Kontakt zu Therapeut außerhalb der Sitzungen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Philosophia
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 4650

Beitrag So., 09.12.2018, 21:04

Pferdefan, ich hatte all solche Zustände auch während der Analyse. Da habe ich sogar zweimal um nen Notfalltermin gebeten. Aber ansonsten habe ich diese Zustände auch mit mir selbst ausgesessen und das war enorm wichtig, weil ich nun auch jetzt mich schneller selbst beruhigt kriege bzw. weiß, dass es am nächsten Tag schon wieder ganz anders aussehen kann. Na ja, wie dem auch sei - solche psychischen Zustände sind die Hölle.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

Werbung


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag So., 09.12.2018, 21:19

Philosophia hat geschrieben: So., 09.12.2018, 21:04 solche psychischen Zustände sind die Hölle.
Ja, und das wissen Therapeuten eben auch.

Ich bin vom Grundtyp her jemand der immer alles versucht "allein auszuhalten" und hab das auch während der Therapie größtenteils getan. Das war auch teilweise gut. Ich bin zB. in meiner absoluten Angsthochphase als ich dachte ich pack gar nix mehr nach einer schlaflosen Nacht 17h arbeiten gewesen am Stück, das war zwar teils der mega Horror, weil saumässig anstrengend, hat mir aber auch gezeigt, dass ich noch "funktionieren kann" wenn ich es will.

Ebenso wichtig war es aber auch mir Phasenweise zu erlauben, dass ich jetzt NICHT kann. Dass es wirklich zu viel wird gerade. Vor allem wenn traumatische Inhalte hochkamen ging da teils gar nix mehr, da war es dann im Grunde schon eine Leistung mich überhaupt bei meiner Thera zu melden und zu sagen: "Das ist gerade und es ist scheiße und ich hab das Gefühl ich dreh gleich durch..." Zusatztermine hätten mir da dann auch gar nix gebracht, weil die Termine eh immer anstrengend für mich waren. Das was dann wirklich am Besten geholfen hat war zu wissen: Da ist jemand der Dir helfen wird. Das ist alles ok so, das hat Ursachen, das darf sein, das bringt Dich nicht um, das kann man verändern.

Benutzeravatar

Sehr
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 27
Beiträge: 1693

Beitrag So., 09.12.2018, 21:43

Aber da man Strategien eben schon auch vor einer Therapie lernt, muss man ja zwangsläufig, tut man das auch in den Sitzungen bei einem Therapeuten.

Und auf einmal geht eben genau dieses nicht ohne Therapeuten? Außerhalb der Therapie. Ich dachte, darum gehts im Eigentlichen bei einer Therapie. (Klar zu kommen.) Davor war ja auch bspw. ein Treffen mit nem Freund noch hilfreich.


Was ist ne Krise? Stimmungsschwankungen?
[wegzudenken, mehr nicht]


shesmovedon
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 25
Beiträge: 2203

Beitrag So., 09.12.2018, 21:48

Ja, nur mir ging ja von Anfang an um die, die ständig Kontakt suchen. Die haben ja da ne Dauerkrise und brauchen eben ein Helfernetz oder so. Wenn ein Thera das unterstützt......kann man sofort sagen, dass die Therapie fürn Po ist.
Aber ich habe mein Zopiclon schon genommen. ich bin hier raus. Ist ja jeder selber Schuld, wenn er am Ende der Therapie jammert.

Werbung

Benutzeravatar

Sehr
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 27
Beiträge: 1693

Beitrag So., 09.12.2018, 21:57

Ich befürchte, dass die meisten, wie schon jemand erwähnt hat, zu wenige Kontakte pflegen, außerhalb der Therapie. Das ist dann ja schon vorher zu sehen, was geschieht, in einem der jenigen, welche zu viele 'Krisen' nicht ohne Therapeuten zu verstehen oder gut überstehen wissen.
Und das sowas auch noch unterstützt wird, finde ich einfach ganz unsinnig und kontraproduktiv.
[wegzudenken, mehr nicht]

