Eigenverantwortung?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

mio
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Beitrag Di., 07.05.2019, 22:27

stern hat geschrieben: Di., 07.05.2019, 21:40 Der narzisstische gestörte Mensch macht auch nichts anderes, wenn er eine Therapien aufnimmt
Stimmt, er macht nichts anders. WENN er überhaupt eine aufnimmt. Und er hat auch das gute Recht dazu. Abgesehen davon bedeutet nicht jede narzisstische Verletzung gleich NPS, da gibt es ja durchaus auch Abstufungen.

Was der narzisstisch gestörte Mensch aber auch macht ist zu erwarten dass der Therapeut seine Probleme löst. Bzw. ihn halt bestätigt in seiner "verqueren" Wahrnehmung dass ja alle anderen Idioten sind nur er nicht und ihm gefälligst zu "dienen" haben (in unterschiedlichster Form, kann auch sehr "passiv" sein). Und natürlich schuld.

Für Therapeuten sind das schon "harte Brocken", muss man einfach ganz realistisch sehen. Und auch wenn es wohl immer mehr Therapeuten gibt die der Meinung sind da Konzepte gefunden zu haben - was ich begrüße, weil ein "einsichtiger" NPSler im besten Fall ja zumindest ein "verträglicherer" NPSler ist und damit ja die Welt auch für alle anderen ein wenig schöner wird - so bleibt es dennoch eine Störung unter der viele andere Menschen zu leiden haben und die viele andere Menschen - vor allem Kinder - schwer beschädigen kann.

Von daher: Sofern echter Therapiewille da ist begrüße ich es sogar sehr wenn Therapeuten sich dieser Aufgabe stellen, ich ziehe fast schon meinen Hut vor ihnen. Aber wenn nicht, dann liefern sie halt nur "Futter". Teures Futter, dass sich billiger haben lässt.

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Jenny Doe
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 02:49

Und nein, wenn der Raucher mit COPD selbstverständlich erwartet, dass andere seine Behandlung bezahlen übernimmt er nicht die Konsequenz für seine Sucht.
Das Gleiche müsste dann aber auch für Magersüchtige, Fresssüchtige, Spiellsüchtige, Alkoholiker, Drogenabhängige, ..., Menschen mit selbstverletzendem Verhalten, ... gelten. All diese Menschen hätten, geht man von deiner Vorstellung aus, dann auch kein Recht darauf Hilfe zu bekommen, denn sie könnten ja eigenverantwortlicher handeln und ihr Verhalten einfach unterlassen.
Mir zeigt gerade dein Beispiel mit Rauchern deutlich, dass Eigenverantwortung auch gelernt sein will und nicht wie selbstverständlich erwartet werden kann.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


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Beitrag Mi., 08.05.2019, 02:59

Philosophia: Wobei... so easy ist das alles da auch nicht, ich habe letztens eine Doku darüber gesehen, wie Plastik die Hormone verändert, dass es zu Übergewicht führt
Danke. In diese Richtung wollte ich mich auch noch äußern. Außenstehende können nicht beurteilen, ob andere ein Problem eigenverantwortlch verändern können oder nicht. Eine Gewichtszunahme, und auch andere Probleme, müssen nicht zwangsläufig ihre Ursache im nicht-eigenverantwortlichen Verhalten des Betroffenen haben. Es können auch Hormonströungen usw. vorliegen.
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stern
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 03:14

Klar, obige Definition (die nicht ich mir ausdachte) ist nicht nur auf Raucher anzuwenden... daher hatte ich ja auch verschiedene Beispiele genannt und die Frage gestellt, ob das als eigenverantwortlich angesehen wird.

Eigenverantwortung zeichnet sich ja eigentlich gerade dadurch aus, dass man auch die Konsequenzen seiner Entscheidungen trägt... und eher nicht dadurch, dass man alles tun kann, was erlaubt ist, aber andere dafür gerade stehen sollen. Daher wundert mich, wenn man mit zweierlei Maß misst, WENN man so massiv an die Eigenveranwortung appelliert. Eigenverantwortung beinhaltet eben auch einen Verantwortungsaspekt... zumindest nach üblichen Definitionen.

