Trigger durch Therapeuten

[Montana]

Ja, ein sehr wichtiges Thema. Auch eines meiner Themen. Ich frage öfter mal, ob mein Erleben "statistisch normal" ist. Überraschend oft kann der Therapeut das klar mit einem Nein beantworten. Und ich denke mir dann, wenn das so schnell und überzeugend kommt, dann muss das ja sehr einfach zu beantworten sein. Wie kann das sein? Und muss da erstmal drüber nachdenken, später, wenn ich allein bin.

[Werbung]

[Waldschratin]

Mein Mann reagiert da super cool. Er sagt, er war auch so. Und inzwischen argumentiere ich auch damit. Wenn jemand sie merkwürdig findet, dann sage ich einfach, nö, die ist wie ihre Eltern, das passt schon. Da braucht sich keiner Sorgen machen.

Oh Mann, da seufze ich mal ganz sehnsüchtig hinterher : Solche Eltern hätt´ ich auch gerne gehabt!

[urmely]

Ich weiß inzwischen ganz gut, dass ich mich auf mein Bauchgefühl und meine Wahrnehmung verlassen kann. Welchen Unterschied macht es dann, wenn ich vom anderen noch die Bestätigung einfordere, dass ich richtig liege? Das geht dann ja schon in Richtung "unbedingt Recht behalten wollen" und das dem anderen möglichst noch unter die Nase reiben. Dass der andere auf sowas nicht so richtig erfreut reagiert, liegt auf der Hand.

Absolut. So dumm es klingt: mir war es wirklich bis vor wenigen Wochen nicht klar, dass meine Wahrnehmung und mein Bauchgefühl doch richtig sein könnten Ich hatte das so verinnerlicht, dass ich "spinne".
Und ja, rückblickend sehe ich, dass ich meinen Therapeuten quasi an die Wand gestellt habe, nur um meine Wahrnehmung von ihm bestätigt zu bekommen.

Und, was ich auch lernen musste und immer noch lerne: Ich muss mich nicht von jedem hustenden Floh betroffen fühlen. ...
Das ist glaube ich die Gefahr bei zuviel Sensibilität, dass man auch immer irgendwelche Gründe entdecken "muss", das kann dann manchmal schon fast ein wenig zwanghaft werden, dass man Gründe sieht und fühlt wo gar keine sind... Das macht das Miteinander dann auch unnötig kompliziert. Und ja, das eine vom anderen zu unterscheiden (also was sind Gründe und was nicht) - das ist die hohe Kunst...

Ein bisschen was habe ich schon dazu gelernt . Bei meiner Freundin hab ich zum Beispiel nie ein mieses Gefühl, wenn sie sich nicht meldet, obwohl sie eine Nachricht von mir gelesen hat.
Wenn ich aber bei einem Gegenüber, dessen Meinung mir z.B. wichtig ist, oder der mir als Mensch wichtig ist, etwas wahrnehme, dann fällt es mir schwer, das von mir zu trennen.

[urmely]

Du machst Ähnliches. Dein Therapeut hat keine Entscheidungsfreiheit. Sagt er "nein", glaubst du es nicht und fragst nach. Und fragst weiter nach, weil es darum, seine Antwort, ja nicht ging. Wenn er darauf eingeht, findest du wieder etwas, warum es darum nicht ging, oder?

Sagt er "ja", bekommst du Recht, auch wenn es nicht (immer) stimmt, dass du (fast) alle seine Verhaltensweisen vorher siehst.

Ja, JETZT sehe ich das absolut. Es ist krass, aber vorher war mir das nicht klar.

Er muss es dir auch nicht sagen. Das gilt es zu akzeptieren. Auch, wenn es schwer fällt, keine Frage.

Jeder Mensch hat ein Recht auf seine Privatsphäre, auch einem HSPler gegenüber . Oder anders ausgedrückt: Meine Freiheit hört dort auf, wo die Freiheit des Anderen beginnt. Das habe ich auch als "Zwischen-den Zeilen-Leser" zu respektieren und zu üben.

