Regelung Terminabsage Therapeut - wie ist es bei euch?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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stern
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 22:23

mio hat geschrieben:Das sage ich auch nicht. Aber es gibt einfach "unangemessene" Reaktionen.
Die Unterscheidung habe ich ja auch getroffen: Das Gefühl kann durchaus in Ordnung sein, aber ein Wutanfall überspannt. Dann geht es evtl. eher darum, den Ärger etwas modulieren zu können, aber nicht darum, dass jemand den Ärger abstellt.

Es wäre jedenfalls nicht therapeutisch, wenn die Therapie normiert, wann man welches Gefühl haben sollte. Auch ein Therapeut lässt sich hier nicht einengen... aber hier ist es genauso: Er hat seine Gefühle so im Griff zu haben (selbst wenn er gerade wegen eines Patienten fuchsig ist), dass er sich therapeutisch korrekt verhalten kann.

Dass man sich wg. eines Widerspruchs stört, ist nicht zwingend, aber auch nicht abwegig. Es geht hier eher darum, dass man seine Mitmenschen nicht ungespitzt in den Boden rammt, wenn etwas quer geht.
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mio
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 22:30

stern hat geschrieben:Dass man sich wg. eines Widerspruchs stört, ist nicht zwingend, aber auch nicht abwegig. Es geht hier eher darum, dass man seine Mitmenschen nicht ungespitzt in den Boden rammt, wenn etwas quer geht.
Da sprichst Du zwei unterschiedliche "Felder" an meiner Meinung nach. Impuls und Impulskontrolle. Als erwachsener Mensch sollte ich eine gute Impulskontrolle haben, zumindest sollte sie mir möglich sein. Und ich werde normalerweise nicht den Impuls haben, auf jemanden wütend zu werden, nur weil der anderer Meinung ist als ich. Es sei denn, er verdreht Tatsachen. Oder stellt Behauptungen über mich auf. Rein subjektive Meinungsäußerungen hingegen sollten "tolerierbar" sein.

Wenn also jemand sagt: Ich mag blau. Und ich sage: Ich mag rot. Dann ist das kein Grund den anderen anzugreifen. Es gibt aber Menschen, die dann anfangen loszubrüllen: Wie? Du magst rot? Blau ist toll! Nicht rot! Hab ich alles ins so ähnlicher Form schon erlebt. Und dann wird es eben absolut unangemessen und auch "übergriffig".

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stern
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 22:39

Und das steht im Artikel auch, dass Impulskontrolle dann das Ziel ist (sofern problematisch), vom Standardverfahren abgewichen wird und die Deutungsarbeit vernachlässigt wird. Und ich lese bis jetzt nicht heraus, dass sich der Therapeut entsprechend den Vorstellungen des Patienten. Und eine Allianz kommt dadurch zustande, dass der Patient auch positive auf den Therapeuten überträgt... die negativen greift man jedoch nicht deutend auf. Ausnahme Kernberg, der darin Risiken sieht.
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mio
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 22:45

stern hat geschrieben:Und ich lese bis jetzt nicht heraus, dass sich der Therapeut entsprechend den Vorstellungen des Patienten. Und eine Allianz kommt dadurch zustande, dass der Patient auch positive auf den Therapeuten überträgt... die negativen greift man jedoch nicht deutend auf. Ausnahme Kernberg, der darin Risiken sieht.
Und was ist es dann, Deiner Meinung nach, wenn der Thera nur die positiven Übertragungen bedient, nicht aber die negativen, um zu einer Allianz zu gelangen? Das bedeutet doch, dass er sich den "Vorstellungen" des Patienten entsprechend verhält. Die "positiven" Selbstanteile werden bestätigt, die negativen erst mal "negiert".

Also ich finde schon, dass das ne sehr einseitige Rangehensweise ist und auch sicher nichts damit zu tun hat, wie der Thera den Patienten wahrnimmt. Der nimmt halt dessen Problem wahr und versucht die Allianz zu erzeugen. Im Grunde nichts weiter, als der Versuch, jede Kritik zu Gunsten der therapeutischen Beziehung (erstmal) zu vermeiden.