Dass es so etwas wie schlimmst-anzunehmende Störungen gibt, denke ich persönlich nicht... sondern insbes. wenn man in Psychiatrien oder Kliniken schaut, so dürfte es einige "harte Brocken" geben. Wenn man als Therapeut jemandem oder einer Störungsgruppe gegenüber negativ gesinnt ist, ist es nur konsequent und auch für den Patienten das beste, den Patienten nicht anzunehmen.
Zuletzt geändert von stern am Mi., 08.05.2019, 03:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Jenny Doe
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 03:35

Eigenverantwortung zeichnet sich ja eigentlich dadurch aus, dass man auch die Konsequenzen seiner Entscheidungen trägt
Da bin ich wieder voll bei dir. Ich kann mehr mit dem Satz anfangen "Du musst mit den Konsequenzen leben", als mit der Aufforderung "Handle eigenverantwortlich".
Aber, wie Mio schon schrieb, haben Raucher einen Anspruch auf eine ärztliche Behandlung ihrer Raucherkrankheit, so wie auch Menschen mit selbstverletzendem Verhalten einen Anspruch auf Psychotherapie sowie ärztliche Versorgung ihrer Wunden haben.
Ziel ist in beiden Fällen dem Menschen dabei zu helfen schädigendes Verhalten zu unterlassen und selbstfürsorglicher mit sich selbst umzugehen.
Manche Menschen brauchen dabei Hilfe. Auch hier bin ich bei Mio: Es ist eigenverantwortlich dann zu sagen "Ich brauche Hilfe, ich hole mir Hilfe".
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 03:49

All diese Menschen hätten, geht man von deiner Vorstellung aus, dann auch kein Recht darauf Hilfe zu bekommen, denn sie könnten ja eigenverantwortlicher handeln und ihr Verhalten einfach unterlassen.
Das ist wohlgemerkt nicht meine Vorstellung. Aber denkt man Eigenverantwortung zu Ende (z.B als Anhänger des neoliberalen Dogmas der Eigenverantwortung), so wäre in der Tat eine Konsequenzen, sich (verstärkt) selbst (hier um gesundheitliche Belange) zu kümmern (und eben nicht darauf zu setzen, dass es der Sozialstaat richten soll, indem er zB selbstverständlich kostenlose Raucherentwöhnungsprogramme bereitstellt und für verschiedene Folgen des Konsums einspringt). Das Unterlassung leicht sein soll, ist damit nicht gesagt...

Selbst bin ich eher kein sonderlicher Befürworter neoliberaler Denke...
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 04:31

Was staatliche Leistungen bzw. Pflichten sind, ist nicht in Stein gemeiselt... und auch im Gesundheitswesen wandelt sich ja einiges. An zunehmende Eigenverantwortung zu appellieren bedeutet aus ökonomischer Sicht idR den Staat zu entlasten (vgl. auch Montanas Beispiel zur Rente vor vielen Seite... Private Vorsorge und gesetzliche Rente. Da war bzw. bin ich bei ihr).
Zusammenfassung
In der Gesundheitspolitik – ebenso wie in anderen Politikfeldern – umfasst der Begriff Ei-
genverantwortung
kein klar definiertes theoretisches Konzept, sondern bringt den politi-
schen Anspruch und Willen zum Ausdruck, das Verhältnis zwischen dem Staat und den
Individuen über eine Umverteilung von sozialen Rechten und Pflichten neu zu definieren.
Quelle: https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/21917
Die Privatisierung von Gesundheit ist für die Zukunft der Sozialsysteme von hoher Relevanz. ...

Augenblicklich steht gerade das deutsche Gesundheitswesen unter einem immensen Einsparungsdruck. Es geht dabei auch darum, wie viele seiner Aufgaben weiterhin von öffentlicher und wie viele in Zukunft von privater Seite getragen werden sollen.
...
Privatisierung ist einerseits Ausdruck einer Intensivierung von Ökonomisierungstendenzen, die privatwirtschaftliche Gewinninteressen im Gesundheitsbereich immer deutlicher hervortreten lassen. Diese Entwicklung verweist auf Veränderungen der Versorgungsorganisation. Privatisierung steht andererseits für eine Entwicklung, durch die jedem Versicherten, Patienten oder Nutzer des Gesundheitswesens ein höheres Maß an Eigenverantwortung übertragen wird. Gesundheit wird damit immer mehr zu einer Privatangelegenheit. Beide Aspekte der Privatisierung sollen im Folgenden differenziert betrachtet werden.
https://m.bpb.de/apuz/29905/die-soziale ... heit?p=all

Es beißt sich aus der Perspektive somit, wenn man an die Eigenverantwortung appelliert und im nächsten Atemzug sich auf den Staat (und dessen staatliche Fürsorge) beruft, der verschiedenes richten soll. ;)
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 04:59

Aber denkt man Eigenverantwortung zu Ende (...)
Derjenige, der da sitzt mit einem starken Drang sich selbst zu verletzen, ..., der denkt nicht darüber nach, wieviel er dem Gesundheitswesen kostet. Derjenige hat in dem Monent ganz andere Probleme, nämlich eigenen Druck zu reduzieren.
Die Verantwortung für die Allgemeinheit steht für mich am Ende der Kette. Erst mal muss derjenige lernen den Druck auszuhalten und mit Problemen anders umzugehen als mit Selbstverletzung, ... Irgendwann am Ende der Kette, wenn derjenige Selbstfürsorge und Problembewältigung gelernt hat, kann er beginnen über das Allgemeinwohl und Kosten im Gesundheitssystem nachzudenken.