Benutzeravatar

spirit-cologne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 1435

Beitrag So., 09.12.2018, 22:11

Ein Therapeut hat mal gesagt, es sei die wichtigste Aufgabe der Therapie, im Patienten wieder die Hoffnung zu wecken, dass es überhaupt einen hilfreichen Dritten geben könnte.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

Benutzeravatar

Wirbel-Uschi
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 33
Beiträge: 204

Beitrag So., 09.12.2018, 22:16

Schlendrian hat geschrieben: So., 09.12.2018, 21:48 Ja, nur mir ging ja von Anfang an um die, die ständig Kontakt suchen. Die haben ja da ne Dauerkrise und brauchen eben ein Helfernetz oder so. Wenn ein Thera das unterstützt......kann man sofort sagen, dass die Therapie fürn Po ist.
Aber ich habe mein Zopiclon schon genommen. ich bin hier raus. Ist ja jeder selber Schuld, wenn er am Ende der Therapie jammert.
Aber von solchen war doch hier nie die Rede?! Die meisten sprechen von „mal“, wenn echt nötig, kontaktieren und nicht von ständig Kontakt suchen.
Klar, wenn es speziell um solche konstellationen geht, bin ich voll bei dir. Das sollte kein Patient tun und kein Therapeut zulassen, außer es ist explizit (weil therapiewirksam) so vereinbart (also als grundsätzliche und bezahle Regelmäßigkeit).
Die „Krise“ ist doch meist beschrieben mit „durch die Sitzung verursacht“. Oder auch wenn sonst welche Situationen geschehen sind, die bedeutsam sind und extrem belasten und aufwühlen, dass man dann Kontakt sucht. Weil, ja weil die Therapeutin dann die richtige Ansprechpartnerin ist. Weil es mit den Themen der Therapie zu tun hat.
Klar kann man erstmal die Motivation haben, das mit sich selbst auszuhalten/auszumachen.
Aber mir wurde mal gesagt: wenn Sie das tun, dann tun Sie es ja so, wie Sie es immer tun mussten. Und unter anderem darüber sind Sie krank geworden.
Ich hab ne gute Freundin. Mitpatientin aus meiner Klinik Zeit. Mit der schreibe ich sofort, wenn was quer liegt. Immer. Sie mir, ich ihr. Habe zwar kein Helfernetz, aber habe sie und alles mögliche bei ihr abladen hilft immer schon mal ungemein. Und meist reicht das auch irgendwie in Kombi mit der Fähigkeit es eben mit mir selbst auszuhalten.
Aber ich finde es keine Schande weder seitens der Therapeutin noch als Patientin wenn man in besonderen Fällen Kontakt sucht.
Es geht nicbt darum, dass dann nur diese eine Person (die Therapeutin) helfen, retten kann. Das kann sie eh nicht durch diesen kurzen Kontakt oder eine Zusatz Stunde. Dann bräuchte man ja nixjr jahrelang in Therapie wenn es mit einer Stunde alles gerettet werden könnte ;)
Es geht doch irgendwie darum, dass dieser eine Mensch sich eben durch den Dienstleistungsvertrag bereit erklärt hat, für einen da zu sein. Und wenn da was heftiges aufkommt, dann eben auch außerhalb der Sitzungen. Ich glaube nicht, dass sie dadurch kein Privatleben haben oder dass Patienten dadurch abhängig(er) werden (klar, wenn es oft und ständig vorkommt. Aber wenn das vielleicht einmal in 2-3 Monaten geschieht...).
Oder dass es deshalb nach der Therapie schwieriger wird ohne die Therapeutin. Wenn das so ist, liegt das doch grundsätzlich ab dem Vertrauensverhältnis und dem Verlust dieser Begegnungen. Und nixjr der Gewissheit: ich kann sie stets kontaktieren. Denke mal die Sitzungen, die realen Begegnungen und Inhalte der Sitzungen machen da viel mehr Gewicht aus als die Möglichkeit „jederzeit“ Kontakt herstellen zu können.
Das geht dann halt bei einigen mit der Therapie einher. Ja, Ziel der Therapie ist es aber ja dass man am Ende irgendwie allein klar kommt. Aber dazu braucht man ja erstmal wen. Sonst würd man nicht zur Therapie gehen. Und solange man denjenigen eh noch braucht, warum dann nicht auch die Kontakt Möglichkeit?
Vielleicht muss man auch eh noch differenzieren, wo in der Therapie man sich befindet? Ich bin mit meinen ca 60 Stunden ja noch eher am Anfang, wenn es 300 werden sollen. Also noch weit entfernt von: ich brauche sie nicht mehr (btw ich „brauche“ sie, komme aber im Alltag verhältnismäßig gut klar - auch ohne sie :D)
Lass immer ein wenig Platz im Herzen für das Unvorstellbare