Wohl wahr. Ich war so "verrannt", dass ich mich gar nicht mehr bremsen konnte. Mir war, und ist es vermutlich jetzt auch noch oft, gar nicht so klar, dass das was ich wahrnehme nicht objektiv ist. Ich habe es so wahrgenommen, also musste das so sein. Da komme ich aber auch wieder an den Punkt: Grenzen. Ich erkenne es bisher oft nicht, wenn ich den Schritt mache, die Freiheit des Anderen einzuschränken. Da ist wohl noch viel Achtsamkeitstraining notwendig.

Wobei ich nicht sagen möchte, dass nur du Anteile an solchen Situationen hast. Der Andere ist auch Teil der jeweiligen Beziehung und bringt sich mit seinen Anteilen ein. Ich wollte nur mal eine Innenansicht von jemanden bringen, der einem HSPler unterkommt und wie man sich damit auch fühlen kann.

Danke dafür!

Rede mit deinem Therapeuten darüber. Es gibt bestimmt eine Lösung.

Ich bin gerade dabei mir Dinge aufzuschreiben. Ich glaube, ich werde einen Text zusammenschreiben, den ich ihm beim nächsten Termin am Anfang zum Lesen gebe. Dann bin ich sicher, dass alles so bei mir raus kommt, wie ich es meine, weil es keinen Faden zu verlieren gibt, und er kann in Ruhe nachhaken.

[Werbung]

[peppermint patty]

Für mich macht es einen großen Unterschied, ob ich Jemanden meine Wahrnehmung aufdrücke, oder ob ich eine Frage stelle. Das Aufdrücken kann durchaus grenzüberschreitend sein.

Bei einer Frage, gerade in der Therapie, sehe ich das etwas anders. Da ich mich aber selbst kenne , ich neige manchmal zu persönlichen Fragen, aber nicht weil mich die Privatsphäre der Therapeutin interessiert, sondern weil ich mich mit einem Thema beschäftige, zB Vertrauen, erläutere ich es zuvor.
Also warum mich das interessiert, und dass ich jetzt entweder eine ehrliche Antwort wünsche oder sie mir sagen darf, „das möchte ich Ihnen nicht beantworten“. Ich möchte aber nicht belogen werden. Einer meiner ehemaligen Kliniktherapeutinnen antwortete mir:“ Dann muss ich jetzt wohl ehrlich sein…“ was ich bestätigte. Und dann war sie es.

Ich kann mir aber vorstellen, dass sich auch damit viele Therapeutinnen unter Druck gesetzt fühlen, denn beides macht etwas mit mir und mit ihr. In Anbetracht meiner Kindheit/Jugend, ich hatte nie Bezugspersonen, kann ich meine „Suche nach Antworten“ aber mittlerweile gut verstehen (meine bisherigen Theras überwiegend auch). Bei mir geht’s halt oft um Fragen wie „Wie sind die Menschen?“ „Was macht sie aus?“ „Wie ticken sie?“ „Und wie sind Erwachsene?“
Das sind unbeantwortete Urthemen von mir, die sich für mich nur sehr schwer beantworten lassen.
Ich denke, da geht es darum die Orientierung für mich zu finden.

[Zauberlehrling]

Hallo urmely,

vielleicht magst du ja ein Buch lesen . Wie wäre es mit Kassandras Schleier von Wolfgang Schmidbauer? In diesem Buch geht es eher um Hochbegabung, die aber bei dir ja auch mit rein spielen soll. Und HS ist ja auch eine Begabung.

Ansonsten freue ich mich gerade sehr, dass du es geschafft hast, deinen Blickwinkel zu deinen Gunsten zu ändern und wieder mit deinem Therapeuten ins Gespräch kommen möchtest. Toll!

