Vorsicht der Stuhl

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Jenny Doe
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Beitrag Fr., 23.01.2015, 18:36

Gefunden! Jetzt habe ich ein suchfreies Wochenenede

Ein verhängnisvolles Zusammenspiel.
Misslungene Psychotherapie aus Klientensicht

http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servl ... d_2009.pdf
Neben den genannten Definitionen finden sich in der Literatur verschiedene Ansätze,
Therapiemisserfolg zu klassifizieren. Märtens & Petzold (2002) unterscheiden etwa:
1) Unvorhersehbare Komplikationen, die aber als Möglichkeit bekannt sind (Risiken)
2) Auf die Behandlung in einer gewissen Häufigkeit direkt zurückzuführende, unerwünschte Phänomene (Nebenwirkungen)
3) Wechselwirkungen mit anderen eingesetzten psychotherapeutischen Methoden bzw. medizinischen oder sozialen Interventionen und Einflüssen aus dem Lebenskontext
4) Durch nicht lege artis durchgeführte Behandlungen verursachte Schäden (Behandlungsfehler).
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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sandrin
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Beitrag Fr., 23.01.2015, 18:38

Die hab ich schonmal gepostet. Lohnt sich definitv zu lesen.


Jenny Doe
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Beitrag Fr., 23.01.2015, 18:47

@ Sandrin,

jaaaa, super Dissertation. Ich liebe sie.

Aber ich stolpere über etwas:
Wenn auf dem Beipackzettel eines Medikaments als Nebenwirkung steht "Nierenversagen", was habe ich dann, wenn ich das Medikament einnehme und meine Nieren versagen? Habe ich eine Nebenwirkung oder einen (anderen, neuen) Schaden?
Was meint ihr?
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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sandrin
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Beitrag Fr., 23.01.2015, 18:55

Ich würd sagen eine unerwünschte Wirkung

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Solage
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Beitrag Fr., 23.01.2015, 20:53

Vielen Dank Jenny!

Finde die Dissertation sehr gut.

Wenn mich der Inhalt auch erschreckt und sehr nachdenklich gemacht hat....so wirkte er auch wieder entlastend auf mich.

Ich finde mich darin wieder in: Ohnmacht und Auslieferung sowie in Selbsterniedrigung und Herabsetzung. Die Schuldzuweisung an mich selbst.
Habe auch mit körperlichen Symptomen wie Herzbeschwerden etc. reagiert.

Dadurch hatte sich in meiner Therapie das wiederholt, was mich in die Therapie führte.

Als ich mich dann endlich traute Kritik zu üben, wurde ich schroff zurechtgewiesen....

Schließlich blieb mir als Selbstrettung nur noch der Therapieabbruch. Was mir allerdings sehr schwer gefallen ist.

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Solage
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Beitrag Fr., 23.01.2015, 20:58

Jenny, Deine Frage bezüglich des Nierenversagens.....hmmmm...interessant.

Wenn ich das Medikament einnehme und dieses ein Nierenversagen verursachen kann, bin ich ja selbst verantwortlich. Ist mir diese Nebenwirkung ja bekannt und ich nehme diese in Kauf. Da ist dann der verschreibende Arzt sowie das Pharmaunternehmen aus dem Schneider.

Da ist es vielleicht besser, wenn so ein Beipackzettel für Psychotherapien gar nicht so umfangreich ausfallen sollte...

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Solage
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Beitrag Fr., 23.01.2015, 23:52

Noch ein Beispiel zu Nebenwirkungen und Therapieschaden:

http://www.aerztezeitung.de/medizin/kra ... ungen.html

"Professor Rainer Hellweg von der Charité in Berlin differenzierte auf dem Symposium zwischen Nebenwirkungen, die er als eine unbeabsichtigte, negative Auswirkung einer Therapie sah und Therapieschäden.

Als Beispiele für Nebenwirkungen nannte er etwa eine starke, aber vorübergehende Abhängigkeit vom Therapeuten aufgrund einer eingeschränkten Selbsthilfefähigkeit und emotionalen Instabilität.

Kommt es zu einer dauerhaften Abhängigkeit oder einer malignen Regression, wenn Patienten also zunehmend vor den Anforderungen der Außenwelt flüchten, sei dies jedoch ein Therapieschaden. Auch der zwanghafte Wunsch eines Patienten, ein Kindheitstrauma zu suchen, das für alle aktuellen Probleme verantwortlich ist, falle in diese Kategorie."


pandas
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Beitrag Sa., 24.01.2015, 00:03

Gut formuliert.