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stern
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 22:47

mio hat geschrieben:Wenn also jemand sagt: Ich mag blau. Und ich sage: Ich mag rot. Dann ist das kein Grund den anderen anzugreifen. Es gibt aber Menschen, die dann anfangen loszubrüllen: Wie? Du magst rot? Blau ist toll! Nicht rot! Hab ich alles ins so ähnlicher Form schon erlebt. Und dann wird es eben absolut unangemessen und auch "übergriffig".
Wie gesagt: Ich sehe einen Unterschied zwischen Gefühl/Impuls oder ob man jemanden ungespitzt in den Boden rammt. Zu denken, l*ck mich doch, ich mag blau lieber, ist doch vollkommen legitim. Aber natürlich wäre es überspannt, jemanden anzubrüllen. Für Impulse gilt das gleiche... sie zu verspüren ist doch o.k., problematischer ist eher, wenn sie agiert werden.

Gefühle sind doch nicht normierbar. Oder wessen Lieblingsfarbe sollte denn weniger berechtigt sein, wenn es um die Gestaltung der Tapete im gemeinsamen Wohnzimmer eine Paares geht... und wer "darf" sich dann ärgern, wenn die Farbvorstellung auf Missfallen stößt. Hmmm.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 16.05.2016, 22:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Lockenkopf
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 22:49

mio hat geschrieben:Danke Dir! Ich hab jetzt nicht alles gelesen, aber wenn ich das richtig verstehe, dann ist es so, dass die "Allianz" nur eingegangen werden kann, so das "Gegenüber" den eigenen Erwartungen entspricht. Das würde auch den Ansatz erklären, dass der Patient erst mal "nur bestätigt" wird. Das kenne ich auch aus den Infos die ich dazu bisher hatte.
Ja.

In seinem innersten Kern ist der pathologische Narzissmus von destruktiver
Aggression durchdrungen, die sich nicht nur gegen das eigene Selbst, sondern auch
gegen äußere Objekte richtet, vor allem dann, wenn eine als gefährlich erlebte
Abhängigkeit abgewehrt werden muss. Daher ist die analytische Arbeit dieser
Aggressivität ausgesetzt und tendenziell von Zerstörung bedroht.
Liebe Grüße
Lockenkopf


mio
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 22:54

stern hat geschrieben:Gefühle sind doch nicht normierbar. Oder wessen Lieblingsfarbe sollte denn weniger berechtigt sein, wenn es um die Gestaltung der Tapete im gemeinsamen Wohnzimmer eine Paares geht... und wer "darf" sich dann ärgern.
Natürlich sind sie das nicht. Man einigt sich eben auf einen Kompromiss, dann muss sich keiner ärgern. Oder aber man wechselt sich ab beim "Bestimmen". Der eine mal da, der andere mal da. Ist doch kein Problem, auch mal nachzugeben. Solange es nicht nur so ist. Zustimmen muss ja niemand der nicht will. Trennt man sich halt oder geht die Beziehung erst gar nicht ein. Um mal wieder zum "Thema" zurückzukommen. Nur immer ERWARTEN dass was so funktioniert, wie man selbst das gerne hätte, dass kann auf Dauer nur schiefgehen. Und macht glaube ich sehr einsam.

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stern
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 23:08

mio hat geschrieben:Und was ist es dann, Deiner Meinung nach, wenn der Thera nur die positiven Übertragungen bedient, nicht aber die negativen, um zu einer Allianz zu gelangen? Das bedeutet doch, dass er sich den "Vorstellungen" des Patienten entsprechend verhält. Die "positiven" Selbstanteile werden bestätigt, die negativen erst mal "negiert".
Eine z.B. feindselige Übertragung (nicht Selbstanteil) wird nicht deutend aufgegriffen. Ausnahme Kernberg, der aus folgenden Grund für frühzeitge Deutung ist:
"Dies steht ganz im Gegensatz zu Kernberg, der sehr früh feindselige Übertragungsmanifestationen deutend aufgreift, um die Sicherheit zu vermitteln, dass der Analytiker nicht zerstört wird und fähig
bleibt, Ordnung in die Verwirrung des Erlebens und Fühlens zu bringen." Und dass die Therapie nicht durch das Übertragungsgeschehen unterminiert wird. Quelle: siehe oben. Dass bei Therapiegefährdung Grenzen zu setzen sind, ist auch vermerkt.
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 23:12