Benutzeravatar

Wirbel-Uschi
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 33
Beiträge: 204

Beitrag So., 09.12.2018, 22:18

spirit-cologne hat geschrieben: So., 09.12.2018, 22:11 Ein Therapeut hat mal gesagt, es sei die wichtigste Aufgabe der Therapie, im Patienten wieder die Hoffnung zu wecken, dass es überhaupt einen hilfreichen Dritten geben könnte.

Oh Spirit, das finde ich schön. Ähnlich hat meine Therapeutin es auch gesagt.
Und hm, in ner Therapie ist das dann ja nun einmal der Therapeut/die Therapeutin, welche diese Rolle temporär einnehmen.
Und genau das heilsam sein soll (ich kann das selbst auch noch nicht ganz glauben, aber gebe mir Mühe)
Lass immer ein wenig Platz im Herzen für das Unvorstellbare


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag So., 09.12.2018, 22:34

Sehr hat geschrieben: So., 09.12.2018, 21:43 Was ist ne Krise? Stimmungsschwankungen?
Bei mir waren die kritischen Zustände Zustände in denen ich dachte ich dreh gleich durch, ich werde verrückt, ich halte das alles nicht aus. Da war viel Todesangst mit ihm Spiel, also wirklich extreme Ängste, die sich auch sehr stark körperlich gezeigt haben, teils sowas wie Flashbacks (wobei ich in solchen Zuständen im Zweifel gar nix mehr konnte, nur im Bett liegen oder da sitzen und warten bis es vorbei ist), Entfremdungsgefühle etc.

Zu Stimmungsschwankungen neige ich nicht besonders, was das angeht bin ich ein ziemlich ausgeglichener Mensch. Wenn dann sind das eher so "Hintergrund-/Parallelgefühle" die unerträgliche Ausmaße annehmen können.

Ich war auf alle Fälle in diesen Situationen dankbar damit nicht so allein zu sein und einen kompetenten Ansprechpartner zu haben. Hätte ich es nur mit "meinen Strategien" dauerhaft geschafft diesen Zustand wieder stabil zu verändern, dann hätte ich erst gar keine Therapie angefangen. Hat aber nicht funktioniert und auf Dauer lebt es sich mit solchen Zuständen einfach beschissen und sie schwächen einen auch ziemlich, weil sie viel Kraft kosten. Und bevor ich wirklich irgendwann gar nicht mehr kann suche ich mir lieber Hilfe.

Und das waren wirklich Zustände die ich mir vorher nicht hätte vorstellen können und die ich auch niemandem wünschen würde weil sie einfach furchtbar und nur unter großer Anstrengung überhaupt aushaltbar sind.

Benutzeravatar

spirit-cologne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 1435

Beitrag So., 09.12.2018, 22:38

Wirbel-Uschi hat geschrieben: So., 09.12.2018, 22:18 [Und hm, in ner Therapie ist das dann ja nun einmal der Therapeut/die Therapeutin, welche diese Rolle temporär einnehmen.
Ja, wobei temporär das wichtige Wort ist. Es geht darum, etwas zunächst im geschützten Raum der Therapie zu wagen und umzusetzten, um das dann im weitern Therapieverlauf in den Alltag zu übertragen. Ich bin der Auffassung, dass Therapie ohne ein temporäres sich der Therapeutin Anvertrauen (und damit verbunden auch ein Stück weit temporär abhängig sein) nicht richtig wirken kann.

