Psychosomatik verstehen - das ICH entdecken

Die Psyche spielt eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung des körpereigenen Abwehrsystems: immer mehr Krankheiten werden heute als 'psychosomatisch' und damit ggf. psychotherapeutisch relevant betrachtet.
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SoundOfSilence
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Beitrag Mi., 20.05.2015, 07:17

Moin Kimba!
Tja, mein Chef weiß es nicht - und soll es auch nicht. Das geht für mich gar nicht.
Sicherheit geht natürlich vor - bloß ist die Risikobewertung unter Realitätsverlust halt schwierig...
Mit dem Schonen ist es schwer für mich. Bekomme sofort ein schlechtes Gewissen. Und: so ein Schon- oder Vermeidungsverhalten ist AUCH ein Problem für sich, denn es schränkt das Leben eben auch sehr ein...
Vielleicht hat Thera deshalb doch recht damit, eben lieber an die Ursachen zu gehen als ans Coping...??
Mit den Freunden ist das so, dass ich es evt erklären könnte, aber es sollen halt auch nicht alle wissen. Ich versuche so gut es geht, mich normal zu verhalten, wenn ich mich eigentlich ganz komisch fühle, aber natürlich kommt irgendwie beim anderen an, dass was nicht stimmt. Und das belastet meine Beziehung en schon manchma...
Und das tun die Symptome körperlicher Art natürlich auch dann und wann... Schwierig zu sagen, ob ich da so zwischen "psycho" und "SomatiK" trennen will/soll.
Liebe Grüße,
Silence
Hello darkness, my old friend...

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Kimba&Blacky
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Beitrag Mi., 20.05.2015, 11:28

SoundOfSilence hat geschrieben:Moin Kimba!
Tja, mein Chef weiß es nicht - und soll es auch nicht. Das geht für mich gar nicht.
Sicherheit geht natürlich vor - bloß ist die Risikobewertung unter Realitätsverlust halt schwierig.
Ja, das ist schwierig. Ich kenne solche ähnlichen Zustände, wenn ich stark übermüdet bin.
Dann ist mir leider auch schon oft was passiert, auch im Straßenverkehr. Ich habe zwar kein Auto und auch keinen Führerschein (wäre auch nicht sinnvoll), aber selbst mit dem Fahrrad war ich schon in gefährlichen Situationen.
Hast Du auch optische Wahrnehmungsstörungen bei Überforderung?
Ich habe das dann, dass ich es so sehe, als ob sich alles ausweitet, also die Auto, die Fußgänger, alles breiter wird, der Fahrradweg hingegen wird schmaler.
Wenn ich dann nicht absteige, verliere ich oft die Kontrolle.
Oder beim spazierengehen habe ich das manchmal, dass ich das Gefühl habe, der Boden wäre plötzlich schräg. Das ist auch unangenehm. Im Extremfall stürze ich dann auch.


Diese Zustände kommen bei mir aber nur bei starker Übermüdung vor.

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Kimba&Blacky
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Beitrag Mi., 20.05.2015, 17:46

SoundOfSilence hat geschrieben:Mit dem Schonen ist es schwer für mich. Bekomme sofort ein schlechtes Gewissen. Und: so ein Schon- oder Vermeidungsverhalten ist AUCH ein Problem für sich, denn es schränkt das Leben eben auch sehr ein...
Das empfinde ich auch so. Vor allem, wenn man sich körperlich ausruhen muss, geistig aber noch nicht müde genug dazu ist.
Ich habe auch einen großen Teil meines Lebens im Bett verbracht. Im Moment habe ich aber, zumindest was die chronische Erschöpfung angeht, eine etwas bessere Phase, kann mich also mehr bewegen.

SoundOfSilence hat geschrieben:Schwierig zu sagen, ob ich da so zwischen "psycho" und "SomatiK" trennen will/soll.
Damit habe ich jetzt aufgehört, weil es nur zu Grübelzwängen führt. Seitdem meine Symptome von meinem Umfeld etwas besser akzeptiert werden, brauche ich das auch nicht mehr zu machen.
Blöd ist es nur, wenn mir wieder gesagt wird: "Sie haben aber nichts somatisches, also müssen sie die und die Leistungen erbringen !"
Das hasse ich. Sowas versetzt mich noch immer in angst.
Oder aber, wenn ich etwas erreichen will (z.B. mehr Geld haben will), und dann höre: "Dann müssen Sie da aber auch was für leisten."