Nur geht es ja in einem Verfahren wie der Psychoanalyse nicht um aktuelle Probleme ...

... auch ist die Frage, warum er die Suche nach einem solchen Trauma auf die Kindheit beschränkt.
Dazu können ja ebensogut alle anderen späteren Trauma verwendet werden.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


pandas
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Beitrag Sa., 24.01.2015, 00:13

sandrin hat geschrieben:Dann wird es Zeit, die signifikatorische Prägung des Begriffs zu erweitern!
sandrin, ich habe aber dafür plädiert, das nicht zu tun - ich habe es nicht aus Gag geschrieben, dass es eine solche gibt.

Aus den angeführten Gründen würde ich es gut finden, wenn der Begriff Supervision dabei verbleibt, die Fachberatung für Fachkräfte zu bezeichnen - da diese hier eine andere Verantwortlichkeit für das Therapiegeschehen haben. Wenn nun auch die Therapieberatung für Patienten Supervision heisst, dann schwingt mE zu sehr mit, dass die Patienten Verantwortung an negativen Therapieverläufen hätten. Ausserdem kann ein Supervisor wohl nicht hinreichend beurteilen und erkennen, welche Anteile der Patient wirklich hat.
Deswegen bin ich dafür, dass Therapieberatung für Patienten Therapieberatung heisst, unter Umständen auch Zweitmeinung.
Zuletzt geändert von pandas am Sa., 24.01.2015, 00:18, insgesamt 1-mal geändert.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


pandas
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Beitrag Sa., 24.01.2015, 00:17

Jenny Doe hat geschrieben:Aber ich stolpere über etwas:
Wenn auf dem Beipackzettel eines Medikaments als Nebenwirkung steht "Nierenversagen", was habe ich dann, wenn ich das Medikament einnehme und meine Nieren versagen? Habe ich eine Nebenwirkung oder einen (anderen, neuen) Schaden?
Was meint ihr?
Eine Nebenwirkung.
Meiner Erfahrung nach ist es eher unwahrscheinlich, dass Ärzte dann fragen, ob es zu dem Nierenversagen auch ohne das Medi gekommen wäre.
Vielmehr wollen ja alle Ärzte gleich immer wissen, ob man Medikamente nimmt und wenn ja welche.

Aber wenn das als mögliche Nebenwirkung angegeben war, war es Dein Risiko. Du hast keine Ansprüche gegen den Pharmakonzern.
Die Krankenkasse bezahlt (wie sonst auch) die Behandlung des Nierenversagens.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Solage
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Beitrag Sa., 24.01.2015, 00:38

Ich war und bin tatsächlich wegen aktueller Probleme in einer psychoanalytischen Therapie.

.....da geht es wohl um den Wunsch des Patienten....ein Kindheitstrauma zu suchen, DAS für ALLE AKTUELLEN PROBLEME VERANTWORTLICH IST.
Das heißt jetzt für mich, dass ich mich aus meiner eigenen erwachsenen Verantwortung bequem zurückziehen kann....und ich bleibe in einer Negativspirale hängen......hängen....hängen....
aus welcher ich schwer wieder rauskomme.

Wenn Therapeuten Patienten im "kindlichen Opferstatus" bestärken, dann braucht das u. U. gaaaaanz viele Therapiejahre. Ist diese Rolle doch fixiert.

Oder eben den Fokus auf das Hier und Jetzt richten.


pandas
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Beitrag Sa., 24.01.2015, 02:01

Ja, insgesamt kann ich den Gedanken des Prof Hellweg nachvollziehen. Er ist wohl auch Psychiater. Ich bezweifele, dass er Psychoanalytiker ist. Ein klein wenig klingt es für mich schon wie eine generelle Kritik an der Psychoanalyse.
Fakt ist doch, dass in den Deutungen sich oft auf Erlebnisse, Abläufe etc. in der Kindheit bezogen wird. Es werden doch so aktuelle Probleme anhand von der Vergangenheit "geklärt" (oder auch nicht).

Bei meinen beiden Analytischen Therapien ist es auch so, dass aktuelle Probleme nicht im Vordergrund stehen.
Es wird nach meinem Gefühl zu viel und auch eher zu schnell an Kindheitserinnerungen angeknüpft.

Gut, im Moment ist da auch Bedarf, aber wenn es so bleibt, geraten insgesamt die aktuellen Probleme wieder zu kurz.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


Widow
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Beitrag Sa., 24.01.2015, 03:07

Da man hier gerade wieder so abhebt auf "Autoritäten":
Habt Ihr Euch mal den CV von jenem Hellweg angeschaut? http://psy-ccm.charite.de/fileadmin/use ... M-2014.pdf
Einer, der sowas als CV ins I-Net stellt, hat ein Problem.
(Das kann man auch präzise benennen: Der ist nur apl-Prof. geworden.)

Ich hab mich lange nicht mehr fremdgeschämt, jetzt war's so weit.


Über jene "signifikatorische Prägung" übrigens bedüfte ich bei Gelegenheit der Aufklärung. (Das Lexem "signifikatorisch" gibt es in keinem der mir verfügbaren Wörterbücher/Lexika; und die Bedeutung der Phrase: "signifikatorische Prägung des Begriffs" vermag ich nicht zu ergoogeln.)

w


pandas
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Beitrag Sa., 24.01.2015, 04:17

Ich frage mich, wer hier auf Autoritäten abhebt.

Der Artikel von Hellweg, den Solage gegooglet hat, passt sehr gut zum Thema, das im Thread verhandelt wurde und noch wird. Keine hat jedoch geschrieben, dass der Artikel die nonplusultra Weisheit ist, sondern er bietet Anhaltspunkte als auch eine Sichtweise einer Fachperson. Ich kann hier niemand erkennen, der auf ihn per se abhebt.
[Ich kann mich aber an andere Stellen im Forum erinnern, wo gewählte Autoritäten vehement gegen kritisches Hinterfragen verteidigt wurden.]

"signifikatorische Prägung des Begriffs" - Seit wann hält Google Erklärungen für jegliche Wortzusammenhänge bereit?

Der Sinn eines Satzteiles kann sich durch den weiteren Zusammenhang und den Wortbedeutungen in ihrem Zusammenhang ergeben.
Ich habe es ja auch recht ausführlich in dem entsprechenden Post erklärt ...

Widow, da es ja auch an sandrin ging, sehe ich mich jetzt nicht verpflichtet, es Dir zu erklären.
Ja, natürlich, die Posts sind in den öffentlichen Foren nie nur für einen User bestimmt, dennoch müssen mE nicht alle User immer alles verstehen. Das wäre auch sehr schwierig zu gewährleisten, da die Hintergründe der User verschieden bis sehr verschieden sind.

Im Groben geht es darum, dass Wörter in kulturellen und/oder sozialen Zusammenhängen Bedeutungszuschreibungen erfahren, die auch bei einem Fremdwort, das übersetzt dies oder jenes ergibt, nicht unbedingt deshalb aufgebrochen werden müssen - insbesondere wenn es dann zu Bedeutungsverzerrungen kommt, welches ich für gegeben sehen würde, wenn Supervision nunmehr sich nicht mehr nur auf die Leistung für Fachkräfte beziehen soll, sondern auch auf Beratung für die Patienten. In Supervision geht es immer auch um die Verpflichtung, seinen Beruf würdig auszuüben. Patienten sind aber nicht verpflichtet, methoden- und theorieentsprechend als Patienten zu agieren.
Aber das schrieb ich ja schon im vorigen Post ...

^^... aber es freut mich ja, wenn ich immer wieder so gründlich gelesen werde ... ^^

Ausserdem habe ich nach einem Lebenslauf von Prof Hellweg gesucht und ihn nicht selbst gefunden. Das war eine gute Idee, uns hier einen Lebenslauf bereitzustellen.
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Jenny Doe
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Beitrag Sa., 24.01.2015, 05:15

@ Solage
Als Beispiele für Nebenwirkungen nannte er etwa eine starke, aber vorübergehende Abhängigkeit vom Therapeuten aufgrund einer eingeschränkten Selbsthilfefähigkeit und emotionalen Instabilität.

Kommt es zu einer dauerhaften Abhängigkeit oder einer malignen Regression, wenn Patienten also zunehmend vor den Anforderungen der Außenwelt flüchten, sei dies jedoch ein Therapieschaden.
http://www.aerztezeitung.de/medizin/kra ... ungen.html

Da zeigt schön, wie fließend die Grenzen zwischen Nebenwirkung und Schaden sind. Ich muss bei diesem Zitat an unsere zahlreichen Diskussionen über das Thema "Abhängigkeit" hier im Forum denken, an die Kontroversen hier im Forum zwischen "Abhängigkeit ist normal und gehört dazu" und "mir hat es geschadet". Die Frage ist wohl, wie die Abhängigkeit im Einzelfall genau aussah.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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