt. etwas übersehen hat... ob in Zukunft anderes Strategien sinnvoller erscheinen könnten, etc. Auf Naturgesetze kann man bei Kriegen ja weniger zugreifen.

Sicher ist mittlerweile: Die Krim-Sanktionen waren nicht geeignet, die Invasion zu verhindern. Ja, mag sein, dass auch schärfere Sanktionen ihn nicht abgehalten hätte. Aber das ändert nichts daran, dass i hnes sinnvoll finde, dass man nochmals rückblickend hinterfragt, was geeignet ist und was evtl. eher nicht die erhoffte Wirkung brachte.

Weiß man übrigens aus bei den aktuellen Sanktionen nicht, ob diese überhaupt so greifen, wie erhofft. Was ich sehe: Eben auch einige offene , die die Wirkung abschwächen. Und so v.a. auch einige Experten. Muss man nicht teilen.

Selbst bin ich kein Kriegsexperte. Muss ich aber auch nicht sein, wenn ich mir eine Meinung dazu erlaube.
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hawi
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Beitrag Di., 22.03.2022, 09:15

stern,
auch wenn ich es – wie ich finde – bereits deutlich geschrieben habe, dass vieles nun neu bewertet wird, finde ich richtig, sehr notwendig.
Wie gut all das, was daraus folgt, dann wirklich wirkt, überhaupt wirken kann? Mal sehen.
Hängt daran, was nun wie neu gemacht wird.
Hängt aber mindestens genauso daran, wie machthungrig, kriegswillig, welche Staaten, Herrscher auf der Erde sind, sein werden. Vielleicht grad D? Wir sollten es mit unseren „Selbstvorwürfen“ nicht übertreiben. Egal ob es um Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zum Krieg geht. Soweit solche Vorwürfe gemacht werden, direkt oder auch indirekt, halte ich sie für unbegründet.
In diesem Fall sind Putin und seine Mittäter sind für den Ukraine Überfall verantwortlich.
Ziemlich allein. Egal um welchen Aspekt, der das begünstigt haben könnte, es geht, ich für meinen Teil finde nichts, das ich anderen Staaten vorwerfen könnte. Jedenfalls nicht arg. Nach allem, was mir bekannt ist, noch nicht mal China.
Es bleibt natürlich das Rätseln darüber, was dazu führte, dass der Krieg begonnen wurde. Motive, Rahmenbedingungen, Hintergründe.

Nicht grad der erste Aspekt, aber der, der auch hier grad viel Raum einnimmt, die fehlende, die zu schwache, inkonsequente militärische Abschreckung seitens des „Westens“. Kann sein, dass ein höheres Maß an Abschreckung Putin abgehalten hätte, aber sonderlich sicher bin ich mir da nicht.

Weniger Gas, Öl, Kohle von Rußland beziehen? Das wäre sicher schon eine ganze Zeit möglich gewesen, für D und andere Länder. Ganz einfach, vor allem auch in Sachen Machbarkeit+Akzeptanz wäre das wohl nicht gewesen. Fossile Energien von anderen Ländern?
Wahrscheinlich wären die Preise zum Teil ziemlich gestiegen und zum Teil hätte man wohl auch dann moralisch arg zweifelhafte Geschäfte gemacht, z.B. über mehr Öl von Saudi Arabien.
Grüne Energien + Energiesparmaßnahmen hätte man schneller vorantreiben können. Aber kaum so schnell, um heute gar kein „Abhängigkeitsproblem“ zu haben. Mehr eigene Kohle nutzen? Wäre möglich, auch möglich gewesen, da aber halt sehr große Klimavorbehalte.
Atomkraft klammere mal schon deshalb aus, weil Uran auch wieder zu großen Teilen aus Rußland kommt, ich grad keine Lust habe, nachzusehen, wer da sonst liefern könnte.
All das würde heute in Sachen „Abhängigkeit“ von Rußland helfen, mehr nicht. Der Weltenergiebedarf ist groß genug, dass Rußland Gas/Kohle/Öl auch an andere hätte verkaufen können, damit hätte Geld verdienen können.