mio hat geschrieben:Natürlich sind sie das nicht. Man einigt sich eben auf einen Kompromiss, dann muss sich keiner ärgern.
Das Gefühl klopft aber nicht an und fragt... wenn man sich ärgert, dann ärgert man sich. Ganz einfach. Eine andere Hausnummer ist, wie man damit umgeht. Wenn man einigermaßen beherrscht ist, ist ja nicht zwingend, dass man das jemanden spüren lässt.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 16.05.2016, 23:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 23:14

stern hat geschrieben:Eine z.B. feindselige Übertragung (nicht Selbstanteil) wird nicht deutend aufgegriffen. Ausnahme Kernberg, der aus folgenden Grund für frühzeitge Deutung ist:
"Dies steht ganz im Gegensatz zu Kernberg, der sehr früh feindselige Übertragungsmanifestationen deutend aufgreift, um die Sicherheit zu vermitteln, dass der Analytiker nicht zerstört wird und fähig
bleibt, Ordnung in die Verwirrung des Erlebens und Fühlens zu bringen." Und dass die Therapie nicht durch das Übertragungsgeschehen unterminiert wird. Quelle: siehe oben. Dass bei Therapiegefährdung Grenzen zu setzen sind, ist auch vermerkt.
Ich sehe "Übertragungen" als "Selbstanteile" da sie aus dem Selbst kommen. Die gehören nicht zum "Analytiker" sondern in den eigenen Raum. Dass sie da vielleicht auch nix verloren haben ist für mich ein anderes Thema.
Zuletzt geändert von mio am Mo., 16.05.2016, 23:22, insgesamt 1-mal geändert.


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Beitrag Mo., 16.05.2016, 23:17

stern hat geschrieben:Das Gefühl klopft aber nicht an und fragt... wenn man sich ärgert, dann ärgert mich sich. Ganz einfach. Eine andere Hausnummer ist, wie man damit umgeht. Wenn man einigermaßen beherrscht ist, ist ja nicht zwingend, dass man das jemanden spüren lässt.
Ebend. Ich hätte wenig Lust mich ständig zu ärgern. Es wäre mir also ein Anliegen, dass zu verändern und nicht darauf zu beharren, dass ich aber ein Recht auf meine Ärger habe. Dass ich das habe, weiss ich. Aber ich mag von so einem Gefühl mein Leben nicht bestimmen lassen. Egal wie gut ich es vielleicht nach außen kanalisiert bekäme. Mich würde bereits der dauernde "Impuls" stören. Ärger macht einfach auch krank.

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stern
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 23:27

Geschmackssache... ich möchte keine Gefühle platt machen. Ein Gefühl zu haben, heißt auch nicht, dass einen das im Griff hat...

Klar, Gefühle des Patienten sind Gefühle des Patienten und nicht die des Therapeuten (der hat eigene). Aber trotzdem ist es evtl. nicht nur Übertragung, wenn sich ein Patient über etwas ärgert. Das geht auch in dem Artikel vor, dass man bei unterschiedlichen Patientengruppen unterschiedlich vorgeht. Bei manchen funzt deutend. Bei anderen ist der Aspekt zu vernachlässigen. Und bei ganz schwerer Pathologie ist noch nicht einmal ein modifziertes Vorgehen angezeigt, sondern ein supportives Vorgehen. Lt. Kernberg.
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 23:36

Nachtrag: Es heißt sogar explizit: "Die narzisstische Wut in der Übertragung wird daher auf die traumatisierende Wirkung eines nicht empathischen Therapeuten zurückgeführt."
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 23:44

stern hat geschrieben:in der Übertragung
Du sagst es. Es ist die Übertragung, nicht der Therapeut .

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stern
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Beitrag Mo., 16.05.2016, 23:57

ja, und? Klar, handelt es sich um die Gefühle des Patienten... um welche sonst? Diese werden dann so interpretiert, dass ein Empatieversagen des Therapeuten auf den Patienten traumatisierend wirkte, so dass der Patient dann evtl. mit Wut, Entwertung, etc. reagierte.
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