Muss man seinen Eltern alles verzeihen? wo ist Schluss?

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.

Feenya
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Beitrag Fr., 06.03.2015, 14:11

blade hat geschrieben:meinte ich eigentlich nicht so.
Ich meine eher, daß zu Vergebung gehören: Umkehr des Täters, Wiedergutmachungsbestrebungen und Unrechtseinsicht.
dann obliegt es aber immer noch dem Opfer zu entscheiden, ob es zu Vergebung bereit ist oder nicht.
[...]
einseitige Vergebung (das Opfer hält die andere Wange hin) halte ich hingegen für verderblich
denn dann werden sich 99,9% aller echten Täter (Leute, die zwar Unrechtsbewusstsein haben, denen das aber piepegal ist)
denken: "Super! Ich mach einfach weiter. Sollen die armen Opfer sich doch ihren Illusionen hingeben. Die wollen es offenbar nicht anders!"

Danke, für deine Erklärung. Jetzt verstehe ich dich besser.

Ja, die letzte Entscheidung sollte beim Opfer liegen. Wenn es so sehr verletzt ist, dass es ein "Schuldeingeständnis" einfach nicht annehmen kann, dann sollte sich das Opfer nicht zur Vergebung genötigt fühlen.
So habe ich dich jedenfalls verstanden.

Und dein zweiter Gedankengang ist schon etwas verzwickter.
Ja, die andere Wange hinhalten, würde bedeuten dem Täter einen Freibrief zu geben. Damit hast du absolut recht.

Trotzdem ist es eine verzwickte Sache.
In diesem Thread geht es ja um unsere Eltern, die uns zu Opfer machten.
Die gehen ja nicht raus und suchen sich immer wieder neue Opfer. Sondern sie tun "nur" ihren Kindern Unrecht an. Und da gibt es dann eben nur ein Kind, zwei, drei, vier, .... Kinder. Dann ist schon Ende der Fahnenstange bei Opfern.
Solange die Kinder von den Eltern abhängig sind, können diese Taten geschehen.
Wenn sich die Kinder befreien ... dann gibt es auch keine Tat mehr.

Mein Bruder hat sich so daraus befreit, dass er 300 km weit weg "geflüchtet" ist, und ich habe mich durch den Kontaktabbruch befreit.
Meine Mutter war also schon irgendwie gestraft. Sie durfte am Leben ihrer Kinder nicht mehr teilhaben.
Und - glaube mir - das ist für eine Mutter eine harte Strafe.

Deine These, auf andere Straftaten umgelegt, hat natürlich seine Richtigkeit. Wenn Opfer schweigen, sie "verzeihen", dann haben Täter einen Freibrief.
Aber dazu haben wir die Justiz, an die sich jedes Opfer wenden darf. Sobald sich ein einziges Opfer erfolgreich gegen den Täter durchgesetzt hat, gibt es ein Stopp, durch bedingte oder unbedingte Haftstrafe, oder Unterbringung.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

*Albert Einstein*

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blade
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Beitrag Fr., 06.03.2015, 14:34

Hallo Feenya,

verstehe ich Sie da richtig?
Sie meinen also, dadurch, daß Ihre Mutter durch die Trennung von Ihren Kindern leidet (falls Sie das tut), sei einer Art irdischen Gerechtigkeit Genüge getan?

Ich weiß nicht. Für mich würde ich das so nicht annehmen wollen.
Klingt für mich so wie: Alles im Eimer. Mission erledigt. (und ich suspiziere hier doch das eine oder andere versteckte Rachegefühl, wobei ich mir bzgl. Rache nicht so sicher bin, ob oder ob nicht diese Berechtigung hat/haben kann.).
Ich würde das für mich nicht wollen, weil ich mich dann doch wieder auf die Befindlichkeit meiner Mutter fokussieren müsste, das würde mich aber irgendwie dann doch wieder von ihr abhängen lassen....?

