Therapeutische Beziehung thematisieren?

[Lockenkopf]

Tja, der Fall ist bereits eingetreten. Habe heute erfahren, das einer meiner Ca.-Pat. Fernmetastasen entwickelt hat.
Es wird sich ziemlich bald zeigen, wie gut oder schlecht ich mit dem Thema umgehen kann.

Der Pat. erzählte übrigens, das die diagnostizierende Ärztin ihm nicht ins Gesicht schauen konnte, als sie ihm von den Metastasen berichtete. Es gibt also auch Ärzte welche mit diesen Verläufen Probleme habe.

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[Lockenkopf]

Mein Psychotherapeut hat sich vergangenen Woche gemeldet (ich hatte schon nicht mehr daran geglaubt) und mir einen Termin angeboten. Und ich habe den natürlich angenommen.
Das geduldige warten und ihn in Ruhe lassen hat sich also gelohnt.

Thema war mein Gefühl der Machtlosigkeit, wenn das Schicksal zuschlägt.
Es war eine sehr fruchtbare Sitzung.
Es gelingt mir jetzt deutlich besser meine Machtlosigkeit zu akzeptieren.
Es schmerz nicht mehr so stark.

[Lockenkopf]

Die HP meines Psychotherapeuten wurde heute gelöscht.
Ich vermute mein Psychotherapeut ist verstorben.
Den letzten Kontakt zu ihm hatte ich am 8 Dez. wir waren in Terminverhandlungen. Dann brach der Kontakt plötzlich ab.

Ich werde ihn nie wieder sehen!!!

[mio]

Lockenkopf, das tut mir aufrichtig leid.

Vielleicht kannst Du ein wenig von dem mitnehmen oder auch behalten, was er in die Welt trug?

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[Lockenkopf]

Ja, das werde ich.

Es ging alles viel schneller als ich dachte.
Und es tut weh.

[Alyssa]

Wie? Der hat dir nicht vorher mit ein paar Zeilen mitgeteilt wie es steht um ihn? Bzw. er hat nicht jemanden beauftragt, diich als Patientin zu informieren, dass er nicht mehr kann?
Das fände ich jetzt ziemlich arg.
Kannst du nicht zu seiner Praxis fahren (zu seinem Haus) und nachsehen/nachfragen?
Dies Ungewisse und dies Spekulieren ist doch schlimmer als die (wie auch immer geartete) Wahrheit.
Ein Besuch bei ihm zu Hause/in seiner Praxis wäre für mich allein schon wichtig zum Abschiednehmen.

[mio]

Und es tut weh.

Ja.



(Einer "davon" ist auch "tot". Und lebt dennoch weiter. Im "in Gedanken getragen werden...".)

[Lockenkopf]

Liebe Alyssa

ich wusste doch seit Sep. das er wieder schwerst erkrankt ist.
Wir standen am 7.- 8. Dez. in Terminverhandlungen, es ging 2 mal hin und her, dann antwortete er nicht mehr.
Irgendwas schlimmes ist passiert. Und das war alle male wichtiger als ich.
Ich vermute, das mein Psychotherapeut zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr antworten konnte.

Seine Praxis besteht aus seinem Arbeitszimmer in seinem Privathaus.
Ich werde dort nicht aufkreuzen. Die Familie hat jetzt wichtigeres zu tun, als sich um Pat. des Verstorbenen zu kümmern.

[Lockenkopf]

Danke Mio.

[Alyssa]

Ähem, bist du denn 100% sicher, dass er tot ist?
Die Anzeichen deuten zwar alle drauf hin (er meldete sich nicht mehr, die Seite ist gelöscht), aber hast du irgendeine gesicherte Info, die deine Annahme bestätigen?

Und warum meinst du, dass du als Patientin nicht zu ihm gehen darfst, um Abschied zu nehmen und der Familie dein Beleid auszusprechen? Er wird doch nicht nur dich als einzige Patientin gehabt haben? Und seine Familie wird doch um seinen Beruf gewusst haben? Und auch, dass er da Menschen betreut, die sehr an ihm hängen und für die er sehr wichtig ist, die also von seinem Tod ähnlich stark betroffen sein werden wie seine Familie?

Hat er mit dir nie über seinen bevorstehenden Tod gesprochen? Das ist ja nun etwas, was die Beziehung zwischen euch doch sehr geprägt hat, und zudem auch ein wichtiges Thema bei dir war/ist (Tod nahestehender Menschen).

Vielleicht kannst du ja einen Brief (also einen echten handgeschriebenen) bei ihm in de Kasten werfen, darin erklären, wer du bist, dass du gerne - wenn es der Familie recht ist - Abschied nehmen würdest, deine Emailadresse angeben, und um kurze Rückmeldung bitten?

Ich weiss nicht wie es bei dir ist, aber ich würde einen Abschluss brauchen in so einer Situation. Sonst würde ich das alles unverarbeitet ewig mit mir rumschleppen und das würde mich im weiteren Leben dann doch sehr bremsen und beeinträchtigen.

[lisbeth]

Lockenkopf,
zu allererst: Das tut mir Leid, dass Vieles darauf hindeutet dass dein Therapeut gestorben ist.

Trotzdem: Gibt es eine Möglichkeit, wie du Gewissheit bekommen kannst? Wäre für mich in einer solchen Situation irgendwie wichtig.

Auch wenn es absehbar ist, dass er stirbt: Allein dass seine Homepage weg ist, ist noch kein "Beweis".
Er kann vergessen haben die Domain zu verlängern bzw. es gab wichtigeres zu tun.
Er kann sie bewusst abgeschaltet haben, um keine "neuen" Anfragen mehr zu bekommen, weil mit der fehlenden Zukunftsperspektive auch die Notwendigkeit wegfällt, "Marketing" zu betreiben.

Eigentlich sollten Psychotherapeuten laut Berufsordnung dafür sorgen, dass zB Unterlagen auch über ihren Tod hinaus datenschutzkonform aufbewahrt werden und dann nach Ablauf der Fristen entsprechend vernichtet werden. Im Zuge dessen legen viele auch fest, wer Klienten (aktuelle aber zT auch ehemalige) informiert, falls ihnen etwas zustößt (Unfall oder Todesfall). Habt ihr irgendwie mal darüber gesprochen, dass er zB Vorsorge getroffen hat, dass du (und andere) im Todesfall informiert werdet?

Bei einer Therapeutin von mir, die bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, hing ich lange in der Luft und wusste nicht was passiert ist. Ich hatte einen Termin und sie war nicht da. Auch wenn ich innerlich schon ahnte, dass etwas Schlimmes passiert ist, war es irgendwie doch wichtig, das auch bestätigt zu bekommen. Es gab außerdem eine Trauerfeier für Kollegen/Klienten. War mir lange unsicher, ob ich hingehe, aber rückblickend war es gut und richtig. Weil die Trauerfeier - so schmerzhaft sie auch war - das surreale Gefühl irgendwie geerdet und in die Realität geholt hat. Weil es mir das Gefühl gab, mit meinem Schmerz nicht alleine zu sein. Weil es einen Ort gab wo ich meine Trauer hinbringen konnte. Weil ich mich nochmal bewusst verabschieden konnte und mich auch bei ihr innerlich bedanken konnte. Ich hatte bei dieser Therapeutin nur wenige Stunden (unter 10), aber auch nach relativ kurzer Zeit schmerzt ein solcher Verlust, gerade wenn es sich um eine Person handelt, zu der man (vorsichtiges) Vertrauen gefasst hat....

[Lockenkopf]

Liebe Alyssa, liebe Lisbeth,

ihr hattet recht. Endlich nach 3 Wochen hat sich mein Psychotherapeut gemeldet.
Es geht ihm sehr schlecht. Ich vermute vorwiegend psychisch.
Er hat seine HP selber gelöscht.

Eine weitere Sitzung bei ihm wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben.
Die therapeutische Beziehung ist zu ende.

Trotzdem bin ich sehr erleichtert, das er lebt.
Ich heute Mittag vor Freude geweint.

[mio]

Das Ende einer Beziehung ist nicht das Ende des Lebens.

[Lockenkopf]

Ja, der Unterschied ist sehr wichtig.

[lisbeth]

Und auch wenn die therapeutische Beziehung zu Ende ist, kannst du das was er dir gegeben hat weiter in dir tragen.

Kannst du dir vorstellen ihm einen Abschiedsbrief zu schreiben? Nicht um ihn wirklich abzuschicken, aber um für dich die Unmengen an Gefühlena auszudrücken, die in solchen Situationen da sind. Sind ja oft auch sehr widersprüchliche Gefühle...

Liebe Grüße.

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