Leistungen werden solchen Menschen ja auch deshalb zur Verfügung gestellt, damit sie nicht dauerhaft Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Leistungen zielen ja auch darauf ab, dass Menschen zukünftig in der Lage sind ohne Selbstverletzung durchs Leben zu kommen.

Auch Raucherentwöhnungsprogramme zielen darauf ab. Es ist günstiger dem Betreffenden Raucherentwöhnungsprogramme zu bezahlen als die lebenslangen Kosten einer Krebstherapie oder COPD-Therapie.
Sicher könnte man sagen, "Wenn du rauchen willst, dann bezahl die Kosten selber". Aber so einfach ist das nicht. Rauchen ist eine Sucht und damit eine Krankheit. Derjenige der raucht weiß welcher Gefahr er sich aussetzt. Genauso wie derjenige, der keinen Sport treibt, sich nicht bewegt und nur auf dem Sofa sitzt. Die Gefahr ist bewusst, und trotzdem schaffen es die Menschen nicht eigenverantwortlich ihre Situation zu ändern. Für das Gesundheitssystem jedoch ist es günstiger den Sofa-Sitzer in ein Sportpogramm zu schicken, den Raucher in Raucherentwöhnungsprogramme, ... anstatt lebenslage Herz-Kreislaufprobleme des Sofa-Sitzers, ..., zu bezahlen.
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 05:13

Insofern: Die Entwicklung in Richtung Eigenverantwortung und den Trends zur Optimierung gibt es bereits... auch das habe ich mir nicht ausgedacht:
Aktuelle Gesundheitspolitik setzt zunehmend auf gesundheitliche Eigen-
verantwortung – obwohl hinreichend bekannt ist, dass nicht persönliche
Leistung, sondern soziale Lage den individuellen Gesundheitszustand
bestimmt. Trotzdem gilt heutzutage der einzelne Mensch als seines ge-
sunden Glückes Schmied. (...) Nicht überraschend zielen derzeit unzählige Gesund-
heitskampagnen auf die Reduktion des Körpergewichts und nicht auf
die Reduktion prekärer Beschäftigungsverhältnisse.
...
Dennoch wird mittlerweile fast jeder Mensch fast jederzeit für fast
alles zur Verantwortung gezogen (»Hättest du dich mehr bewegt, maß-
voller gegessen, gesünder gearbeitet und gewohnt, dann wärest du nicht
krank geworden!«). Der Einzelne ist zur zentralen Verantwortungs-
instanz im komplexen Verantwortungsgefüge von Gesundheit und
Krankheit aufgestiegen.
...
Wer nicht lebenslang gesund bleibt, dem lässt sich immer nachwei-
sen, dass er sich in der Vergangenheit unter-, über- oder fehlversorgt
hat, d. h. suboptimal gehandelt hat.
https://www.google.com/url?q=http://www ... h9btSAkvYO

aus: www.med.uni-magdeburg.de, JAHRBUCH FÜR KRITISCHE MEDIZIN UND GESUNDHEITSWISSENSCHAFTEN, Bettina Schmidt: Die Sanierung der Eigenverantwortung

Bei psychischen Störungen sind die Sprüche beliebig austauschbar. Am besten entscheidet sich man daher eigenverantwortlich für körperliche und mentale Gesundheit. Wenn man nur genügend Rad fährt, klappt es sicherlich... toll, dass man das eigenverantwortlich in der Hand hat. ;)
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 05:33

Derjenige, der da sitzt mit einem starken Drang sich selbst zu verletzen, ..., der denkt nicht darüber nach, wieviel er dem Gesundheitswesen kostet.
Erwartet in akuter Not sicherlich niemand. Wenn man jedoch laut an die Eigenverantwortung appelliert, ist Bewusstsein von Vorteil, was damit verbunden ist.
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 05:38

Das ist aber doch gar nicht der Punkt um den es hier ursprünglich mal ging?

Oder wolltest Du gesellschaftspolitische Fragen diskutieren? Dann diskutieren wir auf einer völlig anderen Grundlage.

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Beitrag Mi., 08.05.2019, 09:39

Na ja, es gehört schon auch dazu. Kann gerne von verschiedenen Perspektiven aus beleuchtet werden. Die Dimension, nicht nur eine Entscheidung zu treffen, sondern dass man (auch) für die Konsequenzen/Folgen seinen Verhaltens einsteht (Verantwortung übernimmt) halte ich dabei sogar für eine zentrale. Sonst wäre es witzlos. Du verstehst etwas anderes darunter?