Ich bin mir, was meine Mutter betrifft nicht sicher. Ich schätze das liegt aber weniger an mir als an ihr, weil sie eben für mich widersprüchlich, inkonsistent und manipulativ rüber gekommen ist. Immer. Verlogen eigentlich.
Ich will mir jetzt einfach nicht mehr überlegen, was in meiner Mutter vorgehen könnte und was nicht. Habe ich lange Jahre getan, habe versucht sie zu verstehen, hat mir geschadet.

Aber da sie sich nach innen immer anders verhalten hat als nach außen, da sie gezeigt hat, daß sie genau wusste wie sich der Umwelt gegenüber zu zeigen hatte, bin ich eher geneigt sie für eine Psychopathin der Sonderklasse zu halten.
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ubeda
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Beitrag Fr., 06.03.2015, 16:07

blade hat geschrieben:
an ubeda

habe langsam die Befürchtung, daß ich drauf und dran bin Ihren Thread zu dominieren.
fühle mich für das Thema entbrannt
sollte Ihnen das nicht genehm sein, dann weisen Sie mich bitte darauf hin
sollten Sie eine komplette Dispension meiner Beiträge hier wünschen, dann werde ich mich daran halten.
sollten Sie eine Reduktion meiner Beitragsdichte für erforderlich halten, werde ich mich ebenfalls daran halten.

Nee nicht aufhören - danke blade - nur weiter so - finde alles sehr bereichernd was da kommt!

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ubeda
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Beitrag Fr., 06.03.2015, 16:21

Tupsy71 hat geschrieben: ubeda, du schreibst, dass du auch viel Zorn in dir hast. Richtest du das auch gegen dich selber???
Ich frage deshalb, weil ich naja , ich spüre in letzter Zeit irgendwie ne Wut oder so, doch bin ich mir nicht sicher, ob es sich gegen die Eltern und Co richtet. Ich meine damit, dass ich es eher auf mich empfinde, als dort wo es eigentlich hin gehört. Ich weiß ja, dass dies nicht richtig ist, doch ich glaub, ich schaffe es irgendwie nicht es mir zu erlauben, sauer auf die Eltern zu sein. ...........
Tupsy
Hallo Tupsy, nein ich richte den Zorn nicht gegen mich selbst. nicht direkt zumindest..... aber ich habe dauernd eine WUT in mir... Wut gegen alle möglichen Menschen um mich rum die mich "NERVEN" ... und damit schade ich indirekt auch mir selbst!
Ich vermute das sind alles irgendwelche Ersatz-menschen, Blitzableiter für die Wut auf meine Eltern...?

Ich bin total wütend auf meinen Vater, aber bei meiner Mutter ist der Zorn nicht so klar. Es schwankt zwischen Wut und Mitleid. Ich weiß auch nicht was sich besser anfühlt, einerseits hoffe ich ja noch, dass sie mich doch irgendwie liebt und andererseits weiß ich aber, dass sie all diese Fiesheiten meines Vaters immer mitangesehen hat....

Und diese Wut tut mir überhaupt nicht gut. Ich will dass sie verschwindet. Es ist so ein NEGATIVES Gefühl. Mein vater war ja auch immer wütend wenn er auf uns losgegangen ist... es ist so als hätte er dieses gefühl auf mich übertragen. widerlich ist das!
und genau deshalb finde ich mich auch so wenig liebenswert... wer will denn schon so eine wütende Frau haben???

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ubeda
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Beitrag Fr., 06.03.2015, 16:27

blade hat geschrieben:Hallo Feenya,

verstehe ich Sie da richtig?
Sie meinen also, dadurch, daß Ihre Mutter durch die Trennung von Ihren Kindern leidet (falls Sie das tut), sei einer Art irdischen Gerechtigkeit Genüge getan?

Ich weiß nicht. Für mich würde ich das so nicht annehmen wollen.
Klingt für mich so wie: Alles im Eimer. Mission erledigt. (und ich suspiziere hier doch das eine oder andere versteckte Rachegefühl, wobei ich mir bzgl. Rache nicht so sicher bin, ob oder ob nicht diese Berechtigung hat/haben kann.).
Ich würde das für mich nicht wollen, weil ich mich dann doch wieder auf die Befindlichkeit meiner Mutter fokussieren müsste, das würde mich aber irgendwie dann doch wieder von ihr abhängen lassen....?
Ich merke, dass mein Kontaktabbruch auch sehr schlimm für meine Mutter ist.
Sie versucht ständig irgendwie wieder Kontakt herzustellen. Da kommen Briefe und Emails etc.