Ich frage mich manchmal, ob das starre Beharren auf vollständige Unabhängigkeit vom Therapeuten nicht auch was mit abgewehrten tiefen Beziehungs- und Regressionswünschen zu tun haben kann. Nach dem Motto: "Wenn ich den Gedanken zulassen würde, dass ein Kontakt außerhalb der Sitzungen möglich und sogar hilfreich sein und könnte, dann würde der Wunsch in mir danach so groß werden, dass er mich überwältigt." Als gesund betrachte ich es, sich auf Menschen und auch deren Hilfsangebote einlassen und sich auch wieder daraus lösen zu können. Aus Angst vor Abhängigkeit komplett alles mit sich alleine auszumachen, halte ich nicht für eine wirklich sinnvolle Lösung.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

Benutzeravatar

wandermaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 234

Beitrag So., 09.12.2018, 22:40

spirit-cologne hat geschrieben: So., 09.12.2018, 22:11 Ein Therapeut hat mal gesagt, es sei die wichtigste Aufgabe der Therapie, im Patienten wieder die Hoffnung zu wecken, dass es überhaupt einen hilfreichen Dritten geben könnte.
Du meinst jmd. Außer Therapeut?


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag So., 09.12.2018, 23:42

spirit-cologne hat geschrieben: So., 09.12.2018, 22:38 Ich frage mich manchmal, ob das starre Beharren auf vollständige Unabhängigkeit vom Therapeuten nicht auch was mit abgewehrten tiefen Beziehungs- und Regressionswünschen zu tun haben kann. Nach dem Motto: "Wenn ich den Gedanken zulassen würde, dass ein Kontakt außerhalb der Sitzungen möglich und sogar hilfreich sein und könnte, dann würde der Wunsch in mir danach so groß werden, dass er mich überwältigt."
Ich frage mich ja schon immer was diese "Abhängigkeit" im therapeutischen Kontext meinen soll und bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass damit eigentlich "Bindung" gemeint ist. Also dass ich ja automatisch auch eine Bindung eingehe, wenn ich mich auf diese "Nähe/regelmässige Begegnung" einlasse, ist ja überall im Leben so. Aber Bindungen kann man ja auch wieder lösen oder sie mit Abstand genauso leben wie ohne Abstand wenn sie nur stark genug sind.

Abhängigkeit würde für mich bedeuten: Ich habe keine andere Wahl, ich brauche DIESEN EINEN Menschen. Und das ist ja letztlich Unsinn, denn so ist es ja nicht. Das was ich brauche ist Hilfe, nicht die "Person". Sondern an der hänge ich automatisch irgendwann ein Stück weit - also wenn es gut läuft - weil ich mich ja auch ein Stück weit an sie gebunden habe. Das geht mir ja in anderen Beziehungen auch so und trotzdem halte ich mich auch da an niemanden "krampfhaft" fest bzw. habe meine persönlichen Grenzen die ich "verteidige", im ärgsten Fall eben durch "konsequente Trennung", wenn es gar nicht anders geht.

Also vielleicht hat es auch was damit zu tun, dass dann "unbewusst" angenommen wird: "Wenn ich mich da zu sehr drauf einlassen, dann werde ich den niemals mehr los..."? Auch dann nicht, wenn ich es vielleicht will.

Mich verwundert da einfach immer diese Vehemenz mit der das "abgelehnt" wird, obwohl es sich ja wirklich nur um ein Angebot und keine Verpflichtung handelt. Und es ja auch nicht so ist, dass die Therapeuten einen "belämmern" würden gegen den eigenen Willen wenn sie so ein Angebot machen. Ich muss das ja nicht wahrnehmen, wenn ich der Meinung bin dass ich das nicht brauche.

Irgendwie finde ich das seltsam, so als ob man das dann nicht "ablehnen" darf, wenn es einem angeboten wird oder so?