Putin selbst, seine Psyche? Zum einen halte ich ihn für halbwegs normal verrückt, eher nicht für psychisch krank. Und in dem Bereich gab, gibt es wohl auch kaum Möglichkeiten, von außen einzugreifen.

Es gibt aber noch etwas, das für mich dazu gehört. Etwas, das bereits eine ganze Weile Probleme bereitet, weltweit. Nationalismus in zwar verschiedenen Ausprägungen aber sich weltweit durchaus ähnelnd. Nicht immer, aber oft gepaart mit „strengen“ (orthodoxen) Glaubensvorstellungen. Im Westen werden vor allem die islamischen Gruppen, Gruppenbildungen als extremistisch angesehen, bezeichnet. Im Westen? Schlagwort meist „Populismus“. Vieles, was dort gedacht wird? Einerseits eine Überhöhung der Bedeutung von „Volk“, „Volkszugehörigkeit“, andererseits aber oft auch mit Bezügen zu christlich streng-religiösen Überzeugungen.
All diesen Ideologien gemein ist die Ablehnung all dessen, was liberale westliche Demokratien eigentlich ausmacht, ausmachen sollte. Eine Ablehnung, die nach und nach so arg wird, dass sie in Haß, Feindschaft umschlägt.
Auf die ein oder andere Art befallen davon grad auch all die Länder, die mal zum „Ostblock“ gehörten. Auch das, überhaupt keine Relativierung von Putins Verbrechen, aber grad auch im Osten wächst seit weit mehr als 10 Jahren der Nationalismus. Ganz bestimmt gehört Herr Putin und Russland, Rußlands Kirche dazu. Zunehmend aber auch in den westlichen Nachbarstaaten Rußlands. Dort noch dazu leider so, dass ich manches durchaus als „russenfeindlich“ sehe. Was dann umgekehrt wieder den russischen Nationalismus, der dagegen hält, befeuert.
War grad in Europa ja schon ewig ein Grund, mit ein Grund für viele Kriege.
Ich weiß nicht, was dem wirksam entgegengesetzt werden kann, aber das mitgedacht? So sehr, wie es zunächst scheint, fällt dieser Krieg vielleicht gar nicht aus dem Rahmen. Er gehört vielleicht zu dem, was auch in den USA intern zu sehen war/ist. Was im Grunde weltweit zu sehen ist.

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Beitrag Di., 22.03.2022, 09:28

Dass ich historische Herleitungen/Rechtfertigungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine oft nicht passend finde, schrieb ich schon. So ging es mir auch mit dem Holocausvergleich gegenüber dem Parlament in Israel (Artikel oben) - wobei manche Menschen einzelne Parallelen zum Weltkrieg ziehen. Kann man, muss man aber nicht. Tut auf jeden Fall nicht Not, um Forderungen an Israel zu untermauern, die legitim sind (fordern kann man alles.... kann man ja ablehnen).
Bei Selensky sehe ich v.a, dass er (abgestimmt auf das jeweilige Land) etwas moralischen Druck aufbaut. Historische Vergleiche würde ich dabei nicht überstrapazieren. Für meinen Teil versuchte ich auch völkische Formulierungen bisher eher zu vermeiden.