Aber: dieses "Rachegefühl" hat mir nur am Anfang (als ich noch total sauer auf sie war) etwas geholfen.
Letztendlich bringt es mich überhaupt nicht weiter & das gute Gefühl ist inzwischen auch verschwunden.

DIe IRDISCHE Gerechtigkeit gibts für mich nicht. Bzw. sie hilft mir nicht weiter... weil es MIR mit dem Kontaktabbruch letztendlich auch nicht automatisch GUT geht.
Ich schütze mich vor weiteren Verletzungen, OK. Das ist der einzige SINN der Aktion.
Das, was ich mir WÜNSCHEN würde ist damit aber trotzdem noch genauso weit weg wie vorher....


Feenya
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Beitrag Fr., 06.03.2015, 18:02

blade hat geschrieben:Hallo Feenya,

verstehe ich Sie da richtig?
Sie meinen also, dadurch, daß Ihre Mutter durch die Trennung von Ihren Kindern leidet (falls Sie das tut), sei einer Art irdischen Gerechtigkeit Genüge getan?

Nein, es ist einfach schwierig zu erklären. Meine Gefühlswelt halt.

Es ist eher so etwas wie:
blade hat geschrieben:Ich will mir jetzt einfach nicht mehr überlegen, was in meiner Mutter vorgehen könnte und was nicht. Habe ich lange Jahre getan, habe versucht sie zu verstehen, hat mir geschadet.
Dass eine Mutter unter der Trennung der Kinder leidet, ist nur ein Nebeneffekt. Das war weder von meinem Bruder, noch von mir, so gewollt war. Und schon gar nicht als "gerechte" Strafe.

Aber für eine Mutter ist das nicht schön. Das weiß ich, als Mutter von erwachsenen Kindern, selber.
Für eine Mutter muss sich der Kontaktabruch wie eine "kleine Folter" anfühlen. Es zerreißt wohl schier das Herz.

Das waren einfach meine Gefühle, wenn ich versucht habe reinzuspüren, was mein Verhalten in meiner Mutter ausgelöst haben könnte.
Meine Mutter war ja nicht durch und durch schlecht. Auf ihre Art hat sie uns ja alle geliebt. Und - das muss ich natürlich auch sehen - sie hat an anderer Stelle sehr wohl auch für uns gekämpft, wie eine Löwenmutter.

Trotzdem musste ich dann eines Tages die Entscheidung treffen, welches Wohl mir wichtiger ist. Das meiner Mutter, oder doch meines?


Mein Bruder und ich haben die Mutter "los gelassen" und ihr "vergeben" (= nicht mehr länger in Auseinandersetzung gehen, sondern auf Lösung und Einsicht, von Seiten der Mutter, zu verzichten)

Weil wir beide festgestellt haben, dass es uns mehr schadet, als nutzt.
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Tupsy71
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Beitrag Fr., 06.03.2015, 23:59

Feenya, Hut ab, dass ihr das geschafft habt. Also nicht mehr auf ein klärendes Gespräch zu hoffen (falls ich es richtig verstanden hab). Wie habt ihr es nur geschafft euch innerlich zu befreien? Tut es euch nicht mehr weh? Also all das Geschehene meine ich!?
Ich bin über 40 und seit vielen Jahren in Therapie und doch schaffe ich es noch immer nicht mich zu befreien. Gefühle kann man nicht steuern -denk- deshalb ärgert es mich so, dass ich das Los lassen nicht hinbekomme

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candle.
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 00:11

Feenya hat geschrieben: Für eine Mutter muss sich der Kontaktabruch wie eine "kleine Folter" anfühlen. Es zerreißt wohl schier das Herz.
Ich habe mal gehört, dass das gar nicht so sein muß bei Persönlichkeitsstörungen. Jedenfalls war denen mein Herz offenbar egal.