[urmely]

Danke für den Buchtipp. Hat dir dieses Buch beim Lesen etwas gebracht? Ich habe schon so viel zum Thema HB und HSP gelesen, weil es ja bei meinen Kindern alles festgestellt wurde, schon vor Jahren. Meine beiden Älteren haben einen speziellen Hochbegabtenzug am Gymnasium besucht. Eine Sache, die ich so nicht wieder machen würde... sie kommen leider nach ihrer Mutter. Die HB wird durch Lebensuntüchtigkeit durch ihr AD(H)S bzw. ihren Autismus komplett ausgebremst. Sie waren nie Hochleister in der Schule.

Ansonsten freue ich mich gerade sehr, dass du es geschafft hast, deinen Blickwinkel zu deinen Gunsten zu ändern und wieder mit deinem Therapeuten ins Gespräch kommen möchtest. Toll!

Ich gestehe, ich bin hin und her gerissen. Am liebsten möchte ich, dass "alles wieder gut" ist. Ist es aber nicht, auch wenn ich von ihm am Samstag auf meine kurze Mail, in der ich ihm einen schönen Urlaub gewünscht habe und die natürlich dazu diente zu checken ob und wie er reagiert, eine freundliche Ein-Satz-Antwort im Sinne von "alles gut" bekommen habe.

Ich habe hier unheimlich tolle Anstöße bekommen, zu sehen wo ich falsche oder zu hohe Erwartungen hatte, wo ich meinen Doc zu sehr in Bedrängnis gebracht habe und was ich vielleicht völlig missinterpretiert haben könnte. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er im letzten Termin verbal zugeschlagen hat. "Ich habe keinen Bock, mich mit ihren Befindlichkeiten zu beschäftigen" ist halt schlichtweg schwer anders zu interpretieren, als ich es verstanden habe.

Ich bin gerade dabei, einen Text zu schreiben, den ich ihm nach seinem Urlaub zu Beginn der Sitzung in die Hand geben möchte. Einfach, weil ich es mündlich nicht hinbekomme, den roten Faden zu behalten und es dann wieder in eine Diskussion gehen kann, die nichts bringt.

Ansonsten fühle ich auf der einen Seite die große Angst, dass er mich fallen lässt, auf der anderen Seite die Angst, dass ich vielleicht in einem fatalen Therapeut-Patient-Verhältnis gelandet bin, dass mir mehr schadet als nutzt.

[Montana]

Dieser Satz ist echt krass.

[diesoderdas]

"Ich habe keinen Bock, mich mit ihren Befindlichkeiten zu beschäftigen" ist halt schlichtweg schwer anders zu interpretieren, als ich es verstanden habe.

Ich glaube, da wäre ich aufgestanden und gegangen. Wobei, wer weiß, was ich real gemacht hätte - vielleicht auch nichts.

Aber der Satz ist schon der Hammer. Ich mein, genau dafür ist er ja da - für deine Befindlichkeiten. Dass du die mit ihm anschauen kannst.

[Waldschratin]

Ich find den Satz auch krass.
Aber auch wenn ihr mich jetzt steinigt dafür, ganz so einseitig will ich da nicht drauf gucken.

Erstens beschäftigt sich der Thera IN den Stunden mit den Klienten- Befindlichkeiten. Dazu ist er da und dafür bekommt er sein Geld. Ebenso in Kriseninterventionen etc.
Zweitens : Das war doch mal ne echt-ehrliche, spontane Reaktion von ihm, ganz "er". Das will ich auch werten.
Nicht besonders schlau und bestimmt nicht angebracht, aber : Ehrlich, graderaus.

Ich finds zwar normal, dass man sich "bestimmte", gefilterte Reaktionen vom Thera wünscht und die auch erwarten kann.
Man geht da ja als schon Verletzter hin.

Aber einerseits einen authentischen Thera wollen, andererseits muss er aber dann ständig in allem "perfekt" für einen reagieren und agieren...?
Schon ein bissl paradox, oder?

Wie gesagt : So ne Reaktion vom Thera heiße ich auch nicht per se gut.
Aber nun ist sie passiert.
Warum nicht nutzen, um rauszufinden, was "tatsächlich" abgeht, in einem selber oder wie der Thera an sich zu einem steht?