Vernichtung: Ja, ein Krieg vernichtet aus meiner Sicht einiges. Wie weitgehend die Pläne Putins gehen, weiß nur er (und seine Vertrauten). Sicherlich ist es nicht so, dass mit einem Krieg ein Land auf der Landkarte ausradiert wird (und dann fehlt) Aber das Bedürfnis, das Land verteidgen zu wollen, finde ich nachvollziehbar. Nicht nur weil Haus/Wohnung/Arbeit whatever Teil der Existenzgrundlage sind. Sondern auch die Souveränität zu verlieren (Marionetten-Regierung z.B.) kann sehr viel ändern. Anders formuliert: Ein Land wird ja von verschiedenen geprägt. Und wenn davon vieles zerstört wird, kann man es so empfinden, dass es die Ukraine dann nicht mehr gibt. Ähnlich wie M. Weisband (ukrainische Staatsbürgerschaft) das formulierte: Die Ukraine gibt es dann nicht mehr (wenn es so weiter geht). Wobei ich nicht weiß, was sie genau damit verband. Landesgrenzen veränderten sich historisch betrachtet auch öfters ... und gerade bei einer Annexion hängt es dann auch davon ab, was im weiteren Verlauf andere Länder anerkennen. Nochmals anders formuliert: Wenn es Putin eine Einverleibung gelänge, existiert manches vielleicht nur noch formal weiter. Menschen sterben. Kriegsverbrechen: Ja, kann man so sehen. Begriffe wie Völkermord benutzte ich bisher nicht. Ich weiß aber nicht, inwieweit Putin die Ukraine in Schutt und Asche legen will.

Wie dem auch sei: Auch was ein Energieembargo angeht, gehen die Meinungen auseinander. Nein, man muss nicht alle Register ziehen. Und das entscheiden souveräne Länder selbst. Aber man sollte auch nichts reflexhaft auschließen, sondern von verschiedenen Seiten her betrachten, was machbar und sinnvoll erscheint. Der Druck auf D wächst jedenfalls. Spätestens wenn die Versorgung nicht mehr so wackelig ist. Natürlich ginge es nicht, wenn z.B. die Versorgung zusammenbräche (und verschiedene andere Ausschlußkriterien). Aber das war schon früher ein Kritikpunkt an D, dass durch die Energielieferungen Sanktionen irgendwo ausgehebelt wurden. Einen den ich auch nachvollziehen kann.

Aber auch unabhängig von Sanktionen wird man die Abhängigkeit wohl verringern... macht eben einen Unterschied sind, ob es 50% oder 20% sind, wenn die Möglichkeit besteht, dass Energielieferungen als Druckmittel eingesetzt werden könnten. Und somit besteht Handlungsbedarf. Wenn der Fall mal eintritt, wäre es zu spät.

Aus einem Deal zu profitieren, sehe ich nicht automatisch als problematisch an. Hat ja normal einen Nutzen für beide. Auch eine Abhängigkeit ist nicht automatisch problematisch. Aber es kommt auf das Produkt an: Energie ist hochgradig versorgungrelevant. Und wenn es Druckmittel wird oder ein Ausfall drohen könnte, wirft das unweigerlich Probleme auf. Insofern...
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Tröte
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Beitrag Di., 22.03.2022, 10:36

candle. hat geschrieben: Sa., 19.03.2022, 20:21
Und inwieweit sich Russland wirklich in Sicherheit wähnen kann, China an seiner Seite zu haben, wäre ich auch nicht so sicher. Weil China mit Konsequenzen rechnen muss, wenn es sich nun an R ankuschelt.
China hat Interesse an Europa um sich da nicht zu zerstreiten, gleichsam fühlen sie sich wohl verbandelt Rußland gegenüber.


Ich glaube ganz wichtig in dem ganzen Thema ist auch, wie sehr China auf Taiwan schielt... ich befürchte, dass wenn sich die Lage mit der Ukraine weiter zuspitzt China Taiwan einnimmt und dann wäre Russland für China wertvoll.
Insbesondere weil beide Staaten ein komplett anderes Weltbild haben und sich gut ergänzen könnten.
"But these stories don't mean anything, when you got no one to tell them to. It's true, I was made for you "

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Sinarellas
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Beitrag Di., 22.03.2022, 11:33

> dass wenn sich die Lage mit der Ukraine weiter zuspitzt China Taiwan einnimmt und dann wäre Russland für China wertvoll.

Wo siehst du den Benefit für China exakt?
..:..

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