Ich habe jetzt nicht alle deine Beiträge hierzu gelesen Feenya, aber seid ihr schon lange getrennt? Solange du dein Gefühl noch auf deine Mutter überträgst (was Mütter so fühlen müßten), bist du sie emotional vielleicht nicht ganz los, aber man kann ja auch nicht alles wegwischen.

Mir geht es ganz gut ohne Familie, die Streitereien usw., dennoch denke ich natürlich auch ab und an mal an alte Zeiten.

candle
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Feenya
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 07:57

Tupsy71 hat geschrieben:Feenya, Hut ab, dass ihr das geschafft habt. Also nicht mehr auf ein klärendes Gespräch zu hoffen (falls ich es richtig verstanden hab). Wie habt ihr es nur geschafft euch innerlich zu befreien? Tut es euch nicht mehr weh? Also all das Geschehene meine ich!?
Ich kann nur für mich sprechen. Wie es in meinem Bruder tatsächlich aussieht, weiß ich nicht. Er lässt sehr oft den Clown raushängen, und klärt sehr vieles mit sich selber. Ich übrigens auch. Darum gehen unsere Gespräche auch nicht so sehr in diese Tiefe.
Ich weiß nur, dass er mich vor Jahren einmal gefragt hat: "Feenya, wie gehst du eigentlich mit unserer Mutter, und dem was sie uns angetan hat, um?" - Meine Antwort war dann, spontan und ohne lange nachzudenken: "Ich habe ihr vergeben. Aber vergessen werde ich es nie."
Und er hat gemeint: "Ja, so sehe ich es auch." Und damit hatten wir unser "Einverständnis" und haben darüber nicht mehr weiter nachgebohrt. (Was verstehst du unter "Vergeben"? etc.)

Dieser beidseitigen "Feststellung" waren in den Jahren zuvor natürlich Klärungsgespräche mit der Mutter vorausgegangen.
Diese Gespräch hatten - im ersten Anschein - gefruchtet. Aber schon nach drei Tagen war "Alles ja gar nicht so schlimm, und wir Kinder waren nur zu empfindlich und bilden uns etwas ein, was es nie gegeben hat." - Kennen wir ja eh alle, gell?

Wie es mir gelungen ist mich innerlich von ihr zu befreien? Keine Ahnung. Da kann ich auch keinen Tipp dazu geben.
Das wäre so, als ob mich ein Analphabet fragen würde, wie es mir gelungen ist lesen zu lernen. Oder, als ob mich ein Mensch mit Dyskalkulie fragen täte, warum es mir möglich ist die Rechnung "122.659 mal 493" ohne Taschenrechner zu lösen.
Es hat im Gehirn einfach irgendwann *klick* gemacht, und meine Mutter war wie eine "Frau aus unserem Dorf" für mich.
Ein Mensch, den ich von klein auf kenne, demgegenüber ich mich zwar respektvoll verhalte, aber zu dem mir die echten Emotionen fehlen. Eine Frau halt, mit der ich aufgewachsen bin. Mehr aber nicht.
candle. hat geschrieben: Ich habe mal gehört, dass das gar nicht so sein muß bei Persönlichkeitsstörungen. Jedenfalls war denen mein Herz offenbar egal.

Ich habe jetzt nicht alle deine Beiträge hierzu gelesen Feenya, aber seid ihr schon lange getrennt? Solange du dein Gefühl noch auf deine Mutter überträgst (was Mütter so fühlen müßten), bist du sie emotional vielleicht nicht ganz los, aber man kann ja auch nicht alles wegwischen.
Persönlichkeitsstörungen sind natürlich wieder etwas anderes. Wie die ticken und denken, haben wir doch gerade im "Mobbing-Thread".

Meine Mutter ist schon einige Jahre lang tot. Und zu ihren Lebzeiten waren es auch einige Jahre, in denen ich den Kontakt nicht mehr gesucht habe. Insgesamt werden es wohl so 15 Jahre sein, seit ich sie losgelassen habe.

Naja, ganz vergessen kann man seine Mutter ja nie (emotional nicht ganz losgelassen). Außerdem zieht man wohl, für ähnliche Lebenssituationen, automatisch Schlüsse zwischen sich und der Mutter.
Wenn man da bei Adoptivkindern hinsieht, dann spielen in deren Leben doch auch die leiblichen Eltern eine Rolle, obwohl sie die (aktiv) nie kennengelernt haben.
Zuletzt geändert von Feenya am Sa., 07.03.2015, 08:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Bumpam
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 08:11

Hallo Feenya,
ich bin auch beeindruckt davon, dass Du das mit dem Kontaktabbruch durchgezogen hast, und ich kann auch gut nachvollziehen, dass Du als Mutter Dir automatisch vorstellen kannst, wie das für eine (Deine) Mutter sein muss...
Ich hätte da eine Frage, wenn das ok ist?
Feenya hat geschrieben: Ja, die andere Wange hinhalten, würde bedeuten dem Täter einen Freibrief zu geben. Damit hast du absolut recht.

Trotzdem ist es eine verzwickte Sache.
In diesem Thread geht es ja um unsere Eltern, die uns zu Opfer machten.
Die gehen ja nicht raus und suchen sich immer wieder neue Opfer. Sondern sie tun "nur" ihren Kindern Unrecht an. Und da gibt es dann eben nur ein Kind, zwei, drei, vier, .... Kinder. Dann ist schon Ende der Fahnenstange bei Opfern.
Solange die Kinder von den Eltern abhängig sind, können diese Taten geschehen.
Wenn sich die Kinder befreien ... dann gibt es auch keine Tat mehr.
Ist nicht das genau die Art wie man "die andere Wange" weiter hinhält, indem man eben den Kontakt aufrecht hält? Also, weil man die Eltern irgendwie versteht und irgendwie sieht dass sie ja auch Opfer waren und weil sie jedenfalls unter dem Kontaktabbruch leiden würden und es als Strafe auffassen würden (auch wenn das nicht die Intention dahinter ist), sich weiter wehtun läßt? War das bei Dir der Fall, dass Du gemerkt hast, es tut weiter weh, in Kontakt zu sein? Oder eher so, dass es die Voraussetzung dafür war, keine Einsicht mehr zu erwarten?

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Bumpam
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 08:13

Ups, da haben sich die Antworten überschnitten....

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Krang2
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 08:17

Hallo,
ich möchte etwas zur Eingangsfrage schreiben, da ich es mit meiner Mutter auch nicht immer leicht hatte.

Wenn es nicht anders geht und man ansonsten psychisch kaputtgeht, kann ein Kontaktabbruch schon eine Lösung sein. Falls möglich, finde ich es aber besser, wenn man den Kontakt weiter hält (vielleicht etwas loser, nicht so intensiv), aber den Eltern/Angehörigen durch seine Reaktionen zeigt, daß man nun erwachsen ist und sich auch entsprechend von verbalen Angriffen abgrenzt. D.h. auf einen Wutausbruch oder einen Vorwurf reagiert man anders als früher, weil man nicht mehr so hilflos ist. Ich mache das so, daß ich mir vorstelle, wieviel ich "erlauben" würde, wenn das ein Freund und kein naher Angehöriger wäre. Psychisch kranke Eltern kann man, wenn sie sich kindisch und uneinsichtig benehmen, auch mal wie Kinder behandeln. Ich habe meine Mutter auch mal wie ein Kind vor die Tür gestellt und gesagt, sie dürfe wiederkommen, wenn sie sich wieder benehmen kann. Oder wenn ich beleidigt werde oder einen Eingriff in meine "Privatsphäre" und Eigenständigkeit bemerke, dann erkläre ich das und kündige eine Konsequenz an, falls das weitergeht.
Zunächst wird der Verwandte sehr zornig und noch beleidigender reagieren, aber nach kurzer Zeit, nach ein paar Widerholungen, wird er merken, daß sein schlechtes Benehmen "abprallt" und man sich nicht mehr so behandeln läßt. Man wirkt damit vielleicht "kalt und herzlos", aber Grenzen setzen verlangt nun mal scheinbare Taktlosigkeit und Unhöflichkeit, nachdem man höflich nicht weitergekommen ist. Ich glaube, daß das am Ende auch dem Verwandten nutzt, diese Klarheit, da er auf sich selbst zurückgeworfen wird.