[urmely]

Ich glaube, da wäre ich aufgestanden und gegangen. Wobei, wer weiß, was ich real gemacht hätte - vielleicht auch nichts.

Aber der Satz ist schon der Hammer. Ich mein, genau dafür ist er ja da - für deine Befindlichkeiten. Dass du die mit ihm anschauen kannst.

Ja, aber ich denke, er hat das nicht so generell gemeint. Es ging vor allem um die nicht erfolgte Antwort auf meine Mail, die ich ja in Absprache mit ihm so gekennzeichnet hatte, dass er wusste, dass ich eine Antwort brauche. Er hat nicht gleich geantwortet und es später vergessen, was ich ja aber nicht wissen konnte.

[urmely]

Wie gesagt : So ne Reaktion vom Thera heiße ich auch nicht per se gut.
Aber nun ist sie passiert.
Warum nicht nutzen, um rauszufinden, was "tatsächlich" abgeht, in einem selber oder wie der Thera an sich zu einem steht?

So versuche ich es mittlerweile auch zu betrachten. Deswegen auch mein Text, den ich für den nächsten Termin nach seinem Urlaub zusammen schreibe.

Er war offensichtlich urlaubsreif, die Terminplanung ist irgendwie schiefgelaufen, ich hab's ihm mehr oder weniger direkt vorgeworfen, ich war sowieso in einem extrem "bedürftigen" Zustand und habe ihn in die Ecke getrieben mit meinem Insistieren und Drängen.

Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass er mir das anders signalisiert, aber eigentlich mag ich ja auch gerade das an ihm, dass er ein echter Mensch ist.

Mein "aber" hier: meine bisherige Erfahrung mit ihm hat gezeigt, dass er ungern solche Sachen noch einmal bespricht. Er kommt dann damit, dass eine retrospektive Betrachtung nichts mehr ändert und wir nach vorne sehen sollen. Da bin ich nicht seiner Meinung. Ich würde gerne "aufarbeiten" was wann wo schief ging, auch um in Zukunft vielleicht schneller zu erkennen, wenn es wieder in diese Richtung geht.

Ich muss die Spannung jetzt halt noch 2 Wochen aushalten, ob wir das aufgelöst bekommen oder nicht.

[peppermint patty]

Er kommt dann damit, dass eine retrospektive Betrachtung nichts mehr ändert und wir nach vorne sehen sollen. Da bin ich nicht seiner Meinung. Ich würde gerne "aufarbeiten" was wann wo schief ging, auch um in Zukunft vielleicht schneller zu erkennen, wenn es wieder in diese Richtung geht.

Das ist ja auch notwendig, um eigene Muster zu erkennen und den Sinn dieser zu erkennen. Aber auch dafür, dass es beim nächsten mal anders laufen kann.

[Zauberlehrling]

Hallo Urmely,

was die Aussgae deines Therapeuten angeht, bin ich bei Waldschratin. Nicht schön, aber man kann damit arbeiten. Du hast ja auch schon angefangen.

Zu dem Buch:
Ich fand es angenehm, die ganzen Dinge, die ich während meiner Therapie diesbzgl. mal hier und mal dort durchgesprochen hatte, zusammengefasst zu lesen. Daher ja, ich habe daraus etwas Positives mitgenommen.

Wichtig für dich finde ich, dass es in dem Buch um Frauen geht, nicht um Kinder/Jugendliche. Schon ein Unterschied.

[urmely]

Zu dem Buch:
Ich fand es angenehm, die ganzen Dinge, die ich während meiner Therapie diesbzgl. mal hier und mal dort durchgesprochen hatte, zusammengefasst zu lesen. Daher ja, ich habe daraus etwas Positives mitgenommen.

Wichtig für dich finde ich, dass es in dem Buch um Frauen geht, nicht um Kinder/Jugendliche. Schon ein Unterschied.

Ich habs vorhin in der Buchhandlung bestellt und bekomm es die nächsten Tage Danke für den Tipp!

[Werbung]