Kennst Du das auch?
Oder ist Deine Leistungsfähigkeit nicht so eingeschränkt?


Ich hätte gerne wenigstens einmal im Leben eine Phase, wo ich alles normal machen kann, aber das wird wohl nichts.


LynnCard
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Beitrag Mi., 20.05.2015, 19:24

SoundOfSilence hat geschrieben:Ja - das erkenne ich langsam aber sicher als Problem. War eigentlich immer schon so, und ich fand das oft sehr hilfreich, aber das Problem ist, dass ich die Maske nicht mehr ablegen kann, selbst wenn ich will (zur Not dissoziiere ich halt einfach bevor es dazu kommen könnte) - auch wenn wir jetzt nicht ganz genau dasselbe meinen...
Zum Einen stört es mich in doppelter Hinsicht, wenn Menschen meine Symptome anzweifeln, weil ich mich natürlich blöd fühle, nicht ernst genommen werde,
Ich wirke durch die Maske auch mental stark, weshalb sich viele aus meinem Umfeld auf mich abstützen, was gesundheitlich nicht gerade förderlich ist für mich. Und das, obwohl ich es durchaus sage, aber es wird nicht wirklich realisiert, dass ich schmerzkrank bin, sogar wenn ich am Krückstock gehe. Ich muss manchmal richtig ausrufen und fragen, ob ich zuerst im Krankenhaus liegen muss, bis es endlich begriffen wird.

@Kimba (ist die Abkürzung eigentlich okay für Dich?)
Deine Schilderung stimmt in vielen Punkten mit Fibromyalgie-Patienten, die ich kenne, überein. Ich suche immer nach Parallelen, auch in der Fachliteratur, denn es gibt erstaunliche biografische Übereinstimmungen trotz der individuellen Unterschiede. Ein Aspekt ist z. B. eine starke Bindung zur Mutter und eine schlechte Abnabelung von der Mutter, was gerade als SchmerzpatientIn zu einer oftmals berichteten Abhängigkeit auch noch im Erwachsenenalter führt, gerade weil man nicht wirklich voll belastbar ist als Schmerzkranker (die wenigsten sind reich).

Nach der Fachliteratur geht es um den inneren Konflikt zwischen Eigenständigkeit und Abhängigkeit im Schmerzgeschehen. Auf mich trifft es auch zu, ich muss mich ständig gegen meine überfürsorgliche "Übermutter" abgrenzen. Bei aller Liebe - sie übertreibt es, sie hat nicht wirklich begriffen, dass ich bereits 47 Jahre alt bin. Gleichzeitig verstehen wir uns aber sehr gut. Ich kümmere mich natürlich auch um sie, da sie bereits 80 ist.

Für den überforderten Schmerzpatienten besteht die Gefahr, sich in einer Art Kind-Rolle einzurichten, wogegen aber unbewusst durch das Schmerzgeschehen angekämpft wird im natürlichen Bedürfnis nach Autonomie. Die Angst, "eigenständig stehen zu müssen" (deshalb auch oft die Schmerzen in den Beinen), ohne Eltern, kann das Schmerzgeschehen auch weiter aufrechterhalten. Wahrscheinlich fühltest Du Dich schon sehr früh überfordert und wolltest einfach "Kind bleiben".
LG Lynn

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SoundOfSilence
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Beitrag Mi., 20.05.2015, 21:40

Hallo zusammen,
Kimba&Blacky hat geschrieben:Ich hätte gerne wenigstens einmal im Leben eine Phase, wo ich alles normal machen kann, aber das wird wohl nichts.
Da unterschreibe ich, liebe Kimba (hoffe das ist ok dich so abzukürzen?? War gar nicht auf die Idee gekommen, zu fragen... ) - das habe ich mir schon so oft gedacht. Meine Leistungsfähigkeit ist eingeschränkt, aber ich leiste halt trotzdem - und dann kommt irgendwas zu kurz, meistens halt das übrige Leben... Wobei: Das ist AUCH Zweck der vielen Arbeit, eben an das "Andere" nicht denken zu müssen. Seit meinem Klinikaufenthalt hat sich das Verhältnis deutlich verändert, ich arbeite weniger, ich leiste weniger, ich tue mehr für mich, weniger für andere... Und das auch durchaus mit spürbarer Verbesserung - aber eben auch (noch) mit dem Gefühl verbunden, nun schwach zu sein (sozusagen "behindert" - in dem Sinne, dass ich sehe, dass ich nicht normal alles machen kann wie andere auch...). Natürlich WEIß ich, dass jeder seine Schwächen hat ... Was ist also eine normale Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft? An der Frage knabbere ich, auch weil dazu sooo viel von Außen kommt (Beide Extreme, die Aufforderung mehr zu leisten wie auch die Aufforderung, weniger zu leisten), und ich gleichzeitig mich selber gar nicht hören kann (mal wieder).