Das bedeutet aber gleichzeitig trotzdem, daß man innerlich dem anderen verzeiht. Man toleriert das Verhalten nicht (wehrt sich), aber man kann demjenigen dennoch vergeben (emotional). Wenn jemand seine Wut an einem ausläßt, kann man ihm möglichst ruhig sagen, daß man das so erkennt, aber es nicht verdient hat und derjenige es bitte sein lassen soll.


Feenya
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 08:30

Bumpam hat geschrieben: War das bei Dir der Fall, dass Du gemerkt hast, es tut weiter weh, in Kontakt zu sein? Oder eher so, dass es die Voraussetzung dafür war, keine Einsicht mehr zu erwarten?

Uiii, schwierig.

Die Gesamtsituation war so verfahren, dass ich einfach nur gehen wollte/musste. Ich wollte mich nicht weiter verletzen lassen. Natürlich auch unter der Erkenntnis: "Reden bringt eh nix mehr. Warum dann noch länger an etwas festhalten, wo kein Erfolg mehr zu erwarten ist?"

Dass es für meine Mutter einen großen Trennungsschmerz geben könnte/gibt ... das war mir damals gar nicht klar. Dieses Gespür habe ich erst bekommen, als alle meine Kinder ihre eigenen Wege gegangen sind und ich die Sehnsucht nach ihnen spüren konnte. - Wie sehr man im Herzen noch Mutter ist, auch wenn die Kinder schon auf eigenen Füßen stehen.

Im Moment stehe ich da - meinen Kindern gegenüber - auf einer Stufe, wo ich sage: "Ich kann noch nicht von dieser Welt gehen. Ich möchte die Kinder noch begleiten, solange unsere Enkel klein sind; solange meine Kinder noch meinen Rat und meine Unterstützung brauche könnten."

Einfach da sein. Mit einer großen Herzensliebe für die erwachsenen Kinder und die Enkelkinder.
Und ... ich glaube .... meiner Mutter könnte es da ähnlich gegangen sein. Weil auf ihre Art hat sie ihre Kinder und Enkel schon geliebt.
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ubeda
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 09:09

candle. hat geschrieben:
Feenya hat geschrieben: Für eine Mutter muss sich der Kontaktabruch wie eine "kleine Folter" anfühlen. Es zerreißt wohl schier das Herz.
Ich habe mal gehört, dass das gar nicht so sein muß bei Persönlichkeitsstörungen. Jedenfalls war denen mein Herz offenbar egal.
Ja, es gibt sicher Eltern für die es keine Folter ist - meinem vater z.B. ist das total egal, dass ich den kontakt abgebrochen habe. Evtl. freut er sich sogar, dass er so viel Macht hatte, mich soweit zu bringen?

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ubeda
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Beitrag Sa., 07.03.2015, 09:18

Krang2 hat geschrieben:

Das bedeutet aber gleichzeitig trotzdem, daß man innerlich dem anderen verzeiht. Man toleriert das Verhalten nicht (wehrt sich), aber man kann demjenigen dennoch vergeben (emotional). Wenn jemand seine Wut an einem ausläßt, kann man ihm möglichst ruhig sagen, daß man das so erkennt, aber es nicht verdient hat und derjenige es bitte sein lassen soll.
Danke Krang für deinen Beitrag - habe eine Frage an dich:
Würdest du auch einem FREUND verzeihen, wenn er dich mehrfach geschlagen/beleidigt/gedehmütigt hätte?
Wie oft würdest du jemanden denn bitten es nicht mehr zu tun?

Ehrlichgesagt, wenn mich ein Freund schlägt oder demütigt, dann wäre für mich die Freundschaft SOFORT aus, v.a. dann, wenn er sich nichtmal entschuldigt oder es erklärt!

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