Ich muss gerade daran denken wie meine Therapeutin bei dem letzten Termin (sind gerade eh nur noch sporadische sehr weit frequente Termine) mit mir nach einem neuen Termin schauen wollte, weil in nächster Zeit soviel los ist bei ihr, dass sie da "Termine ausser der Reihe" nicht gut bzw. nur mit sehr langem Vorlauf unterbekommt und zu mir meinte, dass sie halt weiss, dass sie mir die und die Zeiten zur Verfügung stellen könnte, die sie sonst für diese "Sprechstunden" zur Verfügung stellen würde, die aber dann halt eher mir geben würde als jemand "Fremden" weil sie das dann wichtiger fände und ob wir da kucken sollen. Wollte ich nicht, fand ich zwar nett von ihr, schien mir aber nicht nötig und ich wollte erst mal schauen, wie sich das Thema so "entwickelt". Und das kann ich zB. auch deshalb so gut mittlerweile, weil ich weiss, dass ich mit dem Thema auch in einem halben Jahr nochmal andackeln kann, wenn ich das Gefühl habe dass es mir helfen würde drüber zu sprechen ohne dass sie sagt: Frau mio, so geht das aber nicht... Wir brauchen da schon "klare Regeln". So nach dem Motto: Entweder sie wollen meine Hilfe auch wenn ich die Ihnen anbiete oder nicht. Und wenn Sie sie nicht wollen, dann bleiben Sie gefälligst weg. Das wäre für mich gruselig und ein Grund dann tatsächlich weg zu bleiben weil das für mich was von "Machtmissbrauch" hätte.

Wenn also das Angebot sich im Bedarfsfall auch zwischen den Stunden zu melden den Eindruck erweckt, dass man das dann auch TUN MUSS damit man die Therapie nicht "verliert", selbst dann, wenn man gar keinen Bedarf hat, dann könnte das vielleicht eine Erklärung dafür sein, warum das so vehement abgelehnt wird?

Benutzeravatar

spirit-cologne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 1435

Beitrag Mo., 10.12.2018, 03:00

wandermaus123 hat geschrieben: So., 09.12.2018, 22:40 Du meinst jmd. Außer Therapeut?
Ja, der Therapeut ist nur das temporäre Übungsobjekt. Viele Menschen müssen das in der Therapie erst lernen, dass es in Ordnung ist, um Hilfe zu fragen.

Vielleicht hat das tatsächlich auch was mit der Art der Störung zu tun. Wenn man sehr jung eine sehr schwerwiegende Störung hat, wie z.B. Psychosen, dann hat man zwar viele Probleme im Leben, aber man lernt sehr früh, wo man sich Hilfe holen kann. Man hat bereit Klinikerfahrung und weiß, dass man sich im Notfall dort melden kann. Menschen, die aber immer soweit funktionsfähig waren, dass sie es - wenn auch auf Kosten ihrer Gesundheit - immer noch irgendwie geschafft haben, zu funktionieren und dann z.B. mit Mitte 50 das erste Mal dekompensieren und sich in Therapie begeben, die trauen sich das gar nicht oder wissen nicht, wie das geht und sind damit überfordert.

Das ist wie mit allem, was man noch nie gemacht hat. Jemandem, der z.B. täglich einen Computer nutzt, fällt es sehr leicht irgendwelche Informationen im Netz zu suchen, für jemanden, der noch nie mit einem Computer gearbeitet hat, stellt die vermeintlich einfache Aufgabe ein unlösbares Problem dar. Da fände ich es auch nicht richtig zu sagen, "wenn er es wirklich will und es wichtig ist, kriegt der das auch hin". So einfach ist es leider nicht.

Deshalb glaube ich auch nicht, dass man da argumentieren kann, es geht denen dann halt noch nicht dreckig genug. Es gibt Menschen, bei denen das sich-keine-Hilfe-holen-können soweit geht, dass sie Suizid begehen, ohne dass sie jemals mit Freunden oder Familie darüber gesprochen haben, wie schlecht es ihnen geht. Diese Menschen werden gerne übersehen, weil die sich ja nicht zu Wort melden, aber es gibt sie und gar nicht mal so wenige.