Ach ja - die soziale Komponenten sind beeindruckend vielfältig! Lynn - ich finde es toll, dass Du schreien kannst, wenigstens ab und zu. Ich werde das üben. Ich muss das üben. Welche Erfahrungen hast du denn gemacht, wie in der Therapie mit deinen Symptomen umgegangen wird? Haben sie einen hohen Stellenwert?
Wie sieht das generell bei euch aus, gehen eure Theras damit gut um, aus eurer Sicht?

Liebe Grüße - und gute Nacht
Silence
Hello darkness, my old friend...


LynnCard
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Beitrag Do., 21.05.2015, 01:07

SoundOfSilence hat geschrieben:Lynn - ich finde es toll, dass Du schreien kannst, wenigstens ab und zu. Ich werde das üben. Ich muss das üben. Welche Erfahrungen hast du denn gemacht, wie in der Therapie mit deinen Symptomen umgegangen wird? Haben sie einen hohen Stellenwert?
Wie sieht das generell bei euch aus, gehen eure Theras damit gut um, aus eurer Sicht?
Na ja, Schreien ist jetzt übertrieben, aber eben schon sehr direkt, wenn es sein muss und mich jemand die Treppe raufhetzt.

Ich hab einen Schmerztherapeuten, der nimmt das natürlich schon ernst, ebenso meine anderen Ärzte. Da kann ich bisher nicht klagen. Aber es ändert halt nichts. Ich muss schon selbst was tun. Ich stütze mich da nicht zu sehr auf andere ab (ich mag diese Abhängigkeit sowieso überhaupt nicht). Die einzige Person, die etwas an meiner Situation verbessern kann, bin ich selbst. Deshalb arbeite ich an mir und werde auch nicht aufgeben. Bisher mache ich Fortschritte, werde aber teilweise durch den Stress wieder ausgebremst. Es gibt auch Rückschritte dadurch. Die Umsetzung des erworbenen Wissens ist nicht so einfach für mich.
LG Lynn

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Kimba&Blacky
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Beitrag Do., 21.05.2015, 16:04

LynnCard hat geschrieben:Ich muss manchmal richtig ausrufen und fragen, ob ich zuerst im Krankenhaus liegen muss, bis es endlich begriffen wird.
Es ist aber gut, das Du das noch kannst.

LynnCard hat geschrieben:@Kimba (ist die Abkürzung eigentlich okay für Dich?)
Ja, das ist okay.

LynnCard hat geschrieben:Deine Schilderung stimmt in vielen Punkten mit Fibromyalgie-Patienten, die ich kenne, überein. Ich suche immer nach Parallelen, auch in der Fachliteratur, denn es gibt erstaunliche biografische Übereinstimmungen trotz der individuellen Unterschiede.
Das wusste ich nicht, danke für den Hinweis.

LynnCard hat geschrieben:Aspekt ist z. B. eine starke Bindung zur Mutter und eine schlechte Abnabelung von der Mutter, was gerade als SchmerzpatientIn zu einer oftmals berichteten Abhängigkeit auch noch im Erwachsenenalter führt....
.... Für den überforderten Schmerzpatienten besteht die Gefahr, sich in einer Art Kind-Rolle einzurichten, wogegen aber unbewusst durch das Schmerzgeschehen angekämpft wird im natürlichen Bedürfnis nach Autonomie. Die Angst, "eigenständig stehen zu müssen" (deshalb auch oft die Schmerzen in den Beinen), ohne Eltern, kann das Schmerzgeschehen auch weiter aufrechterhalten. Wahrscheinlich fühltest Du Dich schon sehr früh überfordert und wolltest einfach "Kind bleiben".
Das trifft eher nicht auf mich zu.
Ich habe schon sehr früh gemerkt, das ich anders als andere Kinder war und wollte deshalb so schnell wie möglich erwachsen werden. Gerade auch weil meine Eltern mich nicht so akzeptiert hatten wie ich war.
Aber die Krankheiten sowie die autistischen Züge und ADS-Verhaltensweisen haben das nicht zugelassen. Das war sehr schlimm für mich, denn ich wollte einfach nur schnell erwachsen werden, damit ich endlich meine Ruhe hatte.
Je älter ich wurde, desto schlimmer wurde meine Entwicklungsverzögerung. (Mit 16 war ich vom Verhalten angeblich wie eine 11-jährige.)
Unter den Umständen, in denen ich damals gelebt hatte, war das ein großer Fehler.


Je kränker und je entwicklungsverzögerter ich war, desto schlechter wurde ich von meinem Umfeld behandelt. Daher habe ich manchmal richtige Selbsthass-Attacken, in denen ich mich beschimpfe, aber so, als würde ich mit einer anderen Person schimpfen.


Ich habe es als Kind so gelernt, dass man nur ein Recht auf seelische Unversehrtheit durch andere hat, wenn man sich normal und altersgemäß verhält und deshalb habe ich mich immer gezwungen erwachsener zu sein, als ich es war.
Das war für Gleichaltrige noch ein Grund mehr über mich zu lästern.
Ich habe auch heute noch ein gestörtes Verhältnis zu Kindern und Jugendlichen. Sowohl Kinder, die nicht richtig funktionieren, weil sie z.B. behindert sind als auch Kinder, die solche Kinder mobben machen mich aggressiv.
Also gehe ich Kindern so gut es geht aus dem Weg.
Ich habe mal mit einem entwicklungsverzögertem jungen Mann in einer WG gelebt. Er hat mich durch seine Art richtig aggressiv gemacht, weil ihm Sachen verziehen wurden, die mir damals nicht verziehen wurden.
Er hatte anscheinend kein schlechtes Gewissen dass er sich mit 21 wie ein 11 / 12-jähriger verhalten hat.
Seinen üblichen WG-Pflichten ist er so gut wie nie nachgekommen, weil er ja unser "Kind" war und das hat er gerne ausgenutzt (ich bin mir nicht sicher, dass er wirklich so unreif war und nicht gemerkt hat, wie sehr er seinen Mitbewohnern damit geschadet hat).


Jedenfalls macht mich sowas sehr aggressiv und ich muss für mich solche Leute meiden, sonst werde ich permanent getriggert.

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Kimba&Blacky
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Beitrag Do., 21.05.2015, 16:21

SoundOfSilence hat geschrieben:Hallo zusammen,
Kimba&Blacky hat geschrieben:Ich hätte gerne wenigstens einmal im Leben eine Phase, wo ich alles normal machen kann, aber das wird wohl nichts.
Da unterschreibe ich, liebe Kimba (hoffe das ist ok dich so abzukürzen?? War gar nicht auf die Idee gekommen, zu fragen... )
Auch Du darfst mich so nennen.

SoundOfSilence hat geschrieben:An der Frage knabbere ich, auch weil dazu sooo viel von Außen kommt (Beide Extreme, die Aufforderung mehr zu leisten wie auch die Aufforderung, weniger zu leisten), und ich gleichzeitig mich selber gar nicht hören kann (mal wieder).
Ja, das kenne ich auch, die widersprüchlichen Aufforderungen kenne ich auch. Sie verwirren mich ebenso, aber ich versuche mittlerweile mehr nach meinem eigenem Gefühl zu handeln.
Hast Du es auch schon erlebt, dass Dir Mitarbeiter aus ein- und derselben Klinik unterschiedliche Aufforderungen gegeben haben und somit den Therapieplan durcheinander gebracht haben.
Das ist mir schon mal passiert und es hat mich auch verwirrt.
Ich habe dann dummerweise immer dem gefolgt, der eine autoritärere Ausstrahlung hatte, was aber oft ein Fehler war.

SoundOfSilence hat geschrieben:Wie sieht das generell bei euch aus, gehen eure Theras damit gut um, aus eurer Sicht?
Ich mache keine Therapie mehr, aber wo ich sie noch gemacht habe, wollte man mir ein frühkindliches Trauma unterstellen, an das ich mich nicht erinnern könne, weil es zu früh passiert sei.
Das hat mich fast wahnsinnig gemacht. Denn, wenn man sowas zu hören kriegt, will man auch wissen, was daran wahr sein könnte.
Eine Hypnose, um das herauszufinden, wollte man mir nicht bezahlen.

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Kimba&Blacky
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Beitrag Do., 21.05.2015, 16:35

LynnCard hat geschrieben:Na ja, Schreien ist jetzt übertrieben, aber eben schon sehr direkt, wenn es sein muss und mich jemand die Treppe raufhetzt.
Das klingt doch schon mal gut !
Es ist besser, als wenn Du es so machen würdest wie ich es bis vor kurzem noch gemacht habe, nämlich so, dass ich so lange gewartet habe bis gar nichts mehr ging und dann richtig aggressiv ausgerastet bin.
Das war dann nicht mehr schön. Andere Menschen hatten dann auch angst vor mir, obwohl ich nur erreichen wollte, dass sie endlich mal Rücksicht nehmen.


LynnCard
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Beitrag Do., 21.05.2015, 17:08

Kimba&Blacky hat geschrieben:Das trifft eher nicht auf mich zu.
Ich habe schon sehr früh gemerkt, das ich anders als andere Kinder war und wollte deshalb so schnell wie möglich erwachsen werden. Gerade auch weil meine Eltern mich nicht so akzeptiert hatten wie ich war.
Aber die Krankheiten sowie die autistischen Züge und ADS-Verhaltensweisen haben das nicht zugelassen. Das war sehr schlimm für mich, denn ich wollte einfach nur schnell erwachsen werden, damit ich endlich meine Ruhe hatte.
Je älter ich wurde, desto schlimmer wurde meine Entwicklungsverzögerung. (Mit 16 war ich vom Verhalten angeblich wie eine 11-jährige.)
Unter den Umständen, in denen ich damals gelebt hatte, war das ein großer Fehler.
Auf der anderen Seite läuft bei Dir doch auch ein Konflikt zwischen Erwachsenseinwollen und Kindsein, weil Du (wie die meisten Fibromyalgie-Patienten) ein starkes Bedürfnis nach Unabhängigkeit hast, eben schnell erwachsen werden wolltest, aber daran gehindert wurdest, also unterdrückt wurdest, um Dich dazu zu entfalten. Und so ist es eben bei den meisten Fibromyalgie-Patienten, sie werden meistens durch eine starke Mutter und deren allzu überfürsorglicher oder erdrückender Mutterrolle daran gehindert, sich ausreichend zu entfalten zu einem eigenständigen Leben. Der Wille ist aber von Anfang sehr deutlich da, sogar oft mit einer frühzeitigen Erwachsenenrolle in der Familie, aber eben nicht wirklich ausreichend, um sich abzunabeln. Dieser ungelöste Konflikt löst dann die Schmerzkrankheit aus, die Gründe können verschieden sein, der innere Konflikt zwischen Erwachseinwollen-Kinderrollegefängnis besteht aber trotz Unterschieden. Wenn bei Dir noch Autismus und ADS mitwirken, ist das natürlich auch ein Grund, sich nicht aus dieser unterdrückten Situation herauslösen zu können.
LG Lynn

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SoundOfSilence
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Beitrag Do., 21.05.2015, 19:48

Hallo zusammen,
LynnCard hat geschrieben: Die Umsetzung des erworbenen Wissens ist nicht so einfach für mich.
Ja, DAS ist genau das Problem... Deswegen wollte ich gerne eure Erfahrungen rund um psychosomatische Krankheitsbilder/Somatoforme Störungen/Somatisierungsstörungen erfragen in diesem Thread - selbst wenn ich immer wieder von allen Seiten auf das Grundproblem mit dem Gefühle-fühlen gestoßen werde, das WISSEN darum alleine hilft eben nur bedingt. Selbst wenn ich im Grund weiß, dass z.B. die Magenschmerzen im Grunde Teil/Begleitung von Wutgefühlen sind (z.B.) - es gelingt mir längst nicht immer, diese Wut dann auch zu fühlen ohne sie (oder eben gleich mich) zu dissoziieren... Und auch wenn ich darum weiß, dass ein aktiver Umgang mit diesen ungefühlten Gefühlen wichtig ist (so wie Du deiner Angst aktiv begegnen willst, Lynn)- wie soll man das tun, wenn man sie eben nicht fühlt...
Wissen alleine reicht nicht, es braucht glaube ich auch s etwas wie ein intuitives begreifen, ein offen sein, das einschätzen-können (dafür eben auch das Unterschiede und Gleiches finden bei Anderen).

Wenn ich jetzt an die Situation denke, die mich zu diesem Faden bewogen hat, dann war es (mal wieder) ein "Ertrinken" in meinen "WAS-IST-DAS-JETZT-WIEDER-WAS-ICH-DA-NICHT-GANZ-FÜHLE"-Gedanken. Und da hilft mir ungemein, dass eben nicht alles "Somatisieren" gleich ist (etwa dass es Körpererinnerungen, Abreaktionen, Somatisierung gibt - und man d ein wenig unterscheiden kann/muss) - ich kann dann auch in mir solche Unterschiede irgendwie leichter ertragen/verstehen/akzeptieren... DANKE EUCH DAFÜR!!!

Und da fällt mir ein, was ich seinerzeit in der VT so oft gehört habe: Das Somatoforme Krankheiten sich eben auch durch diese Fixiertheit ausdrücken, die Pateinten zu viel nachdenken, in allem gleich ein Symptom sehen - aber wenn man lernt, dass Symptome ein AUSDRUCK für etwas sind, was man eben anders als andere Menschen NICHT in der direkten Kommunikation begreift, dass man es aber VERSTEHEN muss, um agieren zu können und nicht nur zu reagieren (um sich aus dem Schmerzkörper befreien zu können im besten Fall - und trotzdem bei sich bleiben kann/mag/darf) - ja wie soll man da nicht ins Grübeln kommen? Man muss es ja lernen...... Natürlich - eine Fixierung aufs körperliche Symptom ist da kontraproduktiv, aber das "WEGDENKEN" klappt eben auch nicht auf Dauer.

Also - das Symptom (egal ob Schmerz, Luftnot, Durchfall, Derealisieren etc) ernst nehmen, als Hinweis nehmen, als Anstoß für Veränderung nehmen (wenn man kann) - aber es nicht an sich zum Drehpunkt des Lebens werden lassen, nicht schon in der "Angst vor der Angst" versinken. Die Kunst soll mir mal jemand vormachen...

Einen schönen Abend,
Silence
Hello darkness, my old friend...

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Kimba&Blacky
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Beitrag Do., 21.05.2015, 20:34

LynnCard hat geschrieben:....Und so ist es eben bei den meisten Fibromyalgie-Patienten....
Ich muss mir erstmal im Internet durchlesen, was Fibromyalgie überhaupt ist. Da ich das erst machen kann, wenn ich wieder schnelles Internet habe, will ich zu diesem Thema erstmal nichts mehr schreiben.


LynnCard
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Beitrag Do., 21.05.2015, 23:26

SoundOfSilence hat geschrieben:Und auch wenn ich darum weiß, dass ein aktiver Umgang mit diesen ungefühlten Gefühlen wichtig ist (so wie Du deiner Angst aktiv begegnen willst, Lynn)- wie soll man das tun, wenn man sie eben nicht fühlt...
Wissen alleine reicht nicht, es braucht glaube ich auch s etwas wie ein intuitives begreifen, ein offen sein, das einschätzen-können (dafür eben auch das Unterschiede und Gleiches finden bei Anderen).
Ja, das waren meine Worte, bevor ich die Angst hinter der Symptomatik fühlte. Also da bin ich jetzt schon einen Schritt weiter. Ich FÜHLE die Angst und merke ganz natürlich, wie sich durch diese gefühlte Angst die Symptome aufbauen, so wie ich z. B. bedroht werde und merke, wie ich innerlich aufgeregt bin, mein Atem sich vor Angst überschlägt, ich mich beengt fühle, ich nach Luft schnappe, ich meine Muskeln vor Angst anspanne und entsprechend mein angespannter, geladener Körper zu schmerzen und beben beginnt in dieser Schrecksituation, ich mich kaum mehr konzentrieren kann, durcheinanderkomme, aus dem Konzept gebracht, panisch, in der Angst gelähmt und in der Handlung blockiert und gleichzeitig sprunghaft, nervös, aber auch ohnmächtig und erschöpft. Das fühle ich jetzt endlich ganz automatisch, aber ich kann die Angst selbst noch nicht wirklich abbauen, weil ich mich eben so fühle.

Es ist kein Gedanke oder eine intuitive Annäherung, sondern einfach mein besch*** Angstgefühl, das sehr direkt und ungebremst in mir sitzt und nicht mehr verdrängt mehr werden kann, auch nicht ausgeblendet, sodass ich nur die Symptomatik sähe als körperliche Krankheit. Nein, es ist meine Angst, die sich ausdrückt. Aber meine Angst bleibt eben, die Angst meines Traumas, aber auch aus aktuellen Gründen, weil ich mich einfach überfordert fühle und Angst habe, es nicht zu schaffen. Und weil diese Angst sich so deutlich manifestiert in einer klaren Körpersprache der Symptomatik, bin ich sozusagen überwältigt davon und fühle mich der Angst(symptomatik) ausgeliefert. Und genau daran muss ich arbeiten. Ich FÜHLE, muss aber mit diesen gefühlten Angst-GEFÜHLEN auch noch fertigwerden. Das wäre der nächste Schritt bei mir.

@Kimba: Ich würde auch noch unter Anhaltende somatoforme Schmerzstörung googlen, das gehört in das gleiche Schmerzspektrum wie die Fibromyalgie.
LG Lynn

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SoundOfSilence
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 21:50

Guten Abend zusammen,

ich denke drüber nach, wie ich das eigentlich mache, dass die Angst, wenn ich sie denn endlich als Angst fühle, mich dann nicht mehr so gefangen hält. Denn gefangen halten mich eher die Symptome - die Gefühle (wenn dann die Zuordnung geklappt hat) "vergehen" tatsächlich auch einfach ein bischen durch das gefühlt werden. Natürlich nicht komplett, wenn ich etwa vor einem schwierigen Gespräch Angst habe, dann kann ich zwar Gegensteuern, indem ich mich vorbereite, auf meine Stärken besinne, einen Plan für den worst case mache etc - aber da bleibt schon Angst "übrig". Das kann ich relativ gut akzeptieren, auch weil ich weiß, dass diese Art der Angst insofern gut ist, als dass sie mich wachsam macht. UND dass sie vergeht, sobald die Situation eintritt, der sie gilt. Die alte Angst, die mich überfällt weil eine Erinnerung kommt, die verschwindet tatsächlich, sobald ich mir selber klar vor Augen führen kann, dass es eben nur eine "alte" Angst ist. Mehr Schwierigkeiten macht mir die Angst vor der Angst/Symptomatik, weil die Wachsamkeit, die dadurch entsteht eben keine gute ist, weil ich mit mir selber schimpfe deswegen, weil sie mich gleichzeitig warnt, solche Situationen zu meiden (wieder mal ein "bist selber Schuld wenn Du das machst und dann Angst kriegst...")
Mmmh - unterm Strich war glaube ich die wichtigste Erfahrung im "Meistern der Angst" die, dass ich ANGST HABEN DARF, dass ich mir selber sagen kann "du hast Angst, das ist ok, da kommst du durch, das geht auch wieder weg" - dafür habe ich lange gebraucht. Das hat mich innerlich irgendwie immer total trotzig gemacht, und hilflos. Ich kann sozusagen ins Wasser fallen ohne darin zu ertrinken - jetzt. Aber gut - auch nicht immer...

Ich merke auch immer wieder mal, dass es bi mir längst nicht nur um Angst geht. Oft ist es Angst, und oft macht Angst alles schlimmer. Auch die "typischen" Symptome, die ich wirklich schon lange kenne (Durchfall etc) stehen oft mit Angst in Zusammenhang, aber andere Gefühle machen mir durchaus auch Probleme bzw. tauchen eben erstmal nur als körperl Syptom und nicht als Gefühl auf. Ärger/Wut ist so eine Baustelle. Trauer. Ich habe dann echt eher ein Globusgefühl (so nenne ich persönlich das für mich nie, für mich ist das ein Kloß im Hals) oder echt keine Stimme mehr (ohne Erkältung...) - und diese Probleme verschwinden wie von Zauberhand, wenn ich merke und wahrnehme, dass ich traurig bin (und warum). Auch das stärkere dissoziieren steht letztlich damit in Verbindung, wobei ich (noch) nicht weiß, ob es mit einem konkreten Gefühl zu tun hat, oder einfach durch ein "zu viel" an unterdrücktem Gefühl entsteht. Vielleicht ja auch durch Angst vor Gefühl...? Dabei weiß ich doch inzwischen, dass ein Gefühl eben auch wieder "vorbei" geht... Aber, wie schon festgestellt, wissen reicht eben nicht.

Eine gut Nacht,
Silence
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Kimba&Blacky
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 23:01

Ich werde mich jetzt aus diesem Thread verabschieden, da ich erstmal viel darüber nachdenken muss.
Euch wünsche ich alles Gute und vor allem gute Besserung !

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