Z.B. Spirit hatte auch erläutert, dass Eigenverantwortung Therapieziel sei und PT keine Dauereinrichtung.

I.a.W. bedeutet das schon auch, dass sich der Psychotherapeut überflüssig machen soll bzw. der Patient, der zu (stärkerer) Eigenverantwortung befähigt wurde, sich aus der PT (schnellstmöglich und möglichst nachhaltig) wieder vertschüssen kann. Eigenverantwortung statt (anhaltende) staatliche Fürsorge (hier gesundheitlicher Natur in Form von PT, die natürlich auch den Maßgaben der Gesundheitspolitik unterworfen ist). In anderen Ländern sieht man, dass es Verschiebungen geben kann, was der Einzelne zu leisten hat und was als staatliche Aufgabe sein soll.

Und so sind meinetwegen besagte Raucherentwöhnungsprogramme im Sinne der Eigenverantwortung in D keine Selbstverständlichkeit:
Es geht um die Frage, wer die Kosten für Raucherentwöhnungsbehandlungen übernehmen muss. Das LSG stellte dazu in seinen Entscheidungsgründen klar: "Auch bei chronisch Kranken gehört die Raucherentwöhnung nicht zum Kernbereich der von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Leistungen. Behandlungserfolg sowie Sinn und Zweck der Therapie sind nicht in Frage gestellt, wenn die Kosten zur Stärkung der Eigenverantwortung nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden."
https://www.aerztezeitung.de/praxis_wir ... kaden.html
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 11:27

Jenny Doe hat geschrieben: Mi., 08.05.2019, 02:59 Außenstehende können nicht beurteilen, ob andere ein Problem eigenverantwortlch verändern können oder nicht. Eine Gewichtszunahme, und auch andere Probleme, müssen nicht zwangsläufig ihre Ursache im nicht-eigenverantwortlichen Verhalten des Betroffenen haben. Es können auch Hormonströungen usw. vorliegen.
Das sehe ich (für meinen Teil) als recht zentral an. Auch umgekehrt: Es ist (wie der eine Artikel auch sagt) eben nicht gesagt, dass man (wenn man nur genügend tut, Rad fährt, Vorsorgeuntersuchungen mustergültig absolviert, Entspannungskurse belegt, Pillen bzw. Psychopharmaka schluckt, ein Skilltraining hier und Achtsamkeitsmeditationen dort besucht) seine Gesundheit in eigener Hand hat... so als müsse man sich nur entscheiden und damit unterläge dann alles mögliche dem eigenen Kontrollbereich.

Und auch wenn Mio das anders sehen mag... das hat auch aus meiner Sicht auch etwas mit Selbstoptimierungsgedanken zu tun.
Eigenverantwortung in der Prävention
...
Unbestritten steht der persönliche Lebensstil in Zusammenhang mit dem individuellen Gesundheitszustand. Doch daraus zu schlussfolgern, dass das Individuum faktisch und auch moralisch verantwortlich ist für seine Gesundheit, ist zu schlicht, denn...

Als eigenverantwortliche Subjekte sind Kranke nicht mehr Opfer von Pech oder gesundheitsriskanten Lebensbedingungen, sondern tatverdächtig aufgrund ihrer mangelhaften Anstrengungen zur gesundheitsorientierten Selbstoptimierung.
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Beitrag Mi., 08.05.2019, 12:04

Dass das nicht funktioniert, zeigt sich ja schon daran, dass es so viele ernsthaft kranke Kinder gibt mit Krebs und anderem. Krankheit ist auch oft einfach Schicksal. Genauso Unfälle. Kennt jemand den Film "Final Destination"? Da sitzt eine am Ende in einer Gummizelle, denn nur da kann wirklich nichts passieren.

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Beitrag Mi., 08.05.2019, 12:14

Da fällt mir doch glatt der Ponyhof ein, wo ich immer war. Reiten ist ja so gefährlich und obwohl alle Helm trugen war immer mal wieder ein Kind im Krankenhaus. Aber warum waren die da? Die sind vom Hochbett gefallen, haben sich den Fuß unter einer Wippe eingeklemmt, haben allergisch auf Insektenstiche reagiert und sind beim Ausflug ins Schwimmbad mit dem Kopf an den Beckenrand geknallt. An eine Verletzung nach Sturz vom Pferd kann ich mich nicht erinnern. Wie will da einer eine realistische Optimierungs-Risiko-Bewertung abgeben anhand derer dann die Eltern z.B. an Krankenhauskosten beteiligt werden, weil sie ihrer Verantwortung zur Unfallverhütung mit Anmeldung des Kindes auf dem Ponyhof nicht gerecht wurden? Ohne das Klischee, dass das generell ein riskanter Sport sein soll (sieht jedenfalls meine BU-Versicherung als solchen an)? Völlig absurd.

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