Ich hatte mal einen Mitpatienten in der Gruppe, der war gut integriert, hatte Familie und viele Freunde und trotzdem hat er bis zu seinem Suizidversuch, den er wirklich nur haarscharf überlebt hat (war also kein halbherziger Versuch, um Aufmerksamkeit zu bekommen), mit niemandem über seine Probleme (hauptsächlich Minderwertigkeitsgefühle und Versagensängste im Beruf) geredet. So jemand muss halt dann in der Therapie erst lernen, wie das geht, und da kann es durchaus hilfreich sein, wenn der Therapeut das mit ihm übt, dass er sich melden soll, wenn es ihm nicht gut geht. Muss natürlich ein Therapeut sein, der das auch will, da kann man keinen Therapeuten zu zwingen, aber jemanden, der außerhalb der Therapiezeiten jeden Kontakt ablehnt, würde ich dann aber auch für so einen Patienten nicht so geeignet halten.

Gerade für solche Patienten ist übrigens auch die Gruppentherapie besonders geeignet, weil die Patienten da lernen, auch mit "Nicht-Therapeuten" über ihre Probleme zu sprechen, was einen weiteren Schritt in Richtung Unabhängigkeit vom Therapeuten darstellt, auch wenn einige hier die Gruppentherapie immer nur als reine Sparvariante sehen wollen.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

Benutzeravatar

spirit-cologne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 1435

Beitrag Mo., 10.12.2018, 03:06

mio hat geschrieben: So., 09.12.2018, 23:42 Ich frage mich ja schon immer was diese "Abhängigkeit" im therapeutischen Kontext meinen soll und bin für mich zu dem Schluss gekommen, dass damit eigentlich "Bindung" gemeint ist.
Bindung ist immer auch ein Stück emotionale Abhängigkeit. Deshalb ist ja auch der psychodynamische Individuations-Abhängigkeits-Konflikt einer der wichtigsten und häufigsten Konflikte überhaupt. Jeder Mensch lebt in diesem Spannungszustand zwischen diesem Wunsch nach Bindung und nach Unabhängigkeit. Da einen individuell passenden Kompromiss für sich zu finden, ist keine leichte Aufgabe. Das gilt für die therapeutische Beziehung genauso wie für alle anderen Beziehungen im Leben.

Ein bisschen Abhängigkeit ist durchaus gesund, viele meinen aber, wenn sie von Abhängigkeit sprechen ausschließlich die übermäßige, pathologische Abhängigkeit. Vielleicht führt das manchmal zu Missverständnissen...
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

Benutzeravatar

Saly
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 32
Beiträge: 501

Beitrag Mo., 10.12.2018, 07:16

Puh schwierig, ich habe wirklich nicht viel Therapieerfahrung und traue mich manchmal gar nicht hier mitzureden, weil ihr alle so viel Ahnung habt. Manchmal kommt es mir allerdings sehr verkopft vor.

Im Endeffekt geht es doch darum, dass jemand mir ein Angebot zur Hilfe macht und ich aufgrund meiner Probleme Schwierigkeiten damit habe, das anzunehmen. Das hätte ich vermutlich auch bei einer anderen Person in diesem Kontext. Mein Hausarzt hat mit beispielsweise mal angeboten zu ihm zu kommen, wenn ich eine bestimmte Medikation absetzen will, er hätte damit Erfahrung und supplementiert da bestimme Dinge. Momentan steht das nicht im Raum aber ich weiß, dass ich auch damit Probleme haben werde das anzunehmen.
Selbst um Hilfe zu bitten ist für mich eine momentan fast unlösbare Aufgabe.

Aber trotz allem fühle ich mich nicht wirklich abhängig von der Therapeutin. Natürlich, wäre sie auf einmal nicht mehr so verständig etc. Würde mir das nicht gut tun. Ich baue momentan darauf, dass sie jemand ist, der meine Situation verstehen kann. Anderen erzähle ich nicht alles, denen kann ich keinen Vorwurf machen. Aber sie ist ja gerade eine neutrale Person, die ich nicht näher kenne und eigentlich hilft mir das auch, mich nicht abhängig von ihr zu fühlen und ihr alles zu erzählen.

Grundsätzlich rede ich hier aber vom Kontakt innerhalb ihrer Sprechzeiten. Private Nummern hab ich von ihr auch nicht, da hab ich keinerlei Erfahrungen.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag